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DGUV Vorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“

Im Dokument Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt (Seite 104-107)

4 Zusammenschau aus der Perspektive der Praxis

4.2 Regulativer Rahmen und programmbezogene Aktivitäten zu psychischer Belastung

4.2.3 Ausgewählte nationale Rechts- und Regelsetzung im Kontext psychischer Gesundheit in der Arbeitswelt

4.2.3.5 DGUV Vorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“

In einer erweiterten Perspektive auf das rechtliche System des Arbeitsschutzes ist an dieser Stelle auch die Nennung psychischer Belastung im autonomen Recht der Unfallversiche-rungsträger, konkret in der Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (DGUV Vorschrift 2), zu erwähnen. So werden im Grundbetreuungsteil Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte angehalten, Elemente des Arbeitssystems auch unter Beachtung arbeitspsychologischer Fragen zu überprüfen. Darüber hinaus haben

sie die Aufgabe, im Rahmen der betriebsspezifischen Betreuung den Arbeitgeber bei der Gestaltung von betrieblichen Programmen, Strategien und Kampagnen zur Bewältigung psychischer Belastung zu unterstützen.

4.2.3.6 Verordnungen

Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und die Arbeitsstättenverordnung (ArbS-tättV) sind die beiden zentralen Verordnungen im Hinblick auf die technischen Faktoren des Themas psychischer Belastung. Die Betriebssicherheitsverordnung stellt hierbei die grund-sätzliche Notwendigkeit der Berücksichtigung psychischer Belastung bei der Verwendung von Arbeitsmitteln heraus (§ 3, Absatz 2 BetrSichV) und umfasst damit auch die vor dem Hinter-grund des Wandels der Arbeit besonders bedeutsamen Themen der Mensch-Maschine- und Mensch-Rechner-Interaktion. Die Arbeitsstättenverordnung adressiert die psychische Belastung an mehreren Stellen, in erster Linie in § 3a, in dem auf die Berücksichtigung physi-scher und psychiphysi-scher Belastung bei der Gefährdungsbeurteilung hingewiesen wird, sowie im Anhang „Anforderungen und Maßnahmen für Arbeitsstätten nach § 3 Absatz 1“, in dem u. a.

die Anforderungen hinsichtlich der Umweltfaktoren Licht, Lärm und Klima sowie spezifische Aspekte der Bildschirmarbeit konkretisiert werden.

Auch in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) wird die psychi-sche Gesundheit explizit genannt. Arbeitsmedizinipsychi-sche Vorsorge dient „der Beurteilung der individuellen Wechselwirkungen von Arbeit und physischer und psychischer Gesundheit und der Früherkennung arbeitsbedingter Gesundheitsstörungen sowie der Feststellung, ob bei Ausübung einer bestimmten Tätigkeit eine erhöhte gesundheitliche Gefährdung besteht …“

(§ 2 Absatz 1 Nr. 2). Arbeitsmedizinische Vorsorge soll einen Beitrag zur Fortentwicklung des betrieblichen Arbeitsschutzes leisten. Sie berücksichtigt individuelle Dispositionen, woraus sich Empfehlungen individueller Schutzmaßnahmen ableiten lassen. Für besonders gefährdende Tätigkeiten sieht die ArbMedVV die Pflicht- bzw. Angebotsvorsorge vor, für alle übrigen Tätigkeiten kommt die Wunschvorsorge in Betracht. Dies ist auch der Fall, wenn ein Beschäftigter einen Zusammenhang zwischen einer psychischen Belastung am Arbeits-platz und gesundheitlichen Beschwerden vermutet. Der Ausschuss für Arbeitsmedizin beim BMAS (AfAMed) hat sich in den vergangenen Jahren mit dem Thema psychische Gesundheit beschäftigt und unter anderem in seiner Arbeitsmedizinischen Empfehlung (AME) „Psy-chische Gesundheit im Betrieb“ beschrieben, wie Betriebsärzte dazu beitragen können, die psychische Gesundheit der Beschäftigten zu erhalten oder wiederherzustellen (BMAS, 2016).

Wie und in welchem Umfang Betriebsärzte diesen Empfehlungen derzeit nachkommen und in welchem Maße die psychische Gesundheit in der arbeitsmedizinischen Vorsorge in den Be-trieben thematisiert wird, kann momentan nicht valide beurteilt werden. Zur Wunschvorsorge hat der AfAMed ebenfalls eine AME erarbeitet (BMAS, 2015).

4.2.3.7 Verordnungsinitiative

Über die existierenden Verordnungen zum Schutz der Beschäftigten vor den negativen Folgen Betriebssicherheitsverordnung

und Arbeitsstätten verordnung

Verordnung zur arbeits-medizinischen Vorsorge

Zusammenschau aus der Perspektive der Praxis

Rolle spielen und ganzheitliche Gefährdungsbeurteilungen unter Berücksichtigung psy-chischer Belastung zu selten erfolgen. In einer verbindlichen und konkreten Regelung, die rechtstechnisch, so der Vorschlag, als Verordnung durch die Bundesregierung auf Basis des

§ 18 ArbSchG erlassen und durch technische Regeln konkretisiert werden könnte, wird durch die Initiatoren die geeignetste Möglichkeit gesehen, bei den genannten Punkten Fortschritte zu erzielen. Wie bereits in der Diskussion des Arbeitsschutzgesetzes ausgeführt, hat der Bundesrat in seiner 909. Sitzung am 3. Mai 2013 eine durch die Länder Hamburg, Branden-burg, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein eingebrachte Initiative für eine

„Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit“

beschlossen, mit der die Bundesregierung aufgefordert wurde, auf dem Verordnungswege für eine Konkretisierung der Generalklauseln und allgemeinen Pflichten, wie sie im Arbeits-schutzgesetz zu finden sind, Sorge zu tragen. In der Antwort der Bundesregierung hierauf hat das Ministerium für Arbeit und Soziales im März 2014 auf die Vereinbarungen im Koalitions-vertrag verwiesen.

4.2.3.8 Präventionsgesetz

Eines der Ziele des im Juni 2015 verabschiedeten „Gesetzes zur Stärkung der Gesundheits-förderung und der Prävention“, das als sogenanntes Artikelgesetz mehrere Gesetze, schwer-punktmäßig im SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung – geändert hat, ist es, psychische Erkrankungen zu verhindern. Das Gesetz zielt allgemein darauf ab, die Gesundheitsförderung und Prävention in den verschiedenen Lebenswelten der Menschen zu stärken und im Arbeits-kontext insbesondere das Zusammenwirken von betrieblicher Gesundheitsförderung und Arbeitsschutz zu verbessern. Um dies zu erreichen, sollen die arbeitsweltbezogenen Ziele und Aktivitäten der Nationalen Präventionskonferenz (NPK) sowie die Ziele und Hand-lungsfelder der Gesetzlichen Krankenversicherung im Bereich der betrieblichen Gesund-heitsförderung die im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) beschlossenen Ziele des Schutzes und der Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung berücksichtigen. Ein unmittelbarer Bezug zu psychischer Gesund-heit findet sich in § 20 SGB V: Hier wird der Spitzenverband Bund der Krankenkassen dazu verpflichtet, bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben auch das Gesundheitsziel „depressive Erkrankungen verhindern, früh erkennen, nachhaltig behandeln“ zu berücksichtigen. Indirekt wird das Thema psychische Gesundheit auch durch den § 20a „Leistungen zur Gesundheits-förderung und Prävention in Lebenswelten“ einbezogen, in dem in Absatz (1) ausgeführt wird, dass bei der Erbringung von Leistungen für Personen, deren berufliche Eingliederung aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen besonders erschwert ist, die Krankenkassen mit der Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeit-suchende eng zusammenarbeiten. Mit dieser allgemeinen Formulierung sind auch gesund-heitliche Einschränkungen aufgrund psychischer Erkrankungen und die Förderung bzw. die Wiederstellung der psychischen Gesundheit angesprochen. Für die psychische Gesundheit in der Arbeitswelt besonders bedeutsam ist § 20c Absatz (1) Satz 2 SGB V, in dem es heißt:

„Insbesondere erbringen sie [die Krankenkassen] in Abstimmung mit den Trägern der gesetz-lichen Unfallversicherung auf spezifische arbeitsbedingte Gesundheitsrisiken ausgerichtete Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung nach § 20b und informieren diese über die Erkenntnisse, die sie über Zusammenhänge zwischen Erkrankungen und Arbeitsbedin-gungen gewonnen haben.“

Im Dokument Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt (Seite 104-107)