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Der visionäre Teil der Johannesoffenbarung in Offb 4-22,5 ist geprägt von drei Reihen aus je sieben Visionen, die wiederum von Zwischenteilen gerahmt werden und teils auseinander erwachsen. Jede Plagereihe überbietet dabei die vorherige im Ausmaß ihrer Ereignisse und deren Folgen. Die drei Reihen erscheinen dabei schon ursprünglich deutlich als eine Einheit konzipiert. Da es kaum spezifisch christliche Elemente gibt, lässt sich darauf schließen, dass die Gesamtkonzeption ursprünglich jüdisch war und die christlichen Elemente sowie die einleitende Handlung des Lammes erst im Nachhinein eingefügt wurden. Die Visionsreihen haben dabei als Grundthema die Plagen gegen die Gottlosen. 11 Diese Gliederung ist zwar nicht unumstritten, so gibt es auch Vorschläge, die Ereignisse nicht nach

9 Murillo Soberanis, Christusvisionen, 159

10 Vgl. Satake, Offenbarung, 220

11 Vgl. Satake, Offenbarung, 70; Giesen, Offenbarung, 51

Visionsreihen, sondern nach Thematik zu gliedern, doch erscheint mir die oben beschriebene Gliederung im Zusammenhang dieser Arbeit als sinnbringender.12 Die vier apokalyptischen Reiter erscheinen im Rahmen dieser ersten Visionsreihe, die durch das Brechen der Siegel angezeigt wird, direkt zu Beginn. Sie leiten das endzeitliche Geschehen ein und nehmen den Frieden von der Erde, bereiten damit den Boden für die kommenden Ereignisse. Ihnen folgt der Rachewunsch der Märtyrer mit dem fünften Siegel, das sechste Siegel lässt das ganze Unheil kosmisch werden und nach einem kurzen Zwischenspiel, einer „Ruhephase“13, wird das siebte Siegel gebrochen, das die nächste Visionsreihe eröffnet. 14

Die vier Reiter erscheinen jedoch nicht per Zufall. Jeder Reiter wird mit dem Brechen eines Siegels herbeigerufen. Doch nicht von Irgendjemandem. Nur das Lamm, das wie geschlachtet aussieht, hat die Macht, die Siegel zu brechen. Das endzeitliche Geschehen entspringt also der Macht Christi, ist sein Wille. Insofern kann diese Visionsreihe als „indirekte Heilszusage“15 und damit Trost gesehen werden und ist ein weiterer Beweis für die allumfassende Macht des Lammes, die im Laufe der folgenden Texte immer wieder gezeigt wird.16

Bei aller Unstimmigkeiten zur Gliederung ist doch der Anfang der Einheit unumstritten. Zwar fehlen die sonst prägenden Anzeichen wie Ortswechsel oder Gattungswechsel und auch Zeitangaben finden sich keine. Doch es zeigt sich ein klarer Schnitt zur vorhergehenden Vision des Thronsaals. Diese wird sehr deutlich beendet durch ein Schlusswort, in dem die vier Lebewesen und die vierundzwanzig Ältesten ihr Amen sprechen und betend niederfallen. Mit dem für ihn typischen Strukturelement „Dann sah ich“ leitet der Seher in Offb 6,1 eine neue Vision ein, die sich durch ihre inhaltliche Beschreibung und die Akteure vom vorhergehenden abhebt. Waren die vier Lebewesen in der vorhergehenden Einheit immer nur zusammen und mit den vierundzwanzig Ältesten genannt, treten sie nun einzeln auf. Die vierundzwanzig Ältesten werden gar nicht mehr genannt. Weiters

12 Vgl. Roloff, Offenbarung, 23-24

13 Alkier, Johannesapokalypse, 164

14 Vgl. Alkier, Johannesapokalypse, 164; Giesen, Offenbarung, 174

15 Satake, Offenbarung, 215

16 Vgl. Roloff, Offenbarung, 24; Giesen, Offenbarung, 172

verwendet der Seher mit „und ich sah und siehe“ ein weiteres Strukturelement, das erst mit der Vision des ersten Reiters auftaucht und nach der Vision des vierten Reiters auch nicht mehr genannt wird. Somit deutet sich bei Offb 6,9 auch das Ende der Perikope an. Zwar leitet der Seher auch diese Vision mit der Wendung

„Dann sah ich“ ein, doch fehlt das „und ich sah und siehe“. Auch ändert sich ab jetzt die Struktur der Verse vollkommen. Die folgenden Ereignisse werden nicht mehr von einem der vier Wesen hervorgerufen und es folgen auch keine weiteren Reiter. Ihre Zahl war mit dem vierten Reiter, dem Tod, bereits vollständig. Ab jetzt beginnt das Sehen der den Reitern nachfolgenden Ereignisse.

2.4 Intertextuelle Bezüge

17

2.4.1 Die kulturellen und motivischen Einflüsse

Wie auch die anderen Bücher der Bibel ist die Offenbarung nicht für sich alleinstehend entstanden. Sie wurde beeinflusst durch zeitgeschichtliche Ereignisse und politische Situationen. Sie steht in der langen und reichen Erzähltradition Israels, die sich aus den verschiedensten Textgattungen zusammensetzt. Der Verfasser schöpft aus seinem breiten Wissen dieser Tradition. Das Alte Testament wird zwar an keiner Stelle zitiert, aber zahllose Motive, Bilder und Visionen stammen aus den Texten Israels, insbesondere aus den Büchern der Propheten Ezechiel, Sacharja, Joel und Daniel.18 Diese Anspielungen sind dabei nicht zufällig gewählt. Sie haben Bedeutung. Liest man Offb 6,1-8 in Zusammenhang mit den Texten und Motiven, auf die diese Perikope Bezug nimmt, ergeben sich weitere Bedeutungsebenen und Blickwinkel. Der Verfasser muss diese Textstellen nicht zitieren. Er kennt seine Adressaten, steht mit ihnen in regem Austausch und kann davon ausgehen, dass sie dieselbe Kenntnis wie er besitzen und die zugrunde liegenden Textstellen kennen. Sie erkennen den Zusammenhang auch ohne direktes Zitat der Schriften. Johannes

17 Vgl. Vgl. Bachmann, Reiter, 247-253, 259-265; Bachmann, Positive,209-213; Herzer, Reiter, 230-242; Giesen, Offenbarung, 174-178; Giesen, Im Dienst, 275-282; Kraft, Offenbarung, 114-118;

Murillo Soberanis, Christusvisionen, 159-163; Roloff, Offenbarung, 79-82; Satake, Offenbarung, 214-220; Wengst, Wie lange, 175-182

18 Vgl. Roloff, Offenbarung, 30-31

bezieht sich aber nicht nur auf die Schriften Israels. Er verwendet ebenso Motive aus außerisraelischen Texten und Traditionen.

Kleinasien war zur Zeit des Verfassers von zwei weiteren Kulturen geprägt. Zum einen stand das Gebiet unter römischer Herrschaft und war damit von römisch-hellenistischer Kultur durchzogen. Zum anderen lag das Gebiet in direkter Nachbarschaft zum Partherreich. Beide Kulturen finden sich in der Offenbarung des Johannes in Bildmotiven, aber auch in zeitgeschichtlichen Anspielungen wieder. Solche zeitgeschichtlichen Anspielungen finden sich aber auch in Bezug auf die Ereignisse in Israel. So kann beispielsweise ein Vergleich der beschriebenen Visionen und der Darstellungen des „Jüdischen Krieges“ bei Josephus Flavius darauf schließen lassen, dass der Verfasser Augenzeuge der Kriegsereignisse war.19 All diese intertextuellen Zusammenhänge werden im Folgenden untersucht.

2.4.2 Die vier Reiter – Bezüge zu Sacharja

20

Als ein wesentliches Element von Offb 6,1-8 haben sich die vier Reiter gezeigt. Sie sind das dominierende Hauptelemente der Perikope. Sie strukturieren den Text, sie geben ihm seine Einheit und grenzen ihn von den umliegenden Texten ab.

Zudem sind sie neben den vier Lebewesen die Protagonisten dieser Textstelle. Ein Blick in die Schriften des Alten Testamentes zeigt, dass das Bild der Reiter keines ist, dass Johannes ohne besonderen Grund gewählt hat. Es findet sich bereits im Buch Sacharja, genauer in den Nachtgesichten des Sacharja.

Sach 1,8-1121: „In dieser Nacht hatte ich eine Vision: Siehe, ein Mann, der auf einem roten Pferd ritt. Er stand zwischen den Myrtenbäumen, die an der Wassertiefe sind, und hinter ihm waren rotbraune, fuchsrote und weiße Pferde. Ich fragte: Mein Herr, was bedeuten diese Pferde? Und der Engel, der mit mir redete, sprach: Ich will dich sehen lassen, was sie bedeuten. Da ergriff der Mann, der zwischen den Myrtenbäumen stand, das Wort und sagte: Das sind die, welche der HERR gesandt hat, damit sie die Erde durchziehen. Und sie

19 Vgl. Satake, Offenbarung, 35; Wengst, Wie lange, 32; Roloff, Offenbarung, 17

20 Vgl. Bachmann, Positive, S 212-213; Giesen, Im Dienst , 263; Roloff, Offenbarung, 80; Satake, Offenbarung, 216

21 Die Bibel - Einheitsübersetzung. Sämtliche folgendenden deutschen Übersetzungen sind der Einheitsübersetzung von 2017 entnommen.

meldeten dem Engel des HERRN, der zwischen den Myrtenbäumen stand: Wir haben die Erde durchzogen - und siehe, die ganze Erde ruht und liegt still.“

Reiter findet sich hier zwar nur einer, aber die Vierzahl der Pferde und ihrer Farben ist schon hier zu sehen: es gibt ein rotes Pferd, rotbraune, fuchsrote und weiße Pferde. Zwei dieser Farben finden sich auch bei Johannes wieder. Auch wenn die Pferde hier im Gegensatz zu Offb 6,1-8 nicht aktiv in das Geschehen auf der Erde eingreifen und im Gegensatz zu endzeitlichen Plagen nur Ruhe verkünden, zeigen sich hier vor allem zwei wichtige Zusammenhänge. Die Pferde sind zum einen gesandt von Gott, sie erhalten ihren Auftrag direkt von ihm. Sie sind keine Werkzeuge irgendwelcher anderen Mächte. Und zum anderen zeigt sich hier auch die Universalität des Auftrages und damit die Universalität der Macht Gottes.22 Noch deutlicher wird die Motivgeschichte von Offb 6,1-8 fünf Kapitel später.

Sach 6,1-8: „Wieder erhob ich meine Augen und ich sah: Siehe da, vier Wagen zogen zwischen zwei Bergen aus, die Berge aber waren aus Bronze. Am ersten Wagen waren rote Pferde, am zweiten Wagen schwarze Pferde, am dritten Wagen weiße Pferde und am vierten Wagen gescheckte Pferde, alles starke Tiere. Darauf fragte ich den Engel, der mit mir redete: Was bedeuten diese, mein Herr? Der Engel gab mir zur Antwort: Das sind die vier Winde des Himmels, die ausziehen, nachdem sie vor dem Herrn der ganzen Erde gestanden haben. Die schwarzen Pferde - der Wagen, an dem sie sind - ziehen aus in das Land des Nordens, die weißen sind hinter ihnen hergezogen und die gescheckten sind in das Land des Südens gezogen. Die starken Tiere zogen aus, begierig, die Erde zu durchstreifen. Da sagte er: Geht hin, durchstreift die Erde! Und sie durchstreiften die Erde.

Und er rief mir zu und sprach zu mir: Sieh, jene, die in das Land des Nordens ziehen, sie bringen meinen Geist über das Land des Nordens.“

Auch hier ist die Vierzahl wieder deutlich. Ist im Kapitel 1 nur von Pferden die Rede, sieht man hier nun Wagen, die von Pferden gezogen werden. Auch sie werden klar durch Farben gezeichnet. Es gibt rote, schwarze, gescheckte und weiße Pferde. Die Farben stimmen auffallend mit den Farben der Pferde in der Offenbarung überein.

Lediglich das gescheckte Pferd wurde durch ein fahles (χλωρός, grün) Pferd ersetzt, was der ursprünglichen Zuordnung der Farben mit den

22 Vgl. Giesen, Im Dienst, 263-264

Welteckenplaneten entspricht. So wird der Merkur mit rot und Osten verbunden, der Saturn mit der Farbe Schwarz und dem Norden, der Jupiter mit der Farbe Weiß und dem Westen und der Mars mit der Farbe Grün und dem Süden.23 Deutlich ist auch hier zu sehen, dass die Pferde bzw. die Wagen im direkten Befehl Gottes handeln. Er sendet sie aus, um die Erde zu durchstreifen. Während sie bei Sach 1,8-11 nur Kunde von der Erde bringen, sollen die Pferde bei Sach 6,1-8 nun umgekehrt Gottes Geist über das Land bringen. Auch die universale Bedeutung dieses Befehls wird hier wieder deutlich. Die Pferde sollen nicht nur allgemein die ganze Welt durchstreifen, sie werden auch mit den vier Winden identifiziert und die Himmelsrichtungen werden zudem für die weißen und die schwarzen Rösser genau vorgegeben. Im Vergleich fällt auf, dass die Pferde und die Wagen bei Sacharja gleichzeitig in alle vier Richtungen ausgesandt werden, die Reiter in der Offenbarung treten hingegen nacheinander auf. Sie folgen einander in einer Reihung, die der Entwicklung von irdischem Kriegsgeschehen entspricht. Doch die Universalität des Auftrags bleibt. Die Reiter bekommen keine jeweilige Richtung zugewiesen, ihr Wirkungsgebiet ist also so universal, wie der zugrunde liegende Aussendungsbefehl Gottes bei Sacharja.

Das Motiv von vier Pferden und Himmelswinden findet sich aber nicht nur in den Texten Israels. Für denselben Zeitraum, in dem auch die Verfassung der Offenbarung angenommen wird, ist der Borysthenikos, eine Rede des Philosophen Dios Chrysostomos belegt. Diese Rede führt den Leser in den Grenzbereich zwischen griechischer und iranischer Überlieferung. Unter Anderem werden darin auch vier himmlische Pferde erwähnt.24 Interessant in diesem Zusammenhang ist zudem die äußere Erscheinung des parthischen Kriegsheeres, die Anlass gibt, einen näheren Blick auf dieses Reich zu werfen.

Exkurs 1: Das Reich der Parther, Rom und die Kriegsreiterei25

Östlich der römischen Reichsgrenze lag das Reich der Parther. Schon 141 v. Chr.

besetzte Mithradates I. Babylon und nahm den Titel „König der Könige“ an.

23 Vgl. Satake, Offenbarung, 216

24 Vgl. Frenschkowski, Parthica apocalyptica, 25-26

25 Vgl. Frenschkowski, Parthica apocalyptica,16-31

Seitdem sind zahlreiche Konflikte des römischen Reiches und des parthischen Großreiches belegt. Die schlimmste Niederlage erlitt Rom 53 v. Chr. in der Schlacht von Carrhae. Diese Niederlage wurde erst in der Varusschlacht sechzehn Jahre später übertroffen. Die Expansion des Partherreiches führte so weit, dass sogar Judäa und Jerusalem für kurze Zeit unter parthischer Herrschaft standen. Bei dieser Gelegenheit setzen die Parther den von Rom bestimmten König ab und einen jüdischen König ein. Dass dies bleibenden Nachhall in der Erinnerung der Juden hatte, liegt auf der Hand. Die Vernetzung des jüdischen Königshauses mit den Parthern ist hinreichend belegt.

Die Kriegsführung der Parther unterschied sich grundlegend von der der Römer.

Sie kämpften grundsätzlich zu Pferd und beherrschten die Bogenkunst vom Sattel aus. Zudem waren ihre Pferde schwer gepanzert. Selbst in der Öffentlichkeit zeigten sie sich nur auf dem Pferd und führten Gespräche und Handel vom Pferd aus. Im römischen Reich war all dies bekannt. Nicht anders verhielt es sich mit der Kultur. Zahlreiche Werke aus dem iranischen Raum waren gerade in Kleinasien verbreitet. Aber auch andere kulturelle Durchmischungen lassen sich finden. So war der Kult der persischen Göttin Anahita weit verbreitet. In Philadelphia war sie sogar Stadtgöttin und nicht nur dort gab es Feste zu ihren Ehren.

So fanden die parthischen Reiterkrieger ihren Weg auch in die jüdische Apokalyptik und das auf zwei verschiedenen Weisen. In den älteren Traditionslinien werden sie als „barbarische Feinde aus dem Osten“26 dämonisiert,

„die Gott als Werkzeuge seines Strafgerichtes benutzt“27. In einer späteren Traditionslinie erscheinen sie als „Hoffnungsträger für die nationale Erneuerung Israels oder sogar für die messianische Erlösung.“28

Johannes stand zum einen in der Tradition dieser jüdischen Apokalyptik, zum anderen lebte er in Kleinasien und damit auch mitten in jener gemischten kulturellen Umwelt. Die Anklänge dieser Einflüsse an die vier Reiter in seiner Offenbarung sind deutlich. Man kann den Bogen des ersten Reiters natürlich auch

26 Frenschkowski, Parthica apocalyptica, 28

27 Frenschkowski, Parthica apocalyptica, 28

28 Frenschkowski, Parthica apocalyptica, 28

durch generelles Kriegswerkzeug erklären, aber dass die vier Reiter, die Endzeit anstoßen, den Frieden von der Erde nehmen und die darauffolgenden Plagen bringen, lässt sich nicht leugnen. Sie entsprechen damit genau jenen parthischen Reitkriegern, die als göttliche Strafwerkzeuge in die jüdische Apokalyptik eingingen.

Exkurs Ende

2.4.3 Gottes Strafen im Alten Testament

29

Nicht nur die Vierzahl der Pferde hat ihre Motivvorlage in den Schriften Israels. Ein Blick auf die Plagen, die die Reiter mit sich bringen, zeigt eine auffällige Nähe zu einer bereits bekannten Apokalypse aus dem Neuen Testament. Schon der Evangelist Markus erzählt von endzeitlichen Geschehnissen, die Jesus Christus ankündigt. Er spricht von Kriegen, denen Bürgerkriege folgen, von Erdbeben, Hungersnöten und von der Verfolgung der Gemeinden. Ein Blick in die allgemein angenommene Entstehungszeit des Evangeliums zeigt die nur zu realen Entsprechungen dieser Endzeitschilderung. Den Menschen mag der Aufstand gegen Rom, die Gewalttaten des Bürgerkriegs in Jerusalem und die Hungersnot in der Belagerung wie eine wirklich eintretende Endzeit erschienen sein. Die erschütternde Realität dieser Ereignisse schlägt sich nicht nur im Markusevangelium nieder, sondern auch in der Offenbarung. Vermutet wird weniger, dass sich Johannes auf die Darstellungen im Markusevangelium bezieht, sondern vielmehr, dass beide Autoren ihre Motive aus dem gemeinsamen Traditionsgut gezogen haben.30

In einem Vergleich der synoptischen Apokalypse mit den vier Reitern der Offenbarung fällt auf, dass zwar die Erdbeben fehlen, die Reihe stattdessen aber durch die natürliche Folge von Hungersnöten, den Tod, ersetzt wurde. Diese Reihung ist aber nicht nur durch die natürliche Folge der Ereignisse entstanden.

Diese Reihung von Plagen ist auch weithin im Alten Testament zu finden.

29 Vgl. Bachmann, Reiter, 259-265; Giesen, Offenbarung, 176; Roloff, Offenbarung,79-81; Satake, Offenbarung, 216-217

30 Vgl. Roloff, Offenbarung, 79; Satake, Offenbarung, 216

2.4.3.1 Intertextuelle Bezüge zum Buch Jeremia31

Jer 14,12: „Auch wenn sie fasten, höre ich nicht auf ihr Flehen; wenn sie Brandopfer und Speiseopfer darbringen, habe ich kein Gefallen an ihnen. Durch Schwert, Hunger und Pest mache ich ihnen ein Ende.“

Jer 21,9: „Wer in dieser Stadt bleibt, der stirbt durch Schwert, Hunger und Pest.“

Jer 24,10: „Ich sende unter sie Schwert, Hunger und Pest, bis sie ganz ausgerottet sind vom Ackerboden, den ich ihnen und ihren Vätern gegeben habe.“

Jer 29,17-18: „… so spricht der HERR der Heerscharen: Siehe, ich schicke unter sie Schwert, Hunger und Pest und ich behandle sie wie die verdorbenen Feigen, die vor Schlechtigkeit ungenießbar sind. Ich verfolge sie mit Schwert, Hunger und Pest und mache sie zu einem Bild des Schreckens für alle Reiche der Erde, zum Fluch und zum Entsetzen, zum Hohn und Gespött aller Völker, zu denen ich sie verstoße…“

Jer 32,24: „Siehe: Schon haben sie die Belagerungsrampen bis an die Stadt herangebaut, um sie einzunehmen; durch Schwert, Hunger und Pest ist die Stadt den Chaldäern preisgegeben, die gegen sie ankämpfen. Was du angedroht hast, ist eingetroffen; du siehst es ja selbst.“

Jer 42,17: „Ja, alle, die darauf bestehen, nach Ägypten zu ziehen, um sich dort niederzulassen, werden durch Schwert, Hunger und Pest umkommen. Keiner von ihnen wird entkommen, keiner dem Unheil entrinnen, das ich über sie bringe.“

Die Reihung Schwert, Hunger und Pest kommt genau auf diese Weise am häufigsten bei Jeremia vor. Es sind die Worte Gottes, die Jeremia hier an Israel überbringt. Worte der Drohung und Warnungen, die die Konsequenzen der Gotteslästerung, des Abfalls von Gott und das Nichtbefolgen seiner Weisungen deutlich machen. Es ist die letzte Konsequenz, nach unzähligen Versuchen, das Volk durch die Propheten zur Umkehr zu bewegen (Jer 29,19). Ähnliches ist auch bei Ezechiel zu lesen.

31 Vgl. Giesen, Im Dienst, 264; Satake, Offenbarung, 216

2.4.3.2 Intertextuelle Bezüge zum Buch Ezechiel32

Ez 5,16-17: „Wenn ich die bösen Pfeile des Hungers abschicke, die Verderben bringen, schicke ich sie ab, um euch zu verderben. Um euren Hunger zu vergrößern, zerbreche ich euch den Brotstab. Ich schicke Hungersnot und wilde Tiere gegen euch, damit sie dir deine Kinder rauben, Und Pest und Blut werden durch dich hindurchziehen. Ich bringe das Schwert über dich.“

Ez 6,11 : „So spricht GOTT, der Herr: Klatsche mit deiner Hand, stampf mit dem Fuß und schreie: Wehe! wegen all der bösen Gräueltaten des Hauses Israel, das durch das Schwert, durch den Hunger und durch die Pest fallen wird.“

Ez 7,15: „Draußen das Schwert, drinnen die Pest und der Hunger. Wer auf dem Feld ist, der stirbt durch das Schwert. Wer in der Stadt ist, den fressen Hunger und Pest.“

Ez 12,16: „Und ich lasse einige von ihnen das Schwert, den Hunger und die Pest überleben, damit sie bei den Völkern, zu denen sie kommen, von all ihren Gräueltaten erzählen. Dann werden sie erkennen, dass ich der HERR bin.“

Ez 14,21: „Wahrhaftig, so spricht GOTT, der Herr: Selbst wenn ich meine vier bösen Strafen, Schwert, Hunger, wilde Tiere und Pest, über Jerusalem bringe, um Mensch und Tier aus ihr auszumerzen,…“

Auch Ezechiel überbringt diese Worte der Drohung. Eine kleine Kontextänderung zeigt sich hier aber. Während Jeremia diese Drohungen als Strafe und Konsequenz der Verfehlungen überbringt, sind sie bei Ezechiel auch immer deutlich mit der Erkenntnis verbunden, dass Gott der Herr ist. Die Plagen erscheinen hier also nicht nur als Strafe, sondern auch als ein Beweis der Macht Gottes jenen seines auserwählten Volkes gegenüber, die andere Götter, Götzen, vorgezogen haben.

Die Reihung Schwert, Hunger Pest zeigt sich hier ebenso wie bei Jeremia. Doch

Die Reihung Schwert, Hunger Pest zeigt sich hier ebenso wie bei Jeremia. Doch