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Projektion der Haushaltsentwicklung im Saarland

Im Dokument Schleswig-Holstein (Seite 47-53)

3.1 G ESAMTSTAATLICHE K ENNZAHLEN

4.1.4 Projektion der Haushaltsentwicklung im Saarland

Abbildung 12: Saarland: Finanzierungssaldo 2007 bis 2019

Saarland: Finanzierungssaldo 2007 bis 2019

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Mio. Euro

Szenario I (Bund,BY,BE): Abstand Ausgaben zu Steuereinnahmen 1,3% - z.B.: Steuern +3,25%, Ausgaben +2,0%

Szenario II (Bund,BY,BE): Steuern +3,65%, Ausgaben +2,0%

Landesszenario Saarland: durchschn. Steuern +2,8%, Ausgaben +1,9%

Quelle: Daten zu 2007 Statistisches Bundesamt, Vierteljährliche Kassenstatistik der staatlichen Haushal-te, Berechnungen: Bund, Bayern, Berlin, Landesszenario Saarland.

Abbildung 13: Vergleich der Projektionen - Saarland

Bund, BY,

Szenario I max. Ausgaben-

wachstum 1,6% 2,0% 2,3% 1,3%

Szenario II Ausgaben-

wachstum 2,0%

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 14: Annahmen des Landesszenarios Saarland

Saarland

Annahmen für Projektionszeitraum 2008/2019 (in %) Durchschn. jährliche Zuwachsraten

- Bereinigte Einnahmen 3,08

- Steuerabhängige Einnahmen 3,26

- Sonstige Einnahmen 1,37

- Bereinigte Ausgaben 2,04

- Primärausgaben 1,46

- Zinsausgaben 5,86

Quelle: Saarländische Darstellung.

Position Bund, Bayern, Berlin:

Um bis 2019 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, muss das Ausgaben-wachstum im Saarland um 1,3 Prozentpunkte unter dem Zuwachs der Steuerein-nahmen begrenzt werden. Dieser Abstand ist nahezu unabhängig von der Höhe des Steuereinnahmenwachstums.

Bei einer Zunahme der Steuereinnahmen von 3,25% wäre ein Ausgabenanstieg von knapp 2% zulässig. Dies entspricht der Ausgabensteigerung in den Landesberech-nungen und wird daher auch nach landeseigener Einschätzung als machbar ange-sehen. Unter der günstigeren Annahme (Szenario II) eines nominalen Wirtschafts-wachstums von 3,65% und einer Ausgabensteigerung von knapp 2% kann das Saar-land bereits 2016 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen. Falls das SaarSaar-land sich bis dahin an die Ausgabenlinie des Finanzplanungsrates von einem Prozent hielte, so gelänge bei einem BIP-Wachstum von 3,25% der Haushaltsausgleich im Jahr 2014.

Das Saarland gibt vor, seine Projektionsrechnung „auf der Grundlage vorsichtig op-timistischer Einnahmenerwartungen und ehrgeiziger Ausgabenbegrenzungen“ er-stellt zu haben. Dieser Darstellung ist eindeutig zu widersprechen. Langfristige Prog-nosen, in diesem Fall bis 2019, sind generell mit erheblichen Unsicherheiten behaf-tet. Eine größere Detailliertheit und Differenzierung erhöht in der Regel nicht die Ge-nauigkeit, sondern täuscht Scheingenauigkeit vor. Das Saarland berücksichtigt nicht, dass das Finanzierungsdefizit 2007 nur -380 Mio. € beträgt und nicht -642 Mio. €, wie in der Landesrechnung unterstellt.

Die aufgeführten Beispiele, die zusätzliche Ausgaben ab 2008 gegenüber dem Ist-Ergebnis 2007 nachweisen sollen, sind verfehlt. Während sich der Finanzierungssal-do nach den Rechnungen des Landes von -370 Mio. Euro im Jahr 2007 auf -610 Mio. Euro in 2008 deutlich um -240 Mio. Euro verschlechtert, werden lediglich

„Belastungsfaktoren“ mit überschaubaren Größenordnungen aufgeführt, die in ihrer Gesamtheit nicht annähernd an die genannte Defizitverschlechterung herankommen, z.B.:

o Aufbau des Digitalfunks für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitscha-rakter: +15 Mio. Euro Soll 2008 gegenüber Soll 2007.

o Programm zur Ausweitung der Kinderbetreuung: +4,3 Mio. Euro in 2008.

o Die angeführten Rückzahlungen im Rahmen des LFA für 2007 bestehen nur in Höhe von 62 Mio. Euro.

o Investitionszuschüsse zur Stärkung der wirtschaftsnahen Infrastruktur haben im Soll 2008 ein Volumen von weniger als 10 Mio. Euro.

o Der Tarifabschluss für Bund und Gemeinden ist für den Landeshaushalt ohne Bedeutung.

Die aufgeführten „objektiven Vorbelastungen“ sind nicht belegbar. Durch bundesge-setzlich geregelte Sozialleistungen wird das Saarland nicht überdurchschnittlich be-lastet (siehe Abschnitt 6.2.5.2). Zudem sind die Ausgaben in allen Aufgabenberei-chen zumindest mittel- bis langfristig veränderbar. Dies gilt auch für die Versor-gungsausgaben. Es ist gerade Aufgabe der Politik, Ausgabenprioritäten und - posterioritäten festzulegen. Deshalb ist eine Fortschreibung des Status quo auch keineswegs sachgerecht.

Was die Effekte der demographischen Entwicklung angeht, so belegen Studien, dass für die Länderhaushalte sogar von einer Entlastung auszugehen ist.7 Demographi-sche Entwicklungen sind zudem langfristig bekannt, so dass sich die Landespolitik hierauf einstellen kann. Nach der Projektion von Bund, Bayern und Berlin ist ein Ge-samtausgabenwachstum von jahresdurchschnittlich 2% mit einem Haushaltsaus-gleich bis zum Jahr 2019 vereinbar. Damit sind auch reale Ausgabenzuwächse mög-lich. Zusammenfassend zeigen diese Ergebnisse deutlich, dass es dem Saarland – den Willen der politischen Entscheidungsträger vorausgesetzt – bis spätestens 2019 gelingen kann, seinen Haushalt auszugleichen.

Position Saarland:

Die Projektionsrechnung des Saarlands belegt, dass unter realistischen Annahmen trotz ehrgeiziger Ausgabenbegrenzungen ein Haushaltsausgleich bis 2019 objektiv unmöglich ist.

Annahmen der saarländischen Projektionsrechnung

Die unter 4.1.2 dargestellten differenzierten Annahmen liegen auch der Projektions-rechnung des Saarlands zugrunde. Sie sind auf der Einnahmen- und Ausgabenseite konsistent. Sie basieren auf Erfahrungswerten der Vergangenheit und berücksichti-gen die volkswirtschaftlichen Prognosen, die den Steuerschätzunberücksichti-gen zugrunde ge-legt wurden. Die folgenden Erläuterungen belegen, dass es sich hierbei um vorsich-tig optimistische Einnahmenerwartungen bzw. um ehrgeizige Konsolidierungsziele handelt.

7Vgl. Seitz (2008): Die Demographieabhängigkeit der Ausgaben und Einnahmen der öffentlichen Haushalte.

Ei-Steuerabhängige Einnahmen: Trotz der unmittelbaren Folgen der besonderen de-mographischen Probleme im Saarland ist die zwischen 2011 und 2019 erwartete Zuwachsrate mit jährlich 2,5% um 0,6 Prozentpunkte höher als im Durchschnitt der Jahre 1992 bis 2006 und gleich hoch wie im Zeitraum 1992 bis 2007, wobei dieser Wert durch die Berücksichtigung des Einmaleffekts der Mehrwertsteuererhöhung 2007 sicherlich nicht repräsentativ sein dürfte (vgl. 3.1 des Berichts).

Die Folgewirkungen des aktuellen Tarifabschlusses für den Bund und die Kommunen auf die Personalausgaben sowie die sich abzeichnende Verknappung qualifizierter Arbeitskräfte in Deutschland ist bei dem durchgehend zugrunde gelegten linearen ta-riflichen Zuwachs von 1,5% nicht berücksichtigt. Die wegen steigender Fallzahlen wachsenden Versorgungs- und Beihilfeausgaben sowie die demographischen Effek-te sind bei den Personalausgaben berücksichtigt.

Für die konsumtiven Ausgaben und die Investitionsausgaben wird nach Realisierung der bis 2011 im Finanzplan vorgesehenen Konsolidierungsmaßnahmen ab 2012 ein unterhalb der Inflationsrate liegendes jährliches Wachstum von 1% angenommen.

Daneben entwickelt sich der kommunale Finanzausgleich parallel zu den steuerab-hängigen Einnahmen.

Der Zinssatz für Kapitalmarktdarlehen des Bundes wird den Annahmen zufolge bis 2014 langsam auf 4,5% ansteigen. Die Finanzierungskosten der Länder liegen übli-cherweise um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte über denen des Bundes, für das Saarland wird ein Wert von 5,0% erwartet. Ein geringerer Durchschnittszins von 4,5% statt 5,0% würde an den Ergebnissen der Projektionsrechnungen jedoch nichts Wesentli-ches ändern.

Die unterstellte Ausgabenbegrenzung in den durch die Landespolitik kurz- und mittel-fristig gestaltbaren Bereichen ist überaus ehrgeizig. In der Projektionsrechnung sind weitere Kürzungen bei den Personalausgaben eingearbeitet. Die sonstigen konsum-tiven Ausgaben werden strikt begrenzt, sie sollen im Jahr 2019 nominal um 3% unter denen des Jahres 2008 liegen. Der Zuwachs der Primärausgaben ohne den kommu-nalen Finanzausgleich, der sich nach mehreren nachhaltigen Kürzungen in den ver-gangenen Jahren zukünftig im Gleichklang mit den steuerabhängigen Einnahmen entwickeln soll, wird bis 2019 auf nominal jahresdurchschnittlich lediglich 1,2% be-grenzt, in realer Betrachtungsweise also weiter zurückgeführt.

Eine stärkere Ausgabenbegrenzung wird auch von Bund, Bayern und Berlin nicht ge-fordert. Sie ignorieren aber die Tatsache, dass das von ihnen unterstellte höhere

Wachstum und höhere Steuereinnahmenzuwächse Rückwirkungen auf die Perso-nalausgaben, den kommunalen Finanzausgleich und die Zinsausgaben hätten. Die Ausgaben- und Einnahmenentwicklung unabhängig voneinander zu betrachten, führt zu keinen realistischen Ergebnissen.

Realitätsgehalt der saarländischen Projektionsrechnung im Unterschied zur Modellrechnung des Bundes, Bayerns und Berlins

Die Berechnungen des Saarlands setzen auf dem im Dezember 2007 beschlossenen Haushaltsplan für 2008 auf. Die im November 2007 im Finanzplanungsrat von allen Beteiligten für die Länderhaushalte in 2008 erwartete deutliche Verschlechterung der Hauhaltslage, u.a. wegen der Entwicklung der Personalausgaben, des kommunalen Finanzausgleichs und anderer Faktoren, wird - anders als in der Modellrechnung des Bundes, Bayerns und Berlins - adäquat berücksichtigt. Die Erhöhung des saarländischen Defizits von 2007 nach 2008 beruht sowohl auf allgemein wirksamen als auch auf spezifisch im Saarland wirksamen Faktoren, die hier exemplarisch dargestellt werden.

In 2008 werden verschiedene im gesamtstaatlichen Interesse zwischen Bund und al-len Ländern vereinbarte Programmen und Maßnahmen finanzwirksam, wie etwa zum Aufbau des Digitalfunks für die Polizei (BOS), zur Ausweitung der Kinderbetreuung oder der Hochschulen. Im Saarland müssen in 2008 Einnahmen aus dem bundes-staatlichen Finanzausgleich von über 60 € je Einwohner zurückgezahlt werden, die wegen der positiven Steueraufkommensentwicklung in 2007 zu viel vereinnahmt wurden. In 2008 und in den Folgejahren ist mit dem Abruf von Investitionszuschüs-sen zur Stärkung der wirtschaftsnahen Infrastruktur zu rechnen, die in den Vorjahren bewilligt wurden. Infolgedessen darf nicht, wie in der Modellrechnung des Bundes, Bayerns und Berlins geschehen, schlicht auf die Ergebnisse des Jahres 2007 aufge-setzt werden.

Die Tatsache, dass nicht nur der Landeshaushalt, sondern auch die saarländischen Kommunen im Jahr 2007 immer noch ein erhebliches Finanzierungsdefizit (über 50 €/EW) verzeichnen mussten, blenden der Bund, Bayern und Berlin in ihren Be-trachtungen ebenfalls komplett aus.

Es ist davon auszugehen, dass die schon heute wirksamen finanzwirtschaftlich rele-vanten Belastungsfaktoren auch weiterhin wirksam sind. Dies sind insbesondere die relativ ungünstige Finanzausstattung nach Finanzausgleich, die Vorbelastungen im Sozialbereich aufgrund von Bundesrecht sowie die auch wegen der demographi-schen Entwicklung hohen Vorbelastungen bei den Zins- und Versorgungsausgaben.

Die Einnahmen, die dem Land zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung stehen, sind deutlich niedriger als in allen anderen Ländern. Für das Jahr 2006 ergibt sich für das Saarland nach Abzug der objektiven und statistisch belegten Vorbelastungen für die steuerabhängigen Einnahmen eine Lücke von 420 €/EW bzw. knapp 440 Mio. € gegenüber den westdeutschen Flächenländern und von 244 €/EW bzw. 255 Mio. € gegenüber Niedersachsen/Rheinland-Pfalz. Bezogen auf die Primäreinnahmen nach Abzug der Vorbelastungen fehlen dem Saarland gegenüber den westdeutschen Flä-chenländern sogar 554 €/EW und gegenüber Niedersachsen/Rheinland-Pfalz 279 €/EW (vgl. 5.4.9 des Berichts).

Nach der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung8 des Statistischen Bun-desamtes sinkt die Bevölkerungszahl des Saarlands bis 2019 mit 6,3% fast drei Mal stärker als im Bundesdurchschnitt (-2,3%). Während sich die sonstigen demogra-phisch bedingten Be- und Entlastungen im Haushalt in etwa ausgleichen, lässt dies die Pro-Kopf-Belastungen des Saarlands bei Zins- und Versorgungsausgaben nach-weislich weiter ansteigen.9 Darüber hinaus stellen die sich abzeichnenden Perspekti-ven im Steinkohlenbergbau in den nächsten Jahren eine erhebliche Herausforderung dar. Somit verstärken sich aus heutiger Sicht die Faktoren, die den überdurchschnitt-lich hohen Schuldenstand des Landes und seiner Kommunen verursacht haben, wei-ter und konwei-terkarieren die Maßnahmen des Landes zur Verbesserung seiner Haus-haltslage. In der Modellrechnung des Bundes, Bayerns und Berlins für das Saarland werden all diese Faktoren in keiner Weise berücksichtigt.

8 Statistisches Bundesamt: Bevölkerung Deutschlands nach Bundesländern bis 2050, Wiesbaden 2007.

9 Die demographische Entwicklung belastet die Haushaltslage der Länder, vgl. Renzsch, Komm-DrS. 16.

Im Dokument Schleswig-Holstein (Seite 47-53)