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Teil A: Kontext. Rahmenbedingungen universitärer naturwissenschaftlicher

7.4 Diskussion

7.4.2 Diskussion der quantitativen und qualitativen Aussagen

7.4.2.1 Teil A: Kontext. Rahmenbedingungen universitärer naturwissenschaftlicher

Allgemeines

Die weit überwiegende Mehrzahl der befragten Institutionen sind an der Lehrerausbildung beteiligt und da-mit auch überwiegend die befragten fachwissenschaftlichen Institutionen. Außerdem waren in 29 von 32 Fäl-len ausgebildete Lehrkräfte an der Lehrerfortbildung mitbeteiligt, in den anderen FälFäl-len bestanden Kontakte zu Lehrkräften, Schulämtern o. Ä.. Alle Schulformen waren vertreten. Man kann also insgesamt einen relativ starken Bezug der Fortbilder zum Lehrerberuf feststellen und somit unterstellen, dass zutreffende Vorstellun-gen über Bedarfe und Interessen der Lehrkräfte vorlieVorstellun-gen.

Die Zahl der Fortbildungen pro Jahr streut sehr stark von einer Fortbildung pro Jahr (vier Befragte) bis zu 130, wobei zweidrittel der Befragten und damit die meisten aber nur bis zu zehn Fortbildungen pro Jahr an-bieten. Das Fortbildungszentrum Chemie in Frankfurt ist in dieser Hinsicht also nicht repräsentativ.

Die Kenntnisse über QM-Modelle halten sich stark in Grenzen. Nur einer der Befragten bescheinigte sich ausführlichere Kenntnisse, mehr als zwei Drittel kannten sich nach eigener Aussage gar nicht aus. So muss davon ausgegangen werden, dass es für die meisten befragten Institutionen ein erheblicher Aufwand wäre, sich dem Thema Qualitätsmanagement tatsächlich professionell zuzuwenden. In Anbetracht der anderen Aus-sagen, zum Beispiel der geringen Zahl „hauptamtlicher“ Fortbilder oder der vielen Freiwilligen, s. u., kann ein solcher Anspruch als utopisch gelten.

Personelle Struktur und Ausstattung

In weniger als der Hälfte der Fälle (13) unterstützte Personal mit „sonstiger“ Qualifikation die Lehrerfortbil-dung, dass heißt beispielsweise Sekretariate oder technisches Personal. Dies erklärt sicherlich zum Teil, warum Zeit- und Personalmangel so häufig angesprochen wurden (vgl. auch folgendes Zitat:

„... wenn ich eine Sekretärin hätte, mehr Hilfskräfte, wenn ich nicht selber hier am Computer stehe und an den Tagungsunterlagen da rumpuzzeln müsste, wissenschaftliches Personal wäre der Traum“).

In 29 Fällen, also fast allen, standen ausgebildete Lehrkräfte für die Fortbildung (mit) zur Verfügung, was eine Chance für den Praxisbezug darstellt, eventuell eine Chance speziell der Universitäten: In neun Fällen standen - explizit genannt - abgeordnete Lehrkräfte für die Fortbildungsarbeit zur Verfügung. Die Möglich-keit für Universitäten, auf abgeordnete Lehrkräfte zurückgreifen zu können, kann als besondere Chance auf-gefasst werden, denn so kann auch dann eine sehr große Nähe zur Praxis hergestellt werden, wenn ausgebil-dete Lehrkräfte nicht primär Mitglieder des Teams sind. Außerdem haben abgeordnete Lehrkräfte eine noch größere und vor allem aktuellere Nähe zur Praxis als Personen, die früher einmal in der Schule gearbeitet oder nur die Ausbildung absolviert haben. Als universelle Stärke der Universität kann dies jedoch an dieser Stelle nicht bezeichnet werden, weil mit neun von 32 Fällen nur eine Minderheit mit speziell abgeordneten Lehrkräften arbeitete (darunter das lfbz-Chemie in Frankfurt).

Die Teamgröße variiert von Anbieter zu Anbieter erheblich von einer Einzelperson bis hin zu 15 Mitarbei-tern. In mehr als einem Drittel der Fälle (12) sind aber nur ein bis zwei Personen involviert, was in Teil B des Interviews (Anforderungen des QM-Modells LQW 2) für viele „trifft nicht unsere Situation tnuS“-Antworten verantwortlich war. Es gibt zwar auch viele kleine gewerbliche Weiterbildungsanbieter, für die aus analogen Gründen mittlerweile ein eigenes QM-Modell entworfen wurde [72]. Unter allen Befragten gab es aber ins-gesamt nur sieben Fälle, in denen Personal ausschließlich für die Fortbildung zuständig war, meist mit Teil-zeitstelle, und dies betraf ausschließlich größere Teams. Somit ist auch bei den „Kleinstanbietern“ keine Ver-gleichbarkeit mit ebenfalls kleinen gewerblichen Weiterbildungsanbietern gegeben. Stattdessen stützen die Gesamtverhältnisse die immer wieder in den Interviews gemachte Aussage, dass die Fortbildung nur eine Teil- oder Nebenaufgabe für die universitären Anbieter bzw. die meisten Mitarbeiter darstellt (Siehe hierzu auch Diskussion von Teil B. Auch bei der Teamgröße und der Frage, ob Personal nur für Fortbildung vorhan-den ist, war das lfbz-Chemie der Universität Frankfurt nicht repräsentativ.).

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Überhaupt nicht vergleichbar mit den Verhältnissen der gewerblichen Weiterbildungsanbieter ist die dienstli-che Verankerung der Fortbildung im Betrieb der mathematisch-naturwissenschaftlidienstli-chen Institutionen an den Universitäten:

Es gab nach Angaben der Befragten wenige als völlig etabliert zu bezeichnende, das heißt dauerhaft finanzi-ell und personfinanzi-ell ausgestattete, Strukturen. (Da die Universitäten zumindest in der Vergangenheit von den Beiträgen der Lehrkräfte, sofern überhaupt welche erhoben wurden, die Fortbildungen nicht finanzieren konnten, müssten die universitären Anbieter aus anderen Quellen finanziert und ausgestattet werden.) Dies wird unterstrichen dadurch, dass hauptsächlich kleine Einheiten wie Arbeitsgruppen oder Institute, weniger die Fachbereiche, Fakultäten oder die Hochschule als Ganzes, für die Fortbildungsangebote verantwortlich zeichneten. Es sind auch erwartungsgemäß eher auch die größeren Anbieter, die ihre Angebote als etabliert oder teilweise etabliert bezeichnen. Aber nicht alle Anbieter, die viele Fortbildungen pro Jahr anbieten, machten diese Angabe (vgl. Cluster 2 aus der Clusteranalyse und die Ausnahme in Cluster 1).

Außerdem wurde Fortbildung in überwiegendem Maße freiwillig angeboten: Als Nebentätigkeit, auch noch meist unbezahlt, oder als freiwillig gewählte Aufgabe im Rahmen des Dienstverhältnisses. Auch Drittmittel-aufträge für die Fortbildung werden ja letztlich freiwillig eingeholt und sind ja außerdem immer zeitlich be-fristet, genauso wie Lehrerabordnungen.

Diese insgesamt wenig feste Verankerung der Fortbildung im (naturwissenschaftlichen) Universitätsbetrieb ist nicht nur eine Schwäche in Bezug auf die Qualitätsarbeit, sondern für die Existenz der Fortbildung als solche. Die Prioritäten der Befragten liegen entsprechend, wie es folgendes Zitat auf den Punkt bringt: „Es ist im Moment die Frage viel wichtiger, ob überhaupt Fortbildung stattfindet.“

Allerdings wird Fortbildung teilweise schon sehr lange angeboten, in fast der Hälfte der Fälle seit zehn Jah-ren und mehr. Die lose Verankerung führt also nicht zwangsläufig zu ständiger Fluktuation. Tradition, „Hob-by“ der Verantwortlichen oder der Kontakt zur Schulwelt sowie Forschungsinteresse seitens der Anbieter könnten Motive der Anbieter zur Weiterführung sein. Hier stellt sich jedoch die Frage, wie belastbar diese Motive noch sind, wenn zu den vorhandenen Einschränkungen, die durch die Freiwilligkeit bereits bestehen (z. B. finanzielle und personelle Grenzen), noch Forderungen nach bestimmten Managementstrukturen (z. B.

Qualitätsmanagement), meist verbunden mit Mehrarbeit, hinzukommen. Auch wenn die Universitäten zu An-geboten der Fort- und Weiterbildung verpflichtet sind, dürfte es schwierig für die Universitäten werden, dies intern bezüglich der Lehrerfortbildung kurzfristig durchzusetzen, wenn die Fortbildung nicht beim vorhande-nen Personal zu den vertraglich genannten Dienstpflichten gehört und die Arbeitsgruppen entsprechend aus-gestattet werden.

Auch die Teamstrukturen können Hinweise auf die Angemessenheit eines Modells wie LQW 2 geben. In ge-nau der Hälfte der Fälle gab es ein Team mit Teamleiter (14 Fälle, darunter das lfbz-Chemie Frankfurt) oder gar eine „organigrammfähige“ Struktur (zwei Fälle). In acht Fällen arbeitete eine Person allein oder zumin-dest fast allein an der Fortbildung, das letzte Viertel arbeitete hauptsächlich oder zum Teil „basisdemokra-tisch“ zusammen oder hatte einen abgesprochenen Teamleiter. Damit zeigt sich diesbezüglich ein uneinheitli-ches Bild. Zumindest die Hälfte der befragten Institutionen wies jedoch eindeutig keine Personalstruktur auf, auf die die Vorgaben von LQW 2 passen (siehe dazu auch Frage 25, Personal).

Inhaltliche und zeitliche Struktur

Viele Fortbildungen waren phasenübergreifend angelegt, das heißt, sie bezogen Studierende und / oder Refe-rendare und Referendarinnen mit ein. Hier kommen den Universitäten als Ausbilder für den Lehrberuf die Kontakte zu den Studienseminaren zugute, da sie durch deren Rückmeldung wiederum selbst - sowohl für die Ausbildung der Studierenden als auch für die Lehrerfortbildung - profitieren können. Insgesamt ist eine solche Verzahnung ein Vorteil für die gesamte Lehrerbildung, womit die Universität, auch als Fortbildungs-anbieter, für sich werben könnte.

Die Universität hat eigene Kompetenzen, die sie - über den Lehrplaninhalt hinaus - in den Fortbildungen ver-mittelt: Nur fünf der befragten Institutionen boten nur lehrplankonforme Inhalte an. Gleichzeitig boten 30 der 32 befragten Institutionen sowohl umsetzbare Inhalte als auch solche, die darüber hinaus gehen, an.

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Auch wenn es nun vielleicht einzelne Anbieter geben könnte, die rein angebotsorientiert und damit am Be-darf vorbei denken, zeigt die Universität hier eine Innovationskraft, die ja durch den engen Bezug zur Leh-rerausbildung (s. o.) für die Fortbildung in die richtige Richtung, das heißt in Richtung Schulbezug, gelenkt werden kann. Dafür spricht auch, dass niemand nur solche Inhalte lehrte, die über Schulrelevantes hinaus ge-hen und nur das private Interesse der Fachlehrer fesseln. Die über das rein im Lehrberuf Umsetzbare hinaus gehenden Kompetenzen an der Universität zusammen mit dem engen Bezug zur Lehrer(aus)bildung bei den universitären Fortbildungsanbietern ist ein Pluspunkt für die universitäre Lehrerfort- und Weiterbildung, wo-mit nicht gesagt ist, dass andere Anbieter diesen Vorteil nicht auch für sich verbuchen könnten. Zu berück-sichtigen ist natürlich, dass diese Aussagen aktuell nicht für alle universitären Anbieter gleichermaßen gelten müssen, insbesondere die Einbindung in oder die Kontakte zur Lehrerausbildung.

Die inhaltliche Ausrichtung der Fortbildungen war stark fachwissenschaftlich und didaktisch geprägt, mit Abstand folgten Unterrichtsmethoden. Dies überrascht bei der befragten Zielgruppe nicht. Bei den methodi-schen Elementen der Fortbildungen stehen wie bei den Fortbildungszentren Vorträge, Laborpraktika und De-mo-Experimente durch Referenten klar im Vordergrund. Der zeitliche Umfang der Fortbildungen reicht von ein- bis zweistündig bis zu dreitägig, längere Kurse (Wochenkurse und ganze Semester) sind die Ausnahme.

In diese Strukturen fügt sich auch das Fortbildungszentrum Chemie in Frankfurt nahtlos ein.

Naturwissenschaftliche, universitäre Lehrer-Fortbildung ist ein klares „Kurzzeitgeschäft“ und in diesem Punkt nicht vergleichbar mit Weiterbildung. Dies führte in Teil B des Interviews oft direkt zu „nein“- oder

„tnuS“-Antworten (z. B. bei der Frage nach Lernberatung oder den Anforderungen bezüglich der Referenten).

Fazit

Bereits die Daten des ersten Teils des Interviews, der nach den Rahmenbedingungen der universitären natur-wissenschaftlichen Lehrerfortbildung gefragt hatte, lassen den Schluss zu, dass diese flächendeckend nicht mit den Verhältnissen in der Weiterbildung zu vergleichen sind.

Das lfbz-Chemie Frankfurt kann außerdem in wesentlichen Punkten nicht als repräsentativ für die gesamte naturwissenschaftliche universitäre Lehrerfortbildung gelten.

Zusammenfassend lässt sich aus den Daten des ersten Teils des Interviews (Kontext) folgende Stär-ken-Schwächenanalyse ableiten:

Tab. 11: Stärken-Schwächenanalyse der Lehrerfortbildung an der Universität anhand der Kontextfragen Rahmenbedingungen der Lehrerfortbildung, Universität

Stärken - enger Bezug zum Lehrerberuf durch die Einbindung in die Lehrerausbildung

- Kompetenzen über das aktuelle Schulische hinaus, Innovationskraft für die Schule durch die gleichzeitige enge Verzahnung mit der Lehrerausbildung

Schwächen - wenig feste Verankerung der Fortbildung: Nebenaufgabe und oft freiwillige Aktivität; finanziell eher unsicher

Chancen - Möglichkeit, mit abgeordneten Lehrkräften zu arbeiten Risiken

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