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Raus aus der Lohnfertigung – die Anpassungsstrategie der Flexiblen Spezialisten

4 Erfolgreiche Anpassungsprozesse in ostdeutschen Unternehmen

4.4 Die Flexiblen Spezialisten

4.4.3 Industrielle Kompetenzen und unternehmerische Flexibilität

4.4.3.2 Raus aus der Lohnfertigung – die Anpassungsstrategie der Flexiblen Spezialisten

Das Beispiel der BSS GmbH verdeutlicht, mit welcher Flexibilität und Wandlungsfähigkeit sich die Unternehmen der Fallgruppe am Markt behaupten. Gestartet als Lohnfertiger im Be-reich Schiffsisolierung entwickelt BSS innerhalb weniger Jahre immer neue Geschäftsfelder von der Ausweitung der Montagedienstleistungen auf die Kabinenmontage über den Innen-ausbau spezieller Räume (Behindertenkabinen, Brücke etc.), den (gescheiterten) Vorstoß in den Serienbau von Passagierkabinen und die Fertigung von Isoliermatten bis hin zu eigenen Entwicklungsprojekten im Rahmen des neu aufgebauten ingenieurstechnischen Zweigs. Für die anderen Unternehmen der Fallgruppe lassen sich vergleichbar wechselhafte Entwick-lungspfade nachzeichnen. Auch wenn die Diversifikation und Ausweitung des eigenen Leis-tungsspektrums dort nicht zu einem solch bunten Strauß an Tätigkeitsfeldern führt, sind ähn-liche Strategien zu finden.

Unternehmensgründer Meyer startet sein Unternehmen mit Lohnarbeiten, hier für einen regi-onalen Elektromotorenhersteller, die jedoch bereits nach kurzer Zeit weg brechen. Daraufhin beginnt das Unternehmen zunächst Reparaturdienstleistungen für Elektromotoren anzubieten, dann Baugruppen für Elektromotoren zu fertigen und erhöht so Schritt für Schritt sein Leis-tungsvolumen. Das Unternehmen besteht dabei weniger als Hersteller von Standard-Elektro-motoren am Markt – das Funktionsprinzip des Elektromotors ist lange bekannt und bietet als solches wenige Möglichkeiten sich im Wettbewerb zu differenzieren. Vielmehr bietet das Unternehmen seine Kompetenzen in diesem Feld zur Ausführung kundenspezifischer Auf-träge an und entwickelt und fertigt je nach Kundenanforderungen in Größe, Leistungskraft und Komplexität stark variierende Elektromotorentypen für sehr unterschiedliche

zwecke und Branchen und beteiligt sich dabei auch selber an der Entwicklung neuer Einsatz-felder (siehe auch unten).

„Gerade in der Kombination von vielen sinnvollen Komponenten liegt unsere Stärke. Wir ma-chen z. B. permanenterregte Synchronmotoren für Maschinen in allen möglima-chen Varianten, von klein bis riesengroß. Der größte Motor, den wir gebaut haben, hat einen Durchmesser von 2,5 m, und der kleinste hat einen Bohrungsdurchmesser von 19 mm. So eine große Welt ist da-zwischen“ (Geschäftsführer Meyer Motoren).

Auch im Fall der Schleifstein GmbH lässt sich eine ähnlich wechselhafte Entwicklung nach-zeichnen. Die Gründung der Schleifstein GmbH erfolgt mit dem Ziel der Verwertung eines speziellen Schleifverfahrens, das jedoch in der weiteren Entwicklung des Unternehmens zu-nächst nur eine begrenzte Rolle spielt. Stattdessen gelingt dem Unternehmen über einen Un-terauftrag der benachbarten Kokillenguss GmbH der Einstieg in die Automobilzulieferindust-rie. Über Folgeaufträge stößt auch dieses Unternehmen in völlig neue Geschäftsfelder vor.

Gleichzeitig vermag es sich auch als Zulieferer im Maschinenbau zu etablieren. Das Unter-nehmen, das seine Wurzeln ebenfalls im Elektromaschinenbau hat, stößt damit in zwei für das Unternehmen völlig neue Branchen vor.

Vom Lohnfertiger zum Spezialanbieter

Bereits das ausführlich dargestellte Beispiel der BSS GmbH verweist auf das hohe Maß an Kontingenz in der Unternehmensentwicklung der Flexiblen Spezialisten: BSS entwickelt sich letztendlich entlang von solchen Aufträgen, die sich dem Unternehmen gerade bieten, die das Unternehmen aber auch zu akquirieren vermag. Ähnlich lässt sich auch die Entwicklungsge-schichte der anderen Unternehmen lesen. Trotzdem verläuft die Entwicklung der Unterneh-men nicht beliebig. Was in der skizzenhaften Aufzählung wie eine relativ willkürliche An-sammlung von ergriffenen Marktchancen anmutet, hat doch in einem zentralen Punkt System:

Die Unternehmen stellen ihre Flexibilität und ihre Fähigkeiten in der Bearbeitung sehr unter-schiedlicher Aufträge ins Zentrum ihres Geschäftsmodells und nutzen ihre Kompetenzen ge-zielt zur Diversifikation ihres Leistungsangebotes. Diese Kompetenzen werden dabei von den Unternehmen – dies zeigen etwa der gezielte Kompetenzaufbau bei BSS bereits im Vorfeld des Kabinenmontagegroßauftrages und die spätere Ausgründung von BSS Engineering – zugleich auch gezielt (weiter-) entwickelt. Teils übernehmen die Unternehmen auch solche Aufträge bzw. expandieren in solche Felder, für die sie sich bestimmte fachliche Kompeten-zen überhaupt erst aneignen müssen. Den Hintergrund hierfür bilden die ungünstigen Startbe-dingungen der Unternehmen, die ihren Markteinstieg alle mit Lohnfertigungsaufträgen finden, in einem Marktsegment also, in dem keines der Unternehmen eine auf Dauer tragfähige Per-spektive sieht, auch wenn sie sich hier im Kernbereich ihrer industriellen Kompetenzen be-wegen (besonders deutlich im Fall der aus der ehemaligen Isolierabteilung der Werft hervor-gegangenen BSS GmbH).

Erklärtes Ziel ihrer Akquisitionsstrategie ist daher die Ausweitung des eigenen Leistungs-spektrums. Trotz aller Flexibilität und der Notwendigkeit und Bereitschaft, auch unbeliebte Nischen zu besetzen, zielen die Unternehmen vor allem auf einen bestimmten Typus von Aufträgen, der ihrer Kostenstruktur besser entspricht und den sie mit ihren Kompetenzen und Kapazitäten auch gut bearbeiten können, für den sie aber nicht unbedingt bereits alle

notwen-digen Fähigkeiten und Fertigkeiten mitbringen und der ihnen (bereits von der Art der Auf-träge her) ihre besondere Flexibilität auch abverlangt: Auch wenn sie sehr unterschiedliche Aufträge – sowohl was das Volumen als auch was die technischen Anforderungen angeht – annehmen und abarbeiten, streben die Unternehmen eher Aufträge im Bereich der kundenspe-zifischen Einzelfertigung sowie der Pilot- und Kleinserienproduktion an. So gelingt es etwa der Schleifstein GmbH, als Pilotfertigung für die Entwicklungsabteilungen zweier großer Konzerne der Elektronik- und der Automobilindustrie tätig zu werden. Hiermit verknüpft sich ein klarer Rollenwechsel, da das Unternehmen nun mit seiner besonderen ‚Schleif-Expertise’

als Kooperationspartner in Entwicklungsprojekten agiert, in denen es u.a. darum geht, neue Verfahren für die Bauelemente- und die Motorenfertigung zu entwickeln. Aufgrund der Um-fänge solcher Aufträge haben größere Konkurrenten in diesem Feld oftmals keine entschei-denden Größenvorteile, da sie keine ausreichenden economies of scale erreichen können. Ge-nauso wenig vermögen Kunden durch eine Auftragsvergabe an mittelosteuropäische (oder asiatische) Niedriglohnanbieter ausreichende Kostenvorteile zu realisieren. Entsprechend ist es ihnen auch mit ihrer für größere Aufträge oftmals eher ungünstigen Kostenstruktur mög-lich, zu bestehen und ihre Wettbewerbsstärken, die vor allem in ihrer Kombination aus Flexi-bilität und fachlichen Kompetenzen (bzw. Fähigkeiten zum schnellen und anforderungsge-rechten Erwerb fachlicher Kompetenzen) liegen, auszuspielen.

Eine Interviewpassage aus den Untersuchungen bei der Meyer Motoren GmbH, in der nehmensgründer Meyer über unterschiedliche Auftragsgrößen und die Rolle seines Unter-nehmens reflektiert, verdeutlicht dies besonders gut: Während das Unternehmen sich mit Se-riengrößen, die es in seiner Anfangszeit als Lohnfertiger gefertigt hat, in eine nicht zu hal-tende Konkurrenz zu mittel- und osteuropäischen Anbietern begeben würde, verfügt es diesen gegenüber bei Kleinserien über entscheidende Wettbewerbsvorteile. Hier können Unterneh-men wie Meyer Motoren eigene Kompetenzen besser ausspielen und auf die industriellen Kompetenzen anderer spezialisierter Herstellern aus der Region zurückgreifen, die ihnen hel-fen, die ihnen erteilten Aufträge mit sehr kurzen Reaktionszeiten und besonders schnell und flexibel zu bearbeiten. In der Region haben sich inzwischen entsprechende arbeitsteilige Ko-operationsbeziehungen eingespielt.

„Serie – da muss ich vorsichtig sein. Das sind z. B. ganz spezielle Maschinen. Ein Jahresbedarf von 80 Maschinen ist für uns eine kleine Serie. In die Größenordnungen, wo wir früher mal wa-ren mit 1.000, 2.000 Stück, möchte ich eigentlich nicht mehr hin. Das kriegen wir kostenmäßig nicht in den Griff. Da geht der Auftraggeber dann garantiert weiter östlich hin. Und wir werden dann damit verglichen und sind nicht mehr in der Lage mitzuhalten. (…) Wir haben auch gerade bei diesen Stückzahlen direkte Verträge mit den Betrieben hier im Umfeld. Die fertigen für uns dann diese Kleinserien und Serien an mechanischen Arbeiten. Das hat den Vorteil, weil es dort auf CNC läuft. Wir kriegen dann das erste Muster, und wenn das gut war, kommen alle anderen auch. Die Zusammenarbeit ist auch sehr gut“ (Geschäftsführer Meyer Motoren).

Der schwierige Aufstieg in der Wertschöpfungskette

Mit der Ausrichtung auf kundenspezifische Einzel-, Kleinserien- und Pilotfertigung verknüp-fen sich zugleich auch Versuche der Unternehmen, in der Zulieferkette aufzusteigen und sich so die Chance zu eröffnen, Risiken und Kostendruck auf mehr Schultern zu verteilen. BSS nutzte beispielsweise den Großauftrag zur Montage von Schiffskabinen dazu, sich zum

Bau-träger weiterzuentwickeln, auch wenn das Unternehmen sich die dazu notwendigen – vor al-lem logistischen – Kompetenzen erst aneignen muss. Ein solcher Aufstieg fällt den Unter-nehmen allerdings nicht immer leicht. So verweist Elektromotorenbauer Meyer auf die mit solchen Aufträgen verknüpften anderen Kostenstrukturen – „Jetzt ist das Volumen auch wie-der zu klein, um alles im Osten zu kaufen. Das ist das Problem, das wir jetzt haben.“

Noch ausgeprägter findet sich eine solche Aufstiegsstrategie bei der Schleifstein GmbH, de-ren Fall zugleich auch die damit verknüpften Ambivalenzen verdeutlicht. Als Zulieferer der Automobilindustrie kommt das Unternehmen nicht umhin, sich auch weiterhin auf die Groß-serienproduktion von Bauteilen einzulassen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Einerseits sieht sich das Unternehmen allein schon aus Gründen der ‚Kundenpflege’ gezwungen, Lohn-fertigungsaufträge großer und wichtiger Kunden auch dann anzunehmen, wenn sie nicht in das angestrebte Profil passen. Andererseits lasten gerade kleinere Aufträge wie die oben ange-führte Entwicklungskooperation das Unternehmen weder ausreichend aus noch entsprechen sie vollständig seinem inzwischen gewachsenen Fertigungsprofil. So ist ein Teil der Ferti-gungskapazitäten der Schleifstein GmbH im Rahmen größerer Lohnfertigungsaufträge aufge-baut worden und sowohl von den verfügbaren Qualifikationen als auch von der Maschinen-ausstattung her eher auf großen Durchsatz als auf flexible, spezialisierte Produktionsaufgaben ausgelegt. Entsprechend hat gerade die Schleifstein GmbH stärker als die anderen Unterneh-men der Fallgruppe, nicht nur Probleme, aus ihrem Status als Lohnfertiger herauszufinden, sondern bleibt vor allem auch weiterhin unter hohem Kostendruck. Um als Autozulieferer be-stehen zu können, strebt die Schleifstein GmbH daher danach, in der Zulieferkette aufzustei-gen. Nachdem das Unternehmen in einem ersten Schritt zum Direktlieferanten einiger Auto-hersteller wurde, versucht es nun, Montageanteile an sich zu ziehen und sich, wo möglich, mit Unterstützung seiner Kunden zu einem kleinen Systemlieferanten weiterzuentwickeln. Bei-spiel hierfür ist die Zulieferung eines speziellen Lenkers an den Motorradhersteller ABC:

„Jetzt sind wir für ABC Direktlieferant (…) wir machen direkt den Lenker als Systemlieferant:

Wir kaufen das Rohteil, wir lassen das schmieden, wir bearbeiten das Teil, und wir schicken das Teil ins Werk. (…) Das (i.e. die Lieferantenauswahl, d.V.) war an sich vorbestimmt, weil es in Deutschland nur einen Schmied gibt, der das schmieden kann. (…) Und da hat uns ABC natür-lich schon geholfen. Und Gott sei dank hat uns ABC auch die Aufträge abgenommen, also die Werkzeuge haben die bauen lassen, weil das ein Volumen von ein paar Millionen war, das hät-ten wir nie finanziert gekriegt von der Bank“ (Geschäftsführer Schleifstein).

Ähnlich der Meyer Motoren GmbH greift hier auch Schleifstein für einzelne Bearbeitungs-schritte auf andere Unternehmen in der Region zurück. Mit dem Auftrag wächst das Unter-nehmen gegenüber seinen eigenen Zulieferern in eine ähnliche Position wie zuvor die Kokil-lenguss GmbH bei ihrem ersten Schleifauftrag an die Schleifstein GmbH. Heute ist das Un-ternehmen für den Hersteller ABC einer der zentralen Zulieferer bestimmter Motorradteile.

Der Aufstieg in der Zuliefererhierarchie bedeutet dabei für das Unternehmen auf der einen Seite eine größere Absicherung durch verstetigte Einnahmen, auf der anderen Seite aber zugleich auch immens gestiegene Anforderungen an Qualität und Lieferzuverlässigkeit, denen das Unternehmen nun gerecht werden muss. Die hierfür notwendigen Routinen und Kompe-tenzen gilt es für die Unternehmen mit dem Auftrag zu entwickeln – das Unternehmen wächst hier im wahrsten Sinne des Wortes an seinen Aufgaben. Welche Anforderungen sich für ein mittelständisches Unternehmen wie die Schleifstein GmbH mit einem solchen Aufstieg in der

Zuliefererhierarchie verknüpfen, verdeutlicht der Geschäftsführer des Unternehmens am Bei-spiel eines anderen Auftrages:

„Damals war das die Kokillenguss GmbH, die haben den Druck weitergegeben. Jetzt sind wir direkt betroffen. Jetzt sind wir verantwortlich für den Einkauf, und das Rohteil ist schweine-teuer. Wenn ich da zuviel einkaufe, mache ich Minus. Und wenn ich zuwenig einkaufe, kann ich nicht liefern. Also das ist jetzt eine andere Welt. Bei DEF (i.e. ein großer Automobilherstel-ler, d.V.) ist es auch so. Da liefern wir auch direkt, für das Auto mit der höchsten Stückzahl überhaupt. Da geht richtig die Post ab, das ist gigantisch (…) Wir haben die Verantwortung, dass das Teil da zum rechten Zeitpunkt ans Band kommt und wehe, es passiert, dass die Teile nicht da sind. Dann könnte es passieren, dass das Band einfach steht, und es wird nicht montiert.

Und das kostet 60.000 in der Stunde. Das fängst du mit keiner Versicherung auf. Wenn dir das passiert, bist du sozusagen übern Jordan. Das darf einfach nicht passieren, und da müssen wir sehr viel Mühe und Geld reinstecken, damit es nicht passiert“ (Geschäftsführer Schleifstein).

Die Position als Zulieferer großer, etablierter Hersteller der Automobilindustrie (bzw. wie im Beispiel: der Motorradindustrie) ist dabei für das Unternehmen nicht nur von Vorteil, da die Gewinnmargen hier sehr gering sind. Aufgrund der Bedeutung dieser Kunden kommt die Schleifstein GmbH zwar nicht umhin, sich auf bestimmte Aufträge einzulassen, ihr Geschäfts-führer macht aber auch keinen Hehl daraus, dass andere Aufträge für das Unternehmen loh-nenswerter sind.

„Ich klebe nicht an den Zylinderköpfen für XYZ (i.e. ein anderer bekannter Automobilherstel-ler, d.V.). Ich sage mal, da verdient man auch vom Namen her. Es ist schön, wenn man sagen kann, wir machen ganz viele XYZ-Zylinderköpfe. Aber vom Verdienst her, da mache ich lieber für unbekannte Leute was, da verdiene ich was dran“ (Geschäftsführer Schleifstein).

Dementsprechend versucht das Unternehmen immer einen bestimmten Auftragsmix zu reali-sieren, in dem sich die zwar konstanten, aber eher niedrigen Einnahmen aus dem Automobil-zuliefergeschäft mit Aufträgen aus anderen Feldern ergänzen, die zwar risikoreicher sind, da-für aber höhere Margen versprechen. Hier nutzt es insbesondere seine Expertise im Bereich jenes speziellen Schleifverfahrens, das bereits Grundlage der Unternehmensgründung war und mit dem es sich, wie in dem oben erwähnten Beispiel, nun von der Herstellung von Prototy-pen bis hin zur Serienfertigung als Entwicklungspartner und Spezialfertiger anbietet.

„Das ist auch die Philosophie: immer Dinge zu haben die konstant laufen, also wo man weiß, man kriegt Freitag sein Geld und kann Entwicklungsdinge dazu machen. Und solche, wo man weiß, ja es gelingt oder gelingt nicht, und man kriegt sein Geld vielleicht viel, viel später. Und dann immer noch so ein Mittelding zu machen, also dem Maschinenbau zu liefern usw.“ (Ge-schäftsführer Schleifstein).

Innovationsaktivitäten

Mit solchen Bestrebungen, sich zum einen stärker in der kundenspezifischen Einzelfertigung sowie in der Pilot- und Kleinserienproduktion zu positionieren und zum anderen in der Zulie-fererhierarchie aufzusteigen, verknüpfen sich oftmals auch Innovationsaufgaben: Die Grenzen zwischen einer kundenspezifischen Anfertigung und einer gemeinsamen Produktentwicklung sind dabei oftmals fließend. Das Beispiel des Kooperationsprojektes der Schleifstein GmbH mit den Entwicklungsabteilungen zweier großer Konzerne der Elektronik- und der Automo-bilindustrie wurde bereits erwähnt. Auch BSS und Meyer Motoren betreiben sowohl in

Ko-operation mit Kunden als auch in eigener Regie Entwicklungsprojekte, die ihnen den Weg in neue Anwendungen und Märkte eröffnen sollen.

Wie bereits oben dargestellt, ergaben sich aus dem Kabinenbauauftrag für BSS auch Innova-tionsaufgaben wie die Entwicklung und Fertigung von fehlenden Ausstattungselementen für die Nasszellen oder das von BSS in Kooperation mit einer Reederei betriebene FuE-Projekt zur Entwicklung neuer Systeme zur Zugangskontrolle auf Schiffen. Aufträge dieser Art haben für das Unternehmen dabei durchaus strategischen Stellenwert. So betont der BSS-Geschäfts-führer die Notwendigkeit, mit seinem Unternehmen in andere – wissensintensivere – Bereiche als die Schiffsisolierung expandieren zu wollen und zu diesem Zweck auch eigene Entwick-lungsprojekte zu betreiben, da er das Unternehmen gerade in den arbeitsintensiven Lohnferti-gungstätigkeiten, mit denen das Unternehmen gestartet ist, unter wachsendem Konkurrenz-druck durch mittel- und osteuropäische Anbieter sieht:

„Das Geld, was wir hier in der Isolierung verdienen, wollen wir in solche Bereiche investieren, weil ja mal eine Zeit nach dem Containerschiff kommt. Und es kann ja auch mal die Zeit kom-men, dass hier nicht mehr Deutsche isolieren, sondern Polen, Russen oder Ukrainer, das ist ja durchaus möglich. Und das machen wir, um da noch ein Standbein zu haben. Dieser Bereich Isolierung ist relativ lohnkostensensitiv? Ja. Und das ist schon ein Bereich, wo Sie mit Mittel-osteuropa in Konkurrenz stehen? Ja, die Gefahr sehen wir eindeutig“ (Geschäftsführer BSS).

Auch für die anderen Unternehmen lässt sich teils ähnliches berichten. Meyer Motoren entwi-ckelt neue elektronisch gesteuerte und nicht mehr mechanisch kontrollierte Antriebssysteme für den Maschinenbau.

„Im Maschinenbau kommt es so langsam zur Ablösung der klassischen Konstruktionsprinzipien bei Getrieben, Bremsen usw. Sie können sich eine Fräsmaschine vorstellen, wo so ein Rund-tisch drauf ist. Da war früher der RundRund-tisch, da war ein Getriebe drunter, da war eine Bremse, und dann kam der Motor. Das fällt jetzt alles weg. Jetzt haben wir bloß noch unsern Motor, der besteht aus einer Wicklung und einem Magnettopf. Das ist direkt mit dem Tisch verbunden, und dann haben wir eine hochauflösende Sensorik, einen guten Umrichter mit viel Rechenleistung, und das war es dann. Das Ding braucht keine Bremse, das braucht gar nichts mehr. Man sagt dem Computer, dass er das Ding um 30° drehen und mit 10.000 Nm festhalten soll, und dann steht das Ding“ (Geschäftsführer Meyer Motoren).

Mit seinen Entwicklungen beteiligt sich das Unternehmen hier an der Entwicklung völlig neuer Produktkonzepte und Einsatzfelder, die sich im Maschinenbau erst durchzusetzen be-ginnen.

Nicht Produktspezialist, nicht Fertigungsspezialist – die Anpassungsstrategie der Flexiblen Spezialisten

Die Beispiele zeigen, dass auch bei den Flexiblen Spezialisten auf Produkte und Produktent-wicklung oder auf die Organisation der Fertigung bezogene industrielle Kompetenzen für ein Bestehen am Markt wichtig sind. Dabei scheint sich der Geschäftsmodelltyp zunächst einmal gewissermaßen zwischen den bereits vorgestellten Produktspezialisten und Fertigungsspezia-listen zu bewegen. Deutlich wird dies etwa am Beispiel der Schleifstein GmbH, die sich auf der einen Seite mit den von ihr hergestellten, aber nicht alleine entwickelten Motorradteilen ähnlichen Anforderungen stellen muss, wie etwa der Fertigungsspezialist Antriebstechnik GmbH (auch wenn sie mehr eigene Ressourcen für die Entwicklung entsprechender

Ferti-gungsprozesse benötigt als die als reiner Fertigungsstandort in einen Konzernverbund einge-gliederte Antriebstechnik GmbH). Auf der anderen Seite bemüht sich das Unternehmen zugleich aber auch um Aufträge mit höheren Entwicklungsanteilen, mit denen sie sich in ei-nem Tätigkeitsfeld bewegt, das eher dem der Produktspezialisten entspricht. Entsprechend weist auch der spezifische Mix an industriellen Kompetenzen, auf den die Unternehmen sich in ihren Marktzugangsstrategien beziehen, (unterschiedlich ausgeprägte) Bezüge zu den bei-den anderen Fallgruppen auf: Auf der einen Seite starten die hier betrachteten Unternehmen mehrheitlich als Lohnfertiger und konkurrieren wie die Fertigungsspezialisten wesentlich über ihre Fertigungskosten um Fertigungsaufträge für unternehmensextern entwickelte Produkte und Zulieferteile. Auf der anderen Seite haben die Unternehmen zwar (zumeist) kein eigenes Produkt wie die Produktspezialisten. Nicht zuletzt aufgrund ihres Bestrebens, sich als Fertiger von Pilotprodukten und kleineren Serien zu etablieren, sind sie aber in der Ausführung ihrer Aufträge oftmals ebenfalls auf produktbezogene Kompetenzen in der Entwicklung, Weiter-entwicklung oder flexiblen Anpassung ihrer Produktionsverfahren angewiesen. Diese

Ferti-gungsprozesse benötigt als die als reiner Fertigungsstandort in einen Konzernverbund einge-gliederte Antriebstechnik GmbH). Auf der anderen Seite bemüht sich das Unternehmen zugleich aber auch um Aufträge mit höheren Entwicklungsanteilen, mit denen sie sich in ei-nem Tätigkeitsfeld bewegt, das eher dem der Produktspezialisten entspricht. Entsprechend weist auch der spezifische Mix an industriellen Kompetenzen, auf den die Unternehmen sich in ihren Marktzugangsstrategien beziehen, (unterschiedlich ausgeprägte) Bezüge zu den bei-den anderen Fallgruppen auf: Auf der einen Seite starten die hier betrachteten Unternehmen mehrheitlich als Lohnfertiger und konkurrieren wie die Fertigungsspezialisten wesentlich über ihre Fertigungskosten um Fertigungsaufträge für unternehmensextern entwickelte Produkte und Zulieferteile. Auf der anderen Seite haben die Unternehmen zwar (zumeist) kein eigenes Produkt wie die Produktspezialisten. Nicht zuletzt aufgrund ihres Bestrebens, sich als Fertiger von Pilotprodukten und kleineren Serien zu etablieren, sind sie aber in der Ausführung ihrer Aufträge oftmals ebenfalls auf produktbezogene Kompetenzen in der Entwicklung, Weiter-entwicklung oder flexiblen Anpassung ihrer Produktionsverfahren angewiesen. Diese