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Stand der betrieblichen Weiterbildung in Deutschland

3 Qualität im betrieblichen Bildungsmanagement

3.1 Qualität - Grundverständnis und Qualitätsmanagement

3.1.2 Qualitätsmanagementsysteme

Grundsätzlich gibt es zwei Gruppen von Qualitätskonzepten (Gnahs 2006:2). Es gibt Systeme, die von den Unternehmen oder Einrichtungen selbst entwickelt und umgesetzt werden. Die Bewertung oder Einschät-zung erfolgt dann als Selbstevaluation. Andere Systeme wurden von Dritten konzipiert und werden häufig mit Unterstützung von außen eingesetzt und implementiert. Zur Bewertung wird eine externe Evaluation bzw. Fremdevaluation genutzt.

Qualitätsmanagementsysteme fokussieren nicht das Produkt oder die Dienstleistung an sich, sondern die Prozesse und Rahmenbedingungen, die zu deren Erstellung nötig sind. Da diese von Unternehmen zu Un-ternehmen unterschiedlich sind, sind auch QM-Systeme in ihrer Ausgestaltung unUn-ternehmensspezifisch. Die Modelle geben Analyseschritte vor, wie und mit welchen Methoden passende Qualitätssicherungsmaßnah-men entwickelt und eingesetzt werden können. Sie geben vor, WAS getan werden sollte, um hohe Produkt- oder Dienstleistungsqualität zu erreichen. Die konkrete Methodenwahl, die festzusetzenden Parameter und die praktische Umsetzung hängen jedoch vom Unternehmen und seinen Spezifika, von der Branche und den Anforderungen der Kunden ab.

Als größte und am weitesten verbreitete QM-Systeme können die Normenreihe um die DIN EN ISO 9000 sowie das Modell der EFQM gelten. Diese werden hier vorgestellt. Six Sigma als weiterer Ansatz wird als Überblick kurz dargestellt.

ISO 9000ff.:

Die Normenreihe DIN EN ISO 9000 der International Organization for Standardization ist die übergreifende und gängigste Norm zum Qualitätsmanagement. Sie wird in vielen Branchen und vielen Ländern angewen-det. Eine Zertifizierung nach dieser Norm ist oftmals Voraussetzung, um als Zulieferer akzeptiert zu werden oder um sich um öffentliche Aufträge bewerben zu können. Insofern kann man von einem positiven Erken-nungseffekt seitens der Betriebe ausgehen (Meisel 2008:115). Die Norm ist international anerkannt, sodass auch grenzüberschreitende Nachweise erbracht werden können. Es ist jedoch ebenfalls möglich, die Nor-menreihe ausschließlich zu internen Zwecken zu nutzen. Die Normen haben keinen Rechtscharakter. Die Anwendung ist freiwillig.

Drei Normen sind dabei von besonderer Bedeutung:

• DIN EN ISO 9000:2015-11 "Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen und Begriffe“"

• DIN EN ISO 9001:2015-09 "Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen"

• DIN EN ISO 9004:2009-12 "Leiten und Lenken für den nachhaltigen Erfolg einer Organisa-tion – ein Qualitätsmanagementansatz"

Die Normenreihe legt (Mindest-)Anforderungen an das Qualitätsmanagement (QM) fest. Es sind grundsätzli-che Maßnahmen zum Einrichten und Führen einer Qualitätssteuerung. Diese muss ein Unternehmen erfül-len, um den mit der Norm verbundenen Qualitätsstandard zu erreichen. Ziel ist es, aus einem definierten Input (z. B. Rohstoffe oder Vorprodukte) einen Output (Produkte, Dienstleistungen) zu schaffen, der be-stimmten Anforderungen (von Kunden, Gesetzgeber, Gesellschaft o. ä.) genügt. Das nach diesen Normen ausgerichtete Qualitätsmanagementsystem setzt Plan- bzw. Sollwerte für alle relevanten Punkte im Erstel-lungsprozess und gleicht jeweils die gemessenen Ist-Werte dagegen ab. Werden Abweichungen vom Ziel-wert festgestellt, müssen entsprechende Verbesserungsmaßnahmen unternommen werden.

Es handelt sich ganz im Sinne des zeitgenössischen QM um ein prozessorientiertes Qualitätsmodell (Her-mann/Fritz 2011:198). Seit der Revision der Norm 2015 orientiert sie sich noch stärker am PDCA-Zyklus. Die ersten Kapitel legen Anwendungsbereich, normative Verweise und begriffliche Grundlagen fest. Kapitel 4 ordnet das QM in den Kontext der Organisation ein. Anschließend folgen die Themen Führung, Planung des QM-Systems und Unterstützung. Diese Kapitel 4 bis 7 sind der Phase "Plan" zuzuordnen. "Do" wird durch Kapitel 8 "Betrieb" realisiert, während "Check" als "Bewertung" hinterlegt ist und "Act" als abschließendes Kapitel "Verbesserung" folgt. Der Aspekt der kontinuierlichen Verbesserung weist auf den Zyklus- bzw.

Kreislaufgedanken der Normenreihe hin, die an den Demingkreis (Deming 1982:88) angelehnt ist und einen iterativen Prozess vorgibt. Das Qualitätsverständnis, dem die ISO-Reihe folgt, geht davon aus "dass, wenn alle Prozesse richtig, überprüfbar und ordentlich dokumentiert ablaufen, auch die Ergebnisse die gewünsch-te Qualität haben sollgewünsch-ten" (Loibl 2003:52).

Die Norm ist verbindlich, lässt jedoch zum einen viel interpretativen Spielraum, der eine Übersetzung auf die Gegebenheiten im Unternehmen zulässt. Zum anderen können Aspekte auch ausgeschlossen werden: "Die Norm ermöglicht es, Anforderungen auszuschließen, wenn diese sich aufgrund des Charakters einer Orga-nisation und ihrer Dienstleistungen nicht anwenden lassen." (kos 2011:5f.) Die Norm lässt zudem einrich-tungsbezogene Ausdeutungen zu bzw. muss von jedem Unternehmen erst gedeutet und auf die eigenen Gegebenheiten übertragen werden. Um diese Übertragung zu erleichtern, wurden in den letzten Jahren aus

dieser Normenreihe zahlreiche branchenspezifische Normen entwickelt. Ziel der Arbeit mit der ISO-9000-Normenreihe oder branchenspezifischen Ergänzungsnormen ist in der Regel die externe Zertifizierung.

EFQM:

Das Modell der European Foundation for Quality Management (EFQM) fokussiert nicht im eigentlichen Sinne auf die Qualitätssicherung von Produkten und Dienstleistungen, sondern stellt die Grundstruktur eines all-gemeinen Managementsystems für jede Art von Organisation vor. Das Modell geht davon aus, dass die Produktqualität hoch ist, wenn das Gesamtmanagementsystem zielgerichtet und reibungsfrei arbeitet. Es bietet eine ganzheitliche Sicht auf das Unternehmen und zielt auf nachhaltige Erfolge ab unter Berücksichti-gung der verschiedenen Interessengruppen (Hermann 2011:255ff.). Die European Foundation for Quality Management schreibt dazu: "Das Modell [...] beruht auf folgender Prämisse: Exzellente Ergebnisse im Hin-blick auf Leistung, Kunden, Mitarbeiter und Gesellschaft werden durch eine Führung erzielt, die Politik und Strategie, Mitarbeiter, Partnerschaften, Ressourcen und Prozesse auf ein hohes Niveau erhebt." (EFQM) Das Modell stellt ein Schema von Befähigerkriterien sowie Ergebniskriterien vor, welches in Form einer Selbstbewertung von den Unternehmen bearbeitet wird.

Es verfolgt ein Grundkonzept der Business Excellence (Hermann 2011:256). Dieses beschreibt folgende Aspekte:

• Verantwortung für nachhaltige Zukunft übernehmen

• Ausgewogene Ergebnisse erzielen

• Nutzen für Kunden schaffen

• Mit Vision, Inspiration und Integrität führen

• Mit Prozessen managen

• Durch Mitarbeiter erfolgreich sein

• Innovation und Kreativität fördern

• Partnerschaften aufbauen

Leitgedanke dieses Exzellenz-Konzeptes ist: "In dem Maße, wie sich die Ausgestaltung der einzelnen Para-meter positiv verändert, erhöht sich […] auch der Grad der Excellence." (Denker 2006:62) Damit gibt das EFQM-Modell Denkanstöße, was eigentlich hohe Qualität ist und regt zu Reflexionsprozessen dazu an. Im Fokus stehen dabei nicht nur Schwachstellen, sondern vor allem auch Stärken der Organisation.

Grundlage für die Selbstbewertung sind die neun Kriterien der Befähiger- und Ergebniskriterien. Diese grup-pieren sich inhaltlich um die Säulen Menschen, Prozesse und Ergebnisse und beinhalten jeweils mehrere Teilkriterien. Für die Ergebniskriterien werden klare Indikatoren vorgegeben, nach denen der Erfolg beurteilt werden kann, zum Beispiel die Reaktionszeit bei Kundenanfragen, die Personalfluktuation oder Durchlauf-zeiten in der Produktion. "Die beiden Kriterienbereiche sind in der Form miteinander verknüpft, dass die Er-gebnisse durch die Befähiger erzielt werden und die ErEr-gebnisse wiederum genutzt werden, um die Befähiger weiterzuentwickeln." (kos 2011:28)

EFQM arbeitet damit nicht mit statischen Mindeststandards, sondern favorisiert dynamisch verlaufende Ver-besserungsprozesse (Denker 2006:60). Diese starke Entwicklungsorientierung bezieht alle Bereiche der Organisation ein. Die Orientierung am Exzellenz-Ansatz als Erreichung von Bestleistung erlaubt dabei ein individuelles Vorgehen (Bosche u.a. 2006:5). Einrichtungsbezogene Besonderheiten können berücksichtigt werden (Hartz/Schrader 2008:243f.). Das Modell verfolgt die RADAR-Logik organisationaler Prozesse mit

den Schritten Results (Ergebnisse), Approach (Vorgehen), Deployment (Umsetzung), Assessment (Bewer-tung) und Review (Überprüfung) (Schlömer 2011:11). Als rekursive Qualitätskreisläufe soll so kontinuierliche Prozessverbesserung erreicht werden.

Im EFQM sind die Kriterien eher abstrakt formuliert. Konkrete Verbesserungsmaßnahmen werden kaum vorgegeben, sondern müssen von den Unternehmen selbst herausgearbeitet werden (Denker 2006:65).

Dokumentationsanforderungen sind wesentlich geringer als bei der DIN EN ISO. Es ist möglich, Prioritäten zu setzen und Elemente zu betonen, die über die formalen ISO-Kriterien hinausgehen (Arnold/Wieckenberg 2000).

Um eine Gesamtaussage zur Qualität des Managementsystems zu treffen, werden die neun Befähiger- und Ergebniskriterien gewichtet und gehen jeweils zu 10 Prozent oder 15 Prozent in die Gesamtzahl ein. Insge-samt können 1000 Punkte erreicht werden. Je höher die erreichte Zahl liegt, desto höher die Qualität des Managementsystems. Bei der Selbstevaluation gefundene Schwachstellen werden anschließend in Form von Projekten bearbeitet, um eine Optimierung zu erreichen. Dies setzt bei den Unternehmen hohe betriebli-che Kompetenz in Auswahl und Bearbeitung von Verbesserungsprojekten voraus (Meisel 2008:116) EFQM kann als reine Selbstbewertung durchgeführt oder durch einen Validator, also Prüfer, kostenpflichtig geprüft werden. Dazu stehen zwei Stufen zur Verfügung: Committed to Excellence und Recognized for Excellence.

Darüber hinaus nutzen verschiedene Preise und Awards die Anwendung dieses Modells als Bewertungs-grundlage, so zum Beispiel der EFQM-Excellence-Award und der Ludwig-Erhard-Preis.

Weitere Verfahren:

Der Ansatz Six Sigma versucht Qualität durch den Einsatz statistischer Methoden zu sichern. (Hermann/Fritz 2011:129ff.). Sigma steht dabei für die Standardabweichung. Danach liegen 99,73 Prozent der Einzelwerte bei einer Normalverteilung im Bereich µ ± 3 σ (Prozessstreubreite µ, Lage des Prozesses σ) Die Streuung ändert sich während der Produktion und muss deshalb überwacht werden. Als Prozessfähigkeitsuntersu-chung werden die AbweiProzessfähigkeitsuntersu-chungen vom Toleranzbereich geprüft. Dazu sollen Einschätzungen getroffen wer-den, wie wahrscheinlich eine Überschreitung dieses erlaubten Bereiches im Produktionsablauf ist. In Imple-mentierung und in der Arbeit mit diesem Ansatz, werden konkrete Problemstellungen in Verbesserungspro-jekten bearbeitet. Als Methode und Vorgehen wird in der Regel die DMAIC-Methode gewählt (Define, Mea-sure, Analyze, Improve, Control), um Prozesse zu überprüfen.

Auch bei Six Sigma stehen die Kundeninteressen sowie die betriebswirtschaftlichen Vorgaben des Unter-nehmens im Fokus. Allerdings wird das Verfahren vor allem in der Produktion angewendet. Dienstleistungs-unternehmen tun sich aufgrund schwieriger Messbarkeit im Erstellungsprozess und am End-"Produkt" mit Six Sigma oft schwer.

Zur Übertragbarkeit allgemeiner QM-Ansätze auf die Weiterbildung

In der Industrie ist Qualitätsmanagement seit vielen Jahren äußerst erfolgreich und konnte stark zur Effi-zienzsteigerung sowie zur europa- und teilweise weltweiten Standardisierung vieler Produkte und Produkti-onsschritte beitragen. Eine Adaption des industriellen Qualitätsmanagements für die betriebliche Weiterbil-dung wäre ein naheliegender Schritt, um einen ganzheitlichen, systemischen Blick auf die Entwicklung und Steuerung von Qualität zu erhalten (Richter 2006:83). Allerdings weist Bildung eine Reihe von Aspekten auf, die sich nur schwer in einem der gängigen Qualitätsmodelle abbilden lassen. "Die für Wirtschaftsunterneh-mungen geltenden Qualitätsstandards werden weitgehend übernommen, ohne sie mit speziell erwachse-nenpädagogischen Handlungslogiken, -problematiken und -rationalitäten zu verknüpfen." (Denker 2006:3)

Klar ist, dass die Übertragung allgemeiner Qualitätsansätze auf die Weiterbildung eine intensive Auseinan-dersetzung mit den Vorgaben nötig macht. "Eine unmittelbare Anwendung vorgefertigter Qualitätsmodelle auf die betriebliche Bildung ist offenkundig nicht möglich." (Schlömer 2011:2)

So sind die klassischen Geschäftsprozesse, auf die bestehende Qualitätsmodelle abzielen, Abbilder von Wirtschaftseinheiten. Lernprozesse sind hingegen Abbilder von Kognitionen (Spöttl/Becker 2006:53f.). Sie entziehen sich dem direkten Zugriff und sind nicht einlinig steuerbar. Problematisch für die Qualitätsdebatte sind dabei nicht die einzelnen Prozessschritte an sich: "Auch, wenn das betriebliche Qualitätsmanagement von Geschäftsprozessen und Lernprozessen zum Teil mit denselben Arbeitshandlungen zusammenhängt, werden dennoch ganz unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt." (Schlömer 2011:13) So handelt es sich beim betrieblichen Lernen nicht um Werkstücke, die in allen Produktionsschritten sauber vermessen werden kön-nen und deren Parameter klar zwischen definierten Grenzwerten liegen müssen. Lerkön-nen hat die Auseinan-dersetzung des Lernenden mit dem Lerngegenstand zum Ziel, nicht die Herstellung eines vorkonfigurierten Produktes oder einer Dienstleistung. Auch die Lernergebnisse lassen sich nicht eindimensional messen. So sind diese individuellen Lernprozesse vorstellbar "als ein kreisstrukturell geschlossenes System kognitiver Operatoren, nämlich Wahrnehmen, Erfahrung machen, Erwerb und Strukturierung von Wissen, Handeln und Gebrauch der Sprache" (Schlömer 2011:13). Lernergebnisse zeigen sich teilweise in beobachtbarem, ver-ändertem Verhalten, teilweise aber auch nicht.

Hinzukommt, dass die Lernenden unterschiedliche Lernunterstützung für ihren Lernerfolg benötigen. Lern-tempo, kognitive Fähigkeiten und Vorlieben in Bezug auf Formate und Lernform stehen einer 1:1-Beziehung aus Produktionsschritt und Ergebnis, wie sie aus der Industrie bekannt ist, entgegen. Loebe ist sich sicher:

Die Qualität einer Weiterbildung kann nicht nach einem definierten Kriterienkatalog beurteilt und sicherge-stellt werden. Eine dazu nötige Standardisierung von Weiterbildungsangeboten steht der Beteiligung des Lernenden und dessen Wunsch nach individuellen, auf seine Bedürfnisse angepassten Angeboten entgegen (Loebe/Severing 2003:40). Die dazu nötige Flexibilität fehlt in den Qualitätsmodellen. Alle klassischen Quali-tätskonzepte sind vor allem auf die Organisation fokussiert. Erwachsenenpädagogisches Handeln verlangt aber eher fallbezogenes, gerade nicht standardisiertes Handeln. In der Interaktion mit dem Lerner benötigen die Beteiligten hohe Flexibilität im Sinne einer "situativen Kompetenz". Dies sehen Hartz/Schrader eher als Frage der Professionalisierung der Branche, denn als Aspekt des Qualitätsmanagements (Hartz/Schrader 2008:245).

DIN ISO 9000ff. und EFQM sind zudem für Weiterbildungsabteilungen insgesamt zu aufwendig, zu hoch-schwellig, zu ambitioniert. Es fehlt der direkte Zuschnitt in der konkreten Problemsicht und im Jargon auf die

"Welt der Weiterbildung" (Gnahs 2006:0/Abstract). Arnold und Wieckenberg bezeichnen die ISO 9000ff.

deshalb als bildungsfern. Die inhaltliche Qualität ist nicht Gegenstand der Überprüfung, "pädagogische"

Qualitätsdimensionen sind unterbelichtet, personale Komponenten werden eher unterbewertet (Arnold/Wieckenberg 2000). Es werden nur Abläufe und Verantwortlichkeiten festgelegt, Inhalte oder Ergeb-nisse des Lernens bleiben außen vor (Faulstich 1999:84f.). "Die ISO-Zertifizierung betont Prozessaspekte von Qualität und blendet Resultate wie etwa den Lernerfolg aus." (Faulstich/Zeuner 1990:85) Dies wäre auch nur sehr schwierig zu bewerkstelligen, denn eine Bezugnahme des Konzepts auf die Lehr-Lern-Interaktion ist äußerst problematisch (Meisel 2008:115). Zudem bringt eine Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000ff. einen relativ hohen Dokumentations- und Kostenaufwand mit sich (Arnold/Wieckenberg 2000).

EFQM für die Weiterbildung bleibt schwer verständlich und erfordert umfangreiche Vorbereitung. Die Syste-matik ist nicht einfach zu durchdringen (Heinold-Krug u.a. 2001:5). Auch das EFQM-Modell folgt der Struktur

und inneren Logik von Organisationen im Allgemeinen, aber eben nicht der pädagogischen Qualität im Be-sonderen (Hartz/Meisel 2006:78ff.). Dort werden zudem die Führungskräfte in ihrer Bedeutung stark betont.

EFQM geht von stark hierarchisierten Unternehmen aus. "Aspekte eines eher kollegialen Managements sowie darüberhinausgehende Hinweise zu Kompetenzen und Aufgaben des Lehrpersonals fehlen."

(Arnold/Wieckenberg 2000) Kleine Unternehmen finden sich dort nur schwer wieder.

Die bestehenden Modelle können mit der entsprechenden Reflexion jedoch durchaus für das Bildungsma-nagement hilfreich sein. Die beiden Konzepte ISO und EFQM beschäftigen sich mit der Optimierung der organisationalen Bedingungen des Lehrens und Lernens. Die Umsetzung des Qualitätsmanagements ist prozessorientiert und konzentriert sich auf Schlüsselsituationen des Weiterbildungsmanagements (Hartz/Meisel 2006:89ff.). Gerade der große Fokus auf Prozessqualität kann für das Bildungsmanagement wichtige Impulse liefern (Hartz/Schrader 2008:243f.), da auch das Lernen prozessualen Charakter hat. Ziel des Qualitätsmanagements in der Weiterbildung sollte demnach für Schlömer analog der klassischen Ansät-ze die kontinuierliche Verbesserung sein: "Grundlegendes Anliegen ist es, die Strukturen und ProAnsät-zesse be-ruflicher Bildung unter spezifischen Maßstäben zu bewerten und Problemlagen regelgeleitet aufzudecken, um Veränderungsmaßnahmen zu begründen und zu steuern." (Schlömer 2011:3)

Die gängigen Ansätze im klassischen Qualitätsmanagement können somit Denkanstöße liefern. Wesentliche Bestandteile des Bildungsprozesses fehlen jedoch: "Diese für die Wirtschaft praktikablen Definitionen greifen im Bereich der (Erwachsenen-)Bildung zu kurz. Hier müssen zumindest drei Aspekte verstärkt berücksichtigt werden: der Bildungsbegriff, die Eigentümlichkeit von Lernprozessen und die Professionalität des Weiterbil-dungspersonals." (Arnold/Wieckenberg 2000) "Zusammenzufassen ist, dass das industrielle Qualitätsma-nagement nur in Teilen und mit Modifikationen auf die Qualitätssicherung und -entwicklung der betrieblichen Bildung bezogen werden kann." (Schlömer 2011:14) Schlömer will die Idee der Geschäftsprozesse, die sich in vielen klassischen QM-Modellen findet, für das Bildungsmanagement übernehmen, diese aber stärker auf Lernprozesse akzentuieren. Sinnvoll wären für ihn einheitliche Kriterien, um so "die bisher weitestgehend vernachlässigte Gestaltung beruflicher Lernprozesse an Qualitätsstandards zu orientieren" (Schlömer 2011:8). Diese Qualitätsaspekte sollten die strukturelle Ebene (Organisationsabläufe und -strukturen), die professionelle Ebene (Personalentwicklung) und die inhaltliche Ebene (eigene Qualitätsstandards) beschrei-ben (kos 2011:2).

Die Ausrichtung des Qualitätsmanagements sowie die externe Zertifizierung nach einem QM-Modell belegt dabei lediglich die systematische Gestaltung der Abläufe und Strukturen. Die Modelle folgen dem Ansatz, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ein hochwertiges Ergebnis erzielt werden kann, wenn der Weg seiner Entstehung nachvollziehbar bestimmten Kriterien entspricht. "Der Stempel ISO 9000 o. ä. sagt nichts über Qualität an sich aus – er bestätigt lediglich, dass es in dieser Institution Mechanismen der Qualitätssicherung gibt. Die genannten Normen setzen Standards für solche Systeme, nicht für die Qualität der Produkte selbst." (Harvey/Green 2000:27)

Wünschenswert wäre ein Qualitätsansatz, "der die Qualität der Lernprozesse direkt misst und verbessert", ohne "Umweg über die Verbesserung des Organisatorischen" (Heinold-Krug u.a. 2001:8). Unklar bleibt, ob ein solcher Ansatz überhaupt möglich ist, da er sich auf die kognitiven Lern- und Verarbeitungsprozesse der Lernenden beziehen müsste. Diese sind eindeutiger Beobachtung und Messung jedoch nicht zugänglich.

"Eines der Grundprobleme der Evaluation pädagogischer Arbeit kann auch durch Qualitätsentwicklung […]

nicht gelöst werden, nämlich die Frage der Kausalität zwischen der Organisationsqualität und der Qualität der Lernprozesse." (Heinold-Krug u.a. 2001:9)