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4 Entwicklung von Nutzenangeboten

4.2 Akzeptanz und Zielgruppen

Beispielsammlungen [Sta-95; Bie-96, Flg-97] zeigen, daß es Unternehmen gelungen ist, den Verkauf von Produkten durch den Verkauf von Dienstleistungen zu ersetzen oder zumindest zu erweitern. Hierbei handelt es sich vielfach um Investitionsgüter.

Durch den Kauf des Nutzen anstatt des Produktes lassen sich hohe Investitions-kosten umgehen, die Kapitalbindung sinkt und die FolgeInvestitions-kosten sind besser

kalku-lierbar. Beispielsweise bietet die Aufzugherstellers Schindler AG den Nutzen „vertika-len Transport“ an. Entsprechende Verträge umfassen regelmäßige Wartung und Reparatur. Mittlerweile erzielt die Schindler AG mehr als 70 % ihrer Einkünfte aus diesen Dienstleistungen [Wei-95].

Im Konsumgüterbereich werden häufig niedrige Anschaffungskosten als Hemmnis für den Erfolg von Nutzenangeboten gesehen [Sra-98]. Darüber hinaus messen Konsumenten dem Eigentum aber auch einen Eigenwert zu, der im Investitionsgü-terbereich eine wesentlich geringere Rolle spielt. Dem entgegen steht die häufige Ansicht, der Konsument wolle nicht das Eigentum an einem Produkt, sondern nur dessen Nutzen [Hin-97] erwerben.

Die Bedeutung des Eigentums wurde durch eine repräsentative Befragung [Sra-98]

von Einwohnern der Stadt Hannover untersucht. Motivation hierfür war die Integrati-on vIntegrati-on Nutzenangeboten im Zusammenhang mit der Errichtung einer ökologisch wegweisenden Siedlung (Stadtteil Kronsberg), in der insgesamt 2800 Wohnungen entstehen. Für die Studie wurde die Akzeptanzforschung angewendet, die heute z.B.

im Rahmen der Technologiefolgenabschätzung eingesetzt wird. Akzeptanz bezeich-net die positive Wertschätzung einer Innovation, Idee, eines Sachverhaltes oder einer Person bei gleichzeitiger Handlungsbereitschaft. Untersuchungen zum Um-weltbewußtsein und zum umweltbewußten Verhalten [BMU-98e] zeigen eine deutli-che Diskrepanz zwisdeutli-chen beiden auf und weisen damit auf die Bedeutung der Handlungsbereitschaft hin. Nachfolgend werden die Ergebnisse dieser Befragung zusammengefaßt (Tabelle 4-1), um Ansatzpunkte für Marktpotentiale und Anforde-rungen an Nutzenangebote zu erhalten.

Bewertung 1 2 3 4 5 Durch-schnitt Affektive Akzeptanzkomponente

Mich freut es, wenn Produkte mir gehören, unabhängig davon, ob ich sie wirklich brauche oder nicht.

7,3 % 7,3 % 26,3 % 25,4 % 33,8 % 3,7

Mit gemeinschaftlicher Nutzung von Gütern verbinde ich ein Gefühl von Mangel und Armut.

4,6 % 4,7 % 13,3 % 17,1 % 60,2 % 4,2

Kognitive Akzeptanzkomponente Es ist nicht sinnvoll, daß viele Produk-te kaum genutzt in Kellern und

Abstellräumen lagern.

64,0 % 20,9 % 6,9 % 3,6 % 4,6 % 1,6

Es wäre sehr sinnvoll, wenn es mehr Möglichkeiten gäbe, Produkte für kurze Zeit leihen zu können, statt sie kaufen zu müssen.

38,2 % 30,1 % 21,0 % 4,2 % 6,5 % 2,1

Konative Akzeptanzkomponente (Handlungsbereitschaft) Bevor ich mir ein Produkt kaufe, das

ich nur selten brauche, versuche ich es mir irgendwo zu leihen.

18,9 % 24,1 % 20,4 % 19,9 % 16,7 % 2,9

Produkte, die ich mir einfach und günstig leihen oder mieten kann, kaufe ich mir nicht.

27,9 % 24,9 % 19,3 % 14,1 % 13,9 % 2,6

Handlungswissen

Ich kenne Geschäfte, in denen ich Produkte mieten kann, die ich nur selten brauche.

10,4 % 8,7 % 22,8 % 26,4 % 31,6 % 3,6

Ich weiß etwas über das hannover-sche Car-Sharing Projekt „teilAuto“

des Vereins „Ökostadt e.V.“.

12,8 % 10,2 % 23,3 % 9,0 % 44,7 % 3,6

1=trifft voll zu; 2=trifft weitgehend zu; 3=trifft zum Teil zu; 4=trifft kaum zu;

5=trifft gar nicht zu

Tabelle 4-1: Akzeptanz und Wissen im Bereich

eigentumsersetzender Dienstleistungen [Sra-98]

Es zeigt sich eine hohe grundsätzliche Akzeptanz eines Konsums ohne Eigentum.

Die Handlungsbereitschaft, bleibt etwas hinter der affektiven und kognitiven Wert-schätzung zurück. Dies wird zum einen auf die Diskrepanz zwischen Bewußtsein und Verhalten zurückgeführt. Zum anderen weisen die Antworten zum Handlungs-wissen darauf hin, daß viele Befragte keine Möglichkeiten kennen, Nutzenangebote

in Anspruch zu nehmen. Nicht einmal zwanzig Prozent der Befragten sind Geschäfte bekannt, in denen Produkte gemietet werden können. Eine wesentliche Vorausset-zung für eine positive Entwicklung der Nachfrage nach Nutzen ist damit die Erhö-hung des Handlungswissens.

Neben Fragen zur grundsätzlichen Akzeptanz enthielt die Befragung konkrete Nutzenangebote. Die Ergebnisse wurden in bezug zu ausgewählten Merkmalen der Befragten gesetzt, wie z.B. sozio-demographischen Merkmalen. Es wurden Hypo-thesen abgeleitet, welchen Einfluß die Merkmale auf die Akzeptanz der abgefragten Leistungen besitzen (Tabelle 4-3).

Zielgrup-penmerkmal

Akzeptanzhypothese Erläuterung indifferenter Merkmale Alter höher bei jüngeren

Personen

Geschlecht keine geschlechts-spezifischen Unter-schiede

Unterschiede bezogen auf die Art des Angebo-tes je nach emotionaler Bindung zum Produkt, die sich jedoch insgesamt ausgleichen:

höher bei Männern für Gemeinschafts-waschmaschinen

geringer bei Männern für Gemeinschaftsautos, -werkzeugen und -gartengeräten

Schulab-schluß

höher bei Personen mit höherem Schul-abschluß

Haushalts-größe

keine Unterschiede kleinere Haushalte:

• der ökonomische Vorteil nimmt zu, da die Auslastung sehr gering ist,

• Gemeinschaftsnutzung ermöglicht soziale Kontakte

größere Haushalte:

• Bewohner praktizieren durch ihr Zusammen-leben bereits die Gemeinschaftsnutzung Tabelle 4-2: Identifikation von Gruppen mit hoher Akzeptanz für

Nutzenangebote nach [Sra-98] (Fortsetzung in Tabelle 4-3)

Zielgrup-penmerkmal

Akzeptanzhypothese Erläuterung indifferenter Merkmale Einkommen keine Unterschiede niedriges Einkommen:

• neue Konsummöglichkeiten durch Senkung der Ausgaben

höheres Einkommen:

• Eigentum an Gütern kaum mehr eine Frage des Einkommens (Eigentum besitzt in ärmeren Schichten einen höheren Prestigewert)

Wohnungs-größe

höher für platzsparende Nutzenangebote je kleiner der Wohnraum der pro Person zur Verfügung steht Rechtsform

der Woh-nung

keine Unterschiede positiver Einfluß der Eigentumswohnung:

• längere Wohndauer, intensiverer Kontakt und größeres Vertrauensver-hältnis zwischen den Bewohnern, die Zahl der sozialer Problemfälle ist im Durchschnitt geringer

negativer Einfluß der Eigentums-wohnung:

• häufig größerer Wohnraum, längere Wohndauer, Umzüge und damit die Transportproblematik des Eigentums entfallen oder kommen seltener vor

Vorhanden-sein des Eigentums

geringer bei Eigentümern der entsprechenden Trägermedien, als bei Nicht-Eigentümern.

Habituali-sierung

geringer je länger Men-schen sich an die Nutzung des Eigentums gewöhnt haben

Tabelle 4-3: Identifikation von Gruppen mit hoher Akzeptanz für

Nutzenangebote nach [Sra-98] (Fortsetzung von Tabelle 4-2)

Generell konnte gezeigt werden, daß die Akzeptanz von Nutzenangeboten kein Nischenphänomen darstellt. Die erhobenen Daten weisen deutlich darauf hin, daß die Akzeptanz relativ weit verbreitet ist und ein entsprechendes Marktpotential besteht [Sra-98].

Neben der Erhöhung des Handlungswissens wurden weitere Voraussetzungen für den Erfolg von Nutzenangeboten abgeleitet [Sra-98]:

• Sicherstellung und Kommunikation der Vorteile:

• Vorteile werden in der Entlastung von Pflichten und Nachteilen des Eigen-tums (Raum-, Zeit- und Geldgewinn) aber auch in der Umweltentlastung gesehen. Diese Vorteile gilt es durch ein entsprechendes Angebot sicher-zustellen und angemessen zu kommunizieren.

• Glaubwürdige Vermeidung der Nachteile:

• Ein möglichst allzeit verfügbares Leistungsangebot ist sicherzustellen, um einerseits der Sorge hinsichtlich eines möglichen Flexibilitätsverlustes bei einer Substitution des Eigentums zu begegnen sowie anderseits die Be-fürchtung zu zerstreuen, Transaktionskosten auf sich zu nehmen, ohne si-cher sein zu können, die erwünschte Leistung tatsächlich zu erhalten.

• Zielgruppenansprache:

• Personen mit geringerem Alter und höherer Schulbildung weisen eine grö-ßere Akzeptanz auf. Eine gezielte Ansprache von jungen Menschen, die noch nicht zu „Gewohnheitseigentümern“ geworden sind, erscheint als er-folgversprechend. Gestaltungs- und Kommunikationsformen sind auf die spezifischen Bedürfnisse der Zielgruppe zuzuschneiden.

Nachdem mit der Akzeptanz und Zielgruppenanalyse ein Marktpotential für Nutzen-angebote sowohl im Investitions- als auch im Konsumgüterbereich nachgewiesen werden konnte, sollen im weiteren die Anforderungen an Nutzenangebote detailliert werden.