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Die Rolle der Frauen im Befreiungskampf

Im Dokument JAHRBUCH 2009 (Seite 145-148)

Trotz dieses Rückschlags für den Befreiungskampf ging der Ausbau der Ortsgruppen der Osvobodilna Fronta im gesamten zweisprachigen Gebiet weiter vonstatten. Ein gut ausgebautes Netz an Vertrauensleuten, lokalen Ausschüssen und politischen Organisationen, die die Ziele der Osvobodilna Fronta vertraten, war eine unabdingbare Voraussetzung für den erfolgrei-chen PartisanInnenkampf. Dort, wo es keine oder nur schwache politische Strukturen gab, wie auf der Nordseite der Drau oder der Saualm, kam es auch nur im geringen Ausmaß zum bewaffneten Widerstand, hatten doch die KämpferInnen im Falle bewaffneter Auseinandersetzungen eine um vieles geringere Überlebenschance als in Gegenden, wo das Netz an Vertrauensleu-ten und lokalen Ausschüssen dichter gewebt war.

Frauen spielten beim Aufbau von politischen Strukturen eine wichtige Rolle. Sie waren oft die ersten Kontakt- und Vertrauenspersonen für Par-tisanInnen, wenn diese ein neues Gebiet für den bewaffneten Widerstand aufzubereiten hatten. Viele Männer im wehrfähigen Alter waren zu diesem Zeitpunkt schon zur Wehrmacht eingezogen worden und so waren es zwangs-läufig Frauen und Jugendliche, die zum Großteil die Basis für den bewaffne-ten Widerstand bildebewaffne-ten: Es kommt wohl kaum von ungefähr, dass unter den 250 namentlich erfassten Jugendlichen, die während des Krieges im Rahmen der Zveza Slovenske Mladine / Verband der Slowenischen Jugend tätig wa-ren, 166 Frauen zu finden sind.4

„Wir hatten eine Einladung bekommen, wir sollten uns im Čakel-Stall mit ihnen treffen, dort warte ein Partisan auf uns. Beim ersten Mal wa-ren wir nur Frauen. Er erklärte uns die Situation. Wir aber wawa-ren gläu-bige Menschen und hatten gehört, dass das alles nur Kommunisten sein sollten. Wir haben ihn gefragt, wie das ist, ob da auch andere Menschen dabei wären. Er sagte: ‚Das ist gar keine Frage. Wenn ihr dafür seid und uns unterstützt, dann ist es doch egal, was ihr seid.‘“5

4 Marjan Linasi, Antifašistično in narodnoosvobodilno gibanje mladine na Koroškem 1938–1945, Ljubljana 1990, S. 192 ff.

5 Erzählte Geschichte, Bd. 4: Spurensuche. Erzählte Geschichte der Kärntner Slowenen, hrsg. v. DÖW, Klub Prežihov Voranc Klagenfurt/Celovec u. Institut za proučevanje prostora Alpe-Jadran Klagenfurt / Celovec, Wien 1990. Bearbeitung u. Zusammenstellung: Mirko Messner, Wolfgang Neugebauer, Andreas Pittler, Helena Verdel, S. 403.

www.doew.at – Jahrbuch 2009 www.doew.at – Jahrbuch 2009 Es ist aus heutiger Sicht schwierig, die Beteiligung der Frauen in den ver-schiedenen Ausschüssen und Teilorganisationen voneinander abzugrenzen.

Die Mehrheit der Frauen war während des Krieges sowohl in den Ortsaus-schüssen der Osvobodilna Fronta, des Antifaschistischen Frauenverbandes, vor allem aber auch der Zveza Slovenske Mladine / Verband der sloweni-schen Jugend aktiv. Letztendlich waren alle Organisationen aufgefordert, den bewaffneten Kampf gegen den Okkupanten mit all ihren Kräften zu unter-stützen und den Nationalsozialismus zu besiegen.

Die Frauen sammelten Verpflegung, Verbandsmaterial, Kleider, Wäsche und Geld, sie besorgten Verstecke, versorgten vorübergehend oder für län-gere Zeit verwundete KämpferInnen. Sie waren ein wichtiges Bindeglied zwischen den kämpfenden Einheiten und den Vertrauensleuten im jeweili-gen Gebiet. Sie sorgten einerseits für den Vertrieb der illegal hergestellten Drucksorten und organisierten Treffen, die, so man sich sicher fühlte, auch einen festlichen und Vergnügungscharakter annehmen konnten, sie sammel-ten Dasammel-ten über kriegswichtige Infrastruktur wie Brücken, Fabriken und gaben diese weiter, vor allem aber sorgten sie dafür, dass die PartisanInnen

Partisanenküche. 2. v. r.: Terezija Urbančič–Slavka (Foto: Spurensuche. Erzählte Geschichte der Kärntner Slowenen,

Wien 1990)

www.doew.at – Jahrbuch 2009 www.doew.at – Jahrbuch 2009 von bevorstehenden Aktionen gegen sie unterrichtet waren und rechtzeitig

Schutzmaßnahmen treffen konnten.

Nicht zuletzt waren es Frauen, die für die Aufrechterhaltung der so ge-nannten legalen Kurierlinien sorgten. Sie waren unauffälliger und konnten sich im Gegensatz zu den KämpferInnen quasi frei im öffentlichen Raum bewe-gen. Mit ihrer Kuriertätigkeit sorgten sie unter anderem dafür, dass eine Ver-netzung von antifaschistischen WiderstandskämpferInnen über den Südkärnt-ner Raum hinaus möglich war. Diese Aufgaben stellten hohe Anforderungen an die einzelnen Personen, gefragt waren Orientierungsfähigkeit – man konnte ja schlecht umherlaufen und nach dem Weg fragen –, Flexibilität und konspiratives Verhalten. Dass das nicht immer klaglos funktionierte, erzählt Milena Gröblacher:

„[…] ich bekam zum Beispiel die Aufgabe, einen Brief nach Na-geltschach zu tragen, es hieß: ‚Trag den Brief zu dem Haus und gib ihn der Olga!‘ Ich kannte diese Olga ja nicht, rannte nach Nageltschach und fragte: ‚Wo ist die Olga?‘ Die Frau schaute mich verdutzt an, drehte sich um und schrie: ‚Katra, komm raus.‘ Olga, das war ihr ille-galer Name und ich schrie aus voller Kehle Olga. Heute klingt das ja komisch, aber damals war ich zornig. Die hätten mir ja sagen können, suche eine Frau, die so und so ausschaut, oder suche die Katra, aber nicht: ‚Suche die Olga.‘“6

Frauen wurden im Gegensatz zu Männern kaum dazu ermuntert, sich den kämpfenden Einheiten anzuschließen. Dies als Missachtung der Frauen sei-tens der Männer zu interpretieren, heißt, ahistorisch zu argumentieren. Frau-en warFrau-en weder von der Wehrpflicht betroffFrau-en noch liefFrau-en sie Gefahr, zum Volkssturm eingezogen zu werden. Frauen wählten den Weg in die Illegalität meist nur dann, wenn unmittelbar die eigene Verhaftung drohte.

„Hier in Remschenig haben sie einen Partisanen gefangengenommen und ihn verprügelt. Da haben die Leute zu reden begonnen, er hätte alles verraten, und ich habe nur mehr gehört, ihr seid auf der Liste, euch werden sie liefern. Bei uns waren ja oft Partisanen, beim Šein in Vellach, überhaupt nachdem mein Mann zu den Partisanen gegangen war. Damals habe ich nur so gehorcht, wann uns die Deutschen

ho-6 Ebenda, S. 375.

www.doew.at – Jahrbuch 2009 www.doew.at – Jahrbuch 2009 len kommen. Schließlich hielt ich das alles nicht mehr aus, nahm die Kinder und bin weg mit ihnen. Die erste Zeit ging ich noch heimlich zum Haus, um das Vieh zu füttern und aufzuräumen, dann aber brach-te ein Nachbar die Polizei aus Eisenkappel, die haben alles geplündert.

Da konnte ich nicht mehr zurück und war im Wald in einem Bunker, so einem quadratischen, vier mal vier Meter war er, es war Jänner, ich hatte drei Kinder mit und noch vier andere waren dort, sodass sieben Kinder in dem Bunker waren. Mein Jüngster war eineinhalb Jahre alt, der zweite drei, das Mädchen elf. Wie diese Kinder verkühlt waren.“7

Diese Erzählung von Terezija Urbančič–Slavka verdeutlicht sehr plas-tisch die ganze Bandbreite an Problemen, denen sich vor allem Frauen mit Familie zu stellen hatten, wenn sie gezwungen waren, den Anschein der Le-galität aufzugeben.

In den kämpfenden Einheiten übernahmen Frauen vorwiegend technische Dienste. Sie wurden verstärkt als Köchinnen, Sanitäterinnen, Näherinnen oder in den Druckereien, die es ab 1943 auch in Kärnten gab, eingesetzt.

Kaum zu finden sind Frauen in der militärischen Hierarchie, und wenn doch, dann waren es eher Kämpferinnen aus Slowenien als Kärntner Sloweninnen.

Nur wenn der Kampf unausweichlich war, dann war die Gleichberechtigung des Schreckens gegeben, oder wie es Terezija Prušnik–Mira in ihren Erin-nerungen umschrieb: „Obwohl im Kampf, da warst du gleichberechtigt. Die Deutschen schauten nicht erst, wen sie erschießen und wen einsperren soll-ten.“8

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