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3 Ergebnisse und Diskussion

3.3 Kombination der Varianten M747K und M747R mit der Variante I614K

3.3.2.11 Sequenz- und Strukturvergleiche der Positionen 614 und 747

Ein Vergleich der Aminosäuresequenz der polA Gene aus verschiedenen prokaryotischen Organismen macht die hohe Konservierung der Aminosäuren Isoleucin 614 aus dem Motiv A und Methionin 747 aus der Q-Helix deutlich. Das Alignment wurde mit Hilfe von NPS@ (PBIL) durchgeführt.152

Abb. 46: Alignment der Aminosäuresequenzen der polA Gene verschiedener prokaryotischer Organismen.

20 Aminosäuresequenzen aus unterschiedlichen prokaryotischen Organismen zeigen eine hohe Konservierung der Sequenzen im Motiv A und der Q-Helix. Die polA Gene der Organismen wurden von GenBankTM erhalten und in ihrer Gesamtlänge mit Hilfe von NPS@ (PBIL) analysiert (Ref. 152). rot:

Isoleucin 614 (Motiv A) bzw. Methionin 747-Positionen (Q-Helix).

Die Aminosäure I614 war in allen untersuchten Organismen im Motiv A zu finden und zeigte eine Konservierung von 100%. An Position 747 der Q-Helix war bei allen Thermus Bakterienstämmen sowie Streptomyces coelicolor und Treponema palladium ein Methionin zu finden, die anderen Organismen wiesen hauptsächlich Alanin auf.

Isoleucin war zwei Mal und Leucin und Phenylalanin jeweils ein Mal zu finden. Auch hier war eine hoher Grad an Konservierung zu beobachten. Entweder war die Aminosäure identisch oder aber ungeladen und hydrophob.

Abb. 47: Oberflächenladungsverteilung im Motiv A.

Conolly Oberfläche mit farbiger Darstellung des elektrostatischen Potentials der Enzyme. A: Modell der Klentaq WT Polymerase nach pdb-Eintrag 3KTQ mit Isoleucin an Position 614, gebundenem ddCTP sowie zwei Magnesium-Ionen (grüne Bälle) B: Modell einer bisher unveröffentlichten Struktur der Klentaq Variante M747K mit ddCTP im aktiven Zentrum, C: Modell einer bisher unveröffentlichter Struktur der Klentaq Variante DM (KK) mit ddCTP im aktiven Zentrum. D: Modell der Dpo4 Polymerase mit gebundenem ddADP und einem Calcium-Ion (gelber Ball) nach pdb-Eintrag 1JX4. Die kleinen Darstellungen, jeweils unten links, zeigen die gleiche Perspektive als Cartoon-Ansicht zur Verdeutlichung der Aminosäureposition 614 (A-C), in D ist Lysin 78 der Dpo4 Polymerase hervorgehoben. A-C: grüner Ball: Magnesium, violetter Ball: Mangan. Rote Einfärbung: negatives elektrostatisches Potential, blaue Einfärbung: positives elektrostatisches Potential. Erstellt mit PyMol (Ref. 153) und apbstool (Ref. 154).

Die Darstellungen in Abb. 47 erlauben einen Einblick in die Bindungstasche der DNA-Polymerasen, wobei zur besseren Einsicht nicht alle Aminosäuren dargestellt wurden.

In allen Abbildungen ist das eintretende Nukleotid (ddCTP bzw. ddADP) zu sehen, dass mit einem dG bzw. dT (linker Bildrand) nach Watson und Crick paart. Die kleinere Ribbondarstellung der Struktur, jeweils unten links in den Abbildungen soll die Ähnlichkeit des sterischen Anspruchs der Aminosäuresubstitutionen der Klentaq Varianten verdeutlichen.

In A ist die Wildtypsituation mit Isoleucin an Position 614 gezeigt, in B ist ebenfalls Isoleucin an Position 614 zu finden, jedoch aus einer bisher unveröffentlichten Struktur der Klentaq Variante M747K. C zeigt die Mutation hin zu Lysin aus einer ebenfalls bisher unveröffentlichten Struktur der Doppelvariante Klentaq DM (KK). Als Vergleich für das aktive Zentrum einer TLS-Polymerase wurde ein Ausschnitt aus der Struktur der Dpo4 Polymerase mit gebundenem ddADP gewählt (D). Die Conolly-Oberflächen wurden nach ihrem elektrostatischen Potential rot bzw. blau eingefärbt, wobei rot einer negativen Ladung und blau einer positiven Ladung entsprach.153,154 Aus Abbildung A und B wurde deutlich, dass die Mutation von Methionin 747 zu Lysin keine Veränderung des elektrostatischen Potentials oder der sterischen Situation im aktiven Zentrum der Klentaq Variante M747K bewirkte. Die Bindungstasche für das eintretende Triphosphat war unterhalb der Ribose in beiden Fällen ungeladen und zeigte eine ähnliche Konformation. Die Mutation des Isoleucin zu Lysin veränderte jedoch das elektrostatische Potential (vgl. Abb. 47 C) und es war eine deutlich positiv geladene Bindungstasche zu erkennen, die sich in ihrem sterischen Anspruch hingegen nicht verändert hatte. Interessant ist nun der Vergleich mit dem aktiven Zentrum der TLS-Polymerase Dpo4. Hier war ebenfalls unterhalb der Ribose eine hohe positive elektrostatische Ladung zu erkennen, die von einem Lysin herrührte (Lys 78), wobei jedoch bemerkt werden muss, dass diese von der Ribose aus betrachtet in Richtung der Nukleobase orientiert war. Die Position des Isoleucin 614 bzw. der Substitution Lysin 614 in den Klentaq DNA-Polymerasen ist von der Ribose aus in Richtung des Triphosphates gerichtet.

Isoleucin 614 bzw. Lysin 614 der Varianten Klen aq WT, Klentaq M747K und Klentaq DM (KK) befinden sich in räumlicher Nähe zum eintretenden Nukleosid-Triphosphat, so dass das veränderte elektrostatische Potential einen direkten Einfluss auf das negativ geladene Triphosphat hatte. Dies konnte durch die Bestimmung der Dissoziationskonstante K

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D von eintretendem Nukleotid zu

Primer/Templat/Polymerasekomplex (vgl. 3.3.2.9) verdeutlicht werden. Bei den Lysin substituierten Varianten war eine ca. zehnfach niedrigere KD und somit stärkere Affinität zum Nukleotid zu beobachten.

Abb. 48: Oberflächenladungsverteilung der Q-Helix.

Conolly Oberfläche mit farbiger Darstellung des elektrostatischen Potentials der Enzyme. A: Modell der Klentaq WT Polymerase nach pdb-Datei 3KTQ mit Methionin an Position 747, B: bisher unveröffentlichte Struktur der Klentaq Variante M747K mit Lysin an Position 747. C: Modell nach ebenfalls bisher unveröffenlichter Struktur der Klentaq Variante DM (KK). Roter Ball in B und C: H2O. D: Modell der Dpo4 Polymerase nach pdb-Eintrag 1JX4. Rote Einfärbung: negatives elektrostatisches Potential, blaue Einfärbung: positives elektrostatisches Potential. Erstellt mit PyMol (Ref. 153) und apbstool (Ref. 154).

In Abb. 48 ist die Ladungsverteilung an der Q-Helix gezeigt. Zu sehen ist ein Templatstrang, wobei die unterste Base mit dem 3’-Terminus des Primers paart. In A ist die Struktur der Klentaq WT Polymerase von Li et al.84 mit dem Methionin an Position

747 gezeigt, in B die bisher unveröffentlichte Struktur der Klentaq M747K Variante. C zeigt die bisher unveröffentlichte Struktur der Doppelvariante Klentaq DM (KK). Auch hier wurde deutlich, dass der sterische Anspruch beider Aminosäuren (Methionin bzw.

Lysin) ähnlich war, aber deutliche Unterschiede in dem elektrostatischen Potential zu erkennen waren. Als Vergleich wurde wie bereits in Abb. 47 die Struktur der TLS-Polymerase Dpo4 dargestellt. Hierbei wurde ebenfalls die Situation am Templatstrang in der Nähe des 3’-Terminus des Primers gezeigt. Deutlich war die starke, positive elektrostatische Ladung in diesem Bereich der Dpo4 Polymerase zu erkennen, die durch zwei Arginine (Arg 247, Arg 332) vermittelt wurde. Bei den Varianten M747K und DM (KK) in B und C konnte aufgrund der hohen Auflösung ein Wassermolekül zwischen Templat und Lysin gefunden werden, so dass dort die Möglichkeit einer Wasserstoffbrückenbindung zwischen dem Phosphat des Templates und der Aminofunktion des Lysins gegeben war. Auffällig war die erhöhte positive elektrostatische Ladung, die durch die Aminosäuresubstitution erzielt wurde.

3.3.3 Diskussion

Die Kombination der effektivsten Aminosäuresubstitutionen der Position 747 der Klentaq DNA-Polymerase in Bezug auf das Überlesen eines DNA-Schadens zusammen mit der bereits in der Literatur beschriebenen Substitution I614K der Taq DNA-Polymerase sollte Aufschluss über kumulative Effekte geben. Die Substitution der hydrophoben Aminosäure I614 gegen Lysin durch Loeb et al. führte im Enzym Taq DNA-Polymerase zu einer Variante mit deutlich verringerter Selektivität, stark erhöhter Fehlerrate, jedoch gesteigerter Akzeptanz von DNA-Schäden und fehlgepaarten Primerenden.123,125 Diese Aminosäure bildet mit weiteren Aminosäuren das Motiv A, welches mit dem Motiv B die Bindungstasche für das eintretende Nukleosid-Triphosphat im aktiven Zentrum bildet.84,125,155 Motiv A ist zwischen verschiedenen Arten unterschiedlicher prokaryotischer Gattungen hochkonserviert (Abb. 46).125

Die Aminosäure M747 ist Teil der Q-Helix und steht im offenen als auch geschlossenen ternären Komplex in Kontakt mit der DNA.84 Dabei weist das Cβ-Atom des Methionin einen Abstand von ca. 4,5 Å zur 2’-Desoxyribose am Templatstrang auf Höhe des zuletzt gebildeten Basenpaares auf. Auch diese Position zeigt eine hohe Konservierung und es sind ausschließlich hydrophobe, ungeladene Aminosäuren zu finden (Abb. 46).

In den vorangegangenen Teilen dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass eine Substitution des Methionin 747 durch kationisch geladene Aminosäuren, wie Lysin oder Arginin, zu einer erhöhten Akzeptanz von DNA-Schäden im Templat führte, Fehlerrate und Selektivität jedoch nahezu unbeeinflusst bleiben. Nun sollte untersucht werden, inwieweit eine Kombination der verschiedenen Mutationen an den Positionen 614 und 747 zu Veränderungen der verschiedenen Polymeraseeigenschaften führen könnte.

Es wurden die Einzelvarianten KTQ WT, KTQ M747K, KTQ M747R und KTQ I614K, als auch die Doppelmutanten KTQ DM I614K, M747K (KTQ DM (KK)) und KTQ DM I614K, M747R (KTQ DM (KR)) hergestellt und in E.coli BL21(DE3) Gold Zellen exprimiert. Die Messung der Aktivität der gereinigten Varianten zeigte nur geringe

Unterschiede, wobei sich die Mutanten maximal um den Faktor zwei von dem Messwert der Wildtyp-Polymerase unterschieden. Die Bestimmung der spezifischen Aktivität erfolgte durch eine Primerextension-Reaktion, bei der verschiedene Polymerasekonzentrationen benutzt wurden, um einen Primer zu verlängern. Aus den unterschiedlichen Verlängerungen konnte der Umsatz pro Zeiteinheit (fmol/min) bestimmt werden, der anschließend gegen die Polymerasekonzentration aufgetragen, die spezifische Aktivität ergab.

Erste Hinweise auf einen kumulativen Effekt durch Mutationen an beiden Positionen wurden in einem Primerextension-Experiment auf geschädigtem DNA-Templat erhalten (vgl. Abb. 38). Hierbei zeigte sich, dass der Wildtyp nur geringfügig in der Lage war, den Primer über den DNA-Schaden (stabilisierte abasische Stelle, 8-oxo-A oder 8-oxo-G) zu verlängern. Die Doppelmutanten zeigten jedoch eine gegenüber den Einzelvarianten wesentlich gesteigerte Aktivität, ein Volllängenprodukt trotz DNA-Schadens im Templat zu erzeugen. Der gesamte Primer wurde verlängert und zusätzlich ein templatunabhängiger Überhang angefügt. Das Anfügen eines 3’-terminalen Überhangs war bei allen Varianten deutlich stärker ausgeprägt, als beim Wildtyp-Enzym und ist typisch für DNA-Polymerasen der Familie A. Diese Beobachtung wurde durch pre-s eady state kinetischen Messungen gestützt, die unter Verwendung eines Templates mit einer stabilisierten abasischen Stelle unternommen wurden (s.u. und vgl. 3.3.2.10). Hier wurde bevorzugt ein Adenosin gegenüber der stabilisierten abasischen Stelle eingefügt, was der bereits erwähnten „A-rule“ entspricht, nach der bevorzugt ein Adenosin gegenüber einer abasischen Stelle eingebaut wird.

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32,138

Weitere Unterschiede der Klentaq Varianten konnten bei der Untersuchung der Prozessivität gezeigt werden. Hierzu wurden die Varianten mit einem Primer/Templat-Komplex inkubiert, bevor die Reaktion durch Zugabe der dNTPs zusammen mit Heparin gestartet wurde. Heparin ist ein stark negativ geladenes Polymer aus Glucosaminuntereinheiten und diente dabei als Falle für disoziierte DNA-Polymerasen (vgl. Abb. 33).148-150 Der Klentaq Wildtyp zeigte dabei eine Verlängerung des Primers um maximal zehn Nukleotide pro Bindungsereignis und war von daher als eher distributiv einzustufen (vgl. Abb. 39). Tauschte man jedoch die Aminosäure M747 der

Klentaq WT Polymerase zu Lysin oder Arginin aus, so war eine Verlängerung des Primers durch diese Varianten um bis zu 37 Nukleotide zu erkennen (KTQ M747:

21 nt, KTQ M747R: 37 nt). Die Prozessivität wurde also durch die Substitution mit kationischen Aminosäuren an Position 747, welche sich in der Nähe zum DNA-Substrat befand, deutlich gesteigert. Anders verhielt es sich bei der kationisch substituierten KTQ I614K Variante, deren Substitution keine Interaktion mit dem Primer/Templat-Komplex, sondern mit dem eintretenden Nukleosid-Triphosphat vermittelte. Bei ihr war ein distributives Verhalten ähnlich dem der Klentaq WT Polymerase zu beobachten. Interessant sind nun die Ergebnisse der doppelt-substituierten Varianten. Sie zeigen das gleiche Bild der an Position 747 einfach substituierten Polymerasen, woraus zu schließen ist, dass der Effekt der Prozessivitätssteigerung eindeutig durch den Aminosäureaustausch M747K bzw.

M747R verursacht wurde. Da die Aminosäure 747 in engem Kontakt mit dem Zucker-Phosphat-Rückgrat der DNA steht, ist anzunehmen, dass eine Substitution mit einer kationisch geladenen Aminosäure zu einer verstärkten elektrostatischen Interaktion mit der DNA führte, was in einer gesteigerten Prozessivität resultierte. Ähnliche Effekte der Prozessivitätsteigerung sind bereits in der Literatur beschrieben. Hierbei wurden z.B. die Prozessivität der E.coli DNA-Polymerase I durch Anfügen der Thioredoxin-Bindedomäne der viralen T7 DNA-Polymerase gesteigert oder die Prozessivität der Taq DNA-Polymerase I durch Anfügen eines dsDNA bindenden Proteins (Sso7D) erhöht.156,157 In beiden Fällen beruhte die Steigerung der Prozessivität auf einer verstärkten Interaktion zwischen DNA-Polymerase und DNA-Substrat.

Die einzelnen Varianten zeigten ebenfalls Unterschiede in ihrer Thermostabilität. In diesem Experiment wurden die Klentaq Varianten für unterschiedlich lange Zeiträume einer Temperatur von 90°C ausgesetzt. Anschließend wurde in einer Primerextension-Reaktion die Aktivität bestimmt und diese gegen die Inkubationszeit bei 90°C aufgetragen (vgl. Abb. 40). Dabei war zu erkennen, dass die Mutation I614K einen destabilisierenden Effekt auf das Enzym hatte. Die Variante I614K zeigte bereits nach ca. 32 min nur noch die Hälfte ihrer Ausgangsaktivität, wobei das Wildtyp-Enzym als auch Variante M747K nach 50 min noch halbmaximale Aktivität besaßen. Kombinierte man die beiden Varianten zum Enzym KTQ DM (KK), so fand man eine

wildtypähnliche Halbwertzeit von ca. 45 min. Der Austausch zum Arginin an Position 747 vermittelte eine stabilisierende Wirkung auf das Enzym. So ließ sich bei der Einzelvariante KTQ M747R, als auch der Doppelvariante KTQ DM (KR) nach ca.

60 min noch die Hälfte der Ausgangsaktivität nachweisen. Die thermische Destabilisierung der Variante KTQ I614K konnte somit durch Kombination mit den Mutationen an Position 747 kompensiert werden. Stabilisierende bzw.

destabilisierende Effekte im Hinblick auf die Temperaturtoleranz von Proteinen können schon durch Austausch einzelner bzw. weniger Aminosäuren erreicht werden.63,158,159 Eine Voraussage dieses Effekts bzw. ein rationales Design erweisen sich jedoch als extrem schwierig und meist werden aufwendige Screening- oder Selektionsverfahren angewendet, um Enzyme mit gesteigerter Thermostabilität zu erhalten.63,101

Der kompensatorische Effekt der Substitutionen M747K und M747R wird auch bei den unternommenen PCR-Experimenten deutlich. Im ersten Experiment wurde die Konzentration der DNA-Polymerasen während der PCR von 50 nM auf 2 nM gesenkt, wobei die Variante KTQ I614K nicht in der Lage war, ein Produkt unterhalb einer Enzymkonzentration von 20 nM zu bilden. Die Varianten KTQ M747K und KTQ M747R zeigten hingegen selbst bei Konzentrationen von 5 nM bzw. 2 nM ein deutliches PCR-Produkt. Kombinierte man nun die schwach-amplifizierende Variante (KTQ I614K) mit den gut amplifizierenden Varianten, so zeigte sich erneut die kompensatorische Fähigkeit der Substitutionen an Position 747. Ähnliche Ergebnisse wurden bei der Titration des Templates während der PCR gefunden. Hier zeigte sich KTQ I614K nicht in der Lage, unterhalb einer Templatkonzentration von 500 pM ein PCR-Produkt zu bilden. Durch Kombination mit den Mutationen an Position 747 konnte dennoch ein Produkt bei 500 fM bzw. 50 fM durch die Doppelvarianten erzielt werden. Bei beiden PCR-Experimenten zeigte die Arginin substituierte Variante einen jeweils stärkeren Effekt als die Lysin-substituierte Variante. Van der Horn e al. zeigten ebenfalls eine Verbesserung der PCR-Eigenschaften von Pfu, Taq als auch Klentaq DNA-Polymerase, die durch Fusion der Enzyme mit einem dsDNA bindenden Protein (Sso7D) erzielt wurde.

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157 Sie fanden durch eine erhöhte Interaktion des Enzyms mit der

DNA ebenfalls eine Erhöhung der Prozessivität und die Fähigkeit, lange DNA-Amplifikate in der PCR zu bilden.

Die gefundenen Effekte der Mutationen auf die Eigenschaften der Klentaq DNA-Polymerasen sollten durch pre-steady state kinetische Messungen genauer untersucht werden. Pre steady s ate kinetische Untersuchungen geben dabei genauen Aufschluss über die kinetischen Parameter k

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pol und KD, die nicht mit den vereinfachten steady state kinetischen Parametern kcat und KM zu verwechseln sind. Die letzteren geben Aufschluss über den gesamten Ablauf einer enzymatischen Reaktion, vernachlässigen dabei jedoch, dass diese aus mehreren Schritten bestehen kann. Durch pre-steady state kinetische Messungen können die Reaktionsgeschwindigkeiten der einzelnen Schritte, die Bindungskonstanten der Polymerase zur DNA und zum Nukleosid-Triphosphat bestimmt werden und Informationen über den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt gewonnen werden.87,90 Zunächst wurde der Einbau eines dATP gegenüber dem kanonischen dT im Templat gemessen. Die einzelnen Varianten unterschieden sich nur geringfügig in der Umsatzrate kpol, die zwischen 3,2 s-1 und 5,6 s-1 lagen. In der Literatur sind Umsatzraten von 21 s-1 - 52 s-1 für den kanonischen Einbau der verschiedenen Nukleosid-Triphosphate beschrieben, wobei die Messungen bei 60°C und nicht wie hier bei 37°C, durchgeführt wurden.160 Die Dissoziationskonstante KD wird zwischen 35 µM und 57 µM angegeben.160 Größere Unterschiede zwischen den hier untersuchten Enzymen waren bei der Dissoziationskonstanen KD für die Bindung des Triphosphates zum Primer/Templat-Polymerase-Komplex festzustellen. Sie lag für das Klentaq Wildtyp-Enzym bei 15,3 µM, sank jedoch beträchtlich bei den den Mutanten, die an Position 614 mit Lysin substituiert waren (vgl. Tab. 8). Es konnte eine Verringerung der KD um einen Faktor zwischen sieben und 21 beobachtet werden, was eine beträchtliche Steigerung der Affinität zum Nukleosid-Triphosphat bedeutete. Es sei nochmal auf die Lage der Aminosäure an Position 614 hingewiesen, die Teil des Motiv A ist und zusammen mit den Aminosäuren des Motiv B die Bindungstasche für das eintretende Nukleosid-Triphosphat bildet. Sie steht dabei in direkter Nähe zur Riboseuntereinheit und dem β-Phosphat des Triphosphates. Ein Austausch einer hydrophoben Aminosäure zu einer kationisch geladenen, wie Lysin, bedeutete dabei

eine Erhöhung der elektrostatischen Interaktion zwischen Triphosphat und Polymerase, was in einer verringerten Dissoziationskonstante zum Ausdruck kam.

Die Messungen an der stabilisierten abasischen Stelle zeigten interessante Ergebnisse für die Prozessierung eines DNA-Schadens. Die Effizienz (kpol/KD), mit der ein Schaden überlesen wird, ist abhängig von der Umsatzrate kpol und der Dissoziationskonstanten KD zweier Reaktionen: In einem ersten Schritt muss ein Nukleotid gegenüber dem Schaden eingebaut, in einem zweiten Schritt muss dieses Nukleotid verlängert werden.

Aus steady state kinetischen Messungen war bekannt, dass Adenosin und Guanosin effizient gegenüber der stabilisierten abasischen Stelle eingebaut wurden, weshalb für die pre-steady state kinetischen Untersuchungen diese Nukleotide ausgewählt wurden.102 Für den Einbau von Adenosin gegenüber der stabilisierten abasischen Stelle durch die Klentaq Varianten zeigte sich nur eine geringfügige Veränderung der KD, jedoch eine drastische Erhöhung der Umsatzrate kpol im Vergleich zum Wildtyp bei den Varianten KTQ I614K (16-fach), KTQ DM (KK) (20-fach) und KTQ DM (KR) (40-fach). Dies führte zu einer Steigerung der Einbaueffizienz von 41- bis 57-fach. Die einzelsubstituierten Varianten der Position 747 zeigten eine nur geringe Steigerung der Effizienz von ca. 1,6-fach.

Beim Einbau von dGTP gegenüber der stabilisierten abasischen Stelle verhielten sich die Polymerasen untereinander ähnlich wie beim Einbau von dATP, allerdings lagen die absoluten Effizienzen um einen Faktor 10-20 unter denen vom dATP-Einbau (vgl. Tab. 9), was durch eine verringerte Umsatzrate und erhöhte Dissoziationskonstante bedingt war.

Die Verlängerung der eingebauten Nukleotide Adenosin und Guanosin wurde mithilfe zweier Primer untersucht, die mit den entsprechenden Nukleotiden gegenüber der stabilisierten abasischen Stelle endeten, und das nächste kanonisch paarende Nukleosid-Triphosphat zugegeben wurde. Es zeigte sich, dass die Doppelvarianten des Enzyms den mit Adenosin endenden Primer 32-fach bzw. 50-fach effizienter verlängern konnten als das Wildtyp-Enzym. Auch hier resultierten diese stark erhöhten Effizienzen aus einer Steigerung der Umsatzrate kpol um das ca. 39-fache. Die einzelsubstituierten Polymerasen zeigten eine Steigerung der Effizienz um das Drei- bis Zehnfache bezogen auf den Wildtyp, wobei hier eher die hohe KD des Wildtyps diesen

von den Einzelvarianten unterschied. Der mit Guanosin endende Primer wurde ausschliesslich von den Doppelvarianten verlängert, wobei diese den Primer zehn- bis 18-fach schlechter verlängerten als den mit Adenosin endenden Primer.

Diese Ergebnisse zeigen, wie drastisch sich das Zusammenspiel zweier Mutationen an unterschiedlicher Position auf das Überlesen eines DNA-Schadens auswirken kann.

Zudem wird die bereits erwähnte „A-rule“ bestätigt, die auch bei Vertretern der Polymerasen der Y-Familie Gültigkeit zeigt.50,161 Polymerasen dieser Familie katalysieren bei Pro- und Eukaryoten das Überlesen geschädigter DNA und verhindern dadurch das Stoppen des Replikationsapparates, sobald dieser auf einen DNA-Schaden trifft.45,46 Die Fähigkeit, einen DNA-Schaden zu überlesen, geht allerdings auf Kosten der Genauigkeit der DNA-Polymerasen der Y-Familie und so weisen diese eine Fehlerrate von 10-2-10-4 auf.24 Vertreter der replikativen DNA-Polymerasen hingegen zeigen eine intrinsische Fehlerrate von 10-4-10-6.55-57 Ein ähnliches Phänomen war auch bei den hier untersuchten Varianten zu beobachten. Das Fehlerspektrum der Varianten, die einen extrem effizienten Bypass der stabilisierten abasischen Stelle zeigten (KTQ DM (KK) und KTQ DM (KR)), wiesen eine ebenfalls stark erhöhte Fehlerrate auf, die im Vergleich zum Wildtyp um das 16-fache gestiegen war (vgl. Tab.

7). Dabei traten neben zahlreichen Transitionen und Transversionen ebenfalls viele Deletionen auf. Deletionen resultieren aus einer Fehlanlagerung des Templates, wobei das Primerende nicht mehr mit der gegenüberliegenden Base bzw. dem DNA-Schaden

7). Dabei traten neben zahlreichen Transitionen und Transversionen ebenfalls viele Deletionen auf. Deletionen resultieren aus einer Fehlanlagerung des Templates, wobei das Primerende nicht mehr mit der gegenüberliegenden Base bzw. dem DNA-Schaden