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3 Ausstattung und Zustand des Natura 2000-Gebiets

3.3 Lebensstätten von Arten

3.3.11 Schmalbindiger Breitflügel-Tauchkäfer (Graphoderus bilineatus) [1082]

Erfassungsmethodik Detailerfassung

Nach Luftbildauswertung und intensiver Recherche, nicht zuletzt auch beim Finder H. N EU-GEBAUER, der 1988/90 die der Gebietsmeldung der Art zu Grunde liegenden Nachweise erb-racht hat (s. a. NEUGEBAUER 1990) sowie auf Grundlage der im Rahmen des landesweiten Artenschutzprogramms Käfer gesammelten Erfahrungen des Bearbeiters mit dem Gewässer

im Kosperskern (Beprobung mit T. TOLASCH 2004 und 2009 im Rahmen des ASP), sind im Spätsommer und Herbst 2010 zunächst alle stehenden Gewässer des Gebiets begangen und hinsichtlich ihrer Eignung beurteilt worden. Maßgeblich hierfür war die Ausprägung der Vegetation, der Flachwasserzonen sowie sonstiger Eigenschaften des Gewässers (mit oder ohne Schlammauflage, Fischbesatz, Nutzung durch Angler o. ä.). Hierbei erwiesen sich die rheinfernen Seen und Gewässer durchweg als entweder stark verschlammt und/oder ohne nennenswerte Unterwasservegetation oder aber durch Fischereinutzung/Anglervereine „ge-pflegte“ steilufrige Gewässer (mit anzunehmendem stark anthropogen überformten Fischbe-satz), sodass hier vertiefende Untersuchungen unterblieben.

Ursprünglich war 2011 als Beprobungsjahr vorgesehen, da hier aber von Ende Januar bis Ende Mai Regenfälle weitestgehend ausblieben, waren gerade die besonders geeigneten Gewässerkomplexe vollständig ausgetrocknet, sodass 2012 als Jahr der Untersuchungen bestimmt wurde.

Im Frühjahr und Spätsommer 2012 erfolgte dann in den geeigneteren Gewässern (vor allem den Gewässerkomplexen im Kosperskern auf der Rheinschanzinsel bei Philippsburg, den ehemaligen Tongruben Oberhausen-Rheinhausen, auf der Ketscher Rheininsel, den Schwetzinger Wiesen und in Schluten der Reißinsel in Mannheim) eine Beprobung wie im Handbuch vorgeschrieben (Einsatz von Keschern und Köderreusen). Aufgrund des früheren Nachweises der Art im Kosperskern durch NEUGEBAUER wurde die Art dort im Vergleich zu anderen Bereichen intensiver untersucht. Den neueren Ergebnissen aus den Niederlanden folgend (CUPPEN & KOESE 2005), wurden hierbei kopfüber eingebrachte Flaschenreusen verwendet, mit Rinderleber als Köder beschickt und spätestens nach einer Nacht kontrolliert.

Die Anzahl der ausgebrachten Fallenkomplexe wurde so konzipiert, dass nach fachgutach-terlicher Einschätzung mit einer ausreichenden Abdeckung der geeignetsten Bereiche zu rechnen war. Dabei wurde darauf geachtet, dass dies ohne unzumutbare Störung empfindli-cher Biotopelemente erfolgte.

Beim Keschern wurden mit handelsüblichem, engmaschigem Wasserkäferkescher (nach bioform) die geeigneteren Bereiche der Flachwasserzonen unter Berücksichtigung empfindli-cher Biotopelemente systematisch bearbeitet und erfasst.

Erhaltungszustand der Lebensstätte des Schmalbindigen Breitflügel-Tauchkäfers LS = Lebensstätte

Erhaltungszustand

A B C keine Gebiet

Anzahl Erfassungseinheiten -- -- 1 1 2

Fläche [ha] -- -- 22,60 6,32 28,92

Anteil Bewertung von LS [%] -- -- 78,16 21,84 100

Flächenanteil LS am FFH-Gebiet [%]

-- -- 0,62 0,17 0,79

Bewertung auf Gebietsebene C

Beschreibung

Der Schmalbindige Breitflügel-Tauchkäfer (Graphoderus bilineatus) ist eine ausgesprochen seltene, räuberische Schwimmkäferart, die auf wenig nährstoffreiche bis nährstoffarme Ge-wässer mit reicher Unterwasser- und Schwimmblattvegetation und besonnten Flachwasser-zonen angewiesen ist. Bevorzugt werden überwiegend größere, dauerhaft wasserführende Gewässer, die aber durchaus einer gewissen Jahreszeitendynamik hinsichtlich des Wasser-standes unterworfen sein dürfen oder womöglich sogar sollen, vor allem in den Auenberei-chen größerer Flüsse. Die Käfer selbst überwintern (ob im Wasser oder an Land, ist nicht abschließend geklärt, jedoch liegen europaweit Hinweise für beide Aufenthaltsorte vor), paa-ren sich im Frühjahr (April/Mai) im Gewässer, die Larven entwickeln sich in 2-3 Monaten,

verpuppen sich an Land und kehren als Käfer im Spätsommer (August/September) wieder ins Brutgewässer zurück. Damit ergibt sich die höchste Aktivität im Frühjahr (Paarung) und die höchste Imaginaldichte im Spätsommer (Eltern- und Tochtergeneration als Imagines im Wasser). Für die Eiablage werden sauerstoffreiche Pflanzenteile benötigt, da das Weibchen in deren Gewebe seine Eier ablegt. Larven und Imagines ernähren sich von kleineren Was-serorganismen. Weiterführende Angaben sind z.B. FOSTER (1996) und HENDRICH & BALKE

(2003) zu entnehmen.

Eine Bewertung wird für diese Art einzelfallbezogen durchgeführt; es soll sich hier an die deutschlandweiten Empfehlungen von SCHNITTER et al. (2006) gehalten werden.

Die Habitatqualität der beiden Lebensstätten wird insgesamt als gut – Wertstufe B bewertet.

Der Nachweis-Gewässerkomplex ist bezüglich seiner submersen Vegetation durch mäßigen Bestand an Wasserfeder (Hottonia palustris) und Tausendblatt (Myriophyllum spec.) ge-kennzeichnet, gegen Spätsommer erweist sich der Schwimmfarn (Salvinia natans) als domi-nierend und beschattet teilweise vollständig einzelne Teilgewässer – mit nachteiligen Folgen für die submerse Vegetation und damit für den Schmalbindigen Breitflügel-Tauchkäfer.

Temporäre Gewässer im Bereich der Schwetzinger Wiesen und der Ketscher Rheininsel (s.

Entwicklungsmaßnahmenflächen) wiesen zwar eine mäßige bis gute Eignung als potenzielle Brutgewässer auf, starke Verlandung und Schlammauflage ließen jedoch hier den Schluss zu, dass aktuelle Nachweise möglicherweise aufgrund der starken Sauerstoffzehrung nicht erbracht werden konnten. Gleichwohl sind diese Gewässer nach Vornahme von Maßnahmen grundsätzlich als geeignet anzusehen. Schluten auf der Reißinsel in Mannheim schienen gut geeignet, jedoch ist die Gewässerfauna stark von einströmendem Rheinwasser bestimmt, sodass sich zeitweilig starker Fischbesatz nachteilig auf die Insektenfauna auswirkt. Allen hier erwähnten Gewässern gemeinsam war der starke Bestand an Wasser-Sumpfkresse (Rorippa amphibia), deren Stängel sich vermutlich gut als Eiablagesubstrat für den Schmalbindigen Breitflügel-Tauchkäfer eignen.

Durch den nur gelegentlichen Nachweis einzelner Imagines ist der Zustand der Population mit mittel bis schlecht – Wertstufe C zu werten. Inwieweit das Nachweisgewässer auch ein Larvalentwicklungsgewässer ist, kann nach dem Nachweis von Imagines nicht beurteilt wer-den. Es erscheint jedoch bemerkenswert, dass hier sowohl der Nachweis im Frühjahr (über-winternde Imago) als auch im Spätsommer (frisch geschlüpfte Imagines) gelang obwohl das Gewässer 2011 über Monate vollständig ausgetrocknet war. Hinsichtlich der Ausstattung des aktuellen Nachweisgewässers mit echter submerser (also nicht nur zeitweilig überspülter terrestrischer) Vegetation wird ein Prozentsatz von ca. 20-25 % angegeben, hinsichtlich teil-emerser Vegetation von ca. 60-70 %.

Die Beeinträchtigungen sind als stark – Wertstufe C zu werten, da die Gewässer mäßig bis mittelstark eutrophiert sind und regelmäßigen Wasserstandsschwankungen unterliegen (nach SCHNITTER 2006), welche jedoch wiederum die Fischfreiheit des Gewässers gewähr-leisten. Zusätzlich werden hier Beschattung durch Ufergehölz und Salvinia natans sowie Trittschäden durch Wild in den Verpuppungszonen (Flachuferbereiche) sowie Sedimentein-trag durch Anschluss an den Rhein als Beeinträchtigungen gewertet.

Verbreitung im Gebiet

Die Art konnte aktuell nur in den ehemaligen Tongruben bei Oberhausen-Rheinhausen nachgewiesen werden; hier gelang am 04.05.2012 der Nachweis eines und am 20.09.2012 der Nachweis zweier Exemplare durch Keschern, in allen Fällen weibliche Tiere. Das Ge-wässer im Kosperskern, NachweisgeGe-wässer 1988 und 1990 durch NEUGEBAUER, war sowohl 2004 und 2009 als auch nun 2012 intensiver Gegenstand der Untersuchungen, jedoch konn-te kein aktueller Nachweis erbracht werden. Ein Grund hierfür mag die extreme Nutzung des Gewässers durch Schwarzwild sein, das den Uferbereich stark zerwühlt und zertrampelt.

Gerade hier verpuppen sich jedoch die meisten wasserlebenden Käferarten, darunter auch der Schmalbindige Breitflügel-Tauchkäfer.

Bewertung auf Gebietsebene

Der Gesamterhaltungszustand ist in Anlehnung an SCHNITTER et al. (2006) als mittel bis schlecht – Wertstufe C zu werten, schon allein wegen der lokalisierten, kleinen Populati-on(en) und den identifizierten Beeinträchtigungen, die beide gleichermaßen als mittel bis schlecht bzw. stark – Wertstufe C gewertet werden müssen.