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1 Einleitung

1.1 Biologische Rolle von DNA-Polymerasen

1.1.2 DNA-Polymerasen als Enzyme der Replikation

Die besondere Struktur der DNA als komplementäre Doppelhelix birgt zugleich die Möglichkeit der Vervielfältigung in sich, da jeder Strang als Templat zur Synthese des anderen Stranges dienen kann. Diese Möglichkeit postulierten Watson und Crick bereits bei der Veröffentlichung der räumlichen Struktur, indem sie die Publikation mit dem berühmten Satz beendeten: „It has not e caped our notice that the specific pairing we have postulated immedia ely suggests a possible copying mechanism for the genetic material.“.

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2 Bis zu diesem Zeitpunkt waren jedoch keine Enzyme bekannt, die dieses Polymer aufbauen konnten und so wurde u.a. über eine autokatalytische Funktion der DNA spekuliert.3 Kornberg et al. konnten 1956 ein Enzym aus Escherichia coli (E. coli) isolieren und die Eigenschaft der DNA-Synthese nachweisen, weshalb sie dieses Enzym als DNA-Polymerase I benannten.8-10 Seither sind in Pro- und Eukaryoten zahlreiche DNA-Polymerasen mit unterschiedlichen Funktionen und Strukturen entdeckt worden.11,12 Sie nehmen an den Prozessen der Replikation, Reparatur und Rekombination der DNA teil.8

Die Replikation in E. coli findet in einem Multienzymkomplex statt, der als Replisom bezeichnet wird.13-15 Dabei werden verschiedene Aufgaben von unterschiedlichen Enzymen und Proteinen übernommen. Es wird angenommen, dass die DNA ausgehend vom oriC (o igin of replication) in einem ATP-abhängigen Schritt von der DnaB-Helikase entwunden wird, so dass die DNA in zwei Einzelsträngen vorliegt und ihre

helikale Struktur verliert. Die Einzelstränge werden durch SSB-Proteine (single strand binding proteins) stabilisiert (Abb. 3).

Abb. 3: Darstellung des Replisoms aus E. coli. Die Grafik wurde aus Ref. (15) entnommen.

Anschließend wird der DNA-Polymerase III Holoenzym-Komplex an der Replikationsgabel aufgebaut. Dieser besteht aus zehn unterschiedlichen Proteinen, die sich in drei funktionelle Hauptgruppen unterteilen lassen: 1) Pol III Hauptenzym (pol III core), 2) β-Klammer-Untereinheit (β-sliding clamp) und 3) γ-Klammer-Ladeeinheit (clamp loader). Das Holoenzym enthält zwei Pol III Hauptenzyme, die die DNA-Synthese an jeweils einem Strang übernehmen und durch die β-Klammer-Untereinheit am DNA-Strang stabilisiert werden. Die Interaktion zwischen Pol III und β-Klammer-Untereinheit führt zu einer Erhöhung der Prozessivität der Pol III, so dass diese 500-1000 Nukleotide pro Sekunde synthetisieren kann.14 Für den Start der DNA-Synthese durch Pol III ist ein freies 3’OH-Ende an einem kurzen Nukleotidstrang (Primer) notwendig, der als Startpunkt dient. Dieses kurze Oligomer wird von einer spezialisierten RNA-Polymerase, der Primase in Form kurzer RNA Stücke (ca. 12 nt) gebildet.16 Da die Synthese der zwei antiparallelen Tochterstränge gleichzeitig erfolgt

und sich das Replisom entlang der DNA in nur eine Richtung bewegt, kann sie auf einem Strang kontinuierlich (leading strand synthesis), auf dem anderen Strang (Folgestrang) jedoch nur in Bruchstücken diskontinuierlich erfolgen (lagging strand synthesis). Nach der Synthese eines kurzen Stückes auf dem Folgestrang muss die Pol III dissoziieren und wieder im Bereich der DnaB-Helikase einen neu entwundenen Einzelstrangbereich binden. Das Öffnen und Schließen der β-Klammer-Untereinheit als Vorraussetzung für eine Dissoziation und erneute Assoziation an der DNA wird dabei durch die γ-Klammer-Ladeeinheit ermöglicht. Die kurzen DNA-Stücke, die immer wieder an einem neuen RNA Primer beginnen und bis zum vorhergegangenen RNA Primer synthetisiert werden, werden nach ihren Entdeckern Taneko und Reiji Okazaki als Okazaki-Fragmente bezeichnet.17,18 Das Ehepaar schlug 1968 das Modell der diskontinuierlichen DNA-Synthese vor.

Die in der replizierten DNA enthaltenen kurzen RNA Primer werden nach erfolgter Replikation von einer weiteren Polymerase, der DNA-Polymerase I entfernt und durch DNA ersetzt. Dieses Enzym besitzt eine 5’-3’-Exonukleaseaktivität, so dass es an dem 3’-Ende eines Okazaki-Fragmentes ansetzen kann und den RNA Primer des vorangehenden Okazaki-Fragmentes abbaut, während es gleichzeitig die entstehende Lücke auffüllt. Dieser Prozess des Entfernens mit gleichzeitiger Neusynthese wird als nick-translation bezeichnet. Die entstandene DNA enthält danach immer noch nicht verbundene Fragmente, da die DNA-Polymerase I keine Phosphodiesterbindung zum vorangehenden DNA Stück herstellen kann. Diese Bindung wird durch DNA-Ligasen vermittelt.

Bei der eukaryotischen Replikation sind zwei unterschiedliche DNA-Polymerasen an den beiden zu replizierenden Strängen zu finden, namentlich DNA-Polymerase δ (Pol δ) und DNA-Polymerase ε (Pol ε).19 Bisher ist nicht genau bekannt, welche der beiden Polymerasen den Leitstrang und welche den Folgestrang kopiert. Es gibt jedoch experimentelle Hinweise darauf, dass die DNA-Polymerase ε die Synthese des Leitstranges in der Hefe Saccharomyces cerevisiae übernimmt.20Kunkel et al. führten eine Mutation in die Polymerase ein, die zu einer gesteigerten Fehleinbaufunktion für dTMP gegenüber dT im Templat führte, sonst jedoch keine Veränderung der

Selektivität zeigte. Durch Verwendung einer Reporterkassette und anschließender Sequenzierung der in S. cerevisiae replizierten DNA konnte Pol ε anhand des Mutationsspektrums der Leitstrang-Synthese (leading strand) zugeordnet werden.

Demnach wäre Pol δ für die Synthese des Folgestranges verantwortlich. Pol α (alpha) wird dem Primosom zugeordnet und dient der Initiation der Replikation, ähnlich der Primase im prokaryotischen Replikationskomplex. Weitere klassische eukaryotische DNA-Polymerasen sind Pol γ (gamma) und Pol β (beta), wobei Pol γ für die Replikation der mitochondrialen DNA zuständig ist und Pol β das Auffüllen von Lücken übernimmt, die während der Reparatur von DNA-Schäden entstehen (BER, base excision repair).21 Pol γ ist die einzige bekannte Polymerase in Mitochondrien und es wird vermutet, dass diese für die gesamte mitochondriale DNA-Synthese, inkl. der Reparatur, verantwortlich ist.22,23

Neben den klassischen eukaryotischen DNA-Polymerasen α, β, γ, δ, ε sind in den letzten Jahren zahlreiche neue DNA-Polymerasen entdeckt worden, denen eine besondere Rolle bei der Reparatur und dem Überlesen von DNA-Schäden zuteil wird.

Diese werden in der X- und Y-Familie zusammengefasst und beinhalten die Polymerasen ζ (zeta), η (eta), θ (theta), ι (jota), κ (kappa), λ (lambda), μ (my), σ (sigma) und φ (phi).11,21,24 Die Wichtigkeit dieser DNA-Polymerasen wir deutlich, sobald diese Funktionsstörungen zeigen und mit Krankheitsbildern in Verbindung gebracht werden können. So führt z.B. der Ausfall von Pol η zu einer Variante der menschlichen Xeroderma pigmentosum (XP-V), einer Hautkrebserkrankung, bei der die betroffenen Patienten eine extreme Überempfindlichkeit gegenüber Sonnenlicht zeigen. Die UV-Licht induzierten Schäden können nicht mehr repariert werden, so dass diese akkumulieren und zu Melanomen führen.25,26

1.1.3 DNA-Polymerasen als trans lesion synthesis