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3 Rückgewinnung von Ressourcen

3.3 Anpassen im Produktlebenszyklus

3.3.5 Anpassungseignung

Die Rückgewinnung zur Verwendung von Produkten und Komponenten erfordert je nach Abnutzung unterschiedliche Anpassungsarten. Ausgehend vom Extremum des Nutzungsendes durch Abnutzung einer Komponente ergeben sich eine Vielzahl von Demontage- und Remontageprozessen bis zum anderen Extremum, dem Nutzungs-ende bei vollständiger Abnutzung aller Komponenten [Sel-97a]. Bild 3-15 zeigt diesen Zusammenhang zwischen Abnutzung und Anpassung am Beispiel eines Personalcomputers.

Gehäuse Lüfter Netzteil Modem Graphikkarte

Festplatte Prozessor Hauptspeicher

Zeit I

I

M

M M M

M M M

V V M

E

alle Komponenten I -Instandsetzen M-Modernisieren V-Vergrößern E-Erweitern

Ende der Nutzungsphase hervorgerufen durch:

eine Komponente

Bild 3-15: Abnutzung und Anpassung am Beispiel eines Personalcomputers Für die Zuordnung zur Verwendung wird der Rückgewinnungsgraph mit den Anpas-sungsarten detailliert (Bild 3-16). Das Produkt, bisher durch stoffliche und geometri-sche Eigenschaften beschrieben (vgl. Kap. 3.2.2), ist um seine Abnutzungen zu ergänzen.

Aufarbeitung Aufbereitung Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung Aufarbeitung Aufbereitung

Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung Aufarbeitung Aufbereitung

Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung

Aufarbeitung Aufbereitung Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung Aufarbeitung Aufbereitung

Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung Aufarbeitung Aufbereitung

Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung Aufarbeitung Aufbereitung

Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung Aufarbeitung Aufbereitung

Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung Aufarbeitung Aufbereitung

Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung Aufarbeitung Aufbereitung

Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung Aufarbeitung Aufbereitung

Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung Aufarbeitung Aufbereitung

Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung Aufarbeitung Aufbereitung

Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung Aufarbeitung Aufbereitung

Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung

Anpassung Aufbereitung

Altprodukt / Baugruppe / Komponente

Verwendung Verwertung Beseitigung

Warten Aufarbeiten Modernisieren Reduzieren Verkleinern

Instandsetzen Umrüsten Erweitern Vergrößern Abnutzung

Bild 3-16: Erweiterter Rückgewinnungsgraph

Im Gegensatz zur Zuordnung der Aufbereitungsprozesse zur Verwertung, die produktunabhängig auf Grundlage der Materialien erfolgen konnte (vgl. Kap. 3.2), können Aussagen zur Verwendung nur produktspezifisch vorgenommen werden.

Erste Angaben zur Verwendungseignung lassen sich aus den konstruktiven Merk-malen der Produktklassifikation (Tabelle 3-12) ableiten. Eine hierarchische Baustruk-tur und differentiale Bauweise wirken sich positiv aus. Ebenso fördert die physische und funktionale Unabhängigkeit der Module sowie eine Standardisierung von Komponenten und Schnittstellen eine erneute Verwendbarkeit. Aber auch die Art und das Ausmaß der Abnutzungen haben einen Einfluß auf die Verwendungs-eignung. Sie beeinflussen neben den konstruktiven Merkmalen den Anpassungs-aufwand. Art und Ausmaß der physischen Abnutzungen sind einerseits von den verwendeten Materialien abhängig (Tabelle 3-5) und andererseits von der Art und Höhe der Beanspruchungen. Hier lassen sich die Merkmale Nutzungsintensität und Nutzungsfrequenz heranziehen. Die Abnutzungen sind dabei auf die Komponenten zu beziehen und geeignete Anpassungsprozesse zu identifizieren.

Am Beispiel eines PKW-Motors wird die Komplexität der Beschreibung der Abnut-zungen und Anpassungsprozesse deutlich. Allein bei den physischen AbnutAbnut-zungen konnten durch eine Schadensanalyse [VDI3822-84d] für den Zylinderkopf 11, das Kurbelgehäuse 6 und den Kurbeltrieb 27 typische Abnutzungen identifiziert werden,

die zum Ausfall der Funktion bzw. zu ihrer Beeinträchtigung führen. Für die Instand-setzung werden über 60 verschiedene Operationen benötigt, wobei ein Schaden bis zu 30 verschiedene Operationen erfordern kann. Die Zuordnung von Schäden von Instandsetzungsprozessen und ihre Bewertung konnte in diesem Fall mittels einer Datenbank realisiert werden. Bild 3-17 zeigt die Anpassungseignung am Beispiel der Instandsetzung. Die erzielbaren Erlöse wurden dabei auf die Laufleistung des Motors bezogen.

Erlös

Laufleistung [km]

Instandsetzung bis Y km bei Verschleiß des Gleitlagers Instandsetzung bis X

km bei Bruch der Kurbelwelle

Instandsetzungs-kosten

Abnutzungsart

X Y

(Werte auf Wunsch des Unternehmens qualitativ dargestellt)

Bild 3-17: Anpassungseignung am Beispiel der Instandsetzung verschiedener physischer Abnutzungen eines PKW-Motors

Während bei einer Aufarbeitung der komplette Motor demontiert wird und alle Verschleißteile durch Neuteile ersetzt werden (Bild 3-12) können durch eine Instand-setzung in Abhängigkeit der vorliegenden Abnutzung die InstandInstand-setzungskosten reduziert und damit die Verwendungschancen des Motors erhöht werden.

Im weiteren wurde der Einfluß der Konstruktion auf die Anpassungsfähigkeit und den Anpassungsaufwand untersucht. Der Motor des Kleinwagens smart weist ein neues Leichtbaukonzept auf. Vielfach wurden Integralbauweisen angewandt. Diese Konzepte führten zu einer Kostenreduktion in der Fertigung und einem geringeren Benzinverbrauch in der Nutzung. Festgestellt wurden allerdings Nachteile in der Anpassung. Tabelle 3-14 zeigt für einige Beispiele den Einfluß konstruktiver Gestal-tung auf den Anpassungsaufwand. Demgegenüber wurde die herkömmliche In-standsetzung oder Aufarbeitung von Motoren gestellt.

Konstruktive Gestaltung

Erzielter Vorteil Einfluß auf den Anpas-sungsaufwand

herkömmliche

Instandsetzung oder Aufarbeitung

Austausch des gesam-ten Kurbelgehäuse-oberteils notwendig

Austausch der Zylinderlaufbuchsen ausreichend

Aluminium-legierung hergestellt im Druckguß-verfahren

Bauteil- und

Gewichtsreduktion, durch den Wegfall der GG-Lager-deckel

Bearbeitung der Haupt-lagerbohrungen des Kurbelgehäuses not-wendig

Austausch gegen fertigbearbeiteten Lagerdeckel ausrei-chend

Einsatz von Silikon als Dichtmittel

Bauteilreduktion durch Wegfall der Dichtung

Ölwanne nur zerstörend demontierbar, erhöhter Reinigungsaufwand

Entschrauben der Ölwanne, Eintauchen der Komponenten in fettlösende Reini-gungsmittel Integriertes

Ölpumpen-gehäuse

Bauteil- und

Gewichtsreduktion

Austausch des gesam-ten Kurbelgehäuse-oberteils notwendig, eine Bearbeitung ist nicht möglich, da dies den Druck und den Volumen-strom des Ölkreislaufes beeinflußt

Austausch der defekten Ölpumpe

Tabelle 3-14: Einfluß der konstruktiven Gestaltung auf den Anpassungsaufwand am Beispiel des Kurbelgehäuses

Der Motor des Kleinwagen smart weist einen höheren Anpassungsaufwand bei physischen Abnutzungen auf als herkömmliche PKW-Motoren. Auf veränderte Anforderungen kann er jedoch besser reagieren. Das neu entwickelte Steuergerät EPM (Electronic Power Management) [DAI-98] kann die fahrdynamischen Eigen-schaften elektronisch steuern. Es bietet die Möglichkeit, die EigenEigen-schaften der Komponenten des Antriebsstrangs (Motor und Getriebe) mit geringem Aufwand nachträglich zu verändern. Durch die Programmierung des Steuergerätes kann bedarfsweise die Leistung des Motors von 33 kW auf 40 kW gesteigert werden. Auch eine Anhebung der Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeuges ist möglich.

Das Sechsganggetriebe kann auf Grund der elektronischen Aktivierung des Kupplungsaktuators von einem teilautomatischen Getriebe in ein vollautomatisches erweitert werden. Eine Traktions- und Stabilitätskontrolle (TRUST) erfolgt durch die Einflußnahme auf Motor und Kupplung.

Der Kleinwagen smart zeichnet sich auch durch einen modularen Aufbau seiner Karosserie und Innenausstattung aus. Nichttragende Karosseriekomponenten wie Türen, Heckklappe und Front weisen durchgefärbte Außenhautelemente aus Kunststoff sogenannte Bodypanel auf. Die Bodypanels sind mit leicht lösbaren Schraubverbindungen montiert. Diese Bauweise ermöglicht den Austausch der Bodypanels innerhalb einer Stunde [MCC-99]. In diesem Zusammenhang wird ein sogenanntes Fresh-up-Paket angeboten, daß dem Kunden die Änderung der Wagenfarbe bei geringem Aufwand ermöglicht Bild 3-18.

Bild 3-18: Karosseriemodule (Bodypanel) und deren Anpassung [MCC-99]

Auch die Innenausstattung des smart kann mit geringem Aufwand angepaßt werden.

Farbige Akzentteile der Sitze des Cockpits und der Türinnenverkleidung sind per Schraubverbindungen und lösbaren Schnappverbindungen montiert. Sie können binnen kurzer Zeit durch andersfarbige Komponenten oder Komponenten aus anderen Materialien ersetzt werden. Der Ausbau des Sitzgestelle ist nicht notwendig.

Tabelle 3-15 faßt für den Kleinwagen smart den Einfluß der Konstruktion auf den Anpassungsaufwand zusammen. Dabei wird deutlich für welche Abnutzungen der Anpassungsaufwand reduziert werden konnten und wo der Aufwand für die Beseiti-gung der Abnutzungen gestiegen ist.

Komponenten Verschlei

ß Alterung Bruch Korrosion Kriechen Ermüdung Verformung Verschiebung/ Verlust Verschmutzung Gesetzesänderung gewandelte Nutzung Modeentwicklung technischer Fortschritt Wertewandel

Bodypanels + + + + ++ + +

Innenausstattung + + + + + +

Motor - - - - + + +

Getriebe + +

Anpassungs- aufwand bei:

++/+: Konstruktive Gestaltung reduziert den Anpassungsaufwand -: Konstruktive Gestaltung erhöht den Anpassungsaufwand

Tabelle 3-15: Konstruktive Gestaltung und Einfluß auf den Anpassungsaufwand Ob eine Anpassung in Frage kommt und welcher Aufwand damit verbunden ist, hängt von der konstruktiven Gestaltung ab. Welche Komponenten welchen Abnut-zungen unterliegen kann mit Hilfe einer Life Cycle Unit und von Rückgewinnungs-szenarien ermittelt werden. Die Beschreibung der Anpassungsarten (Tabelle 3-13) zeigt, welche Anpassungsart prinzipiell geeignet ist, diese Abnutzungen zu vermin-dern oder zu beseitigen.

Durch eine verbesserte Konstruktion kann der Anpassungsaufwand reduziert werden. Um Schwachstellen und Verbesserungspotentiale identifizieren zu können, wurde die Anpassungsmatrix (Bild 3-19) entwickelt. Diese stellt den Zusammenhang zwischen Komponenten, ihren Abnutzungen und deren möglichen Anpassungen dar.

Die Komponenten werden hinsichtlich ihrer Abnutzungen spezifiziert und eine Anpassung abgeleitet. Die Verknüpfung der Komponenten zeigt, welche weiteren Komponenten von dieser Anpassung betroffen sind. Bei Austausch einer Kompo-nente müssen beispielsweise die physischen Verknüpfungen zu den anderen Komponenten getrennt werden. Bei Einbau einer Komponente müssen funktionale und geometrische Restriktionen beachtet werden.

Je geringer die Abnutzungen der Komponenten und je geringer der Verknüpfungs-grad zwischen ihnen, desto größer kann ihr Verwendungspotential angenommen werden. Besteht keine funktionale Verknüpfung, können Komponenten leicht umstrukturiert und physische Verknüpfungen reduziert werden. Komponenten, die ähnlichen Abnutzungen unterliegen, sollten möglichst in einem Modul zusammenge-faßt werden, um die Anpassung zu erleichtern und den Aufwand zu reduzieren. Die Erfassung der Komponentenverknüpfungen, ihren Abnutzungen und

Anpassungs-möglichkeiten in einer Anpassungsmatrix unterstützt daher die Entwicklung modula-rer Produkte, die zu einem reduzierten Anpassungsaufwand führen.

Steuerung ...

Heizungselement Motor

Magnetventil Zuflußleitung Laugenpumpe Lagerung Gehäuse physische Verknüpfung funktionale Verknüpfung funktionale und physische Verknüpfung

Shifting valuejudgementShifting valuejudgementShifting valuejudgementShifting valuejudgement

Alterung

Verschle Korrosion Technischer Fortschritt Veränderte Nutzung Gesetzes- änderung Modetrends Wertewandel

Anpassung Komponenten

Abnutzung

...

...

...

Aufarbeitung alle

1000 Waschzyklen

Reduzieren nach 10 Jahren

Instandsetzung Aufarbeitung Reduzieren

... ...

Bild 3-19: Anpassungsmatrix am Beispiel Waschmaschine

In Bild 3-19 wurden die Komponenten auf Basis von Baugruppen eines Produktes, hier der Waschmaschine, angedeutet. Die Anpassungsmatrix kann jedoch auch genutzt werden, um in einer weiteren Detaillierungsstufe beispielsweise die Bauteile des Waschmaschinenmotors zu untersuchen oder in einer höheren Stufe die Verknüpfungen zu weiteren im Gebrauchszusammenhang stehenden Produkten darzustellen. Im Falle der Waschmaschine ergeben sich funktionale Verknüpfungen zwischen Waschmaschine, Waschmittel und Wäsche.

In weiteren Forschungsarbeiten sind die vorliegenden Ergebnisse aus der Analyse der Abnutzungen und Anpassungen in eine methodische Planung und Gestaltung von modularen verwendungsorientierten Produkten zu integrieren.