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provinzcn nach dcr Schlacht bei Gylau

Im Dokument Eine Wochenschrift fur (Seite 138-142)

im Iahre 1807. (Schluh.)

Bei einem Staudpunkte der GeseNschaft wie damals in Dorpat versteht es sich von felbst, dah d«r Adcl durch die Aukunft des Grohfursten Casarewitsch mit seinem Lieblings<

regimeute, den Ulanen, in Dorpat hoch erfreut war. Das Negimeilt hatte hier einen Nasttag, und ter Adel gab im Nameu der Etadt uud der Provin; einen im volleu Siune des Wortes glanzenteu B a l l , auf welchem, dem Wunsche S r . Hoheit gnuah, alle uusere Officiere erscheinen mlchten. Wie ging cs zu, datz man anf dirsem Valle eine so grotze Fulle schoner Damen an-traf? — Wo waren diese hergekommen? Auch jeht uoch giebt es in Livlaud schone Damen j aber in solchrr Menge habe ich deren in den Dstseeprovinzen niemals wieder beisammen er-blickt, obgleich ich spater zahlreich besnchten, glanzendcn Ballen hausig beigewohnt habc. M a n sprach, der Avel habe lie Ab»

sicht gehabt, bei der ersten Nachricht von dem Ausrucken der Garle in's Feld einen B a l l zu gcbeg, und die Ansrichtlr desselben hatten aus Riga, Reval und von den Gutern her alle Schonheiten dazu eingeladen. Koniginnen des Balles wareu zwei Schwestern ron Lilienfeld, wahie Sylphiden, fchlank, blond, atherisch, mit reizendcn Gesichtern und diamanteneu Aeuglein. Se. Hohcit erwies beiden Schivcstern den besondern Vorzug, mehrmals mit ihnen zu tanzen. Es ist bekannt, datz deutsche Damen den Tanz leicenschaftlich lieben, und wir hatten, natullich scherzweise, den Oefehl erhaltcn, die dcutscheu Damen todt zu tanzen. W i r erfullten deu Wefehl 'nut Eifer und tanzten buchstablich b i s z u m U m s i n k e n , b i s zur ersten O h n m a c h t . Die reizencen deutschen Damen waren eutzuckt!

Nach einem splendiden Souper um 3 Uhr Morgens uud nach hausigen Libationen zn Ghren der alteu Gottheiteu Bacchus und Aphrodite wurde die Masurka grtau;t, die um ? Uhr endete. W i r hatten unsern Ulanru befohlen, deu Dienern der Vallgaste die fur ihre Herrschaften mitgebrachlen warmen Kle'dungsstucke abzunehmeu und die Equipagen dcrselben nach Hause zu schicken, — und so muhten viele der Gaste n<,lo»3 folel>8 bleiben! — ,,Was ist da zu machen? — M a n muh bleiben!" — sprachen die deutschen Herren und Damen — und muilter ging's vorwarts! Um 8 Ubr erschollen Trompe«

tenstotze unter den Fenstern trs Vallsaales; das hieh: Z u R o t z ! Die GZkadronrn hatten sich unter dem Commando der dejourirendeu Ofsiciere uud einiger alter Nittmeister schon formirt j unsere Ordonnanzeu fuhrten uns die Pferde zu — und wir traten frischweg, uumittelbar von der Masurka, zug-weise und rechts haltenv, zu P f e r d e den Marsch im Schritt

a n ! — Durch die Stadt zogen wir im Parademarsch, vom Schlagbaum aus zu Dreien und uachdem wir drei oder vi«r Werst zuruckgelegt hatteu, sahen wir, dah man uns folgte j es wareu gegen zwanzig Schlitten, verdeckte Eqnipagen uud Kibitken. Unsere liebeuswurdigen Wirthe und selbstverstandlich auch unsere lieblichen Wirthinuen des Balles waren auf den Sinfall gekommen, uns das Geleite zn geben! D a hietz es:

Die Sanger voran, ein frohliches Stuck! — Und wir galop-pirten um die Eqm'pagen herum und wechselteu freundliche Worte und zartliche Blicke mit unferen lieblichen Tanzerinnen.

W i r geizten nicht mit Complimeuten und schouen Phrasen.

Nachdem wir so einige Werst weit gctantelt hatten, nahmen wir endlich Abschied von unseren ueueu Bekannten, welche tanu zur Stadt zuruckkehrten, wahrend wir unfern Marsch fortsetzten.'

S o hatte Dorpat bei meiner eisten Bekannt»'chaft mit ihm deu angeuehmsten Ewdruck auf mich gemacht. Damals dachte ich nicht daran, dah ich zweiuud;wanzig Iahre spater livlandischer Gutsbesitzer und beinahe Esnwohner Dorpat's werdeu wurde ! Noch jetzt leben in Dorpat einige Augenzeugen jcuer Llufnahme, die man S r . Hoheit und seinem Negimeute bereitete, und noch heute leben die beiden Kouiginnen des da-maligen Balles, die beiden Schwestern. Fraulein von Lilienfeld.

Wohl mehrmals habe ich sie an jenen B a l l erinnert uud ein unwillkuhrlicher Seufzer entwandt sich unserer Vrust beim Ruck-blick auf die Nergangenheit! —

Zwei Stationen jenseits Dorpat begiuut Lettlaud, das vom letlischen Volksstamme bewohute Gebiet. Die Letteu sinv hundertmal gescheiter, gebildeter uud umganglicher als die Esten und, was fchr beachtenswerth ist, treten nut diesen me durch Heirathen in Verwandtschaftsverhaltni'sse. — Die lettische Sprache, ein Zweig der altlittauischen, ist weicher und wohlklingender als die estnische. Die Letten sind cin wohlgestaltetes N o l k ; das weibliche Geschlecht ist reizend; in ihm giebt es wahre Echsnheiteu! Die Letten leben recht sanber in Hauseru mit Fenstery uud Defen uud kleiden sich reinlich, besonders die Frauenzimmer. Ihre Kost ist zwar frugal, abcr geht doch an.

Hier ruhten wir ein wenig aus, wilwohl bei der Eiuquartirrung der fruhere Uebelstand fuhlbar wurde, iudem die Letten cben so wenig wie die Esten in Dorfern wohnen, soudern in ein-zelnen Baueihofen, von ihien Feldern umgebeu. Fast alle Outer besahen damals Quartierhauser, zur Aufnahme von Ofsicicren speciell bestimmt j wir hattrn j«doch Befehl erhalten, bei unseren Zugen zu bleiben und nur dann uahmen wir alle in T^uartierhausern P l a y , wenn es nicht moglich w a r , die Eskadron da und dort unterzubriugen. Einige Gutsbesitzer luden die Ofsiciere zu sich zur Tafel auf den H o f ; aber das geschah uur ausnahmsweise. Gewohnlich kanften wir uus die Lebensmittel von den Gutern oder von den Bauern eiu und liehen die Speiseu in unsern Quartiereli beieiten. — Ganz anders als in Nuhland oder Poleu, wo man herzlich erfreut ist, Officiere bei sich' bewirthen zu kounen!

Anch in Riga gab man S r . Hoheit und seiuem Regimeute eiuen B a l l , dcr sogar prunkvoller war als der dorptsche, diesem jedoch an Frohlichkeit uud Zwanglosigkeit uachstaud.

Riga macht schon den Anspruch, eine grohe Stadt zu feiu:

hier giebt es Machthaber und eine Bcamtenwelt, mithin Ctikettenzwang. W i r tanzten aber hier nicht b i s zum U m s i n

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k e n und uoch weniger b i s z u r ersten O h n m a c h t , sondern gingtn nach dem Abendeffen, Morgeus 3 Uhr aus einander, jeder in sein O.u artier.

Wahrend des MarscheZ schrieb ich lange Briefe an Lantiug, in welchen ich ihm meine Gedaukeu und Gefuhle schilderte.- Ich erinnere mich sehr w o h l , dah mir Riga damals nicht gesiel; aber daran war nicht Riga Schuld, sondern meine jugendlich - romantische Phantafie. Die eugen Gass«u, die Hauser alterthumlichen V a u s t y l s , die gothischeu Kirchen entzuckten mich. Ich trciumte vom Mittelalter, spahte uberall uach Rittern umher — und stieh bei jedem Schrict auf Kauf-mannslareu mit deutscheu uud hebraischen Inschrifteu auf den Aushangeschildern, sorgenuoNe Kaufleute uud Haufen polnischer Iuden. Vesonders machten die W e c h s l e r einen uuangenehmen Eindruck auf mich. . . . Neben den Kirchen, auf offeutlichen Platzen, an ter beruhmten Flohbrucke, die uber die Duna f u h r t , standen Neihen von kleinen Tischen mit verschiedenen Munzen beladeu, an denen I u d e n , Judiunen, bartlose A l t . glaubige uud anderes Gcsindel satzen und schreieud u»d krei<

schend c i u l n l e n , russifche gegeu auslandische Mulizen zu ver-wechscln. Hier fetzten wir uusere Bank - Assignatiouell gegen preutzische Thaler, Gulden uud D i t c h c u u m , wrlche letztge.

nannte Muuze jetzt uicht mehr existirt. Die preuhische Munze euthielt damals viel Kupfer und das D i t c h e n ( t t w a so grotz wie der Nagel des kleinen Fingers) war tin versilbertes Geld' stuck von Kupfer. Riga war «berfullt mit euglischen Waaren, uud obgleich wir in drn Nudcn den doppelten Werth bezahleu muhten, fandeu wir doch alle Manufacturwaaren sehr wohlfeil.

I n der S t a d t und Proving war viel Geld, da die Ernten ausgezeichnet gut ausgefallen unb die Landesproducte in Folge des Krieges sehr theuer waien. Alle Producte, deren viele auck) aus Littauen bezogen w u r t e n , bezahlte man mit baarem Gelde. Die Iahre 1806 uud 1807 waren fur Gutsbefitzer und Kaufieute in den Osiseeprovmzeu und in Littauen ohne Zweifel die glucklichsten im Laufe emes ganzeu Iahrhunderts.

Eeit jeuer Zeit find dort schwerlich ein solcher Uebersiuh und solches Vegehren nach Waareu, solch hohe Preise und so viel baares Geld auzutreffen gewesen. Eiu Fah Vranutwein z. B . , das jetzt mit 2 0 Nubel Bank-Assignationen und weniger bezahlt w i l d , galt damals 6 0 bis 75 Nank-Assigliationen.

Aus besonderer Liede zu seiuet, Ulaueu befahl Se. Hoheit der Casarewitsch, den Ofsiciereu aus seiner Prioatkasse Tafel-gelder ;u verabfolgen. Nicht aus Stolz, sondern weil wir noch selbst bei Kasse waren und auf dem Marsche keine Vcraulassung zu Geldausgaben hatten, nahmen wir das bei unserer Ankunft in Riga auf 7000 R b l . B.-Assig. augehaufte Tafelgeld uicht an, uud schon beabsichtigte der NegimentZ Commaudenr, Obrist Tschalikow, dirse Summe an die Gskadrons-Artelle fur Dfsi-ciere zu vertheileu oder den OffiDfsi-cieren auf ihren Wnnsch auszu-zahleu, — als ein Umstaud dem Gelde eine audere Bestimmung zuwies. W zog namlich mit unserem Regimente der M a j o r Prittwitz, der bei Austerlitz schwer am Kopfe verwundet uud fortwahreud leidend, uns ubrigens aber wenig bekanut w a r . I n Riga nahm sein Siechthum in dem Maatze zu, dah fein Nerstand angegrissen wurde uud er, em unbemit-telter Familieuvater, zuruckbleibcu mutzte. Die Officiere kamen sogleich dahm ubrrem, ihm die gauze Cumme vou 7000 R b l . jener Taftlgelder zuzuwenden und das geschah auch. Der

Groh-furst, uber diese Haltung der Ofsiciere entzuckt, wuuschte zu wiffen, von wem der Gedanke ba;u zuerst ausgegangen war.

Niemaud wollte ihu daruber aufklaren. Das gesitl dem Ccisa«

rewitsch noch mehr. ..Meine Herren", sprach er geruhrt, ,,,'ch sehe es gern, wenn sic mir offenherzig I h r e Iugendstreiche ein-gesteheuj aber in diesem Falle vergebe ich Ihuen ebeu so gern I h r hartnackiges S c h w e i g e n ! I n der Person Ihres Regi-meuts-Commandeurs drucke ich Sie Alle an mein Herz!" — Der Grohfurst umarmte den Obrist Tschalikow und kuhte ihn, mit Thranen in den Augen. »Was fur brave I u n g e n ! " fugte er binzu. Des Ausdrucks: . . W a s f u r e i n " u. s. w. pfiegte Se. Hoheit sich im guteu wie im bosen Siune zu bedienen, mochte er schelten oder belobeu.— ,,Fontere<Pontere!" entgeg»

uete der Obrist Tschalikow. D a s wareu Worte, die dieser stets im Munde fuhrte. S p a t e r , als er zum Generalmajor hefordert wurde, fugte Tschalikow seincm Lieblingsausdrucke Fon-tere«Pouteie noch , , D e r i - D j o r , Tschalikow ist General-Major!"

hinzu. — Tschalikow war em herzensguter, liebenswurdiger, heiterer, scherzhaftes M a n n ! Selbst das Leben nahm cr wie im Scherz h i u , wuhte den Ccherz m die ernsthaftesteu D i n g zu verweben uud verstaud, was unter den Augeu S r . Hoheit keiue leickte Aufgabe war, sein Commando uber unser Regiment, das man gewissermatzen ein unbaudigeS nennen konnte, bald zur rechten Zeit einlenkend, bald durch einen Scherz Verlegeu-heiten ausgleichend, so geschickt zu fuhren, dah er sich die Gunst S r . Hoheit immerdar gesichert hatte. Offtciere uud Soldaten liebten Tschalikow seiner Herzeusgute und Nachsicht wegeu aufrichtig. V o r S r . Hoheit war er unser Vertheioiger, half uns aus d « Klemme uud klagte selbst u ie. S o sagte er z.

N . zu einem Officier: , , S i e , mcin H e r r , find heute bei der Ausstellung dcr Wachrn uicht gegeuwartig gewesen." — ,,Schantzk, mein H e r r ! D a s darf kunftig uicht wieder vorkommen, fonst geht's auf die Hauptwache . . . Fontere-Pontere, D e r i . D j o r , Tschalikow ist Geueralmajor! D a m i t war's abgethan, und er gmg davon.

D a s Eis auf der Duna war noch schwach und stellen-weise sah man Wasser. Nachdem die Tragkraft des Eises untet^ucht wortcn war, zogeu wir, E i n e r h i n t e r d e m A u d e r n , uber die Duna. Die Trompeten vorauS bliefeu so lange den U e b e r g a n g , als dieser fur das gauze Regiment dauerte.

Eine grotze Menge V o l k s , fast ganz R i g a , stand am User.

Die Stadtgarde zu Pferde uud zu F u h , sowie die Vruder der Schwarzen Haupter in Uniform und zu Pferde, gaben uns, im Ceremonial-Marsch vor dem Regimente einherziehend, das Geleite durch die Stadt. I n allen Strahen, dnrch die wir im Ceremonial. Marsch zogen, waren die Fenster geoffnet und mit Damen besetzt. W i r waren in Parade. Uniform mit Sultans.

Em Ulauen-Regiment mit Pike und Fahnlem gehorte zu den dort uoch me gesehcnen Seltenheiteu. Aus einigen Fenstern wars man uns Blumen zu, Gescheuke, die wir im Fluge und mit den Sabeln salutirend, aufsiugeu. D a s Regiment durch'

«og Riga stattlich, und wie eng auch die Strahen sem mochten, wir lichen uusere Pferde Satze uud Courbetten macheu . . . Ich erwahne dessen, weil mir die Erinnerung daran noch jetzt angeuehm ist, uud fuhre zugleich an, datz mein Pferd, bei einer Lauyade an eme Wand geprellt, sich beiuahe ein Vein und mir beinahe den einzigeu Hals gebrocheu hatte. —

I u M i t a u wurde Alles daS wiederholt, was in Riga

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vorgekommen w a r , jedoch nut dem Unterschiede, dah auf dem vom A d l l gegebenen Nolle zwischen den jungen Edelleuten und unsern Osficieren vertraute Freund- und Bruderschaft gefchloffen wuide. Ueberhaupt sind die Kurlander brave Kerle und gleichen in Lebensweise, Trundsatzeu und Sitteu den Wewohnern der anderu Ostseepiovinzen durchaus nicht, ja nicht einmal den heutigen Bewohl«rn Deutschlands. Die alteu Rittersitten, d.

h. Neiwegenheit, fiottes Wesen, Gastfreiheit, Verachtung des Schachers, Worthalten, Leidenschaft fur Duelle, fur I a g d mit Huuden und mlgebundenes Leben gingeu durch nachbarliche Beziehungen zu dem alten Polen — das bis zum letzten Athem-.uge feudale Rechte und Sitten bei sich bewahrte, — nach Kurland uber. Viele junge kur'sche Edelleute begleiteten ihre neuen Freunde, die Officiere, viele Tagemarsche writ zu Pferde und ubernachteten mit ihncn an den Orten, wo fur sie Q u a r t i e r bestellt war. Die Landleute in K u r l a n d , auch Letten, sind arbeitsam, mdustrkell und konnten reich sein. w,nu ihnen die Iuden nicht aUe Wege zur Wohlhabenheit absperrten. Es giebt hier der Iuden im Verhaltm'tz znr christlichen Vevolkerung fast eben so v i e l , als in den, polniscken Provinzen. Vei der Neschuldigulig eines Menschen sind vor alien Dingen die Be-weggrunde zum Vergchen abzuwagen, uud dicfem Grundfatze folgend, hc,be ich den Hebraern ihre Virsuudigungen langst vergeben uud entschuldige sic mit Ueberzeugung in vielen Stucken.

W i r schelten die I u V e n , weil sir in der Wahl der M i t t e l zum Gelderwerbe nicht scrupulos sinv unv lieoer arm und mussig sein, als Ackerbau treiben wollen. D a s ist alltrdings nicht zu lobeu ; wenn wir aber, die Hand auf's Heiz, unser Verhalten den Iuden gegenuber prufen, mussel, w i r bekennm, dah die Iuden nicht allein Schuld daran find. Was bedeutet em Iudc o^ne G e l d , und was bedeutet ein I u d e , dec Geld h a t ? Das arme Iudlem laht rer geringste Hansler nicht eiumal uber seme Schwelle, den reichen Iuden aber empfangen vornehme und machtige Leute in ihren Kabiuetten und das Beamtenper' sonal erweist ihm Ehren, ohne nachzufragen, wie er zu seinem Reichthum gelangt ist, welcheu Handel, welchen Speculations er gclebt. Geldbesitz vertritt bei den Hebraern alle moglichen Privilegieu: er ist ihre m»Fn» ol»l,rt2 ! — Wke aber foN ein Iude sich zum Ackerbau verstehen, der bei den gunstigstt"

Resultaten hochstens die Moglichkekt gewahrt, eiue Familie zu ernahren! — A l s die Iuden in den von Polen zuruckerobertin Provinzen noch adelige und Kronsguter pachten durften, bctrie-brn virle derselbeu die Landwirthschaft; — aber den Iuden zu bewrgen, Ackerbauer zu sein ist ei'n schwkerigcs Unternehmen.

Nach seiner Glaubrnslehre soll der Israelit mit dem Cchweihe seines Angesichts einzig und allein den Noden Israel's nehen.

M a n muhte also die Reform ter Hebraer damit beginnen, dah man ihnen die europaische Bilduug zugcinglich macht*).

D a s ware das einzige M i t t e l gegen tiefeingewurzelte Vor-urtheile; aber die Wirkung desselben wurde sich erst in der zweiteu Generation zeigen. Durch dieses M i t t e l hat Frankreich das Volk Israel bis zu dem Grade reformirt, dah dort gegen-wartig kein Hebraer, sondern nur 3 W , W 0 Franzosen mosai-schen Glaubens anzutreffen sind, wie Victor Hugo sich aus-druckt.

M i t a u war damals das Conterfei polnischer Stadte.

Grohe, freie Platze, viele wuste Stellen, eine Menge holzerne Haufer, viele judische Factoren, Schwarme judischer H r r u m -trager und Herum-tragerinnen verschiedener Naaren in Stratzen und Hansern, Larm und'lleberssuh in den Gasthausern, Armuth m den Vorstadteu, Koth bis an die Kniee, und doch uberall Leben und Vcwegung. — I n den Adern der Kurlander fiieht B l u t , nicht Molken! — Die kurlaildischen Fraueuzimmer sind reizend, uud unter ihneu trifft man in allen S t a n d e n , selbst unter ten Bauerinnen, Echonhciten an.

Ware es mi'r uberlaffeu, mir in Guropa ein Land znm Besitzthum zu erwahlen, wahlte ich Kurland mit seinem gesun«

den K l i m a , seinem fruchtbaren Woden, semen Seehafen und semem Polke, das einer hohern Entwickelung fahig ist. Kur-land tonnte semer Lage nach ein sehr reiches Laud seiu! Es kommt hier nur auf Kapitalien und Industrie an.

Aus M i t a u zogeu w i r nach Schaulen. Hier erbat ich mir einen Urlaub auf kurze Zeit. um einen Oheim, den P r i o r des Dominikaner-Ordens zu Nossieny zu besucheo. Nachdem ich mir eine Podoroschne (Reisepah) gelost, elite ich im Post-wagen dahin.

' ) Dazu ist unter der gegenwartigen Regierung tin guter An-fang gemacht.

u . K o r r e s p o n d e n z.

D o r p a t , d. 19. A p r i l . W i r hatten heute leider schon wieder das traurige Schauspiel emer Studeutenbeerdigung. Der 8tu6. me,!. H o l t z wurde von semen Comilitonen in seine letzte irdische Wohnung getrageu. Derselbe war 24 V- I a h r alt, geburtig aus Saratow, wo sein Vater PreLiger ist. Er hatte sich auf einer Reise zu den Seinen im vorigeu I a h r erkaltet und eine Auszehrung dadnrch zugezogen, die in diesem Fruhjahr seinen Tod herbeifuhrte. A n freundlicher Pflege auf semem langen und zuletzt lchweren Kraukenlager hat es ihm nicht gefehlt, da zwei seiner Bruder, mit ihm studirten, welche aNes thaten, was nur in ihrm Kraften stand, um srin K r a n , kenlager zu erleichtern, und jiden Fortschritr der Krankheit mit bruderlicher Nesorgnih und Angst beobachteteu. Leider hatten auch dilsmal wieder die Comilitonen ei»,e Fackelbeerdigung bei Tage gewahlt. Mochten die Herrn doch eudlich von diesem Gebrauche abgehn, deun der Zweck, eme Beerdiguug dadurch feierlich zu machrn, wird gewih uicht erreicht. I a am Abend

ist es ganz was andres: aber am Taqe wird durch den Damps der Fackeln der gauze Zug nur iu llusicktbarkeit gehullt. E i n -fache, schwarz und weihe Trauerstabe statt der Fackeln und vor Allem mebr D r d n u n g , das heiht wirklichr Oidnung im begleitenden Personal uuo nicht bloh der Schein derselben, wurde der Veerdigung mehr Feierlichkeit verleiheu als die trau-rigeu Fackeln am Tage.

W o l m a r . Wenn auch in den wester aufwarts gelegenen hoheren Gbenen das Fruhlingswasscr sehr boch und stark sich ergoh, bei uus hat es uicht die halve Hohe der Plahmhauschen-Auf-fahrt erlangt, wuhrend es l8<l? etwa zwischen dem Prahmhaus' chen und dem Kruge oben hindurch stiomte. Nach den war-men Tageu, die uns feit dem 17. Marz den Thermometer Mit»

tags uber - ^ 6 Grad hinaus, zwei M a l am 19. uud 3 1 . sogar auf -s- I N " I t . hinauf fuhrten, ohne dah der Thermometer Nachts iu diesen 15 Tagen mehr als 4 mal nnter — I " It., herab-sehte, so ist mit dem A p r i l Nordwind uud ansehnliche Kalte einge«

kehrt. A m 1 . A p r i l stieg der Thermometer im Counenschein nicht uber - f - ' / v " » . und siel in dec Nacht auf den 2 . auf

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— 5 ° , so daft noch um l l Mittags, da ich dieses schreibe, alles stehknre oder laugsam fiiehende Wasser mit Sis bedeckt ist.

Die Winterfelder stehen so gut, als man es wunfchen kann; bis fttzt hat der Frost auch auf den bcreits treibenden Klee noch keiuen nacktheiligen Einstutz geubt. — Der Baro«

meter steht auf 2 8 " L ' " und ist im Steigen begriffeu.

R e v a l . Die Nevalsche Zeitung. welche, nut Ausuahme der vortrefflichen Rig. Etadtblntter, allein es wagt, locale Uebelstandc zu rugen und ins Gebiet der offentllcheu Bespre-chung zu ziehcu, hat sich auch, auf Veraulassung der letzteu Feuersbrunst in Reval, das Verdienst crworbcu, in Nr. 85 die bei dieler Gelegenheit an ten Tag gekommeueu Mangel der Loschanstalten offen ouszusprechen und hoffentl'ch auch cm-dere Stalte in ZeitlN aufmerkfam zu mack)en, ob die Splitzen, auf die sie vertrauen, auch wirklich vorhanden sind, dtnn nach den Grfahrungen, die man in Rrval gemacbt hat, kann man mit Recht zweifeln, ob alle die so zweckmahig >,ach Paiagrapheu geordneten Vraudortnungen im Fall ter »>coi5 sich bewahren werden. Nach der Rev. Zeitung hat Neva! eiue gedruckte Vrandordnung vomIahre 1825, wrlcher jeder Hausbesiher ha»

ben und die jabrlich der gesommten Loschmannschaft vorgelesen werden soll. I n dieftr Drduuug ist tine obetste Leitung mit Gehulfcn, ja fur jrde Epritze ein besonlerer Vefchlshabtl, eiue hinreichende Maunschaft zum Pumpen und eiue 2lu;al)l Pferde fur die Spritzen und Wossertonnen besti'mmt. Strafandrohuu-gen und Vrrheitzung von Belohnuugcn fehlen anch nicht. Soll ein Burger uutcr so treffiichen Unorduungen nicht ruhig fchla»

feu? I n , aber uur so lauge als es nicht brennt! denn bei dieser Feuersbrunst stellte sich ltider folgendes herans: Cs fehlte

feu? I n , aber uur so lauge als es nicht brennt! denn bei dieser Feuersbrunst stellte sich ltider folgendes herans: Cs fehlte

Im Dokument Eine Wochenschrift fur (Seite 138-142)