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2.4 Phosphodiesterase-Hemmer

2.4.3 Rolipram

Bei dem Phosphodiesterase-4-Hemmer Rolipram handelt es sich um einen experimentellen Arzneistoff, welcher das erste Mal Ende der siebziger Jahre in der Literatur genannt wird.

KARPANEN et al. (1979) führten Studien an männlichen Sprague-Dawley-Ratten hinsichtlich der antihypertensiven Wirkung von Rolipram durch und konnten einen dosisabhängigen Effekt nachweisen. So wurde durch eine intracerebroventriculär injizierte

Dosis von 64 µg Rolipram pro Ratte ein Blutdruckabfall von 30 % erreicht. Des Weiteren wurden im Tierversuch antipsychotische Wirkungen nachgewiesen (MAXWELL 2004). So führte eine geringe intrazelluläre Konzentration von cyclic adenosin monophosphate (cAMP) im Krankheitsbild der Schizophrenie zu Signaltransduktionsabnormalitäten. Frühere Studien versuchten diesen Effekt durch die Blockade von Dopaminrezeptoren zu unterbinden, wodurch ein Anstieg des intrazellulären cAMP erreicht wurde. Mit Rolipram konnte somit die Wirksamkeit eines nichtrezeptorvermittelten Therapieansatzes zur Behandlung von Schizophrenie belegt werden (KANES 2007). Grundlagenforschungen zur Huntington´s disease, einer autosomal dominant vererbten neurodegenerativen Erkrankung, zeigten vielversprechende Ergebnisse. So kommt es im Verlauf der Krankheit zu einer verminderten Aktivität des cAMP responsive element binding protein (CREB). Dieses Protein ist für die Transkription von unterschiedlichen Genen verantwortlich, unter anderem für das Gen des neuroprotektiv wirkenden BDNF (PURVES 2007). Wird durch Rolipram die Phosphodiesterase-4 gehemmt, so kommt es zu einem Anstieg der Konzentration von cAMP.

Dieses aktiviert die Proteinkinase-A, welche über einen Phosphorylierungsschritt im Nukleus der Zelle CREB aktiviert und so zur Bildung von BDNF beitragen kann, wodurch ein neuroprotekiver Effekt erzielt wird. Im Tiermodell wurde ein neurodegenerativer Effekt durch Applikation von Quinolonsäure (DE MARCH et al. 2007), einer exzitotoxisch wirkenden Substanz, ins Corpus Striatum von Mäusen, erzielt. Hierbei kommt es zur Überreizung des exzitatorisch wirkenden N-methyl-D-aspartat (NMDA)-Rezeptors, was eine verringerte CREB-Aktivität (HARDINGHAM et al. 2002), sowie einen erhöhten Kalzium-Einstrom zur Folge hat und somit zum Tod der neuronalen Zelle führt (STAVROVSKAYA u. KRISTAL 2005; GUZMAN-LENIS et al. 2009). Durch die tägliche, intraperitoneale Applikation von 1,5 mg/kg Rolipram über einen Zeitraum von 2 Wochen, konnten die durch Quinolonsäure hervorgerufenen Läsionen um 62 % gegenüber der Kontrollgruppe verringert werden (DE MARCH et al. 2007). In anderen Versuchen am Quinolonsäuremodell zeigten BLOCK et al.

(2001), dass die neuroprotektive Wirkung des Phosphodiesterase-Hemmers Rolipram auch über die Hemmung von TNF-α erzielt wird. So zeigten WHITAKER et al. (2008) im Spinal Cord Injury-Tiermodell einen großen Einfluss des Zytokins TNF-α auf den sekundär induzierten Zelltod. Durch die Applikation von Rolipram konnte eine verminderte Expression von TNF-α nachgewiesen werden, wobei die entstehenden Läsionen um 40 % verringert

werden konnten. Eine weitere Studie von VALERA et al. (2008) zeigte die Rolipram-vermittelte Protektion primärer neuronaler Zellen, welche aus Rattengehirnen gewonnen wurden. Durch die Zugabe von exzitotoxisch wirkendem NMDA konnte die Degeneration der Zellen durch die Applikation von Rolipram verringert werden, was durch einen intrazellulären Anstieg von aktiviertem CREB erklärt wurde. Des Weiteren werden positive Effekte von Phosphodiesterase-4-Inhibitoren auf die axonale Regeneration im Spinal Cord Injury-Modell beschrieben. Hierbei reguliert über cAMP aktiviertes CREB die Expression der Gene für IL-6 und Arginase I, welche einen direkten Einfluss auf eine gesteigerte Axonregeneration haben sollen (HANNILA u. FILBIN 2007).

Neben der Wirkung auf die Zellen des Zentralen Nervensystems zeigten viele Studien die potente antiinflammatorische Wirkung von Rolipram. So werden nahezu alle Zellen, die im Prozess des Entzündungsgeschehens eine Rolle spielen, von Rolipram beeinflusst. Ursächlich soll hierfür die präferierte Hemmung der Phosphodiesterase-4A/B sein, welche hauptsächlich in Monozyten, Makrophagen, Granulozyten und T-Zellen expremiert wird (MACKENZIE u.

HOUSLAY 2000, ZHU et al. 2001). Ein entscheidender Wirkmechanismus dieses antiinflammatorischen Effekts wird durch die Hemmung der Bildung des Zytokins TNF-α erzielt (WACHTEL 1982).

Neben Makrophagen und Monozyten, welche als Hauptproduzenten des Zytokins TNF-α gelten, können auch andere Zellen, wie beispielsweise dendritische Zellen, neutrophile Granulozyten oder Endothelzellen TNF-α freisetzen (HIGUCHI et al. 1990). TNF-α spielt im Rahmen von lokalen und systemischen Entzündungsreaktionen eine zentrale Rolle. Als pleiotropes, proinflammatorisches Zytokin ist TNF-α neben weiteren Zytokinen wie IL-1α, IL-1ß und Interferon-γ ein wichtiger Mediator der nicht-adaptiven Immunantwort.

Dementsprechend ist TNF-α im Abwehrgeschehen von viralen sowie bakteriellen Infektionen entscheidend beteiligt (ABBAS et al. 2005). So dient TNF-α als Signalmolekül, um die Aktivität unterschiedlichster Immunzellen zu modulieren. Weiterhin zeigt sich auch ein proliferationsverstärkender Effekt auf Fibroblasten (POSTLETHWAITE u. KANG 1983).

Ansätze zur Erklärung des zugrunde liegenden Wirkmechanismus der Phosphodiesterase-4-Inhibitoren finden sich in der Initiierung von Signalkaskaden. So findet durch den verminderten Abbau von cAMP eine verstärkte Phosphorylierung der Proteinkinase A statt.

Diese aktiviert den Transkriptionsfaktor CREB, der unter anderem die Transkription von

proinflammatorischen Zytokinen steuert (DEREE et al. 2008). Des Weiteren wird eine Beeinflussung des Transkriptionsfaktors nuclear factor kappa-light-chain-enhancer of activated B-cells (NF-κB) diskutiert, wobei die Transkription des Zytokins TNF-α von diesem Faktor abhängig ist. Durch den Phosphodiesterase-Inhibitor vermittelten Anstieg von phosphoryliertem CREB wird eine Konkurrenz um den Koaktivator CREB binding protein (CBP) angenommen, wodurch die Wirkung des NF-κB inhibiert wird (DEREE et al. 2008).

Aber auch eine Hemmung der Phosphorylierung und des nachfolgenden Abbaus des nuclear factor of kappa light polypeptide gene enhancer in B-cells inhibitor alpha (IκBα) wird als ursächlich für den antiinflammatorischen Effekt von Phosphodiesterase-4-Inhibitoren angesehen. So liegt der Transkriptionsfaktor NF-κB im Zytosol in einer inaktiven Form vor indem es an den Inhibitorkomplex IκBα gebunden ist. Um die aktive Form des NF-κB freizusetzen wird IκBα unter anderem über Lipopolysaccharid induzierte Signalwege phosphoryliert, worüber der Abbau dieses Inhibitorkomplexes eingeleitet wird (DEREE et al.

2008). Durch cAMP-abhängige Proteinkinasen wird eine Inhibierung der Phosphorylierung und Degradation von IκBα vermutet (KWAK et al. 2005)

Neuere Studien zeigten zudem einen Einfluss von Phosphodiesterase-Hemmern auf das entzündungsmodulierende mitogen activated protein (MAP)-Kinasesystem. So zeigte Rolipram eine Hemmung der INF-γ induzierten Phosphorylierung der p38-MAP-Kinase (KWAK et al. 2005).

Diese Studien belegen somit die antiinflammatorische und neuroprotektive Wirkung von Rolipram. Die vorliegende Arbeit soll zum einen den Effekt des Roliprams auf degenerierende Spiralganglienzellen untersuchen und zum anderen das Potential zur Fibrosehemmung nach erfolgter Cochlea-Implantat-Insertion beurteilen.

3 Zielsetzung

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu prüfen, ob der Phosphodiesterase-4-Hemmer Rolipram geeignet ist, das Ergebnis, welches mit Cochlea-Implantaten im Patienten erzielt werden kann, zu optimieren.

Es wird der neuroprotektive Effekt des Roliprams auf die im Innenohr lokalisierten neuronalen Zellen, die Spiralganglienzellen, in vitro und in vivo untersucht. Zudem wird in-vitro die Wirkung des Roliprams auf die proinflammatorische TNF-α-Produktion bestimmt, um zu prüfen, ob mittels Rolipramapplikation das postoperative Bindegewebswachstum um den Elektrodenträger des Cochlea-Implantats vermindert werden kann.

Zur Hemmung der Phosphodiesterase-4 muss Rolipram durch die Zellmembran in das Zytoplasma der Zelle gelangen. Im Rahmen dieser Studie wird zusätzlich untersucht, ob die Rolipramaufnahme in die Zelle, und somit der biologische Effekt des Arzneimittels, durch Lipidnanokapseln als Transportsystem gesteigert werden kann.

Zunächst werden hierzu In-vitro-Studien durchgeführt:

• Untersuchung des neuroprotektiven Effektes von Rolipram, sowie auch von in Lipidnanokapseln eingeschlossenem Rolipram auf die Überlebensrate von isoliert angezüchteten Spiralganglienzellen neonataler Sprague-Dawley-Ratten. Des Weiteren werden das Neuritenauswachsverhalten sowie der Somadiameter der überlebenden Spiralganglienzellen beurteilt. Der Versuchsansatz wird in vier unterschiedlichen Konzentrationen durchgeführt, um eine möglichst optimale Konzentration für die potentiell nachfolgenden In-vivo-Experimente zu ermitteln.

• Ferner werden Untersuchungen mit murinen dendritischen Zellen durchgeführt, anhand derer die Freisetzung des Roliprams aus dem Nanopartikel verifiziert werden kann.

Zunächst werden die Zellen mit Rolipram und in Nanopartikeln inkorporiertem Rolipram behandelt. Eine anschließende Stimulation mit Lipopolysacchariden führt zur Reifung und Aktivierung der Zellen, wodurch eine Sekretion des Zytokins TNF-α erwirkt wird. Je nach Ausprägung lassen sich Aussagen über einen entzündungshemmenden Effekt treffen. Für

die Kombination mit Cochlea-Implantaten könnten so positive Effekte hinsichtlich einer postoperativ auftretenden, fremdkörperbedingten Bindegewebsbildung erzielt werden.

Folgende In-vivo-Studien werden, basierend auf den Erkenntnissen der In-vitro-Studien, durchgeführt:

• Untersuchung des Einflusses von Rolipram und mittels Lipidnanokapseln appliziertem Rolipram auf das Überleben der Spiralganglienzellen ertaubter Meerschweinchen.

Die Ergebnisse dieser Arbeit sollen Rückschlüsse darauf zulassen, ob Rolipram die Spiralganglienzellen nach Ertaubung vor Degeneration schützen kann, beziehungsweise das Fortschreiten der Degeneration verlangsamen kann.

Eine zusätzliche Erkenntnis soll sein, ob Rolipram die Fremdkörperreaktion nach Implantation von Cochlea-Implantaten potentiell verringern kann.

Weiterhin soll geklärt werden, ob Lipidnanokapseln die Wirkung des Roliprams steigern können.

4 Material und Methoden