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In diesem Abschnitt wird der durch Gl. (3.79) und die Ausdrücke (3.75) bis (3.78) gege-bene Tunnelstrom numerisch ausgewertet. Vorher soll allerdings noch die Frage beant-wortet werden, wie genau das vorgestellte Modell eigentlich in der Lage ist, das Tunneln über einen Hybridisierungsterm zu beschreiben. Dies ist anhand der Quasiteilchenzu-standsdichten in Abb. 5.10 sehr gut erkennbar. Durch die Kopplung mit dem linken Ferromagneten werden die, beiT0,I = 5 eV liegenden, Isolatorbänder leicht gegeneinan-der verschoben. Entscheidend für den Stromfluss ist allerdings, dass gegeneinan-der Isolator durch die Hybridisierung im Bereich des linken Ferromagneten, also unterhalb des chemischen Potentials, endliche Zustandsdichte aufweist. Sie ist zwar nicht sehr groß für die ge-wählte Hybridisierungsstärke vonM I = 0.5 eV, im Inset jedoch deutlich zu erkennen.

Diese neuen Zustände führen dazu, dass der Isolator eine kleine, aber endliche Besetzung zeigt, wodurch er im Quasiteilchenbild streng genommen zu einem (schlechten) Metall wird. Das Tunneln von Elektronen wird innerhalb des Modells also durch einen direkten Strom von Quasiteilchen simuliert. Mit ausgeschalteter Hybridisierung verschwinden die unteren Isolatorzustände und ein Stromfluss wird unmöglich.

Bevor die eigentlichen Stromkurven diskutiert werden, sollen zunächst einige der in Ab-schnitt 3.4 bei der Herleitung der Stromformel gemachten Bemerkungen und Annahmen, wie beispielsweise das Verschwinden der zeitlichen Ableitung der TeilchenzahlhN˙Rσi= 0, überprüft werden. Dazu erweist es sich als nützlich die Integralkerne der Teilströme (3.74) und (3.73) zu betrachten:

|jRX(E)| ≡ −1 π

X

kR

Im ∆(X),rk

Rσ (E)ImG<k

Rσ(E) (5.6)

|jXR(E)| ≡ −1 π

X

kR

Im ∆(X),<k

Rσ (E)ImGrkRσ(E) (5.7) Die Ströme erhält man also, indem man diese Größen über die Energie integriert. Sie stellen somit eine Art energieabhängiger Stromdichte dar und geben an, welche Energie

5.5 Stromberechnung

Abbildung 5.10: Quasiteilchenzustandsdichten der einzelnen Regionen ohne anliegende Spannung mit paralleler (oben) bzw. antiparalleler (unten) Ausrichtung der beiden Ferromagnete. Die beiden äußeren Schichten wurden im Gleichgewicht, die inneren im Nichtgleichgewicht berechnet. Der um-punktete Bereich im Isolator ist im Inset zusätzlich vergrößert darge-stellt. Es wurden die Standardparameter aus Tab. 5.1 verwendet. Daher ist das Spin Down-Band des linken Ferromagneten nicht sichtbar, da es beiEULn= 14 eV liegt. Die dünnen schwarzen Linien kennzeichnen die beiden, in diesem Fall identischen, chemischen Potentiale µL und µP. Die Pfeile symbolisieren die jeweilige Spinrichtung.

Abbildung 5.11: Energieabhängige Beiträge zum Spin Up-Gesamtstrom. Neben den vier Teilströmen jIR, jRI, jP R und jRP sind im Inset zusätzlich die Ströme jRP+jP R=jRI+jIRund die zeitliche Ableitung der TeilchenzahlhN˙Rσi gezeigt. Es wurden die Parameter aus Tab. 5.1 und eine Spannung von V = 0.2 benutzt.

welchen Beitrag zum Gesamtstrom liefert. Auch ihre Vorzeichen müssen, wie die der eigentlichen Ströme, per Hand so angepasst werden, dass nach rechts fließende Ströme positiv und umgekehrt nach links fließende Ströme negativ sind. In Abb. 5.11 sind die vier Stromdichten dargestellt. Aufgrund der starken Spinaufspaltung des linken Ferro-magneten besitzt er keine Spin Down-Zustände in der Nähe der Fermienergie, wodurch die Spin Down-Stromdichten alle exakt Null sind. Der Übersichtlichkeit halber sind da-her nur die Spin Up-Stromdichten gezeigt. An diesen lassen sich nun eine ganze Reihe von Eigenschaften des Stroms erkennen. Sie sind offenbar eng mit den jeweiligen Qua-siteilchenzustandsdichten korreliert. Der linke Ferromagnet hat nämlich in diesem Fall seinen Hauptpeak beiE ≈0 eV und der rechte bei E ≈ −0.25 eV. Bei beiden Energien sind deutliche Maxima in den StromdichtenjRI undjIR zu sehen. Damit tragen Regio-nen mit vielen Zuständen stärker zum Strom bei, wie es natürlich auch naiv zu erwarten war. Weiterhin ist erkennbar, dass bis auf jP R alle Stromdichten bei E ≈ 0.18 eV ab-brechen. Genau bei dieser Energie liegt in diesem Fall das linke chemische PotentialµL. Da oberhalb vonµLin keiner der vier Regionen besetzte Zustände existieren, kann dort auch kein Strom fließen.jP R bricht allerdings schon beiE≈ −0.01 eV ab. Diese Energie stimmt mit dem chemischen Potential des ParamagnetenµP überein. Oberhalb vonµP

können natürlich keine Elektronen aus dem Paramagneten in den rechten Ferromagneten tunneln, daher muss die Stromdichte in diesem Fall Null ergeben.

Dass es unterhalb vonµP zu einem endlichen Stromfluss kommt, ist zunächst unerwartet.

Nach dem Pauli-Prinzip sollte dies nämlich nicht möglich sein, da sich auf beiden Seiten der Tunnelstruktur nur besetzte Zustände gegenüberliegen. Addiert man die jeweiligen

5.5 Stromberechnung Teilströme jRI und jIR bzw.jRP undjP R zusammen, um den Gesamtnettostrom zu er-halten, erkennt man allerdings, dass sich alle Beiträge unterhalb vonµP exakt wegheben.

Dies ist im Inset der Abbildung dargestellt. Der Nettostrom erhält also nur Beiträge von solchen Energien, die zwischen den beiden chemischen Potentialen µP und µL liegen.

Aber was bedeuten die endlichen Stromdichten unterhalb von µP? Ein entscheidender Hinweis zur Beantwortung dieser Frage liefert die Tatsache, dass sich die Teilströme in der Summe genau gegenseitig wegheben. Tunnelt ein Elektron nämlich vom linken zum rechten Ferromagneten und gleichzeitig tunnelt ein anderes Elektron mit der glei-chen Energie in die umgekehrte Richtung, so wird das Pauli-Prinzip nicht verletzt, da zu keinem Zeitpunkt ein Zustand doppelt besetzt ist. Letztlich haben die beiden Fer-romagnete lediglich zwei Elektronen ausgetauscht, wodurch diese Ströme durchaus als eine Art „Austauschwechselwirkung“ zwischen den beiden Ferromagneten interpretiert werden können [65]. Sie „fühlen“ sich also selbst dann, wenn kein Nettostrom zwischen ihnen fließt.

Auch die zeitliche Änderung der Teilchenzahl des rechten Ferromagneten hN˙Rσikann als Integral über die Stromdichten dargestellt werden (vgl. Gl. (3.72)). Sie ist im Inset als orangefarbene Kurve gezeigt. Offenbar ist sie konstant Null, wie es im stationären Fall zu erwarten war. Diese Tatsache wurde bei der Herleitung des Tunnelstroms und auch bei der Ableitung der NSDA mehrfach verwendet. Anhand dieser Kurve konnte sie nun auch numerisch bewiesen werden.

Der Gesamtstrom durch die Tunnelstruktur ist in Abb. 5.12 für zwei verschiedene Werte der Hybridisierung M I und paralleler bzw. antiparalleler Ausrichtung der Magnetisie-rungen gezeigt. Zum besseren Vergleich ist auch das Magnetisierungsverhalten darge-stellt. Aufgrund der Aufspaltung des linken Ferromagneten können, wie bereits mehrfach erwähnt, nur Spin Up-Elektronen tunneln, d.h. der GesamtstromJ =J+Jist mit dem Spin Up-StromJidentisch und der Spin Down-StromJ ist entsprechend Null. Die bei-den Hybridisierungsstärken wurbei-den so gewählt, dass im linken Bild noch kein Schalten auftritt, im rechten dagegen schon, wie an den entsprechenden Magnetisierungskurven zu erkennen ist. Zunächst soll der linke Fall diskutiert werden. Ohne anliegende Spannung verschwindet der Strom in beiden Orientierungen. Dies war aufgrund des Pauli-Prinzips zu erwarten. Für kleine Spannungen V verhält er sich in paralleler Orientierung unge-fähr linear, weicht mit wachsender Spannung aber deutlich von der Linearität ab. Eine Linear Response-Theorie wäre also nicht in der Lage, dieses Verhalten korrekt zu mo-dellieren. Ausgehend von V = 0 steigt der Strom für positive Spannungen bis zu einem Maximalwert an, um anschließend für weiter steigende Spannungen wieder auf Null ab-zufallen. Umgekehrt sinkt er für negative Spannungen bis auf einen Minimalwert ab und geht dann ebenfalls auf Null zurück. Die Vorzeichen des Stroms sind verständlich, da die Vorzeichenkonvention gerade so gewählt wurde, dass positive (negative) Spannungen zu positivem (negativem) Strom führen. In antiparalleler Orientierung ergibt sich für negative Spannungen kein Strom. Für positive Spannungen steigt er hingegen stark bis zu einem Maximalwert bei V ≈0.4 an, um für höhere Spannungen fast genauso schnell wieder abzufallen. Die Magnetisierung nimmt bei positiven Strömen leicht zu und bei ne-gativen Strömen leicht ab. Offenbar reicht der Zu- bzw. Abfluss von Spin Up-Elektronen nicht aus, um den Ferromagneten umzuorientieren.

Abbildung 5.12: Strom und Magnetisierung als Funktion der Spannung für zwei verschie-dene HybridisierungsstärkenM I. Der Strom ist in willkürlichen Einhei-ten angegeben. In den Insets ist er über einen größeren Spannungsbe-reich gezeigt. Im linken Bild istM I = 0.2 eV, im rechtenM I = 0.5 eV.

Die restlichen Parameter wurden aus Tab. 5.1 übernommen.

5.5 Stromberechnung Das Verhalten des Stroms ist eine unmittelbare Folge aus der Gestalt der entsprechenden Quasiteilchenzustandsdichten in Abb. 5.10. Der Fall paralleler Ausrichtung soll wieder-um zuerst diskutiert werden. Das Strommaximwieder-um wird bei V ≈0.4 erreicht. Bei diesem Spannungswert liegen die Maxima der Zustandsdichten des linken Ferromagneten und des Paramagneten genau auf einer Höhe, d.h. es liegen sich eine Maximalzahl an be-setzten bzw. unbebe-setzten Zuständen gegenüber. Bei negativen anliegenden Spannungen schiebt sich das Spin Up-Bandmaximum des rechten Ferromagneten zwischen die beiden Potentiale. Bei V ≈ −0.4 liegt eine maximale Zahl von Zuständen in diesem Bereich, wodurch der Strom betragsmäßig maximal wird. Aufgrund des Vorzeichens bildet sich also ein Minimum aus. Anschließend muss der Betrag des Stroms in beiden Spannungs-richtungen abnehmen, da durch die Verschiebung immer weniger Zustände zum Tunneln zur Verfügung stehen. Schließlich muss er bei Spannungen, bei denen die Bänder nicht mehr überlappen, komplett verschwinden. Bei den gewählten Bandbreiten von WL= 3 eV undWR= 2 eV wäre dies also bei etwa V = 2.5 der Fall. Dieses Abfallen des Stroms ist letztlich eine Folge des Einbandmodells. In realen Festkörpern würden sich nämlich weitere Bänder ober- bzw. unterhalb der Leitungsbänder anschließen, wodurch es wei-terhin zu einer Überlappung kommt und der Strom damit weiter betragsmäßig ansteigen würde. Daher wird in experimentellen oder auf ab initio-Methoden beruhenden Strom-kurven auch kein negativer differentieller Widerstand dVdJ beobachtet [127, 19, 21, 128].

Bis zum Strommaximum verhalten sich die theoretischen Stromkurven aber qualitativ identisch zum Experiment. Damit ist die grundsätzliche Struktur der Stromkurven in paralleler Ausrichtung im linken Bild erklärt.

Die Quasiteilchenzustandsdichten für antiparallele Ausrichtung sind im unteren Bild von Abb. 5.10 dargestellt. Sie stimmen in sehr guter Näherung mit denen der parallen Orientierung überein, sofern man einfach die Spinrichtungen im rechten Ferromagneten vertauscht. Damit lässt sich unmittelbar erkennen, weshalb für negative Spannungen in diesem Fall kein Strom fließen kann. Offenbar liegt die rechte Spin Up-Zustandsdichte nämlich über den beiden chemischen Potentialen. Da sie mit negativer Spannung weiter nach oben geschoben wird, kann sich an dieser Situation auch nichts ändern, wodurch es nie endliche Spin Up-Zustandsdichte im rechten Ferromagnetenzwischen den chemi-schen Potentialen geben wird. Da Elektronen nur in diesem Bereich tunneln können, wird der Stromfluss somit verhindert. Das Verhalten für positive Spannungen kann ana-log zur parallelen Orientierung erklärt werden. Dadurch dass im rechten Ferromagneten die Spin Up-Zustandsdichte relativ schmal, aber trotzdem hoch ist, ergibt sich der starke Anstieg und anschließende ebenso starke Abfall des Stroms.

Interessanter ist natürlich der Fall im rechten Bild von Abb. 5.12, bei dem Schalten auftritt. Bedingt durch das höhere M I = 0.5 eV ist auch der Strom etwa eine Größen-ordnung stärker als im linken Bild mit M I = 0.2 eV. Dies deckt sich mit der experi-mentellen Beobachtung, dass eine Mindeststromstärke nötig ist, um die Magnetisierung schalten zu können [124]. In paralleler Orientierung mit positiver Spannung verhält sich der Strom wie im bereits diskutierten Fall. Positive Spannung bedeutet einen Zufluss von Spin Up-Elektronen, die natürlich die Magnetisierungsrichtung nicht ändern können, da diese bereits positiv ist. Sie können sie höchstens verstärken, wie anhand der Magneti-sierungskurve ersichtlich ist. Für Spannungen oberhalb des Strommaximums nimmt die

Magnetisierung entsprechend wieder leicht ab. Für negative Spannungen fällt der Strom zunächst annähernd linear ab, d.h. es fließen Spin Up-Elektronen aus dem rechten Fer-romagneten ab. Dies führt zu einer Schwächung der Magnetisierung. Am Schaltpunkt erkennt man eine abrupte Änderung des Stroms, der plötzlich auf Null, d.h. auf den Wert des antiparallelen Stroms, zurückfällt. Gleichzeitig springt die Magnetisierung von paralleler zu antiparalleler Ausrichtung. Die kritische Stromstärke beträgt etwaJc≈ −5 (in willkürlichen Einheiten). Der Strom in antiparalleler Orientierung zeigt über einen weiten Spannungsbereich dasselbe Verhalten wie für das kleinereM I im linken Bild. Für negative Spannungen ist er also konstant Null und für positive Spannungen ist ein starker nichtlinearer Anstieg erkennbar. Da der Strom in diesem Fall positiv ist, bedeutet dies einen Zufluss von Spin Up-, also Minoritätselektronen. Daher wird die Magnetisierung geschwächt. Überschreitet der Strom die kritische Stromstärke von Jc≈ 5 wechselt die Magnetisierung ihr Vorzeichen und der weitere Stromverlauf ist mit dem der parallelen Orientierung identisch.

Das Verhalten der Magnetisierung kann also auch anhand des Tunnelstroms verstanden werden. Natürlich sind beide Größen letztendlich aus den Quasiteilchenzustandsdichten bzw. den zugrundeliegenden Greenfunktionen abgeleitet. Daher waren die Stromkurven auch nicht nötig, um das Magnetisierungsverhalten, das im vorhergehenden Abschnitt diskutiert wurde, zu verstehen.

5.6 Einfluss der Modellparameter auf das