• Keine Ergebnisse gefunden

5. Portalgenese: Theoretischer Rahmen zu Designprozessen von Informationsangeboten

5.12. Synopse

……….

Welche Desiderata bietet die Tätigkeitstheorie für die Analyse der Erstellung von Bildungsportalen? Bei der Reflektion des Untersuchungsgegenstands vor der Folie des dargelegten Theorierahmens fallen insbesondere die Aspekte Historie, Mediation und sozialer Kontext ins Auge:

• Historie: Die zeitliche Dynamik spielt eine grundlegende Rolle im Designprozess. Ein Portal ist niemals abgeschlossen und fertig, Projekte bewegen sich vielmehr permanent zwischen Kontinuität und Destabilisierung: „ […] activities are always offbalance, always changing, always coming into contact with other activities“ (Spinuzzi, 2003, 117). Die Historie der Entscheidungen ist ein bestimmender Einflussfaktor im Projektverlauf. Oft werden weitreichende Festlegungen getroffen, noch bevor das eigentliche Designteam mit der Arbeit beginnt: „[…] the design process begins earlier than what is usually realised. […] These early decisions create the ‚container’ fort he subsequent process“

(Löwgren & Stolterman, 2005, 16). Zwischen Detailentscheidungen und der Portalvision,

also der Zielstellung des Unterfangens, finden fortlaufend Austauschprozesse statt.

Diese sind bidirektionaler Natur: Zum einen werden Details im Design wie Farbgebung

fältigen, ständig wechselnden Versatzstücke des Designs letztlich das Gesamtbild, welches auf die Weise stets – zumindest zu einem gewissen Grad – dynamisch bleibt. So wird sich die Zielgruppe eines Angebots zwar in der Regel nicht

de e sdifferen s gilt

für Inhaltsspektrum und verwendete Textsorten. Die Historie der Portalgenese ist eng

e e .B

uren in der Je weiter der Projektverlauf fortgeschritten ist, umso

der Hi Weiterentw troffene

ungen r eine he Infra inen

Designentwurf determinieren zunehmend den Entwicklungsprozess

er enübe ektpar Fülle

möglicher Realisierungen ein.

• Mediation: Die Erstellung eines Portals ist eine vermittelte Aktivität, die über ein ganzes Bündel an Techniken und Werkzeugen abgewickelt wird. Das eigentliche Ziel der

dienkanäle sie einsetzen, kann den Gestaltungsprozess und -resultat oder Logogestaltung mit Hilfe von übergeordneten Prinzipien rationalisiert, zum anderen formen die viel

prinzipiell wan ln, aber durchaus erw itern oder auch au zieren. Gleiche

gekoppelt mit d Zäs

m allgemeinen Projektv Projektstruktur.

rlauf und abhängig von z . Meilensteinen oder

bestimmen Entscheid

wird die Dimension zum Beispiel fü

storie für die bestimmte technisc

icklung. Ge struktur oder e . Ebenso schränken bestehende V bindlichkeiten geg r Nutzern und Proj tnern und die

Aktivität, nämlich die Erstellung eines Artefakts zur netzbasierten Wissenskommunikation, wird durch die Erstellung vielfältiger Artefakte als Beiprodukte erreicht. Um den Gestaltungsprozess zu steuern müssen beispielsweise Repräsentationen der Inhaltsstruktur und des Worksflows erstellt werden. Welche Genres die Projektbeteiligten dabei benutzen, adaptieren oder auch „erfinden“ und welche Me

maßgeblich beeinflussen. In einer qualitativen Untersuchung im Bereich des technischen Schreibens analysieren Amidon & Blythe die Gründe für die Wahl einer bestimmten Infrastruktur: „When facing the large scale task of managing a group or project, no single technology would do. As a result, people said they used combinations of technologies to do their work, basing their choices on precedent and familiarity (i.e. whether they had used technologies before) and, in several interesting cases, symbolic value” (Amidon &

Blythe, 2008, p. 27). Es zeigt sich, dass ein Mix verschiedener Techniken und Infrastrukturen eingesetzt wird, weil Technik nicht nur ein Motor sondern auch eine Barriere der Gestaltung darstellen kann, die es mit Hilfe von Umwegen zu überwinden

gilt. Daher sind auch die Grenzen und Konflikte, die aus der Benutzung einer Infrastruktur resultieren, auszuloten. In einem Portalprojekt arbeiten die als Redakteure, Techniker und Grafiker beteiligten Akteure an unterschiedlichen Systemschnittstellen.

Ein „common ground“, der für die kooperative Entwicklung notwendig ist, wird durch diese unterschiedlichen Perspektiven und den Umgang mit unterschiedlichen Artefakten erschwert. Slattery (2007) beschreibt diesen Zustand als Fragmentierung von Aufgaben und Artefakten, der in komplexen Informationsumgebungen mündet.

• Kontext: Die Activity Theory schließt die Motive der Akteure explizit in die Analyse mit ein. So bietet sich die Möglichkeit, emotional-gefärbte ebenso wie langfristige Ziele bei der Entwicklung von Portalen zu berücksichtigen. So kann es für die Qualität eines Webauftritts bedeutsam sein, ob sich Entwickler mit einem Bildungsangebot identifizieren und eine emotionale Bindung zu „ihrer Webseite“ entwickeln. Die mit der Qualität des Angebots verbundene Außenwirkung kann ihnen außerdem als ein strategisches Mittel für die langfristige Karriereplanung wichtig sein. Der jeweilige persönliche Hintergrund der Akteure kann zudem Auswirkungen auf die Kommunikations- und Arbeitsstile haben:

Während aus Programmierersicht Seite „Debugging“ zum Entwickleralltag gehört, legen Redakteure im Publikationsprozess Wert auf Qualitätssicherung. Dementsprechend werden Fehler als unterschiedlich gravierend empfunden. Dies kann zu Reibungen führen, wenn beide Sichtweisen bei der Anpassung eines Contentmanagementsystems aufeinander treffen. Wie dieses Beispiel zeigt, ist der persönliche und soziale Kontext im Entwicklungsverlauf nicht zu unterschätzen. Gleichzeitig spielt der Kontext der Nutzer eine Rolle und sollte in die Analyse einbezogen werden. Als eigenständige Akteure finden Lösungen und beschreiten Wege, die im Informationsdesign gar nicht vorgesehen sind. Andere Funktionalitäten werden dagegen völlig ignoriert. Wichtig für die Gestaltung ist es zu verstehen, dass das Interesse der Adressaten nicht in der Nutzung des Informationsangebots liegt, sondern in der Verfolgung eigener Ziele – zum Beispiel die Selbstdarstellung in einer renommierten Plattform, die Teilhabe an einem Netzwerk, aber auch der schlichte Abruf einer Information zur Lösung eines technischen Problems oder der Download eines Textes zur weiteren Bearbeitung im jeweiligen persönlichen Kontext.

Dies kann auf Seiten der Anbieter Frustration und Unverständnis hervorrufen.

Aushandlungsprozesse, Konfliktlinien und das Rollenverständnis der Akteure bestimmen den Designkontext eines Bildungsportals.

Zusammenfassend liefert die Tätigkeitstheorie ein umfassendes Vokabular um Designprozesse adäquat und strukturiert zu beschreiben. Mit der Activity Theory Checklist liegt zudem ein exemplarisches Werkzeug vor, um die theoretischen Grundlagen in konkrete Forschungsfragen zu transformieren.

Um Portale zu implementieren, sind einige essentielle und zum Teil interdependente Vorgehensschritte zu berücksichtigen. In den nachfolgenden Erhebungen sollen diese erläutert und in eine logische Reihenfolge gebracht werden, um so das Vorgehen bei der Durchführung eines Portalprojekts zu systematisieren. Im Vokabular der Aktivitätstheorie ist jedwede Handlung zu analysieren als Tätigkeit, bei der ein Subjekt mediiert durch Werkzeuge auf ein Objekt einwirkt, mit dem Ziel, dieses zu verändern. Um den Portalgenesepfad nachzuzeichnen, werden insbesondere Akteure (Subjekt), Artefakte (Mediation), Ziele (Objekt) und Transformation (Veränderung) untersucht.

• Akteure: Arbeitsteilung, Konflikte, Hierarchien, soziale Regeln vs. technische

Affordanzen, implizite oder explizite Normen, persönliche Leitbilder (Nutzerbeteiligung, Expertenwissen).

• Artefakte: Konstruktion (Mindmaps, Skizzen, Prototypen), Implementierung technisch (Contentmanagementsysteme), Implementierung redaktionell (Textsorten),

Projektsteuerung (Dokumente zur Planung, Dokumentation), Kommunikationskanäle und -medien.

• Ziele: „versteckte“ Konstruktionspläne, Zielgruppenorientierung, Stellenwert

verschiedener Handlungsfelder wie Design (intern oder extern bestimmt?), Technik (Technikbild: Experimentierfeld, notwendiges Übel, Werkzeug, Barriere), Redaktion (Gewichtung Inhalte und redaktionelle Qualität).

• Transformation: Phasen der Entwicklung, Wandel und Dynamik, Rational der Veränderung (Evaluationsdaten, Qualitätssicherung).

Diese Dimensionen formen den heuristischen Rahmen, der aus der Reflexion sozio-technischer und kulturtheoretischer Positionen abgeleitet ist und auf die Analyse des empirischen Materials angewendet wird.