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7.4 Diskussion

7.4.2 Diskussion der quantitativen und qualitativen Aussagen

7.4.2.2 Teil B: Anforderungen des Qualitätsmanagements

Fortbildungslandschaft und Beurteilung des Qualitätsmanagementsystems LQW 2 – die Telefonumfrage

Fortbildungslandschaft und Beurteilung des Qualitätsmanagementsystems LQW 2 – die Telefonumfrage

Die dünne Personaldecke ist aber nicht nur ein „Problem“ der universitären Fortbildung, sondern kommt auch im gewerblichen Weiterbildungsbereich vor, was mittlerweile erkannt und zum Anlass genommen wur-de, eine zertifizierbare Version des Systems speziell für Kleinstbetriebe mit einer bis zwei Personen zu ent-wickeln: LQW für Kleinstorganisationen (LQWK[72]). Diese Version wurde erst im Laufe des Jahres 2009 erarbeitet, so dass hier keine Diskussion dieses Systems mehr erfolgt. Jedenfalls können Zeit- und Personal-mangel als solche nicht als spezifische Schwächen der Universität bezüglich des QM-Modells LQW 2 gel-ten.

Besonders bedeutsam erscheint die immer wiederkehrende Zusatzbemerkung, dass die Fortbildung(sarbeit) in ihrer Bedeutung zu klein ist, als Nebenaufgabe den Hauptaufgaben im Zweifel untergeordnet. Ein Bei-spiel:

„Qualitätssicherung hat halt immer was mit Arbeit zu tun. In dem Moment, wo die Mitarbeiter das nur ne-benbei machen, und das nicht mal in ihrem Stellenplan drinsteht, also man auch nicht dazu drängen kann, muss man mit dem zufrieden sein, zu was die Mitarbeiter bereit sind.“

In besonders ausgeprägten Fällen wird die Fortbildung als ein Luxus angesehen, die man nur solange und so ausgiebig praktizieren kann, wie man es sich leisten kann:

„[...] „müssen an allen Punkten, wo wir können, kürzen, was nicht direkt zum Erhalt unserer Abteilung bei-trägt.“

Dieser Punkt kann als große Abweichung zur Situation auf dem Weiterbildungsmarkt gelten, wo die Weiter-bildung ja Sinn und Zweck der Einrichtung ist, unabhängig von der Art des Anbieters, und hat große Auswir-kungen auf viele einzelne Maßnahmen, wie die entsprechenden Kategorien aus verschiedenen Qualitätsbe-reichen zeigen (z. B. „ zu viel Aufwand, da Fortbildung nur Nebenbeschäftigung“, „Projekt dafür zu klein / zu nebenbei“, „Diese Professionalität ist nicht zu verlangen von Mitarbeitern, die das nebenbei machen.“,

„da Fortbildung nur nebenbei / ehrenamtlich betrieben wird“ ...) oder auch z. B. folgende Aussage zum Fort-bildungsskript: „Ist eine Zeitfrage; wie viel Geld steckt da einer rein, der den Samstag dafür opfert, dass er das so aufbereitet, dass man das verteilen kann.“.

Der Status als Nebenaufgabe oder -beschäftigung führt zu der Freiheit, dass man unabhängig vom Markt und der Höhe der Nachfrage Kompetenzen oder Wissen, die bzw. das man selbst für wichtig erachtet, anbieten und vermitteln kann. (vgl. z. B. beim Fragenkomplex Bedarfserschließung: In fünf Fällen wird keine Be-darfserschließung betrieben, oder beim Thema Leitbild: Kategorie „Umgekehrte Denkweise: Ziel ist, be-stimmte Inhalte an Interessierte weiterzugeben“). Im negativen Sinne ist dies eine angebotsorientierte Denk-weise, die am Bedarf vorbeigehen kann und im schlimmsten Fall nur solche Lehrkräfte anzieht, die nur ihre Fortbildungspflicht erfüllen müssen oder wollen, im positiven Sinne aber auch eine Chance, im Moment we-niger Bekanntes oder Populäres in die Zielgruppen zu tragen: Man ist innovativ und original, hebt sich vom Rest ab.

Weiterhin kann der Status als Nebenaufgabe aber verhindern, dass Zuständigkeiten entstehen, was die Orga-nisation erschweren kann (vgl. z. B. konkret die Kategorie „Flexible Aufgabenteilung, da Fortbildung bei niemandem die Hauptaufgabe ist“ im Bereich „Schlüsselprozesse bezüglich der externen Referenten ...“).

Indirekt mit diesem Status könnte auch zusammenhängen, wenn die Finanzen nicht für mehr Professionalität ausreichen, wie folgende Aussage illustriert: „ [...] Kostenfrage, kaufe ich einem Doktoranden die Chemika-lie oder bezahle ich davon Fotokopien für Lehrer, [...]. Die Hochschule stellt dafür keine Mittel zur Verfü-gung. Dann kommt die Frage auf, ja nehmen wir den Lehrern für die Fortbildung Geld ab, was kostet das denn, wenn Sie bei KPMG an einer Fortbildung teilnehmen, 800 € die Stunde, dann können wir sofort zuma-chen. [...]“.

Tabelle 12 fasst die allgemeinen Ergebnisse bezüglich der Besonderheit der universitären Fortbildung - im Gegensatz zur gewerblichen Weiterbildung - zusammen.

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Fortbildungslandschaft und Beurteilung des Qualitätsmanagementsystems LQW 2 – die Telefonumfrage

Tab. 12: Allgemeine Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der universitären Lehrerfortbildung Bedingungen Lehrerfortbildung Universität, allgemein

Stärken - sich vom Rest abheben können durch eigene Innovationen

Schwächen - Fortbildung nur Nebenaufgabe (verhindert z. B. feste Zuständigkeiten, verursacht u. U. Geld-knappheit)

Chancen - wissenschaftlich untermauerte Bedarfserschließung

- kurze Informationswege zu relevanten Entwicklungen (Bildungsbereich) Risiken - Angebotsorientierung

Bereichsspezifische Aspekte

Dieses Kapitel geht insbesondere auf solche Bemerkungen der Interviewten ein, die QM-Bereichs-spezifisch sind. Da die Bereiche „Personal“ und „Referenten / Multiplikatoren“ besonders im Fokus der externen Wahr-nehmung stehen (vgl. Kapitel Was ist Qualität – die Experteninterviews und die Sekundäranalyse), sollen diese beiden Bereiche hier besonders ausführlich diskutiert werden.

Fragenkomplex 19, QM-Bereich: Leitbild

Dem Leitbild kommt beim Qualitätsmanagementmodell LQW 2 eine Schlüsselrolle zu, sollen doch alle Qua-litätsmaßnahmen in Bezug gesetzt werden zu diesem Leitbild und insbesondere zur „Definition des gelunge-nen Lergelunge-nens“. Nur wenige (sechs Institutiogelunge-nen) haben ein solches entwickelt - und auch recht viele der Ein-zelanforderungen erfüllt - , aber zehn weitere fänden ein solches Leitbild wichtig. Damit kann sich die Hälfte der befragten Personen auch in ihrer gegenwärtigen Situation - und nicht nur hypothetisch unter anderen Be-dingungen in ferner Zukunft - mit dem Ziel eines Leitbildes identifizieren. Drei Personen bzw. Institutionen planen oder entwickeln auch gerade ein solches.

Von den Gründen, die gegen die Entwicklung eines Leitbildes sprechen, können folgende als universitätsty-pisch oder tyuniversitätsty-pisch für die (universitäre) Lehrerfortbildung angesehen werden:

• Bedeutung der Fortbildungsarbeit zu gering

• unklar, ob Lehrerfortbildung zu unseren Aufgaben gehört / ist eigentlich nicht unsere Aufgabe

• keine positiven Auswirkungen zu erwarten, denn Schulleitung und Behörden honorieren unsere Ar-beit nicht oder behindern sogar

• umgekehrte Denkweise: Ziel ist, bestimmte Inhalte an Interessierte weiterzugeben (angebotsorien-tierte Denkweise, Transfer)

Der erste und der zweite Punkt schließen an das allgemeine Phänomen der Fortbildung als Nebenaufgabe an, siehe oben. Das teilweise schwierige Verhältnis zwischen universitärer Lehrerfortbildung und den

Schulen/Schulbehörden ist nicht repräsentativ; viele Befragte berichten auch von positiver oder selbstver-ständlicher Zusammenarbeit. Dieser Punkt wird hier deswegen nicht weiter diskutiert. Die angebotsorientier-te Denkweise kann sich nur ein universitärer Anbieangebotsorientier-ter erlauben, der nicht von der Fortbildungsarbeit lebt, al-lerdings kommt diese Denkweise nicht häufig vor (vgl. auch Bereich Bedarfserschließung).

In Anbetracht der Tatsache, dass die Fortbildung für alle befragten Personen bzw. Institutionen letztlich eine Nebenaufgabe oder ein freiwilliges Engagement darstellt, ist die eher zustimmende Einstellung bei so vielen Befragten sicherlich positiv zu bewerten. Ob ein Leitbild aber in der Praxis tatsächlich die Rolle spielen wür-de, die ihm laut LQW 2 zukommen sollte, ist damit natürlich noch nicht beantwortet und konnte in dieser Studie auch nicht geklärt werden (vgl. auch Kapitel Fallstudie). Die Stärken und Schwächen, die sich in die-sem Bereich herauskristallisieren, finden sich auch unter den allgemeinen Aspekten (s. o.) und werden des-wegen hier nicht nochmals tabellarisch aufgeführt.

Fragenkomplex 20, QM-Bereich: Bedarfserschließung

Die überwiegende Mehrzahl von 27 Personen bzw. Institutionen betreibt Bedarfserschließung. Dies kann in die Richtung gedeutet werden, dass man sich in der universitären naturwissenschaftlichen Lehrerfortbildung

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