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2.7 Konsularlaufbahn

2.7.2 Die Konsularelevenprüfung

Absolventen der Orientalischen Akademie brauchten vor 1859 diese Prüfung nicht abzulegen, weil sie während ihrer Ausbildung Prüfungen über die Gebiete ablegen mussten, die bei der Elevenprüfung verlangt wurden. Nach 1859 mussten sie sich trotzdem der Prüfung stellen. Mit dem Erwerb des Absolutoriums der Ori-entalischen Akademie bzw. Konsularakademie durfte sofort um die Zulassung zur Konsularelevenprüfung angesucht werden, wenn die letzte Semesterprüfung mit Auszeichnung abgelegt wurde, die anderen erst drei bis vier Monate nach der letz-ten Semesterprüfung.

Unter amtlicher Aufsicht mussten drei Aufgaben oder Fragen schriftlich gelöst werden.

114 Sauer, S. 233 f.

115 Protokolle der im Ministerium des Aeußeren abgehaltenen Consular-Enquête 1870, Sitzung vom 4. Febr. 1870, S. 4. AR F 8/294.

1. Eine aus dem europäischen Völkerrecht oder über die Handels- und Schiff-fahrtsverträge Österreichs mit auswärtigen Staaten in französischer Sprache.

2. Eine aus den österreichischen Gesetzen und Vorschriften über die Seeschifffahrt in italienscher Sprache.

3. Eine aus der Nationalökonomie oder aus dem österreichischen Zoll- und Han-delssystem, oder der österreichischen Handels- u. Industriestatistik in deutscher Sprache.

Fragenstellung, Auswertung der schriftlichen Prüfungen und Anstellung der Ele-ven wurde 1849–1859 vom Handelsministerium vorgenommen.116 Unter Ver-antwortung des Außenministeriums wurden ebenfalls drei Fragen aus folgenden Fächern gestellt:

1. Europäisches Völkerrecht sowie österreichisch(-ungarische) Handels- und Schifffahrtsverträge in französischer Sprache.

2. Konsularwesen in deutscher Sprache.

3. Seeschifffahrt in italienischer Sprache.

Diese Prüfung bestand in der Beantwortung von Fragen und nicht in der Ausarbei-tung von Elaboraten. Im Vergleich zur Diplomatenprüfung fehlten die diplomati-sche Staatengeschichte und die wirtschaftspolitidiplomati-schen Disziplinen, ein mündliches Examen fand nicht statt.117

Wer über die allgemeinen Erfordernisse hinaus noch Erfahrungen im Fach des Handels und der Industrie, gesetzliche Befähigung zur Ausübung des österreichi-schen Richteramtes in zivil- und strafrechtlichen Angelegenheiten, gut bestandene Amtsprüfungen, Kenntnis weiterer Sprachen, besonders Nationalsprachen in der Türkei aufwies, wurde bevorzugt als Eleve aufgenommen.118 1849 wurden beim Handelsministerium acht besoldete Konsularelevenplätze (á 600 .) systemisiert.

Bis 1859 wurde die Dienstleistung im Handelsministerium, bei der Zentralseebe-hörde in Triest und bei Konsularämtern im Ausland absolviert. Im Ausland wurde eine Gehaltszulage von 400 . gewährt.

Die Eleven erwarben hier die für die konsularamtlichen Geschäftszweige not-wendigen praktischen Kenntnisse. In der Regel sollte eine mindestens einjährige Zuweisung und Dienstleistung bei der Zentralseebehörde in Triest den Anfang bilden, wo sie in der Geschäftsabteilung für Handel, Industrie, Schifffahrt, Kon-sularsachen und zeitweise bei den untergeordneten Hafen- und Sanitätsämtern

116 AR F 8/294 Vorschriften für Creirung von Consular Eleven.

117 Pidollzu Quintenbach, S. 55f.

118 „Vorschrift für die Creierung von Consular Eleven“, v. 20. Okt. 1849, AR F 4/452; F 8/294;

auch RGBl. 424/1849; halbamtliche Zusammenstellungen mit späteren Änderungen: Neu-mann, 1854;Piskur, 1862; letzte Fassung vom 7. Juli 1898 in den Jahrbüchern des k. u. k.

Auswärtigen Dienstes 1899ff.

verwendet werden sollten. Durch die Einberufung ins Handelsministerium wurde den Eleven Gelegenheit zur weiteren Ausbildung in den mit dem Konsulardienst zusammenhängenden Geschäftszweigen geboten. Den Abschluss der praktischen Ausbildung bildete die Zuweisung zu Konsularämtern. Die Kosten für die notwen-digen Reisen des Eleven während dieser praktischen Ausbildung wurden vergütet und Diäten bewilligt wie bei einem Ministerialkonzeptsadjunkten.

An die Vorsteher der Konsularämter, denen Eleven zugewiesen werden konn-ten, erging die Verfügung, beim Ersuchen des Eleven für die erste Zeit für dessen anständige Unterkunft und Beköstigung zu einem angemessenen Preis zu sor-gen.119

1851 stellte GK Huber in einem Bericht aus Alexandrien fest: „Den Zöglingen an der orientalischen Akademie gebricht es gewöhnlich an hinreichenden juridi-schen und kommerziellen Kenntnissen und an der zum Konsulatsdienste nötigen praktischen Verständnisrichtung. Auch die übrigen Kandidaten sind meist nur ober ächlich gebildet; gründliches Wissen und eine ernstere Auffassung der Be-rufsp ichten ndet sich selten vor. Die Sprachkenntnisse zumal, selbst die der Muttersprache sind seicht bestellt; mancher ringt noch mit der Grammatik, wenige haben es bis zum klaren Geschäftsstile gebracht.“120 Nach GK Huber brauchte man bei gewöhnlich guten Fähigkeiten wenigstens zehn Jahre, um ein guter Konsul zu werden.

Den Eleven, „die in die Mysterien des Dienstes [im Außenministerium] ein-geweiht wurden, trachtete man zunächst die Anwendung der verschiedenen Apo-strophen, die vom ‚Wohlgeborener Herr` bis zum ‚Durchlauchtiger Fürst` sich be-wegten, und die feinen Unterschiede zwischen ‚Recevez` und ‚Agréez` oder ‚Veullez agréer` und die Abstufungen der verschiedenen Grade von considération von par-faite bis très-distinguée beizubringen.“121

Ab 1859 war das Außenministerium für die Aufnahme der Konsuln zuständig.

An der Elevenprüfung wurde festgehalten. Neu war, dass jetzt auch die Abiturien-ten der Orientalischen Akademie die Elevenprüfung ablegen mussAbiturien-ten.122

Nach bestandener Prüfung wurde man vom Außenministerium zum Konsular-eleven ernannt (ab 1895 als Konsulatsattaché bezeichnet) und erhielt ein Gehalt.

Wenn keine Elevenstelle verfügbar war, wurde der Kandidat auf die Warteliste ge-setzt und ihm eine unbezahlte Tätigkeit in einem Konsulat, einem Gericht oder im Ministerium empfohlen.

119 AR F 8/294.

120 GK Huber, Alexandrien, 6. Sept. 1851, Nr. 864. AR F 8/30. Veröffentlicht beiAgstner 1993, S. 113f.

121 Przibram, S. 385.

122 Pidollzu Quintenbach, S. 55.

Gedrucktes Dekret, wie es 1886 verwendet wurde:

„Nachdem Sie auf Grund der hieramts am ... mit ... Erfolg abgelegten Concurs-Prüfung für die Erlangung einer Consular-Elevenstelle als ... befähigt erkannt worden sind, so habe ich mich bestimmt gefunden, Sie zum Consular-Eleven zu ernennen.

Da aber gegenwärtig alle systemmässigen Consular-Elevenstellen besetzt sind, so können Euer ... in den Genuss des systemmässigen Consular-Eleven-Gehaltes von eintausend einhundert Gulden ö. W. erst dann einrücken, wenn nach Unterbringung Ihres unmittelbaren Vordermannes im Status der Consular-Eleven eine Stelle in Erle-digung kommt.

Hievon werden Sie mit dem Beifügen verständigt, dass wegen Ihrer Beeidigung in der obgedachten Eigenschaft unter Einem* die geeignete Verfügung getroffen wird.

Bis zu Ihrer einem späteren Zeitpunkte vorbehaltenen Zutheilung zu einem k. u. k.

Consular-Amte werden Sie zur Rechtspraxis einem hiesigen k. k. städtisch delegirten Bezirksgerichte, behufs Ihrer Einführung in den praktischen Justizdienst zugewiesen, in welcher Richtung das Erforderliche im Wege des k. k. Justizministeriums veranlasst wird.“123

Absolventen der Konsularakademie hatten wenigstens ihr Einjährig-Freiwilligen-jahr zu absolvieren. Da ein Dispens nicht möglich war, erlangte man 1884 erst eine Elevenstelle, wenn man das Einjährig-Freiwilligenjahr schon absolviert hatte oder die gänzliche Untauglichkeit für den Kriegsdienst vorweisen konnte.

Die neu ernannten Eleven wurden in der Regel zum Erwerb der erforderli-chen judiziellen Praxis auf die Dauer eines Jahres einem Gericht für Zivil- und Strafsachen zugewiesen. Aus Personalnot wurde mancher nach einem vorteilhaften Zwischenbericht über die Fähigkeiten des Eleven schon in der zweiten Jahreshälfte vom Gerichtsjahr abberufen und einem Konsulat zugewiesen. Eine Fortsetzung des Gerichtsjahres war möglich. Zur Vervollständigung ihrer handelspolitischen und kommerziellen Kenntnisse konnten sie sodann für sechs Monate bis zu einem Jahr einer oder mehreren Handels- und Gewerbekammern in Österreich oder Ungarn zugewiesen werden. Durch Fabrikbesuche lernten sie Produktionsstätten kennen.

Nach dieser gründlichen Ausbildung erfolgte ihre Zuteilung zu einem Konsula-ramt im Ausland.

Den Handels- und Gewerbekammern erwuchsen durch die zugeteilten Eleven keine Gehaltskosten, sie mussten ihnen aber wie ihren Konzeptsbeamten Kanzlei-requisiten zur Verfügung stellen. Die notwendigen Reisekosten zu verschiedenen Fabriken und die Diäten nach dem Staatsbeamtenschema übernahm das Minis-terium des Äußeren.124Ab dem Studienjahr 1898/99 mussten die Studenten der Orientalischen Akademie Vorträge und seminaristische Übungen über den

Han-123 *unter einem = zugleich (österreichisch).

124 Vgl. Jb. 1900, S. 305–308.

del in den Räumen des Handelsmuseums bzw. der Exportakademie besuchen,125 wodurch für sie das Praktikum bei den Handels- u. Gewerbekammern entfallen konnte.

Ein Eleve musste ledig sein und durfte in diesem Rang nicht heiraten.

Konsulareleven bzw. Konsularattachés wechselten relativ häu g den Dienstort.

Sie wurden bei Personalengpässen und als Urlaubsvertretung angefordert. Bei her-ausragender Beurteilung konnte nach 1872 schon knapp vor Ablauf eines Jahres die Beförderung zum VK erfolgen, bei den meisten Eleven vergingen zwei bis drei Jahre bis zur Rangerhöhung, die vor 1872 über Vizekanzler, Kanzler, VK erfolgen konnte. Bei einer wenig vorteilhaften Dienstbeschreibung konnte es länger dauern.