• Keine Ergebnisse gefunden

Die vier Reiter – Bezüge zu Sacharja

2.4 Intertextuelle Bezüge

2.4.2 Die vier Reiter – Bezüge zu Sacharja

Als ein wesentliches Element von Offb 6,1-8 haben sich die vier Reiter gezeigt. Sie sind das dominierende Hauptelemente der Perikope. Sie strukturieren den Text, sie geben ihm seine Einheit und grenzen ihn von den umliegenden Texten ab.

Zudem sind sie neben den vier Lebewesen die Protagonisten dieser Textstelle. Ein Blick in die Schriften des Alten Testamentes zeigt, dass das Bild der Reiter keines ist, dass Johannes ohne besonderen Grund gewählt hat. Es findet sich bereits im Buch Sacharja, genauer in den Nachtgesichten des Sacharja.

Sach 1,8-1121: „In dieser Nacht hatte ich eine Vision: Siehe, ein Mann, der auf einem roten Pferd ritt. Er stand zwischen den Myrtenbäumen, die an der Wassertiefe sind, und hinter ihm waren rotbraune, fuchsrote und weiße Pferde. Ich fragte: Mein Herr, was bedeuten diese Pferde? Und der Engel, der mit mir redete, sprach: Ich will dich sehen lassen, was sie bedeuten. Da ergriff der Mann, der zwischen den Myrtenbäumen stand, das Wort und sagte: Das sind die, welche der HERR gesandt hat, damit sie die Erde durchziehen. Und sie

19 Vgl. Satake, Offenbarung, 35; Wengst, Wie lange, 32; Roloff, Offenbarung, 17

20 Vgl. Bachmann, Positive, S 212-213; Giesen, Im Dienst , 263; Roloff, Offenbarung, 80; Satake, Offenbarung, 216

21 Die Bibel - Einheitsübersetzung. Sämtliche folgendenden deutschen Übersetzungen sind der Einheitsübersetzung von 2017 entnommen.

meldeten dem Engel des HERRN, der zwischen den Myrtenbäumen stand: Wir haben die Erde durchzogen - und siehe, die ganze Erde ruht und liegt still.“

Reiter findet sich hier zwar nur einer, aber die Vierzahl der Pferde und ihrer Farben ist schon hier zu sehen: es gibt ein rotes Pferd, rotbraune, fuchsrote und weiße Pferde. Zwei dieser Farben finden sich auch bei Johannes wieder. Auch wenn die Pferde hier im Gegensatz zu Offb 6,1-8 nicht aktiv in das Geschehen auf der Erde eingreifen und im Gegensatz zu endzeitlichen Plagen nur Ruhe verkünden, zeigen sich hier vor allem zwei wichtige Zusammenhänge. Die Pferde sind zum einen gesandt von Gott, sie erhalten ihren Auftrag direkt von ihm. Sie sind keine Werkzeuge irgendwelcher anderen Mächte. Und zum anderen zeigt sich hier auch die Universalität des Auftrages und damit die Universalität der Macht Gottes.22 Noch deutlicher wird die Motivgeschichte von Offb 6,1-8 fünf Kapitel später.

Sach 6,1-8: „Wieder erhob ich meine Augen und ich sah: Siehe da, vier Wagen zogen zwischen zwei Bergen aus, die Berge aber waren aus Bronze. Am ersten Wagen waren rote Pferde, am zweiten Wagen schwarze Pferde, am dritten Wagen weiße Pferde und am vierten Wagen gescheckte Pferde, alles starke Tiere. Darauf fragte ich den Engel, der mit mir redete: Was bedeuten diese, mein Herr? Der Engel gab mir zur Antwort: Das sind die vier Winde des Himmels, die ausziehen, nachdem sie vor dem Herrn der ganzen Erde gestanden haben. Die schwarzen Pferde - der Wagen, an dem sie sind - ziehen aus in das Land des Nordens, die weißen sind hinter ihnen hergezogen und die gescheckten sind in das Land des Südens gezogen. Die starken Tiere zogen aus, begierig, die Erde zu durchstreifen. Da sagte er: Geht hin, durchstreift die Erde! Und sie durchstreiften die Erde.

Und er rief mir zu und sprach zu mir: Sieh, jene, die in das Land des Nordens ziehen, sie bringen meinen Geist über das Land des Nordens.“

Auch hier ist die Vierzahl wieder deutlich. Ist im Kapitel 1 nur von Pferden die Rede, sieht man hier nun Wagen, die von Pferden gezogen werden. Auch sie werden klar durch Farben gezeichnet. Es gibt rote, schwarze, gescheckte und weiße Pferde. Die Farben stimmen auffallend mit den Farben der Pferde in der Offenbarung überein.

Lediglich das gescheckte Pferd wurde durch ein fahles (χλωρός, grün) Pferd ersetzt, was der ursprünglichen Zuordnung der Farben mit den

22 Vgl. Giesen, Im Dienst, 263-264

Welteckenplaneten entspricht. So wird der Merkur mit rot und Osten verbunden, der Saturn mit der Farbe Schwarz und dem Norden, der Jupiter mit der Farbe Weiß und dem Westen und der Mars mit der Farbe Grün und dem Süden.23 Deutlich ist auch hier zu sehen, dass die Pferde bzw. die Wagen im direkten Befehl Gottes handeln. Er sendet sie aus, um die Erde zu durchstreifen. Während sie bei Sach 1,8-11 nur Kunde von der Erde bringen, sollen die Pferde bei Sach 6,1-8 nun umgekehrt Gottes Geist über das Land bringen. Auch die universale Bedeutung dieses Befehls wird hier wieder deutlich. Die Pferde sollen nicht nur allgemein die ganze Welt durchstreifen, sie werden auch mit den vier Winden identifiziert und die Himmelsrichtungen werden zudem für die weißen und die schwarzen Rösser genau vorgegeben. Im Vergleich fällt auf, dass die Pferde und die Wagen bei Sacharja gleichzeitig in alle vier Richtungen ausgesandt werden, die Reiter in der Offenbarung treten hingegen nacheinander auf. Sie folgen einander in einer Reihung, die der Entwicklung von irdischem Kriegsgeschehen entspricht. Doch die Universalität des Auftrags bleibt. Die Reiter bekommen keine jeweilige Richtung zugewiesen, ihr Wirkungsgebiet ist also so universal, wie der zugrunde liegende Aussendungsbefehl Gottes bei Sacharja.

Das Motiv von vier Pferden und Himmelswinden findet sich aber nicht nur in den Texten Israels. Für denselben Zeitraum, in dem auch die Verfassung der Offenbarung angenommen wird, ist der Borysthenikos, eine Rede des Philosophen Dios Chrysostomos belegt. Diese Rede führt den Leser in den Grenzbereich zwischen griechischer und iranischer Überlieferung. Unter Anderem werden darin auch vier himmlische Pferde erwähnt.24 Interessant in diesem Zusammenhang ist zudem die äußere Erscheinung des parthischen Kriegsheeres, die Anlass gibt, einen näheren Blick auf dieses Reich zu werfen.

Exkurs 1: Das Reich der Parther, Rom und die Kriegsreiterei25

Östlich der römischen Reichsgrenze lag das Reich der Parther. Schon 141 v. Chr.

besetzte Mithradates I. Babylon und nahm den Titel „König der Könige“ an.

23 Vgl. Satake, Offenbarung, 216

24 Vgl. Frenschkowski, Parthica apocalyptica, 25-26

25 Vgl. Frenschkowski, Parthica apocalyptica,16-31

Seitdem sind zahlreiche Konflikte des römischen Reiches und des parthischen Großreiches belegt. Die schlimmste Niederlage erlitt Rom 53 v. Chr. in der Schlacht von Carrhae. Diese Niederlage wurde erst in der Varusschlacht sechzehn Jahre später übertroffen. Die Expansion des Partherreiches führte so weit, dass sogar Judäa und Jerusalem für kurze Zeit unter parthischer Herrschaft standen. Bei dieser Gelegenheit setzen die Parther den von Rom bestimmten König ab und einen jüdischen König ein. Dass dies bleibenden Nachhall in der Erinnerung der Juden hatte, liegt auf der Hand. Die Vernetzung des jüdischen Königshauses mit den Parthern ist hinreichend belegt.

Die Kriegsführung der Parther unterschied sich grundlegend von der der Römer.

Sie kämpften grundsätzlich zu Pferd und beherrschten die Bogenkunst vom Sattel aus. Zudem waren ihre Pferde schwer gepanzert. Selbst in der Öffentlichkeit zeigten sie sich nur auf dem Pferd und führten Gespräche und Handel vom Pferd aus. Im römischen Reich war all dies bekannt. Nicht anders verhielt es sich mit der Kultur. Zahlreiche Werke aus dem iranischen Raum waren gerade in Kleinasien verbreitet. Aber auch andere kulturelle Durchmischungen lassen sich finden. So war der Kult der persischen Göttin Anahita weit verbreitet. In Philadelphia war sie sogar Stadtgöttin und nicht nur dort gab es Feste zu ihren Ehren.

So fanden die parthischen Reiterkrieger ihren Weg auch in die jüdische Apokalyptik und das auf zwei verschiedenen Weisen. In den älteren Traditionslinien werden sie als „barbarische Feinde aus dem Osten“26 dämonisiert,

„die Gott als Werkzeuge seines Strafgerichtes benutzt“27. In einer späteren Traditionslinie erscheinen sie als „Hoffnungsträger für die nationale Erneuerung Israels oder sogar für die messianische Erlösung.“28

Johannes stand zum einen in der Tradition dieser jüdischen Apokalyptik, zum anderen lebte er in Kleinasien und damit auch mitten in jener gemischten kulturellen Umwelt. Die Anklänge dieser Einflüsse an die vier Reiter in seiner Offenbarung sind deutlich. Man kann den Bogen des ersten Reiters natürlich auch

26 Frenschkowski, Parthica apocalyptica, 28

27 Frenschkowski, Parthica apocalyptica, 28

28 Frenschkowski, Parthica apocalyptica, 28

durch generelles Kriegswerkzeug erklären, aber dass die vier Reiter, die Endzeit anstoßen, den Frieden von der Erde nehmen und die darauffolgenden Plagen bringen, lässt sich nicht leugnen. Sie entsprechen damit genau jenen parthischen Reitkriegern, die als göttliche Strafwerkzeuge in die jüdische Apokalyptik eingingen.

Exkurs Ende

2.4.3 Gottes Strafen im Alten Testament

29

Nicht nur die Vierzahl der Pferde hat ihre Motivvorlage in den Schriften Israels. Ein Blick auf die Plagen, die die Reiter mit sich bringen, zeigt eine auffällige Nähe zu einer bereits bekannten Apokalypse aus dem Neuen Testament. Schon der Evangelist Markus erzählt von endzeitlichen Geschehnissen, die Jesus Christus ankündigt. Er spricht von Kriegen, denen Bürgerkriege folgen, von Erdbeben, Hungersnöten und von der Verfolgung der Gemeinden. Ein Blick in die allgemein angenommene Entstehungszeit des Evangeliums zeigt die nur zu realen Entsprechungen dieser Endzeitschilderung. Den Menschen mag der Aufstand gegen Rom, die Gewalttaten des Bürgerkriegs in Jerusalem und die Hungersnot in der Belagerung wie eine wirklich eintretende Endzeit erschienen sein. Die erschütternde Realität dieser Ereignisse schlägt sich nicht nur im Markusevangelium nieder, sondern auch in der Offenbarung. Vermutet wird weniger, dass sich Johannes auf die Darstellungen im Markusevangelium bezieht, sondern vielmehr, dass beide Autoren ihre Motive aus dem gemeinsamen Traditionsgut gezogen haben.30

In einem Vergleich der synoptischen Apokalypse mit den vier Reitern der Offenbarung fällt auf, dass zwar die Erdbeben fehlen, die Reihe stattdessen aber durch die natürliche Folge von Hungersnöten, den Tod, ersetzt wurde. Diese Reihung ist aber nicht nur durch die natürliche Folge der Ereignisse entstanden.

Diese Reihung von Plagen ist auch weithin im Alten Testament zu finden.

29 Vgl. Bachmann, Reiter, 259-265; Giesen, Offenbarung, 176; Roloff, Offenbarung,79-81; Satake, Offenbarung, 216-217

30 Vgl. Roloff, Offenbarung, 79; Satake, Offenbarung, 216

2.4.3.1 Intertextuelle Bezüge zum Buch Jeremia31

Jer 14,12: „Auch wenn sie fasten, höre ich nicht auf ihr Flehen; wenn sie Brandopfer und Speiseopfer darbringen, habe ich kein Gefallen an ihnen. Durch Schwert, Hunger und Pest mache ich ihnen ein Ende.“

Jer 21,9: „Wer in dieser Stadt bleibt, der stirbt durch Schwert, Hunger und Pest.“

Jer 24,10: „Ich sende unter sie Schwert, Hunger und Pest, bis sie ganz ausgerottet sind vom Ackerboden, den ich ihnen und ihren Vätern gegeben habe.“

Jer 29,17-18: „… so spricht der HERR der Heerscharen: Siehe, ich schicke unter sie Schwert, Hunger und Pest und ich behandle sie wie die verdorbenen Feigen, die vor Schlechtigkeit ungenießbar sind. Ich verfolge sie mit Schwert, Hunger und Pest und mache sie zu einem Bild des Schreckens für alle Reiche der Erde, zum Fluch und zum Entsetzen, zum Hohn und Gespött aller Völker, zu denen ich sie verstoße…“

Jer 32,24: „Siehe: Schon haben sie die Belagerungsrampen bis an die Stadt herangebaut, um sie einzunehmen; durch Schwert, Hunger und Pest ist die Stadt den Chaldäern preisgegeben, die gegen sie ankämpfen. Was du angedroht hast, ist eingetroffen; du siehst es ja selbst.“

Jer 42,17: „Ja, alle, die darauf bestehen, nach Ägypten zu ziehen, um sich dort niederzulassen, werden durch Schwert, Hunger und Pest umkommen. Keiner von ihnen wird entkommen, keiner dem Unheil entrinnen, das ich über sie bringe.“

Die Reihung Schwert, Hunger und Pest kommt genau auf diese Weise am häufigsten bei Jeremia vor. Es sind die Worte Gottes, die Jeremia hier an Israel überbringt. Worte der Drohung und Warnungen, die die Konsequenzen der Gotteslästerung, des Abfalls von Gott und das Nichtbefolgen seiner Weisungen deutlich machen. Es ist die letzte Konsequenz, nach unzähligen Versuchen, das Volk durch die Propheten zur Umkehr zu bewegen (Jer 29,19). Ähnliches ist auch bei Ezechiel zu lesen.

31 Vgl. Giesen, Im Dienst, 264; Satake, Offenbarung, 216

2.4.3.2 Intertextuelle Bezüge zum Buch Ezechiel32

Ez 5,16-17: „Wenn ich die bösen Pfeile des Hungers abschicke, die Verderben bringen, schicke ich sie ab, um euch zu verderben. Um euren Hunger zu vergrößern, zerbreche ich euch den Brotstab. Ich schicke Hungersnot und wilde Tiere gegen euch, damit sie dir deine Kinder rauben, Und Pest und Blut werden durch dich hindurchziehen. Ich bringe das Schwert über dich.“

Ez 6,11 : „So spricht GOTT, der Herr: Klatsche mit deiner Hand, stampf mit dem Fuß und schreie: Wehe! wegen all der bösen Gräueltaten des Hauses Israel, das durch das Schwert, durch den Hunger und durch die Pest fallen wird.“

Ez 7,15: „Draußen das Schwert, drinnen die Pest und der Hunger. Wer auf dem Feld ist, der stirbt durch das Schwert. Wer in der Stadt ist, den fressen Hunger und Pest.“

Ez 12,16: „Und ich lasse einige von ihnen das Schwert, den Hunger und die Pest überleben, damit sie bei den Völkern, zu denen sie kommen, von all ihren Gräueltaten erzählen. Dann werden sie erkennen, dass ich der HERR bin.“

Ez 14,21: „Wahrhaftig, so spricht GOTT, der Herr: Selbst wenn ich meine vier bösen Strafen, Schwert, Hunger, wilde Tiere und Pest, über Jerusalem bringe, um Mensch und Tier aus ihr auszumerzen,…“

Auch Ezechiel überbringt diese Worte der Drohung. Eine kleine Kontextänderung zeigt sich hier aber. Während Jeremia diese Drohungen als Strafe und Konsequenz der Verfehlungen überbringt, sind sie bei Ezechiel auch immer deutlich mit der Erkenntnis verbunden, dass Gott der Herr ist. Die Plagen erscheinen hier also nicht nur als Strafe, sondern auch als ein Beweis der Macht Gottes jenen seines auserwählten Volkes gegenüber, die andere Götter, Götzen, vorgezogen haben.

Die Reihung Schwert, Hunger Pest zeigt sich hier ebenso wie bei Jeremia. Doch finden sich auch Drohungen, in denen die Reihenfolge abweicht oder die wilden Tiere erwähnt werden. Besonders zu erwähnen ist dabei die Drohung bei 5,16 und 14,21, in der neben der Pest auch die wilden Tiere erwähnt werden. Sind es sonst

32 Vgl. Giesen, Im Dienst, 264, 274; Wengst, Wie lange, 181

immer drei Strafen, bringt der Prophet hier die Vierzahl mit ein, die auch die Reiter der Offenbarung strukturiert.33

Im Kontext des Alten Testamentes zeigen sich also zwei Kernthemen. Zum einen treten die Plagen nicht einfach so auf. Gott selbst bringt jene Plagen über das Volk.

Aber das macht er nicht ohne einen Grund. Die Plagen sind eine Strafe für Gottlosigkeit, für Gottesabfall und die letzte Konsequenz dieser Sünden. In ihnen erweist sich Gottes Macht, an die nicht mehr geglaubt wird, in ihnen erweist er sich als mächtiger als die Götzen, die sein eigenes Volk anbetet. Zum anderen sieht man die deutliche Reihung von Schwert, Hunger und Pest, die sich auch bei den Reitern der Offenbarung findet. Doch in der Offenbarung werden vier Reiter gerufen, nicht drei. Schwert, Hunger und Pest folgen den letzten drei Reitern.

Nirgends zeigt sich in dieser Reihung der Strafen ein Bogen. Der Bogen als Ausdruck für den Zorn Gottes findet sich im Alten Testament an anderen Stellen.

2.3.4.3 Intertextuelle Bezüge zum Buch Deuteronomium34

Dtn 32,23-25: „Immer neue Not bürde ich ihnen auf, ich setze gegen sie alle meine Pfeile ein. Sie werden ausgemergelt durch den Hunger, verzehrt durch die Pest und die verheerende Seuche. Den Zahn der Raubtiere lasse ich auf sie los, dazu das Gift der im Staube Kriechenden. Auf der Straße raubt das Schwert und in den Zimmern der Schrecken den jungen Mann und das Mädchen, den Säugling samt dem Greis.“

Hab 3,8-9: „HERR, ist dein Zorn gegen die Flüsse entbrannt, gegen die Flüsse dein Zorn und dein Groll gegen das Meer, dass du mit deinen Rossen heranstürmst und mit deinen siegreichen Wagen? Du hast deinen Bogen aus der Hülle genommen, gesättigt sind die Pfeile mit Botschaft.“

Die Pfeile erscheinen hier als Botschaft Gottes, die die Plagen erst bringen. Ob das die Vorlage für den ersten Reiter ist, lässt sich kaum belegen, auch wenn Bogen und Pfeile zumindest an einer Stelle im Zusammenhang mit den anderen Plagen genannt werden. Da Bogen und Schwert im Zusammenhang als Kriegswaffen aber sehr oft im Alten Testament erscheinen, scheint dies kein wirkliches Indiz zu sein.

33 Vgl. Bachmann, Reiter, 259-261; Satake, Offenbarung, 217

34 Vgl. Giesen, Offenbarung, 176; Satake, Offenbarung, 217

Eine mögliche Erklärung zur Traditionsgeschichte des ersten Reiters zeigt Michael Bachmann. Er geht von der Reihung der Plagen in Offb 6,8c aus, wobei er die dritte Plage, den Tod, als Pest genauer definiert und die vierte Plage, die wilden Tiere, als Abschluss des Todes, der durch alle vorher genannten Plagen eintreten kann.

Da alle anderen Reiter eine Entsprechung in dieser Reihung finden, bleibt nur der erste Reiter auf dem weißen Pferd übrig. Der Reiter auf dem ersten Pferd wäre somit ursprünglich an dritter Stelle genannt worden. Das entspricht auch der Reihung bei Sach 6,1-8. Auch in der ersten Vision von Sacharja steht das weiße Pferd nicht an erster Stelle. Ein weiteres Argument ist die Verbindung von Bogen und Pest, die sich im Alten Testament an den oben genannten Stellen im Deuteronomium und bei Ezechiel findet. Johannes muss den Reiter also dieser Erklärung gemäß nachträglich an die erste Stelle gerückt haben.35

2.5 Detailanalyse von Offb 6,1-8 2.5.1 Der erste Reiter

6,2a 6,2b

καὶ εἶδον,

καὶ ἰδοὺ ἵππος λευκός, 6,2a

6 2b

Und ich sah

und siehe ein weißes Pferd

Da die Farbe des Pferdes schon auf die Aufgabe eines jeden Reiters hinweist, betrachten wir zunächst die Farbe des Pferdes - λευκός (weiß). Der Begriff λευκός taucht in der Offenbarung fünfzehnmal auf und lässt sich grob auf drei Bereiche einordnen.

Eine eschatologisch-soteriologische Bedeutung lässt sich unter anderem in den Sendschreiben belegen, wenn die Sprache von einem weißen Stein ist, mit dem man einen neuen Namen erhält, oder von weißen Gewändern, die einige Leute in der Gemeinde Sardes tragen dürfen, weil sie unbefleckt sind. Dieselben weißen Gewänder werden auch den Märtyrern nach dem Auftreten der vier Reiter gegeben. Ebenso tragen die Geretteten aus allen Nationen und Völkern, die um

35 Vgl. Bachmann, Reiter, 259-265

den Thron des Lammes stehen, weiße Gewänder, denn sie haben ihre Gewänder im Blut des Lammes weiß gewaschen.36

Eine weitere Bedeutungsebene ist die Zuordnung der Farbe Weiß zum Sieg und den Siegern. Auch diese Bedeutung findet sich bereits in den Sendschreiben, wenn es unter Anderem heißt: „Wer siegt, wird ebenso mit weißen Gewändern bekleidet werden.“ (Offb 3,5) In diesem Zusammenhang erscheint die Farbe wie eine Belohnung für den Sieg.

Nicht zuletzt begegnet die Farbe Weiß als Farbe des himmlischen Bereichs.

Johannes wird von einem „gleich einem Menschensohn“ beauftragt, dessen Haupt und Haare weiß sind. Die vierundzwanzig Ältesten rings um den Thron im Himmel tragen weiße Gewänder. Verstärkt wird dieser himmlische Kontext noch um eine Herrschaftskomponente, wenn der eine „wie ein Menschensohn“ auf einer weißen Wolke thront oder ein weißes Ross aus dem offenen Himmel kommt und sein Reiter die Heere des Himmels auf weißen Pferden in den Krieg führt.37

6,2c καὶ ὁ καθήμενος ἐπ’ αὐτὸν ἔχων τόξον 6,2c und der auf ihm Sitzende hatte einen Bogen

Zum Bogen in den Gerichtsworten Gottes Israel gegenüber wurde schon genug gesagt (2.3.4.3). Auch wurde bereits erwähnt, dass er an vielen Stellen allgemein (oft zusammen mit dem Schwert) als Kriegswaffe erwähnt wird, auch in den Händen der Feinde Israels. Aber dieser Bogen richtet sich im Alten Testament nicht

Zum Bogen in den Gerichtsworten Gottes Israel gegenüber wurde schon genug gesagt (2.3.4.3). Auch wurde bereits erwähnt, dass er an vielen Stellen allgemein (oft zusammen mit dem Schwert) als Kriegswaffe erwähnt wird, auch in den Händen der Feinde Israels. Aber dieser Bogen richtet sich im Alten Testament nicht