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Zur Evaluation von Lehrerfortbildungen als wichtiges QM-Instrument

2.3 Qualitätsentwicklung in der Hochschule sowie der Fort- und Weiterbildung

2.3.3 Zur Evaluation von Lehrerfortbildungen als wichtiges QM-Instrument

Die Evaluation eines Fort- oder Weiterbildungskurses ist traditionell ein sehr wichtiges Instrument der Quali-tätssicherung und kann auch zur Qualitätsentwicklung beitragen. Aus diesem Grund soll hier auf dieses In-strument in Bezug auf Lehrerfortbildung speziell eingegangen werden.

Allgemeine Ziele und Verfahren

Ein Überblick über Ziele und Verfahrensweisen der Evaluation von Lehrerfortbildung allgemein findet sich z. B. bei Haenisch [55].

Haenisch unterscheidet angelehnt an Stufflebeam (1972) vier verschiedene Arten von Evaluation, die sich auf die unterschiedlichen Phasen eines Lehrerfortbildungsprojektes beziehen (ebd., S. 10f.):

1. Die Kontextevaluation stellt sicher, dass das gewählte Thema überhaupt wichtig ist, das heißt, es werden Bedarfe und Bedürfnisse der potenziellen Teilnehmer eruiert.

2. Die Inputevaluation befasst sich mit den darauf folgenden Entscheidungen wie der Ausdifferenzie-rung des Themas, den Materialien, personellen Ressourcen etc.

3. Die Prozessevaluation findet während der Durchführung statt und sucht die Abläufe und Prozesse, Interaktions- und Kommunikationsstrukturen auszuwerten und ggf. zu verbessern.

4. Die Produktevaluation findet am Ende der Fortbildung statt und soll ermitteln, welche Ziele erreicht wurden und durch welche Faktoren das Ergebnis beeinflusst wurde.

Die Kontextevaluation könnte etwa durch Literatur- und Dokumentenanalysen, Expertenanhörungen oder (schriftliche) Befragungen von Lehrkräften erfolgen (vgl. zu letztem Punkt z. B. die oben genannten Studien zu den Erwartungen von Chemie-Lehrkräften). Dabei hält Haenisch die Kombination aller Methoden für wünschenswert. Er problematisiert in diesem Zusammenhang allerdings, dass die Interessen der Lehrkräfte nicht unbedingt ein Problem für diese darstellen müssen, ebenso wenig müsse ein Problem in einem be-stimmten Interesse münden (ebd., S. 12).

Soll die Evaluation als Hilfe zur Konkretisierung einer Fortbildungsmaßnahme dienen (Inputevaluation, ebd., S. 13f.), könnte erkundet werden, wie die Bedürfnisse speziell der Teilnehmergruppe aussehen, sowie ihre Erwartungen und Vorkenntnisse. Auch die Frage, wie die spezielle Fortbildung optimiert werden könnte, gehört hierher. Dokumenten- und Literaturanalysen, Gruppendiskussionen zur „Vorausbeurteilung“ des

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Theoretische Grundlagen

gramms und inhaltliche Qualitätsbestimmung der Materialien und „Bausteine“ anhand von Checklisten wä-ren geeignete Instrumente. Auch eine Mitplanung der spätewä-ren Teilnehmer wäre zu überlegen.

Die Prozessevaluation (ebd., S. 17f.) ist die Evaluation der Lern- und Arbeitsprozesse während der Fortbil-dungsmaßnahme und hat daher eine Steuerungs- und Optimierungsfunktion. Sie dreht sich um die drei Aspekte „eigene Person“ (z. B. eigener Lernfortschritt, Zufriedenheit), die Interaktion in der Gruppe und die Sache bzw. das Thema (z. B. Vergleich geplanter und tatsächlich behandelter Inhalte). Die Bandbreite der Methoden ist entsprechend groß. Die Auswahl lässt sich aber in drei Grundformen untergliedern:

1. Reflexionsgespräche, z. B. kurze Stellungnahmen reihum („Blitzlicht“),

2. evaluative Aktivitäten mit gestalterischer Komponente wie z. B. Anmerkungen an einer Wandtafel und

3. schriftliche Befragungen, z. B. Feedback-Bögen nach bestimmten Lernschritten. Mehrfach in glei-cher Weise angewendet, können sie auch Kursverläufe mit Hoch- und Tiefpunkten der Fortbildung abbilden.

Die Prozessevaluation soll den Teilnehmenden dienen und deshalb auf ihre Bedürfnisse eingehen.

Die Abschlussevaluation (ebd., S. 23f.) kann verschiedene Intentionen haben. Sie kann den Teilnehmern Rückmeldung geben, was sie gelernt haben und wo sie stehen. Die Teamer möchten Rückmeldung über ihr eigenes Verhalten und ihre Beiträge erhalten. Die Planer benötigen das Feedback, in welchem Umfang die Fortbildung ihre Ziele erreicht hat etc. Diese Evaluation ist also mit der Frage nach der Wirksamkeit ver-knüpft. Für die unterschiedlichen beteiligten Gruppen sind in der Abschlusssituation verschiedene Aspekte im Hinblick auf die Wirksamkeit interessant (ebd., S. 24):

Für die Teilnehmenden ist wichtig, ob die Fortbildung Probleme der täglichen Praxis einbezogen hat, ob di-rekt verwendbare Hilfen und Lösungen eingebracht wurden und in welchem Umfang die Fortbildung Distanz zum Schulalltag schaffen konnte. Die Fortbildenden (Teamer) könnten sich im Hinblick auf Wirksamkeit da-für interessieren, inwieweit Teilnehmerinteressen und Zielanspruch vereinbart werden konnten, ob neben Wissensvermittlung auch Handlungsmöglichkeiten eröffnet wurden und inwieweit die Fortbildung das Selbstvertrauen der Teilnehmenden gestärkt hat. Die Planer brauchen ggf. Informationen, die sich stärker auf die Systemebene beziehen, z. B. ob Hilfen zur Umsetzung systembezogener Vorgaben (Lehrpläne etc.) gege-ben wurden. Eine generelle Leitlinie für diese Evaluation könne es nach Haenisch aufgrund der vielen unter-schiedlichen Intentionen der Beteiligten nicht geben. Sollen Ergebnisse und Stimmungen einer spezifischen Fortbildungsgruppe ermittelt werden, bieten sich kleinere Befragungen oder Diskussionen an. Bei umfang-reichen Maßnahmen, die Entscheidungen auf übergeordneter Ebene erfordern, die die Weiterführung oder Wiederholung betreffen, müssen Ergebnisse generiert werden, die eine größere Tragweite und einen höheren Generalisierungsgrad aufweisen. Hier wird eher eine umfangreiche schriftliche Befragung notwendig sein.

Zur Evaluationspraxis

Untersuchungen zur tatsächlichen Praxis der Evaluation von Lehrerfortbildung an universitären Einrichtun-gen existieren nicht. Zur Evaluationspraxis an einem Landesinstitut wurde jedoch in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein Forschungsprojekt durchgeführt [56]: Meyer untersuchte die Arbeit am Nie-dersächsischen Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung (NLI) im Hinblick auf Didaktik und Evaluation und stellte unter anderem die Frage, welchen Stellenwert die Eva-luation in der Arbeit des NLI hat (ebd., S. 22). Seiner Auffassung nach sollte die EvaEva-luation eine „mit wis-senschaftlichen Methoden betriebene (selbst-)kritische Betrachtung der Lehr- und Lernprozesse und der Ar-beitsprodukte“ sein (ebd., S. 7) und Teil z. B. eines Regelkreises aus Planung – Durchführung – Auswertung.

Er vermutete aber vor seiner Studie aufgrund eigener Beobachtungen diesbezüglich Defizite in der Arbeit des NLI. Seine Doppelrolle als Forscher und Insider des NLI reflektiert er zu Beginn als zwar wissenschaft-lich problematisch, aber auch vorteilhaft aufgrund der besonderen Informationszugänge, die Externen ver-schlossen blieben (in Analogie zur Handlungs- bzw. Aktionsforschung).

Durch seine Arbeit kommt er zu dem Schluss, dass die Rahmenbedingungen am NLI aus „verschiedensten Gründen“ nicht günstig für die Evaluationsarbeit waren, und kristallisiert drei Einflussfaktoren heraus (ebd., S. 441f.):

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Theoretische Grundlagen

1. Faktor Prioritäten: Sowohl die Programmplanung als auch die Programmdurchführung hatten abso-lute Priorität vor allen anderen Aufgaben des NLI.

2. Faktor Zeit: Durch die Auslastung mit Planungs- und Durchführungstätigkeiten blieb den Dezernen-ten sowohl für die Evaluation als auch für die „Didaktikdiskussion“ kaum Zeit.

3. Faktor Institutionscharakter: Das NLI sei als zentrale Verwaltungseinrichtung „auf die Durchführung von bildungspolitischen Vorgaben und administrativ kontrollierten Maßnahmen“ zur Lehrerfort- und Weiterbildung ausgerichtet. Dies enge die Möglichkeiten einer Evaluation ein, die „über die Legiti-mation von Bildungsmaßnahmen hinaus vor allem der Optimierung der LFB-Arbeit durch Koopera-tion mit allen Beteiligten dienen will.“

Die ersten beiden Faktoren sind allgemeiner Natur und könnten – im Gegensatz zum dritten Faktor – über-tragbar sein auch auf andere Institutionen der Lehrerfortbildung, wie etwa auch universitäre Institutionen.

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Problemstellung und Forschungsfragen

3 Problemstellung und Forschungsfragen

Das Lehrerfortbildungszentrum Chemie der Goethe-Universität Frankfurt am Main, an dem die vorliegende Arbeit angesiedelt war, ist Teil des Institutes für Didaktik der Chemie. Die Aktivitäten nahmen seit der Grün-dung des FortbilGrün-dungszentrums im Jahr 2002 eine Größenordnung an, sowohl was die Anzahl der durchge-führten Fortbildungen als auch die Zahl der Mitarbeitenden betrifft, die bei der Leitung des Fortbildungszen-trums den Wunsch nach professionellerem Management aufkommen ließ: Pro Jahr fanden mehr als sechzig Fortbildungen statt. Zeitweise umfasste das Institut ca. 20 Personen, wovon die meisten - mit einem mehr oder weniger großen Anteil ihrer Arbeitszeit - in die Aktivitäten des Fortbildungszentrums involviert waren.

Neben anderen Pflichten waren zum Beginn des Projekts mehrere Personen organisatorisch verantwortlich für das lfbz-Chemie: Neben dem Institutsleiter war eine Akademische Rätin für den Grundschulschulbereich zuständig, eine weitere Akademische Rätin und eine abgeordnete Lehrkraft waren für den Sekundarbereich verantwortlich und darüber hinaus war ein wissenschaftlicher Assistent in die Organisation eingebunden.

Gleichzeitig wurde absehbar, dass von der Politik [7], den Kunden und der Universität der Anspruch an die Professionalität der Arbeit des Fortbildungszentrums wachsen würde, gerade im Hinblick auf Qualität und ein Qualitätsmanagement. Am Fortbildungszentrum sollte deshalb im Rahmen eines durch die Bund-Länder-Kommission geförderten Verbundprojektes „Netzwerk Wissenschaftliche Weiterbildung für Lehramtsberufe NWWL“ [9] ein Qualitätsmanagement (QM) eingeführt sowie die Thematik wissenschaftlich näher unter-sucht werden.

Für eine zielgerichtete Qualitätsarbeit müssen die relevanten Qualitätsfelder definiert werden: Qualitätsent-wicklung richtet sich sinnvollerweise an Zielen aus, die sich aus den individuellen Stärken und Schwächen des Anwenders ergeben. Mit dem Begriff „Anwender“ ist im Falle dieser Arbeit nicht nur das Lehrerfortbil-dungszentrum Chemie gemeint, sondern der universitäre Anbieter „überhaupt“. Hierüber waren noch keine Kenntnisse vorhanden, denn es gab keine Studien hierzu. Es gab auch keine vergleichbaren Vorbilder in der universitären Lehrerfortbildung, die bereits eine solche Maßnahme ergriffen hätten, und auch keine spezifi-schen QM-Modelle für diesen Bereich, an denen man sich hätte orientieren können.

So musste eine Adaption von Instrumenten und Modellen aus verwandten Branchen wie der beruflichen Wei-terbildung auf die Fortbildung eines universitären Instituts erprobt werden. Für dieses Ziel kamen unter ver-schiedenen verfügbaren Modellen und Instrumenten nur solche in Frage, die es den Mitarbeitern eines uni-versitären Institutes oder Arbeitskreises ermöglichen sollten, ohne vorherige aufwändige Schulung systemati-sche Qualitätsarbeit im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeiten leisten zu können. Die Durchführung kompli-zierter und / oder sehr aufwändiger Verfahren wäre nicht realistisch gewesen, zumal zum fraglichen Zeit-punkt solche Maßnahmen in der Regel freiwillig, das heißt ohne Unterstützung von außen, hätten eingeführt werden müssen. Aber auch nach der Vorauswahl blieb zu ergründen, ob sich die Maßnahmen in den Tagesab-lauf des universitären Institutes bzw. des Fortbildungszentrums eingliedern ließen.

Nicht zuletzt mussten zur Orientierung und zur Kontrolle der Produkt- bzw. Dienstleistungsqualität Kriterien und Indikatoren definiert bzw. identifiziert werden.

Vor dem Hintergrund der geschilderten Ausgangssituation wurden folgende fünf Forschungsfragen formu-liert:

1. Welche konkreten Qualitätskriterien und -indikatoren können für die naturwissenschaftliche univer-sitäre Lehrerfortbildung als Orientierung dienen?

2. Welche Arbeitsbereiche (Qualitätsbereiche), Schwächen und Probleme bezüglich der Qualität und der Qualitätsarbeit können sich im Bereich der universitären naturwissenschaftlichen Lehrerfortbil-dung ergeben?

3. Gibt es besondere Stärken und Chancen universitärer Fortbildungseinrichtungen hinsichtlich der Qualität und wo liegen sie?

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Problemstellung und Forschungsfragen

4. Können sich kleine Organisationseinheiten wie einzelne Institute oder Lehrerfortbildungszentren an den Qualitätsmanagementmodellen (QM-Modellen) oder Instrumenten, die z. B. für die gewerbliche Weiterbildung entwickelt wurden, orientieren?

5. Welche qualitätssichernden Maßnahmen sind an universitären Institutionen praktisch umsetzbar, d. h. ins „Tagesgeschäft“ integrierbar?

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Struktur des Forschungsprojektes

4 Struktur des Forschungsprojektes

4.1 Wahl des allgemeinen Vorgehens zur Klärung der