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2 Unternehmerische Herausforderung - Mehr Nutzen mit weniger

2.2 Nutzenproduktivität von Ressourcen

2.2.1 Produkt, Nutzen und Ressourcen

Das Spektrum möglicher Produkte zur Befriedigung der Bedürfnisse ist in Bild 2-6 dargestellt. In der industriellen Praxis werden Produkte häufig als Leistungsbündel aus materiellen Produkten und begleitenden Dienstleistungen angesehen [Spu-94].

Dienstleistung sind im allgemeinen nicht übertragbar, nicht lagerfähig und nicht transportierbar [Gab-94]. Produktion und Verbrauch von Dienstleistung fallen dabei meist zeitlich und örtlich zusammen.

Produkte

immaterielle Produkte materielle Produkte

fertigungstechnisch erzeugte Sachgüter

verfahrenstechnisch erzeugte

Sachgüter Dienstleistungen

geistige Schöpfungen

gebunden an die Bereit-stellung materieller Produkte ungebunden an die Bereit-stellung materieller Produkte

Bild 2-6: Spektrum von Produkten nach [Spu-94]

Um Wettbewerbsvorteile zu erreichen, können entweder bewährte Produkte preis-günstiger als beim Konkurrenten (Kostenführerschaft) angeboten oder aber neuarti-ge Leistunneuarti-gen (Differenzierung) erbracht werden [Por-89]. Für eine Kostenführerschaft muß ein Unternehmen seinen Marktanteil ständig vergrößern oder halten. Dies führt zu beschleunigten Produktzyklen, zu immer größer werden-den Unternehmens- und Produktionseinheiten mit wachsendem Produktionsvolu-men. Die Differenzierungsstrategie erlaubt es durch Spezialisierung auf bestimmte Leistungen trotz gesättigter Märkte Gewinne einzufahren. Diese Strategie führt jedoch zu einer hohen Variantenvielfalt und inkompatiblen Produkten. Kunden verlieren die Marktübersicht und beenden möglicherweise die Nutzung funktions-tüchtiger Produkte. Daraus folgen größere Stoffströme in der Produktion und größere Abfallmengen [WUP-95]. Die bisherige Umsetzung beider Wettbewerbsstrategien führt zu steigendem Ressourcenverbrauch und negativen Umwelteinwirkungen.

Für die Bewertung des Ressourcenverbrauchs existieren unterschiedliche Ansätze.

Das Statistische Bundesamt bestimmt den Ressourcenverbrauch jeweils in den Kategorien Energie, Wasser und Rohstoffe und bezieht diese auf das Bruttoinlands-produkt. Bei Stahel [Sta-93] wird der Einsatz von Ressourcen bezogen auf Nut-zungseinheiten als Ressourceneffizienz verstanden. Mit der Materialintensität pro Serviceeinheit (MIPS) des Wuppertal Institutes [Sch-94] wird der gesamte Material-input, der für die Produktion, die Nutzung und Entsorgung des jeweiligen Produktes notwendig ist, auf eine Serviceeinheit bezogen. So werden auch die zur Rohstoffge-winnung erforderlichen Aushübe und Abräume berücksichtigt. Der gesamte

lebens-zyklusweite Materialinput abzüglich der Eigenmasse ergibt den „ökologischen Rucksack“ des Produktes. Die Serviceeinheit des Produktes stellt ein Maß für die Nutzung dar und wird produktspezifisch definiert, beispielsweise als Materialeinsatz pro gefahrene Personenkilometer oder Materialeinsatz pro kg gewaschene Wäsche.

Im relativen Vergleich von Produkten gleicher Funktion kann mit der Materialintensi-tät pro Serviceeinheit (MIPS) das Produkt identifiziert werden, das den geringsten Ressourcenverbrauch zur Erfüllung der Funktion benötigt. Dabei wird eine bestimm-te Nutzungsdauer zugrunde gelegt. Da die Nutzungsdauer je nach Nutzer differiert, ergeben sich real unterschiedliche MIPS für gleiche Produkte. Bild 2-7 zeigt das für einen privat oder gewerblich genutzten Personalcomputer.

Rohstoffabbau

Rohstoffabbau Herstellung Betrieb Entsorgung

Ressourcenverbrauch gewerblich

privat

gewerblich

privat

Bild 2-7: Ressourcenverbrauch (MIPS-Methode) differenziert nach gewerblicher und privater Nutzung [Gro-97]

Tabelle 2-8 faßt die unterschiedlichen Bewertungen des Ressourcenverbrauchs zusammen. Als Betrachtungsgrundlage für den Ressourcenverbrauch ist der gesamte Produktlebenszyklus anerkannt und auch durch die Ökobilanzierung [DIN-97] festgeschrieben worden.

Benennung Aussage Erläuterung

Rohstoff-produktivität [BMU-98a]

Ressourcenverbrauch bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt

keine Betrachtung der nicht verwertbaren Entnahmen (Bodenaushub, Abraum, Bergematerial)

Ressourcen-effizienz [Sta-93]

Ressourcenverbrauch bezogen auf eine Nutzungseinheit

Betrachtung des gesamten lebenszyklus-weiten Materialinputs, Beschränkung auf die Funktion der physischen Einheit Produkt

Ressourcen-produktivität [Sch-94]

Ressourcenverbrauch pro Serviceeinheit MIPS

Betrachtung des gesamten lebenszyklus-weiten Materialinputs, Beschränkung auf die Funktion der physischen Einheit Produkt Tabelle 2-8: Vergleich der Bewertung des Ressourcenverbrauchs

Eine Reduzierung auf eine Nutzungs- oder Serviceeinheit und damit auf die Funktion eines Produktes ist jedoch unter marktwirtschaftlichen Bedingungen unzureichend.

Neben Funktion und Ressourcenverbrauch beeinflussen weitere Kriterien wie Sicherheit, Wirtschaftlichkeit oder Gesellschaftsqualität den Nutzen eines Produktes.

Wenn es gelingt, eine Erhöhung des Nutzens für einen spezifischen Kundenkreis durch einen verringerten Ressourcenverbrauch zu erreichen, würde neben einer Ver-besserung der Wettbewerbsposition, gleichzeitig ein Schritt in Richtung nachhaltiger Entwicklung vollzogen.

In welchem Maße mehr Nutzen mit weniger Ressourcen zur Verfügung gestellt wird, soll daher durch die Nutzenproduktivität von Ressourcen ausgedrückt werden.

Nutzenproduktivität von Ressourcen ist das Verhältnis aus erzieltem Nutzen zu eingesetzten Ressourcen. Der Nutzen als Maß für die Bedürfnisbefriedigung kann aus dem subjektiven Gebrauchswert abgeleitet werden [Sel-97b]. Werte sind Ergebnisse individueller und sozialer Entwicklungsprozesse, die sich in der Ausein-andersetzung mit natürlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen vollziehen. Werte unterliegen dem historischen Wandel und können in verschie-denen Kulturen und gesellschaftlichen Gruppen voneinander abweichen [VDI3780-91]. Für die Bestimmung des Gebrauchswertes läßt sich das Wertesystem der Technikbewertung [VDI3780-91] heranziehen (Bild 2-8). Das Wertesystem leitet sich aus dem Ziel der Bedürfnisbefriedigung durch die Entwicklung und sinnvolle Anwen-dung technischer Mittel ab.

Funktionsfähigkeit Wirtschaftlichkeit Sicherheit Gesundheit

Bild 2-8: Wertesystem der Technikbewertung nach [VDI3780-91]

Das Leistungsangebot eines Unternehmens ist auf die Bereitstellung eines zusätz-lichen Nutzens innerhalb dieses Wertesystems zu prüfen. Dabei geht es nicht um Technologiedruck oder um Marktsog allein, sondern darum, wie eng verzahnt sich beides gemeinsam entwickelt [Bro-98]. So wurde nachgewiesen, daß die am Wachstum und Gewinn gemessenen, erfolgreichsten High-Tech-Firmen der Elektro-nikindustrie, die Produktinnovatoren sind, die sich nicht an die Wünsche der beste-henden Kunden halten, sondern ihre neuen Produkte über neue Kunden einführen [Chr-97].

Neben dem Streben Kosten zu reduzieren, ein Produkt früher in den Markt zu bringen, die Qualität weiter zu verbessern, lassen sich nachhaltige Wettbewerbsvor-teile häufig nur durch sogenannte Branchenrevolutionen erreichen. Folgende Wege werden als erfolgversprechend für eine Branchenrevolution gesehen [Ham-98]:

• radikale Verbesserung des Preis-Leistungsverhältnis durch Neuplanung der Leistung,

• Trennen von Form und Funktion der Leistung,

• Spaß am Gebrauch erzeugen,

• Marktgrenzen ausdehnen,

• Streben nach Individualität,

• bessere Erreichbarkeit,

• Branchen neu skalieren,

• Versorgungsketten verkürzen und

• Konvergenz vorantreiben.

Dieses Brechen mit Kompromissen hängt eng damit zusammen, Wettbewerb als Spiel anzusehen und seine Regeln zu ändern [Bra-98].

Im Rahmen dieser Arbeit werden der Ressourcenverbrauch sowie mögliche Kosten-senkungs- und Erlöspotentiale entlang des Produktlebenszyklus identifiziert, um den Profit des Unternehmens zu erhöhen. Wettbewerbsdynamische Aspekte bleiben dabei unberücksichtigt. Sie bedürfen einer gesonderten Untersuchung.