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Konsulareleven durften nicht verheiratet sein. Sie mussten Ende des 19. Jahr-hunderts diese Verp ichtung sogar schriftlich zur Kenntnis nehmen. Ein Eleve, der trotzdem heiratete und es nur zur amtlichen Kenntnis mitteilte, wurde we-gen Missachtung der Vorschriften sofort entlassen. Doch es gibt einen Fall, in dem es der Eleve schaffte, ohne Erlaubnis des Ministeriums zu heiraten, es

hinter-205 Kamen nicht nur auf dem Balkan oder in der Neuen Welt vor; sie führten gewöhnlich zum

„freiwilligen“ Ausscheiden. VK Natiesta schied aus diesem Grund am 20. Okt. 1901 aus dem k. u. k. Generalkonsulat Shanghai aus. Vgl.Lehner1998 S. 119 f. VK Gustav Frhr. v. Schrei-ner Junior wurde laut Pe. nach eiSchrei-ner Disziplinaruntersuchung wegen Trunkenheit 1881 straf-versetzt, wegen Raufhandel 1883 beurlaubt und am 25. Aug. 1884 in den zeitlichen Ruhestand versetzt.

206 Gegen VK Joseph Waldhart wurden 1877 in Briefen von der österreichischen Kolonie in So a schwere Anschuldigungen vorgebracht: Notzucht, öffentlicher Verkehr in Hurenhäu-sern, Grobheiten im gesellschaftlichen Verkehr, die von Konsularkollegen, die nicht in So a stationiert waren, bestätigt oder als möglich hingestellt wurden. Waldhart wies alle Anschul-digungen als unwahr zurück und damit war für das Außenministerium die Angelegenheit erledigt.Deusch1961, S. 355f.

207 AR F 4/280 Pe. Rappaport, fol. 247–251.

208 Ein Diurnist wurde vom Amt je nach Beschäftigung tageweise bezahlt.

209 AR F 4/254 Pe. Pescha Alexander von Kis-Zsám.

210 MalfattiBd. 1, S. 82.

her devot einzugestehen und mit seiner rührenden Darstellung das Ministerium milde zu stimmen. Ein anderer trat 1902 als Attaché aus, um heiraten zu kön-nen, und schaffte 1911 die Rückkehr in den Konsulardienst. Es existieren einige Beispiele, bei denen Eleven sogar vorher die Zustimmung erreichten.211In einem Fall empfahl der Kriegsminister dem Außenministerium, einen Of zier zur Ele-venprüfung zuzulassen, obwohl er verheiratet war und bereits drei Kinder hatte und auch schon die Altershöchstgrenze für die Zulassung von Eleven überschrit-ten hatte.212

1850 (AE v. 4. Aug. 1850) wurde die Verp ichtung, um Eheerlaubnis anzusu-chen, auf alle Konsularbeamten der VIII. und IX. Diätenklasse ausgedehnt213und nur in besonders rücksichtswürdigen Fällen, wenn ein ausreichendes Privatein-kommen nachgewiesen wurde, konnte eine Ausnahme gestattet werden. Für die Aufstellung dieser Norm war nicht nur das geringe Einkommen maßgebend, son-dern auch das Interesse des Konsulardienstes, eine möglichst große Mobilität des untergeordneten Beamtenpersonals zu erreichen.

Obwohl diese Verfügung auf Antrag des Handelsministeriums erfolgte, vergaß dieses, die Einschränkung zu publizieren. Erst im Sommer 1858 wurde dies vom Außenministerium nachgeholt.214Erst ein Jahrzehnt später wurden die Bedingun-gen für die Verehelichung der Konsularfunktionäre der VIII. und IX. Diätenklasse festgelegt.215 Es scheint aber üblich gewesen zu sein, dass Konsularfunktionäre ihre bevorstehende Verehelichung mitteilten, auch wenn sie dazu nicht verp ich-tet waren. Chiari hatte nach seiner Beförderung zum VK sofort Amalia Kupfer geheiratet und dies nachher dem Ministerium mitgeteilt. Obwohl er keine spezi-elle Heiratsbewilligung brauchte, bemängelten 1864 Vorgesetzte im Ministerium, VK Chiari habe „den geziemenden Anstand“ und praktische Rücksichten gegen-über dem Amt verletzt.2161864 entwarf ein eifriger Beamter des Ministeriums eine Verzichterklärung: demnach darf ein erkrankter Beamter zur besseren P ege nur dann heiraten, wenn er einen Revers vorlegen kann, in dem die Gattin im Falle eines Witwenstandes auf die Pension verzichtet.217

211 1890: Walther Ritter v. Princig, 1892 Baron Anka, 1897 Baron Erich Zwiedinek, 1908 Alois Edler v. Marquet.

212 AR F 4/111 Pe. Götz Friedrich.

213 IX. Diätenklasse: Konsulareleve, Vizekanzler; VIII. Diätenklasse: Dolmetsch im Konsulat oder Generalkonsulat; Kanzler im Konsulat oder Generalkonsulat. Erlass des Handelsministe-riums vom 28. Aug. 1850. Allgemeines Reichs-Gesetz- u. Regierungsblatt für das Kaiserthum Oesterreich. CXXVI. Stück, S. 1593f.

214 Wsg. des Außenministeriums an den Internuntius in Konstantinopel, 30. Juli 1858, Nr. 8.792/D. I., Ko. AR F 8/277 Generalia.

215 Anlass war dazu das Heiratsgesuch des Kanzlers Lippich im Jahre 1868. AR F 8/293 Generalia.

216 AR F 8/277 Generalia.

217 AR F 8/398.

Da Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts die Ansuchen um Ehebewilligungen seitens der Konsularbeamten der VIII. Rang-klasse stetig zunahmen, erklärte das Ministerium des Äußern im Juli 1892 in einem Zirkularerlass,218 dass die Anzahl der verheirateten effektiven Vizekonsuln ein Drittel der Gesamtzahl der dieser Rangklasse angehörigen Funktionäre nicht über-schreiten dürfe. In einem weiteren Zirkularerlass setzte das Ministerium219neue Mindestgrenzen gesicherter Privateinkommen bei Eheansuchen fest. K. u. k. Vi-zekonsuln der ersten Gehaltsstufe müssten in Hinkunft ein gesichertes Privatein-kommen von jährlich 800 ., jene der zweiten Gehaltsstufe ein solches von 600 ., die der dritten Stufe von 400 . nachweisen, wenn denselben die Verehelichung gestattet werden sollte.

Wie bisher brauchten Konsulatskanzleibeamte der VIII. Rangklasse (Kanzlei-sekretäre I. Klasse) wie die Kanzlei(Kanzlei-sekretäre keine ministerielle Bewilligung für ihre Verehelichung. Die Kanzleibeamten der IX. und X. Rangklassen schon Kanzleibe-amten der X. Rangklasse (Of ziale), je nachdem ob sie der ersten, zweiten oder dritten Gehaltsstufe angehörten, konnte die Eingehung der Ehe nur beim Vorhan-densein eines gesicherten jährlichen Privateinkommens von 600 ., 500 ., 400 ., jenen der IX. Rangklasse (Kanzleisekretäre II. Klasse) von 300 ., 200 ., 100 . ge-stattet werden.

Mit Erlass vom 2. Mai 1899, Z. 24.487/10 verlangte das Außenministerium bei Eheansuchen, dass einer oder beide zusammen über ein gesichertes und unbelaste-tes zusätzliches Privateinkommen verfügen mussten: Konsuln über ein solches von jährlich 2.000 K, Vizekonsuln von jährlich 4.000 K, Konsulatsof ziale von jährlich 1.200 K.

Die Beurteilung des erbrachten Vermögensnachweises sowie die zu leistende Si-cherstellung des ausgewiesenen Einkommens behielt sich das Außenministerium von Fall zu Fall vor.

Wenn die Eltern der Braut einen fürstlichen Lebensstil p egten, erteilte man die Heiratserlaubnis umgehend, auch wenn die geforderte Kaution noch nicht hin-terlegt war. VK P ügl heiratete 1901 eine Tochter des verstorbenen Fabrikanten Faber, konnte aber erst 1915 trotz mehrfacher Urgenzen die Kaution erlegen. Der in Teheran angestellte Konsul Rodich ehelichte im Febr. 1901 die Tochter eines persischen Generals. Ein Vermögens- und Einkommensnachweis nach österreichi-schem Recht konnte nicht erbracht werden. Die Heiratserlaubnis erhielt der Kon-sul, nachdem der General schriftlich sein Einverständnis für eine Eheschließung mit dem Konsul erklärt hatte. Der General lud alle Diplomaten und die Spitzen

218 Circular des k. u. k. Ministeriums des Äußern vom 12. Juli 1892, Z. 27.361/10, Jb. 1898, S. 306.

219 Circular des k. u. k. Ministeriums des Äußern vom 9. Jänner 1893, Z. 46.279/10 ex 1892;

Jb. 1898, S. 307.

der Teheraner Gesellschaft ein, wälzte aber die Kosten auf Rodich ab. Aussteuer und Mitgift der Tochter übergab er aber nicht.220

Mit Erlass vom 2. Mai 1899 verlangte das Außenministerium von jedem ef-fektiven Konsularbeamten ein Ansuchen um Ehebewilligung, wobei es nicht nur um das bisherige gesicherte Privateinkommen ging, sondern das Ministerium die soziale Stellung der Braut in Erwägung zog und prüfte, ob nichts vorlag, was die Heirat aus gewichtigen Rücksichten des Dienstes unzulässig erscheinen ließ.

Beamte des diplomatischen Dienstes mussten ebenfalls vor einer Eheschließung vom Kaiser die Bewilligung erhalten. Kanzleibeamte bei k. u. k. diplomatischen Missionen benötigten nur die Erlaubnis des Ministeriums.221

Dass es sich dabei nicht nur um eine formale Zustimmung handelte, zeigt fol-gendes Beispiel: Der einundfünfzigjährige Generalkonsul I. Klasse Pára Bohumil, der in Saloniki eingesetzt war, konnte erst im März 1912 seine in Turin geborene, vor der Hochzeit in Paris lebende Braut (Frl. Marie Thérèse De Stefanis) ehelichen, nachdem die streng vertraulichen Nachforschungen des Außenministeriums über den Ruf der Braut zufriedenstellend ausgefallen waren.222

VK Schulz ersuchte am 2. Okt. 1900 um Heiratserlaubnis. Am 7. Okt. 1900 wurde die niederösterreichische Statthalterei um unauffällige Überprüfung der Braut ersucht.

Nach dem Bericht über das familiäre Umfeld und die Vermögensverhältnisse223 der Braut wurde die Eheerlaubnis verweigert. In der Begründung224hieß es, der verstorbene Vater der Braut sei nur ein Schmiedgeselle gewesen und der gesell-schaftliche Stand der Eltern der Braut sei zu minder; die Vermögensverhältnisse der Brautmutter seien nur gering und die Schwester der Braut eine Näherin.

Der Vater des Bräutigams, ein pensionierter GK, wandte sich mit einem Pri-vatbrief an Sektionschef Suzzara im Außenministerium und erklärte, die Nach-forschung habe sich auf die Befragung einer Hausmeisterin beschränkt. Er erlaube sich dazu seine Bemerkungen. Der verstorbene Brautvater sei als Schmiedemeister ein Industrieller gewesen. Seine Witwe sei die Tochter eines Haus- und Grund-besitzers. Die als Näherin bezeichnete Schwester habe nach der Bürgerschule eine Nähschule absolviert, sie sei aber keine Näherin von Profession, sondern nähe nur für sich und ihre Familie. Die anmutige und elegante Anna Gross beherrsche außer Deutsch auch Französisch in Wort und Schrift und bewege sich sicher in der besten Gesellschaft.

220 Pe. Rodich.

221 MalfattiBd. 1, S. 76f.

222 AR F 4/247 Pe. Pára Gottlieb.

223 Pe. Schulz Heinrich, NAR F 4/161.

224 Die Ablehnung liegt nicht im Pe., sondern kann nur aus dem Privatbrief des Vaters erschlossen werden.

Als VK Schulz vor fünf Jahren sein Eheversprechen gegeben habe, habe er noch nicht die Absicht gehabt, in den Konsulatsdienst einzutreten, und die einschrän-kende Vorschrift habe noch nicht existiert. Um sein Versprechen einzuhalten, müsste er sich um eine andere Beschäftigung bewerben.

Nach einer wahrscheinlichen Vorsprache des Vaters beim Sektionschef erfolgte am 20. November 1900 ein zweites Ansuchen, gleichzeitig wurde die Kaution beim Zahlamt des Außenministeriums erlegt, wie es die Ministerialverordnung vom 2. Mai 1899 vorschrieb. Mit Erlass vom 12. Dez. 1900 wurde die Ehebewilligung erteilt.

1901 erreichte GK Spóner mit bischöflicher Unterstützung ausnahmsweise eine Heiratserlaubnis für eine Frau, die sich zur Sängerin ausbilden ließ und drei uneheliche Kinder in die Ehe mitbrachte. Nur beim Jüngsten war der Konsul der Vater. Dieser gab im Gesuch an, dass sie die Öffentlichkeit längst für verheiratet hielt.

In den Vereinigten Staaten von Nordamerika hatte man aus praktischen Grün-den kein Verständnis für das Singledasein österreichischer Konsulatsbeamter oder Ehekaution. Aufschlussreich sind einige Sätze aus dem Begleitschreiben zum Eheansuchen von VK Viktor Leschanowsky: „Das Junggesellenleben ist in Ame-rika nach Erreichung einer minimalen Erwerbsfähigkeit – trotzdem die Frau fast nie eine Mitgift in die Ehe bringt – eine Ausnahme und sind daher namentlich unsere ledigen Konsularbeamten hier meistens schlechter daran, als wenn sie ver-heiratet wären.

Ein anständiges, standesgemässes Heim für Junggesellen des Auslandes kostet vielfach mehr als das bescheidene Eheleben kosten würde, denn, abgesehen von wenigen glücklichen Zufällen, haben die Junggesellen bloss zwischen den uner-schwinglichen teuren Hotels oder den vielfach kaum standesgemässen Boarding-häusern zu wählen.“225

VK Prochnik heiratete 1909 in Chicago eine Amerikanerin, die 1912 verun-glückte. Aus dieser Ehe stammte ein zweijähriges Mädchen. Nach verschiedenen missglückten Versuchen, die Tochter betreuen zu lassen, entschloss er sich im April 1915, wieder eine Einheimische zu heiraten. Mit Rücksicht auf die ame-rikanischen Verhältnisse ersuchte Prochnik erfolgreich das Ministerium von der Kautionsforderung abzusehen, die 50.000 K hätte betragen müssen. Nach günsti-ger Auskunft über die Braut konnte im Juni 1915 die Trauung erfolgen.

Dass die Nachforschungen über die Braut nicht immer funktionierten, dürfte aus einem Streit zwischen österreichischen Vizekonsuln in China hervorgehen.

1908 startete VK Zach aus wahrscheinlich privaten Gründen gegen die Frau von VK Ludwig eine Kampagne über Printmedien und interne halbof zielle Anzeigen.

225 Konsul Baron Forster an das k. u. k. Außenministerium, Pittsburgh, 28. Okt. 1912, Nr. DX-CVI. Pe. Leschanowsky.

Es ging dabei um das Ansehen des Vizekonsuls und seine gewählte Ehepartnerin, eine Bordellmutter. Da die Ehe bereits amtlich anerkannt war und die Vorwürfe von Ludwigs Vorgesetztem zurückgewiesen wurden, erhielt Zach wegen unerlaub-ter Einmischung eine Rüge aus dem Außenminisunerlaub-terium. Beide Vizekonsuln wur-den noch 1908 aus China wegtransferiert.226

226 Pe. von Ludwig und Zach.

Johann Georg Megerle v. Mühlfeld, der erste Herausgeber einer Sammlung der Beamtengesetze, gibt in seinem Handbuch von 1824 im Kapitel „Besondere Rechte und Vorzüge“227folgende Privilegien an: geregelte Besoldung, Anrecht auf Pension, „Abgabenfreiheit“, Aushilfen, Beförderungen und Belohnungen, Besol-dungsvorschüsse, Ehrungen, Ehrenmedaillen, Gerichtsstand, Militärstandsbefrei-ung, Portofreiheit; für hohe Beamte: Rang, Titel und Charakter, Uniform, Urlaub, Dienstübersetzung. In der Ausgabe von 1830 werden die Rechte noch bereichert mit „Steuerbefreiung“, „Ferialgeld und willkürliche Entfernung vom Dienstort“

sowie „Dienstresignation“.228