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„TECHNISCHE FAKTOREN“

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„TECHNISCHE FAKTOREN“

Aus der Diskussion ergaben sich folgende Hinweise und Überlegungen:

Eine tätigkeitsadäquate Gestaltung der physikalischen Umgebungsfaktoren (Beleuch-tung, Klima, Lärm) beeinflusst nicht zwingend die Zufriedenheit der Beschäftigten, wohingegen eine defizitäre Gestaltung zur Unzufriedenheit beiträgt.

Bei den Faktoren der physikalischen Arbeitsumgebung beeinflussen individuell vor - handene Steuer- und Kontrollmöglichkeiten (z. B. des Klimas am Arbeitsplatz) das Befinden der Beschäftigten, sodass der Handlungsspielraum hier ein wichtiges Gestaltungsmerkmal darstellt.

Die Formulierung übergreifender, konkreter Gestaltungmaßnahmen ist – durch die Flexibilität und stete Fortentwicklung der technischen Systeme sowie der Wechsel

-wirkungen mit anderen Arbeitsbedingungsfaktoren – schwierig, wobei vorhandene Gestaltungsprinzipien ihre Gültigkeit jedoch nicht verlieren.

Mit dem Einsatz innovativer Technologien vergrößern sich die Möglichkeiten einer differenziellen Arbeitsgestaltung etwa durch die individuelle Anpassbarkeit von Benutzungsoberflächen oder assistive Technologien wie z. B. die Spracheingabe.

Eine partizipativ ausgerichtete Arbeitsgestaltung, d. h. unter Beteiligung von Arbeits-gestaltungsexperten und Beschäftigten, kann mit dazu beitragen, dass Gestaltungs-lösungen entworfen werden, die nicht nur kurz-, sondern auch langfristig die Gesund-heit nicht beeinträchtigen.

Durch die immer größer werdende Komplexität der technischen Systeme geht deren Transparenz für den Beschäftigten verloren, was bei hoher Automatisierung mit einem Verlust der Expertise einhergehen kann, sodass bei Störfällen nicht mehr angemessen reagiert wird.

Neben der Erarbeitung bedingungsbezogener Gestaltungskriterien sollten auch Stan dards für einen guten Gestaltungsprozess entwickelt werden.

Bei neuen Techniken sollten sich die Gestaltungsziele nicht nur auf die Vermeidung von Risiken und Gefährdungen beziehen (z. B. Vermeidung von Monotonie), sondern auch positive Aspekte beinhalten, wie vorhandene Lerngelegenheiten oder Möglich-keiten, Beschäftigte mit Beeinträchtigungen unterstützen zu können.

Durch den Wandel der Arbeit wird die Technisierung weiter zunehmen, sodass die Mensch-Technik-Interaktion weiter an Bedeutung gewinnen und noch mehr Branchen erfassen wird (beispielsweise Einsatz von Robotern im Pflegebereich).

Im Rahmen der Forschung sind Fragen zur Übernahme von Verantwortung bei der Arbeit mit Robotern zu untersuchen.

Befunde des Projekts

2.6 Themenfeld „Gestaltungsansätze“

Zur Gestaltung menschengerechter Arbeitsbedingungen beizutragen, stellt ein vorrangiges Ziel des Projekts „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – Wissenschaftliche Standort-bestimmung“ dar. Aufgrund der zentralen Bedeutung wurden daher Interventionsstudien im Projekt zusätzlich gesichtet und ausgewertet. Darüber hinaus wurde ein weiteres Experten-gespräch zum Thema „Gestaltungsansätze“ durchgeführt, bei dem wesentliche Gestaltungs-aussagen zunächst für jedes der vier Themenfelder zusammengetragen, diskutiert sowie ergänzt und anschließend zusammenfassend betrachtet wurden. Nachfolgend werden zu-nächst Befunde aus der Auswertung der Interventionsstudien berichtet. Anschließend werden die Erkenntnisse aus dem Expertengespräch dargestellt.

Auf der Grundlage der gesichteten Literatur ist festzustellen, dass zwar vielfältige Aussagen zur Gestaltung vorliegen, diese Erkenntnisse aber in mehrerlei Hinsicht kritisch zu reflek-tieren und ergänzungsbedürftig sind: Im Projekt wird dabei zwischen Gestaltungswissen, Gestaltungsempfehlungen und Gestaltungshinweisen unterschieden (vgl. Abschnitt 1.2):

Die Anzahl an qualitativ hochwertigen, kontrollierten Interventionsstudien, aus denen sich Gestaltungswissen ableiten lässt, ist in den einzelnen Themenfeldern sehr eingeschränkt:

Ergänzend zu den Literatursuchen für die einzelnen Arbeitsbedingungsfaktoren, deren Er-kenntnisse in den Scoping Reviews wiedergegeben sind, wurden daher in einer zusätzlichen Literatursuche Interventionsstudien zu übergreifenden Gestaltungsansätzen und -prinzipien recherchiert. Insgesamt konnten so weitere 73 Interventionsstudien identifiziert und ausge-wertet werden.

Hierbei lässt sich grob zwischen personen- (d. h. verhaltensbezogenen) und organisations-fokussierten (verhältnisbezogenen) Interventionen sowie kombinierten Methoden unter-scheiden (Semmer, 2010), wobei Studien zu verhaltensbezogenen Interventionen deutlich überwiegen. Bamberg, Busch und Ducki (2003) gliedern Interventionen wie folgt:

− Bedingungsbezogene (verhältnisbezogene) Interventionen, z. B.

− Arbeitsgestaltung (Job Rotation, Job Enlargement, Job Enrichment, Gruppenarbeit)

− temporäre, zielbezogene Arbeitsformen, z. B. Gesundheitszirkel

− Individuumszentrierte (verhaltensbezogene) Interventionsmethoden, z. B.

− Trainings zu problemorientierten Bewältigungsstrategien (Training sozialer Kompetenz, Problemlösetraining, Zeit- und Selbstmanagement)

− Trainings und Coaching für Führungskräfte

− Trainingsprogramme der kognitiven Verhaltenstherapie, Stressimpfungstrainings

− Entspannungstrainings

− Integrative Interventionen, z. B.

− ressourcenorientierte Programme

− Stress- und Ressourcenmanagement für Arbeitsgruppen

− organisationsweite Survey-Feedback-Programme

Die Studienlage zeigt, dass organisatorische Interventionen deutlich seltener systematisch untersucht werden als Interventionen auf individueller und individuell-organisatorischer

Interventionen

Ebene. Gründe hierfür werden darin gesehen, dass individuelle Maßnahmen einfacher zu im-plementieren wie auch kostengünstiger sind und die Produktionsabläufe und Arbeitsroutinen weniger stören und dementsprechend oftmals eine höhere Akzeptanz im Management finden (Busch, 1998; Murphy, 1995; Sauter et al., 1999).

Vor dem Hintergrund häufiger Veränderungsprozesse in Unternehmen fehlt es oftmals auch an der erforderlichen betrieblichen Stabilität, was die Durchführung von Längsschnittstudien erschwert (Mattila et al., 2006; Mikkelsen, 2005; Taris & Kompier, 2003). Zudem fanden in der Interventionsforschung übergreifende Outcomes zur psychischen Gesundheit, wie sie in diesem Projekt betrachtet werden (z. B. psychische Störungen, Auswirkungen auf das Herz- Kreislauf- oder das Muskel-Skelett-System), bisher weniger Beachtung als individuumsorien-tierte Outcomes (z. B. Erfassungen des Stresserlebens, Messung direkter, auf das Training abzielender Lernerfolge; vgl. Kompier & Cooper, 1999; Giga et al., 2003).

Betrachtet man die Erkenntnisse aus Untersuchungen zu bedingungsbezogenen (organisati-onsfokussierten) Interventionen, so fällt auf, dass nur sehr wenige Studien negative (adverse) Effekte von Intervention berichten, wobei sich der eigentlich erwartete, positive Effekt oftmals aber auch nicht nachweisen lässt. Als Gründe werden die kurze Dauer der Interventionen (meistens nur wenige Wochen) und die zeitlich sehr kurzen Intervalle zwischen Interventions-ende und Follow-up genannt. Die Beteiligung der Beschäftigten an Interventionen wird in der Literatur als Schlüssel zum Erfolg und als Bedingung für gute und vor allem auch nachhaltige Ergebnisse berichtet (z. B. in Karasek, 1992; Bamberg, Ducki & Metz, 1998; Parkes & Sparkes, 1998; Kompier & Cooper, 1999). Derartige Vorgehensweisen haben jedoch das Problem, dass sich nicht immer klären lässt, ob die eingetretene Verbesserung durch die Intervention her-vorgerufen wurde oder auf der Partizipation zuzuschreibender Faktoren zurückgeht. Anderer-seits liegt hierin genau der Charakter von partizipatorischen Maßnahmen, die zumeist nicht nur die Veränderung einer einzelnen Arbeitsbedingung anstreben, sondern eine Intervention systemisch, im Sinne des Zusammenwirkens verschiedener Komponenten des Arbeitssys-tems, verstehen.

Individuelle Maßnahmen und Trainings zählen zu den gut untersuchten Interventionen. Die dazu vorliegenden Befunde zeigen einmal, dass vor allem problem- oder ressourcenorien-tierte, individuumsbezogene Ansätze zur Stärkung personeller Kompetenzen und auch – da Führungsaufgabe und -verhalten maßgeblich die Gesundheit der Angestellten beeinflussen können (Rigotti et al., 2014) – insbesondere Führungskräftetrainings, erfolgversprechend sind. Allerdings wird deutlich, dass die in diesen Studien erhobenen Outcomes methodisch oftmals zeitlich nah an den Trainingsmaßnahmen erhoben werden, sodass insbesondere zur längerfristigen Wirksamkeit der Maßnahmen auf die psychische Gesundheit keine Erkennt-nisse vorliegen.

Dennoch darf der Beitrag verhaltenspräventiver Ansätze für die psychische Gesundheit nicht bedingungsbezogene

Interventionen

verhaltensbezogene Interventionen

Befunde des Projekts

Im Rahmen der arbeitswissenschaftlichen Diskussion stellt die sogenannte organisationale Resilienz einen relativ neuen Gestaltungansatz dar. Resilienz wird durch viele verschiedene Arbeitsbedingungsfaktoren und deren wechselseitige Einflüsse modelliert, wobei die orga-nisationalen Gestaltungsprinzipen darauf zielen, eine Organisation gegenüber einer dyna-mischen Umwelt „widerstandsfähiger“ im Sinne von „anpassungsfähig“ zu machen, sodass Sicherheit und Produktivität aufrechterhalten werden (vgl. Hartwig et al., 2016b).

Im Expertengespräch wurden neben der Diskussion einzelner Faktoren die folgenden zen-tralen Thesen vorgestellt und ausführlich erörtert. Dabei zeigte der Diskurs zur Gestaltung, dass sich allgemeine Schlussfolgerungen durchaus ableiten lassen, die Umsetzung jedoch kontextspezifisch vorzunehmen ist. Die folgenden Erkenntnisse stellen zentrale Herausforde-rungen für die Gestaltung (auch psychisch) gesundheitlich förderlicher Arbeit dar:

− Arbeitsgestaltung ist systemisch und muss Belastungskonstellationen berücksichtigen.

Schlüsselfaktoren der Systeme müssen gesundheitsgerecht gestaltet werden. Nicht alle Elemente eines Gesamtarbeitssystems sind gleich wichtig.

− Zugänge oder Ebenen von Gestaltung unterscheiden sich im Schwerpunkt bei den ver-schiedenen Arbeitsbedingungsfaktoren.

− Belastungsschwellen im Rahmen von Gefährdungsbeurteilungen sind auf der Grundlage von anerkannten Kriterien oder Metriken zum Teil schwer zu definieren. Für nur wenige Faktoren konnten etablierte Methoden und Kriterien zur Bewertung identifiziert werden.

− Verhaltensprävention im Sinne einer Stärkung (individueller) personenbezogener Res-sourcen und Kompetenzen gewinnt aufgrund struktureller Veränderungen von Arbeit an Bedeutung in Relation zur Verhältnisgestaltung. Einige Faktoren lassen sich nur bei Be-rücksichtigung individueller Kompetenzen und der entsprechenden Förderung derselben effektiv gestalten. Beispielsweise lassen sich erweiterte Tätigkeitsspielräume nur dann nutzen, wenn entsprechende Kompetenzen zur Nutzung der Spielräume mit entwickelt werden.

− Betriebliche Gestaltung ist immer spezifisch und sollte stets die Analyse, Bewertung, Gestaltung und Evaluation umfassen. Soweit für die Gestaltung von Faktoren im Betrieb nicht ausreichend gesicherte Methoden und Bewertungskriterien vorliegen, gewinnt das systematische iterative Vorgehen an Bedeutung. Prozesswissen zur Gestaltung ist in der betrieblichen Praxis somit ähnlich wichtig wie das Wissen um Gestaltungskriterien.

− Gestaltung erfordert übergreifende Partizipationsprozesse. Bei der betrieblichen Gestal-tung ist sowohl das GestalGestal-tungswissen der Beschäftigten als auch das subjektive Erleben, d. h. der Einbezug der Beschäftigtenperspektive, grundsätzlich relevant. Gleichzeitig können partizipative Prozesse notwendiges Expertenwissen nicht ersetzen. Es ist eine spezielle betriebliche Herausforderung, partizipative Einschätzungen und Expertenurteile prozessual sachgerecht miteinander zu verknüpfen.

− Das Vermeiden von Gefährdungen der psychischen Gesundheit ist ein zentrales Ziel der Arbeitsgestaltung. Hier bietet Ressourcenförderung (z. B. der Aufbau von Handlungs- und Entscheidungsspielräumen, soziale Unterstützung) viele Chancen guter betrieblicher Arbeitsgestaltung – sie darf aber eine Ermittlung von Risiken nicht ersetzen.

zentrale Gestaltungs-herausforderungen

− Das Erkennen und Bearbeiten der Komplexität psychischer Einflussfaktoren in Arbeitssys-temen stellt in der betrieblichen Praxis schnell eine Überforderung dar. Betriebe sollten in die Lage versetzt werden, die bedeutsamsten Risikofaktoren zu erkennen und diese ggf. zu verbessern. Es ist für Unternehmen wichtig, dass gesicherte Erkenntnisse für den Praxiseinsatz übersetzt werden. Die Verständlichkeit von Empfehlungen, Standards und Regelungen ist somit wichtig.

− Insbesondere vor dem Hintergrund des Wandels der Arbeit mit der zunehmenden Kom-plexität und Dynamik vieler Arbeitssituationen müssen die Fähigkeiten zur (kollektiven) Selbstgestaltung der Arbeit weit mehr als bisher entwickelt und systematisch gefördert werden. Voraussetzung dafür ist und bleibt jedoch, dass die jeweiligen betrieblichen Rahmenbedingungen eine menschengerechte Arbeitsgestaltung grundsätzlich möglich machen und unterstützen.

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