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Berechnung des Tunnelstroms

Neben der im letzten Abschnitt berechneten Magnetisierung ist der Tunnelstrom als zweite wichtige Größe bei der Diskussion von strominduziertem Schalten zu nennen.

Der Strom durch den Ferromagneten entspricht einem Zu- bzw. Abfließen von Ladungs-trägern. Es liegt daher nahe, ihn aus der zeitlichen Änderung der Gesamtteilchenzahl zu bestimmen [60]. Natürlich ist im Rahmen des hier diskutierten stationären Modells gar keine echte Zeitabhängigkeit vorhanden. Trotzdem gelingt auch im stationären Fall die Stromberechnung auf diese Weise, was nun im Detail gezeigt werden soll. Mit Hil-fe der Heisenberg-Bewegungsgleichung folgt für die gemittelte zeitliche Ableitung des

3.4 Berechnung des Tunnelstroms

Teilchenzahloperators im rechten Ferromagneten:

hN˙Rσ(t)i=ih[H, NRσ](t)i, (3.60) wobei der Teilchenzahloperator in Bloch- bzw. Wannier-Darstellung definiert ist als

NRσ =X

RσciRσ. Von den Termen des Hamilton-Operators (3.2) vertauschen lediglichHRI undHRP nicht mitNRσ. Alle anderen Terme erhalten die Teilchenzahl, wie man leicht explizit nachrechnen kann. Es gilt für X=I, P:

[HRX, NRσ]= X

Im letzten Schritt wurde die Greenfunktion von Zeit- auf Energieabhängigkeit fourier-transformiert. Der dabei auftretende Faktor exp(iE(tt0)) ist wegen t = t0 identisch Eins. Die rechte Seite ist also gar nicht zeitabhängig, wodurch auchhN˙Rσ(t)i nur formal von t abhängt. Die gemischten Greenfunktionen wurden im letzten Abschnitt bereits berechnet (vgl. Gl. (3.26) und (3.38)). Es gilt:

X Dabei wurden die Definitionen (3.40) und (3.41) der Tunnelselbstenergien ausgenutzt.

Auf diesen Ausdruck können nun die analytischen Fortsetzungsregeln angewendet wer-den, um die kleinere Komponente der Greenfunktion zu erhalten:

X

Für die Änderung der Teilchenzahl gilt daher: Die Wellenzahlabhängigkeit der Tunnelselbstenergie kommt allein über die Tunnelkopp-lungenkRkX zustande. Wie bereits im letzten Abschnitt erwähnt, bieten sich die Annah-men (3.35) bzw. (3.42) zur Vereinfachung des Problems an. In diesem Fall bedeutet das einen zusätzlichen FaktorδkRqR, wodurch dieqR-Summation eliminiert werden kann:

hN˙Rσi=−1 Alle auf der rechten Seite auftretenden Größen wie Greenfunktionen und Tunnelselbst-energien wurden in den letzten beiden Abschnitten bereits bestimmt. Im stationären Zustand darf allerdings, wie schon erwähnt, keine Zeitabhängigkeit vorhanden sein, d.h.

die linke Seite als zeitliche Änderung der Teilchenzahl muss Null ergeben (Strom- und Teilchenzahlerhaltung!). Dadurch ergibt sich eine zusätzliche Forderung an die Wech-selwirkungsselbstenergie, wie im Folgenden gezeigt werden soll. Zunächst wird dazu der zweite Term des Integranden weiter umgeformt:

<k Dabei wurde die Keldysh-Gleichung (3.53) benutzt. Für den gesamten Integranden ergibt sich damit: Die Änderung der Teilchenzahl ist im Wesentlichen durch den Realteil dieses Ausdrucks gegeben. Da die kleinere Greenfunktion immer rein imaginär ist, muss natürlich auch der Term (E−kR)G<k

Rσ imaginär sein und kann somit bei der Bildung des Realteils weggelassen werden. Da im hier behandelten stationären Fall außerdem immerhN˙Rσi ≡0 gilt, folgt insgesamt also, dass jeder Ansatz für die Wechselwirkungsselbstenergie die Gleichung erfüllen muss, da ansonsten die Stromerhaltung verletzt werden würde. Im nächsten Ka-pitel wird explizit gezeigt, dass der dort abgeleitete Nichtgleichgewichtsspektraldichte-ansatz dieser Bedingung genügt und somit zur Beschreibung der Wechselwirkung ver-wendet werden kann.

Die eigentlich interessierende Größe ist natürlich nicht die zeitliche Änderung der

Teil-3.4 Berechnung des Tunnelstroms chenzahl, sondern der Strom durch den rechten Ferromagneten. Allerdings stehen beide in einem sehr engen Zusammenhang zueinander. Die Teilchenzahländerung kommt näm-lich dadurch zustande, dass Elektronen aus den benachbarten Regionen I und P in den Ferromagneten zu- bzw. abfließen. Somit kann sie durch vier Teilströme ausgedrückt werden3:

hN˙Rσi=−|JR→I| − |JR→P|+|JI→R|+|JP→R| (3.71) Die ersten beiden Terme entsprechen einer Verringerung der Teilchenzahl und sind des-wegen negativ. Die letzten beiden Terme bedeuten ein Zufließen von Elektronen und sind entsprechend positiv. Diese vier Ströme können direkt an dem Ausdruck (3.67) abgelesen werden, indem man die Tunnelselbstenergie in ihre beiden Bestandteile aufspaltet:

hN˙Rσi=−1 Im zweiten Schritt wurde ausgenutzt, dass kleinere Greenfunktionen und Selbstenergien rein imaginär sind und dass ImGrk

Rσ = −ImGak

Rσ gilt. Da die Imaginärteile von re-tardierten Funktionen immer negativ und die Imaginärteile von kleineren Funktionen immer positiv sind, sind die Vorzeichen der auftretenden vier Terme bekannt: die ers-ten beiden sind immer negativ, entsprechen also einem Abfluss von Teilchen, während die letzten beiden immer positiv sind, also einen Zufluss von Elektronen beschreiben.

Anhand der Indizes kann somit folgende eindeutige Zuordnung getroffen werden:

|JR→Xσ |=−1 wobeiXwie üblich fürIoderP steht. Als letzter Schritt zur Stromberechnung verbleibt die Definition der Stromrichtung, daa priori keine Richtung in dem Modell ausgezeich-net wurde. Sie wird so gewählt, dass Ströme, die von links nach rechts fließen als positiv und umgekehrt Ströme von rechts nach links als negativ angesehen werden. Also müssen die Vorzeichen „per Hand“ so gewählt werden, dass JI→R und JR→P als nach rechts fließende Ströme positiv sind. Entsprechend müssen JP→R und JR→I negatives Vorzei-chen tragen. Mit dieser Festlegung ergeben sich die folgenden Zusammenhänge mit den

3Dabei handelt es sich genaugenommen um die Teilchenströme. Um den Ladungsstrom zu erhalten, muss man diese mit der Elementarladunge multiplizieren.

bereits berechneten Beträgen der vier Teilströme: Aus Symmetriegründen muss der Nettostrom, d.h. die Differenz zwischen zu- und ab-fließenden Strömen, zwischen Isolator und rechtem Ferromagnet gleich dem Nettostrom zwischen Paramagnet und rechtem Ferromagnet sein. Damit ist er aber auch gleich dem NettostromJσ durch das Gesamtsystem, für den somit folgt:

Jσ =JR→Iσ +JI→Rσ =JR→Pσ +JPσ→R (3.79) Für die numerische Auswertung können beide Ausdrücke zur Stromberechnung verwen-det werden. Da beide in etwa denselben Rechenaufwand erfordern, spielt es letztlich keine Rolle, für welchen man sich entscheidet. Dies wird anhand der numerischen Ergebnisse in Abschnitt 5.5 näher diskutiert.