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Qualitätsmanagementsysteme für betriebliches Bildungsmanagement

Stand der betrieblichen Weiterbildung in Deutschland

3 Qualität im betrieblichen Bildungsmanagement

3.2 Qualität in Weiterbildung und betrieblichem Bildungsmanagement

3.2.3 Qualitätsmanagementsysteme für betriebliches Bildungsmanagement

"In Deutschland gab es im Jahr 2005 kaum externe Einflüsse, die auf die diversen Elemente des Weiterbil-dungsmanagements in Unternehmen wesentliche Auswirkungen hatten. Die wenigen und zudem meist regi-onal begrenzten öffentlichen Maßnahmen zur Förderung der betrieblichen Weiterbildung durch finanzielle Zuschüsse, Steuervergünstigungen oder das Festlegen von Weiterbildungsstandards hatten nach Auskunft der Unternehmen keinen nennenswerten Einfluss." (Schmidt 2007:1233) Es gibt nur wenige Vorgaben und Modelle, die sich direkt auf betriebliche Weiterbildung beziehen. Zwei Qualitätsmodelle sollen hier vorgestellt werden.

CLIP11:

Die European Foundation for Management Development (EFMD) hat für ihre Mitgliedsunternehmen ein Konzept entwickelt, das sich besonders auf Corporate Universities, Corporate Business Schools, interne Akademien und Management Institutes bezieht: den Corporate Learning Improvement Process (CLIP). Da-mit stehen vor allem Großunternehmen und Konzerne im Fokus, die große eigene Trainingseinrichtungen unterhalten. Ziel des Modells ist ein Shift vom klassischen Präsenztraining hin zu einer ganzheitlichen Be-trachtung von Lernmöglichkeiten. Das System strebt nach besserer Evaluation und Messung der Ergebnis-se, um das Investment in Bildung nachhaltig zu legitimieren. Dazu stellt CLIP Schlüsselfaktoren für die

11überarbeitete Version von Dreyer/Nowak 2012

lität des Bildungsmanagements vor. Die insgesamt 28 Qualitätsstandards von CLIP sind in neun Kapiteln festgelegt (CLIP Quality Standards, EFMD 2014):

• Strategische Positionierung: Mission, klare Strategie, Abstimmung mit der unternehmens-weiten Strategie, Managementprozesse, hohe Positionierung des Bildungsmanagements, Schnittstellen zu anderen Personalprozessen

• Zielmarkt: Marktverständnis, Marketing, Kundenbeziehungen

• Externe Dienstleister: Outsourcing, Auswahlprozess, Lieferantenbeziehungen

• Mitarbeiter im Bildungsmanagement: Ausbildung, Qualifikation

• Programme und Leistungen: Angebot, Produktentwicklung, Ressourcenausstattung, päda-gogisches Know-how, Lernformen, Evaluation, Erfolgsmessung

• Teilnehmer: Zielgruppen, Betreuung

• Innovation und Entwicklung: Innovationsprozess, Universitätsprogramme

• Ressourcen und Administration: Lernumgebung, Verwaltungsprozesse, finanzielle Ausstat-tung und Controlling

• Internationalität: internationale Perspektive

Jeder Aspekt ist ausführlich und mit Beispielen dargelegt. Das Wesen der betrieblichen Weiterbildung wird sehr gut erfasst. Stark betont werden die strategische Ausrichtung des Bildungsmanagements und das Ver-ständnis aller Aktivitäten als Prozesse, die analog aller anderen Vorgänge im Unternehmen professionell gesteuert, gemonitort und evaluiert werden sollten. Der Ansatz verwendet eine professionelle Management-Sprache, die neben der Organisation auch auf Lernen, Verstehen und Anwenden abstellt.

CLIP versteht sich als Mittel zum Benchmarking. Es soll gegenseitigen Austausch und das Lernen von den Erfahrungen anderer ermöglichen. Auch CLIP arbeitet bei der Bewertung der Unternehmen mit einer Ver-bindung aus interner Selbstprüfung und einem externen Audit.

In der Broschüre von 2008 werden 13 CLIP-zertifizierte Unternehmen aufgeführt. Auf der Homepage stehen 2017, acht Jahre später, 19 Firmen. Falls dies den Zertifizierungsstand korrekt widerspiegelt, muss konsta-tiert werden, dass der Verbreitungsgrad dieses ausführlichen Modells leider sehr gering ist.

Qualitätsmodell des Deutschen Bildungspreises:

In Kapitel zwei wurden bereits die 15 Handlungsfelder in den drei Säulen Strategie, Struktur und Leistungen beschrieben, die das Qualitätsmodell des Deutschen Bildungspreises abdeckt. Nun soll darauf eingegangen werden, inwieweit dieses Modell als Qualitätsansatz verwendet werden kann. Die 15 Handlungsfelder sind in zahlreiche Items ausdifferenziert und operationalisiert. Diese sind in einem Fragebogen hinterlegt, der gleichzeitig als Bewerbungsunterlage dient.

Teilnehmende Unternehmen im Deutschen Bildungspreis bewerten mit dem Fragebogen in einer Selbstaus-kunft, ob sie die einzelnen Aspekte bereits vollständig, teilweise oder noch nicht umsetzen12. Im Fokus steht das OB, nicht das WIE, damit der Fragebogen möglichst vielen Unternehmen, Einrichtungen und Organisa-tionen unterschiedlicher Größe und Branche offensteht. Das Konzept des Deutschen Bildungspreises geht davon aus, dass die abgefragten Aspekte von allen Unternehmen durchgeführt und bearbeitet werden soll-ten. Die Art und Weise, wie dies erfolgt, hängt jedoch von den Unternehmensspezifika ab. So könnte es für ein kleines Unternehmen ausreichen, Stellenbeschreibungen in Excel anzufertigen. Ein Großunternehmen

12Für den Deutschen Bildungspreis 2017 wurde der Bewertungsmodus geändert in Erfüllungsgrad 0 %, 20 %, 40 %, 60 %, 80 % oder 100 %.

benötigt dazu jedoch eine entsprechende HR-Software. Oberste Maßgabe ist zudem immer die Angemes-senheit, also die Frage inwieweit Strukturen und Maßnahmen zur Erreichung des Bildungs- und Unterneh-mensziels beitragen. Es geht nicht zwingend um ein MEHR an Bildungsaktivitäten oder deren Regulierung, sondern um eine bessere Anpassung zwischen Bedarf und Angebot, zwischen Anforderung und Leistung, Erwartung und tatsächlichem Bildungserfolg.

Jedes teilnehmende Unternehmen erhält zum Ende der Bewerbungsfrist eine Auswertung über den Stand des Bildungs- und Talentmanagements in seinem Unternehmen. Es erhält einen Überblick, zu welchem Grad es die Vorgaben aus dem Fragebogen bereits umsetzt. Diesen Wert kann es vergleichen mit dem Durchschnitt aller Teilnehmer sowie dem Durchschnitt von Teilnehmern aus seiner Kategorie. Das Unter-nehmen kann diesen Wert zudem mit den Ergebnissen etwaiger Bewerbungen aus den Vorjahren direkt vergleichen. Außerdem erhält es eine Detailübersicht mit den erreichten Umsetzungswerten in allen 15 Handlungsfeldern. Ein telefonisches Feedbackgespräch dient der Erklärung dieses Benchmarks und zur Hilfestellung bei konkreten inhaltlichen Fragen. Zudem besteht die Möglichkeit, ein Audit zu erwerben als Fremdevaluation, um das Bildungsmanagement vertieft prüfen zu lassen und von Verbesserungshinweisen zu profitieren.

Die 15 besten Bewerber (die der Expertenbeirat aus den Top 40 ausgewählt hat) werden in jedem Fall audi-tiert. Dabei werden in den Unternehmen alle Items des Fragebogens mit den Verantwortlichen durchgespro-chen und wo möglich mit Dokumenten und Materialien unterlegt. Bei diesen Audits steht das WIE im Vor-dergrund. Ziel ist es, das Bildungsmanagementsystem hinsichtlich Bedarfsgerechtheit und Reifegrad zu bewerten. Der Expertenbeirat nutzt dann die Auditberichte, um die aus seiner Sicht fünf besten Unterneh-men zu benennen.

Der gesamte Bewerbungsprozess inklusive der Auswertung ist für alle Teilnehmer kostenfrei.

Insgesamt ist das Kriterien-Set des Deutschen Bildungspreises sehr detailliert und konkret. Es zielt direkt auf die Organisation und Abwicklung von Weiterbildung in den Personal- und Personalentwicklungsabteilungen der Unternehmen. Es verwendet die Sprache der Personaler, die damit arbeiten sollen. Es benennt konkrete Methoden, Prozesse und Tools. Da die Umsetzungsraten sich in allen Handlungsfeldern durchschnittlich im mittleren Bereich bewegen und noch kein Bewerber 100 Prozent der Anforderungen erfüllen konnte, ist da-von auszugehen, dass das Niveau des Kriterien-Sets ausreichend hoch ist.

Allerdings ist es in der Verwendung vorrangig auf die Durchführung des Wettbewerbes ausgelegt. Der Fra-gebogen ist im Umfang an das verfügbare Zeitbudget für eine solche Bewerbung angepasst. Deshalb kann es keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ein Großteil der im Bildungsmanagement wichtigen Aufgaben in diesem Fragenkatalog versammelt ist. Unternehmen können ihn damit nutzen, um zu bewerten, ob sie schon alle Aspekte und Aufgaben des Bildungsmanagements be-arbeiten. Sie können sich Anregungen holen, welche Aktivitäten vielleicht noch fehlen. Mit einer regelmäßi-gen jährlichen Teilnahme kann zudem die Entwicklung des Managementsystems verfolgt werden. Das um-fangreiche Feedback, das alle Teilnehmer erhalten, weist über den reinen Wettbewerbscharakter hinaus und will die Unternehmen langfristig bei der Professionalisierung ihres Bildungs- und Talentmanagements unter-stützen.

Das Feedback, das die Teilnehmer erhalten, kann sich jedoch immer nur auf die Angaben der Selbstaus-kunft im Fragebogen beziehen. Der Wert der Rückmeldung für das Unternehmen hängt damit stark von der Güte der gegebenen Antworten ab. Die mögliche externe Auditierung erlaubt eine inhaltliche Bewertung der Maßnahmen und Prozesse und bietet zahlreiche konkrete Ansätze für Verbesserung. Allerdings ist diese für Nicht-Finalisten kostenpflichtig, wobei die Preise nach Unternehmensgröße gestaffelt sind. Von

Teilnehmen-den immer wieder kritisch angemerkt ist die Ausrichtung des Fragebogens auf Unternehmen ab ca. 50 Mit-arbeiter. Behörden oder kleine Unternehmen finden sich darin oft nicht ausreichend wieder. Auch hier ist auf den Wettbewerbscharakter hinzuweisen, der klar auf die genannte Zielgruppe als Teilnehmer fokussiert.

Textliche Anpassungen und Ergänzungen könnten jedoch sicher zur Annäherung an andere Organisations-formen beitragen.

Der Deutsche Bildungspreis erfährt große mediale Aufmerksamkeit und bringt sich auf Messen, Kongressen und Veranstaltungen aktiv in die Diskussion zur Qualität in der betrieblichen Bildung ein. So soll dazu beige-tragen werden, den Stellenwert der betrieblichen Bildung in der deutschen Wirtschaft zu verbessern. Für die teilnehmenden Personaler ist die Initiative eine Bestätigung ihrer eigenen Arbeit. Sie können positive Feed-back- und Auditergebnisse intern kommunizieren und auf ihre Tätigkeiten und Bedarfe aufmerksam machen.

Viele Teilnehmer äußerten, dass sie unter anderem durch solche Wettbewerbe versuchen, ihre Stellung im Unternehmen zu verbessern. Die Auffassung der betrieblichen Bildung als Managementsystem stößt dabei auf große Zustimmung. Sie trägt dem komplexen Aufgabenumfeld Rechnung und betont Bedeutung und Ernsthaftigkeit dieses Unternehmensbereiches.

3.2.4 Bekanntheit und Nutzung von QM-Systemen im betrieblichen