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5 Geschenke aus Bernstein

5.1 Preußische Herzöge und Administratoren

Bernsteinkunststücke, Kästchen, Schachbretter, Bestecke und Pokale, aus der Regierungszeit der ersten preußischen Herzöge bzw. der Administratoren Preußens sind noch heute in Dresden, Stuttgart, München, Kassel, Florenz und Stockholm zu bewundern. Ihr besonderes Kennzeichen sind eingelegte Mikroschnitzereien in Form von Bildnissen und Wappen der eigenen Familie bzw. befreundeter Herrscherhäuser.

Die Geschenke dienten dazu, die dynastische Politik voranzutreiben und das junge Herzogtum fest im Bund der protestantischen Fürstentümer zu verankern.

Stentzel Schmitt zugeschrieben wurden die im Durchmesser 9 cm großen gedrehten Bernsteinscheiben,271 die der Hofgoldschmied Andreas Kniefel als Spiegel in 18 aus silbergetriebenen Tellerfahnen einsetzte (Abb. 40). In deren Spiegelmitte scheint unter einem Deckel aus klarem rötlich braunem Bernstein jeweils ein Wappenschild eines norddeutschen Fürstenhauses hindurch.

271 Zuschreibung durch Rohde, vgl.Rohde 1937, S. 23.

Abb. 40:

Silberteller mit Bernsteinböden, 1585, Königsberg, Stentzel Schmitt (Bernsteinarbeit) und Andreas Kniefel (Silberarbeit). Kopenhagen, De Danske Kongers Kronologiske Samling, Rosenborg.

Auf der Vorderseite der Silberfahnen sind die Wappen Ansbach-Brandenburg und Braunschweig-Lüneburgs eingraviert, auf der Rückseite die Namen der Länder und deren Wappenschilder, auf der Vorderseite der Silberfahnen sind die Initialen von Sophia Braunschweig-Lüneburg und das Datum ihrer Fertigung „1585“ eingraviert. Zu dieser Zeit müssen sich in der Bernsteinkammer auf dem Königsberger Schloss besonders große Bernsteinbrocken befunden haben. Sonst wäre das Projekt, ein so umfangreiches Set herzustellen, schon an dem Versuch gescheitert, Rohmaterial in der Größe und in dem Umfang zu beschaffen. Die Teller hatte Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach für seine junge Gemahlin anfertigen lassen. Sophia war die Nichte des dänischen Königs Frederik II. (reg. 1559-1588). Auch Georg Friedrich war durch verwandtschaftliche Beziehungen eng mit dem dänischen Königshaus verbunden.

Anlässlich der Einweihung des Erweiterungsbaus von Schloss Kronenborg überreichte das junge Paar Frederik II. die Bernsteinteller als Geschenk. Durch Erbschaft gelangten die Teller an Frederik III. (reg. 1648-1670). Dieser ließ die Kleinodien in seine im Jahre 1652 gegründete Kunstkammer überführen. Erstmals sind die Bernsteinteller 1673 im Verzeichnis der Kunstkammer aufgeführt.272

272 Vgl. Bencard 1987, S. 22-34.

Für seinen Vetter Moritz (1572-1632), den Landgrafen von Hessen-Kassel,273 bestellte Georg Friedrich in Königsberg ein Brettspiel (Abb. 41).

Abb. 41:

Schachseite eines Spielbretts, 1580-1590, Königsberg. Museumslandschaft Hessen Kassel.

Anlass für die Bestellung war wahrscheinlich die bevorstehende Hochzeit des Landgrafen mit Agnes von Solms-Laubach am 23. September 1593. Ein Jahr sollte die Herstellung des aufwendig aus Bernstein und Elfenbein gearbeiteten Schachbretts dauern. Die Umschrift auf der Mühleseite verrät das Datum der Fertigstellung

„SALVATOR MUNDI SALVA NOS 1594“. Auf der Schachbrettseite wechseln Felder aus flomig braunem Bernstein mit Feldern, wo unter transparenten Bernsteinplättchen Edelmänner- und frauen im Zeitkostüm, darunter ein König sowie die Wappen des Landgrafen und seiner Gemahlin durchscheinen. Das Mühlebrett ist aus Elfenbein gearbeitet. Eingelegte Streifen aus durchscheinendem Bernstein mit hinterlegter Metallfolie, die mit Blumenranken und Vogelpärchen verziert sind, bilden die Spielmarkierungen. Zusätzlicher Zierrat sind acht eingelegte Miniaturbildnismedaillons von edlen Damen und Herren. Im Zentrum befindet sich ein Rundmedaillon mit einer

273 Moritz war der Enkel von Anne-Marie von Brandenburg Ansbach (1526-1589), Tochter von Georg von Brandenburg-Ansbach (1484-1543), dem Bruder von Herzog Albrecht von Preußen. Albrecht Friedrich von Preußen war somit der Vetter von Moritz.

geschnitzten Kreuzigung Christi. Als Hersteller dieses überaus aufwendig gearbeiteten Brettspiels kommt der in Königsberg ansässige Freimeister Hans Klingenberger in Frage.

Moritz, allseitig gebildet, liebte wissenschaftliche Experimente und unterhielt ein Alchemielabor und eine Kunstkammer. Das Brettspiel befindet sich heute in den Sammlungen der Museumslandschaft Hessen Kassel. Dort wird ein weiteres aus Königsberg stammendes Brettspiel aufbewahrt, welches sicherlich auch als Geschenk den Weg nach Kassel fand. Das Spiel besteht aus einem aufklappbaren Kasten und einer Reihe von Spielfiguren und Jetons. Kunstvoll eingelegt in die Außenseiten des Kastens sind die Spielfelder für Schach und Mühle. Die Innenseite birgt die Markierungen für Trick Track. Das Schachspiel besteht ebenfalls aus flomigem und dunklem, durchsichtigem Bernstein. Unter den transparenten Feldern schimmern, gerahmt von gemalten Ornamenten, eingelegte weibliche und männliche Bildnisreliefs durch.

Über Anna Katharina (1616-1651), Tochter des polnischen Königs Sigismund III. Wasa und Constanze von Österreich, gelangten zwei Bernsteinkleinodien in den Pfälzer Schatz274. Es handelt sich ein um ein Schreibkästchen mit Tintenfass und Sandbüchse (Abb. 42) und eine Deckelschale (Abb. 43).

Abb. 42:

Schreibkasten mit Herzschild der Wasa, 1570-1580, Königsberg. München, Schatzkammer der Residenz.

274 Karl Theodor, ein Abkömmling der Linie Pfalz-Sulzbach erlangte 1742 die Regierungsgewalt über das Haus Wittelsbach. Er veranlasste die Übertragung des Pfälzer Schatzes in die Münchener Schatzkammer.

Der Schatz vereinigt Kunstgut aus dem Besitz verschiedener Wittelsbacher Linien. Dazu gehörten die alte Pfälzische Schatzkammer von Heidelberg (Inventare von 1556 und 1584) und der Neuburger Schatz.

Dieser umfasste das zugebrachte Brautgut der polnischen Prinzessin Anna Katharina. Vgl. Katalog der Schatzkammer der Residenz München, Hrsg.: Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, München 1970, S. 24.

Das kleine nur 7 x 14 cm große Kästchen aus gelbem Bernstein kopiert „en miniature“

eine aus Rahmen und Füllungen konstruierte Holztruhe. Den Deckel schmücken drei runde mit durchsichtigen rotbraunen Bernsteinplättchen abgedeckte und geschnitzte Medaillons. Die Äußeren zeigen im Profil die Bildnisse eines Herren und einer Dame in Zeittracht. Das Medaillon in der Mitte zeigt zwei heraldische Adler, welche in ihren Fängen den Buchstaben „S“ halten. Die das Kästchen stützenden Eckprofile zieren winzige kreisrunde Einlagen aus Elfenbein im Wechsel mit aufgesetzten geschnitzten Bernsteinblüten. In die Füllungen des Kästchens aus flomigem Bernstein sind auf der Schauseite ebenfalls zwei Bildnismedaillons eingelassen. Dargestellt sind die Profilbüsten Mariens und Christi. Das stützende Glied auf der Schauseite des Kästchens kopiert einen architektonischen Bogen. In dessen Füllung ist das Schloss des Kästchens eingelassen, welches ein Herz rahmt, aus dem Blumen sprießen. Alfred Rohde identifizierte das Herz mit dem Wappen der Wasa, den Buchstaben auf dem Deckel mit der Initiale Sigismunds III. und die Adler mit heraldischen Wappentieren der Preußen.275

Abb. 43:

Deckelschale mit dem Wappen des polnischen Königs Sigismund III. Wasa, 1590, Königsberg. München, Schatzkammer der Residenz.

275 Vgl. Rohde 1937, S. 26.

Die Deckelschale ist eine exzellente Drechslerarbeit. Die Form ist Kristallgefäßen entlehnt, die zu jener Zeit in Mode kamen. Auf einem hohen Fuß mit eingeschnürtem Nodus sitzt ein weit ausladender Schalenteller auf. Der Deckel ist flach. Zur Zierde sind Blüten und Ranken aus Meerschaum aufgelegt. Der Knauf wird von vier geschwungenen Bernsteinstegen gestützt. Er besteht aus zwei gedrehten Bernsteinscheiben und einer filigran gedrehten Elfenbeinspitze. An der obersten Bernsteinscheibe sitzen vier kleine, wie Wasserspeier anmutende Köpfchen aus Elfenbein. Auf der Deckelinnenseite ist das Wappen Sigismunds III. eingelegt.

Die Zeugnisse früher Bernsteinkunst werden heute in der Münchener Schatzkammer aufbewahrt. Die Wahl des sprechenden Dekors weist Sigismund III. als ursprünglichen Empfänger der Geschenke aus. Die Kleinodien sind durch Erbschaft bzw. als Geschenk an seine Tochter, Anna Katharina, gegangen. 1642 hatte sich die polnische Prinzessin mit Philipp Wilhelm Kurfürst von der Pfalz vermählt. Die Deckelschale könnte als Geschenk anlässlich seiner Thronbesteigung im Jahre 1587 dem Polen überreicht worden sein. Es ist denkbar, dass das an eine Brauttruhe erinnernde Kästchen als Hochzeitsgeschenk von den preußischen Vasallen und Verwandten für ihren Lehnsherren entweder aus Anlass der Vermählung mit Anna von Österreich (1592) oder nach deren Tode als Geschenk zur Vermählung mit Annas jüngerer Schwester Constanze von Österreich (1602) in Auftrag gegeben wurde.

Zu den in Dresden, München, Wien, Florenz und in Stockholm zu bewundernden Bernsteinkunstschätzen gehören mehrere Buckelpokale. Sie sind aus mehreren gedrehten Bernsteinstücken und Ringen zusammengesetzt. Einige davon sind nur als Fragmente erhalten. Sie variieren im Farbenspiel des Bernsteins, in der Höhe und in der Gliederung ihres Aufbaus. Diese Unterschiede können einerseits aus der Schwierigkeit resultieren, vor die ein Meister gestellt war, Bernsteine gleicher Farbschattierung und genügender Größe zu finden, die zum Drehen geeignet waren oder man hat schon bewusst verschiedene Bernsteinfarben miteinander kombiniert, um durch die Materialvielfalt den Reiz des zu fertigenden Stücks zu steigern. Alle Pokale winzige geschnitzte oder aus Paste modellierte aufgesetzte Löwenköpfchen und inkrustierte Miniaturbildnisse. Die Miniaturen sind zumeist von durchscheinenden hauchdünnen Bernsteinplättchen abgedeckt. Die Pokale stammen, wie die zuvor beschriebenen Bernsteinkleinodien aus den Händen Königsberger Bernsteindreher und -schnitzer. Die

Mikroschnitzereien deuten auf denjenigen Meister, der auch die Bildnisse für das Schachbrett von Moritz von Kassel schnitzte. Den Auftrag können: Herzog Albrecht Friedrich von Preußen und seine Gemahlin Marie Eleonore von Jülich-Kleve, der Ansbacher und seine Gemahlin, aber auch der König von Polen erteilt haben.

Ein Pokal (Abb. 44, links), wahrscheinlich der frühesten dieser Reihe, ist aus goldgelben und rotbraunen, teils gedrehten und teils geschnitzten Bernsteinringen zusammengesetzt. Fuß und Schaft sind reich profiliert. Der Deckel ist ebenfalls gebuckelt. Ein geschnitzter Pinienzapfen dient als Knauf. Die Kuppa in Form eines Bechers besteht aus vier Bernsteinringen.

Abb. 44:

Links: Deckelpokal mit Bildnismedaillon, 33,8 cm. 1570-1580, Königsberg, Werkstatt Stentzel Schmitt möglich. München, Schatzkammer der Residenz. Rechts: Deckelpokal mit Bildnismedaillons, 21,0 cm. 2.

Hälfte 16. Jahrhundert, Königsberg. Museumslandschaft Hessen Kassel.

Den unteren und mittleren Ring umziehen runde Buckel. Der Ring dazwischen ist glatt abgedreht und mit vier kleinen Porträtmedaillons und vier Löwenköpfen aus Knochenbernstein besetzt. Alfred Rohde meinte in den Bildnissen Herzog Albrecht von Preußen, seine zweite Gattin Anna Maria von Braunschweig-Lüneburg, deren Sohn

Herzog Albrecht Friedrich von Preußen sowie dessen Gemahlin Maria Eleonore von Jülich-Cleve-Berg zu erkennen. Weiter vermutete er darin ein „Trinkgeschirr von gantzem Bernstein, das ie Herzogin von Preußen [Maria Eleonore] der Königin von Frankreich verehret hat“.276 Die Abbildung der Bildnisse der ersten preußischen Herrscherpaare hatte sicherlich im Sinne der dynastischen Entwicklung des jungen Herzogtums symbolischen Charakter. Der Pokal könnte aus Anlass der Vermählung von Albrecht Friedrich in Auftrag gegeben worden sein und befand bis zu seiner Verschenkung in Familienbesitz. Der Pokal, heute Teil des Bestandes der Münchener Schatzkammer, stammte wie das Bernsteinkästchen aus dem Pfälzer Schatz und könnte genau wie dieser über die Tochter Sigismunds III., Anna Katharina, dorthin gelangt sein. Es ist durchaus möglich, dass der der Pole den Pokal aus Anlass seiner Thronbesteigung von Maria Eleonore bzw. von den brandenburgischen Administratoren zum Geschenk erhielt, um sich seiner Gewogenheit hinsichtlich der preußischen Angelegenheiten zu versichern. Es ist aber auch denkbar, dass der Pokal an Anna, die älteste Tochter Maria Eleonores und Friedrich Albrechts, ging und über sie an deren Sohn, Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg. Zwischen 1609 und 1614 kam es zum Streit mit den Pfälzern um das Erbe von Jülich-Kleve. Der Streit konnte friedlich beigelegt werden. Im Jahre 1616 ging Georg Wilhelm die Ehe mit Elisabeth Charlotte von der Pfalz (1597-1660) ein. Vielleicht war der Pokal mit dem Bildnis Maria Eleonores, der Erbin Jülich-Kleves, ein Geschenk an die junge Braut oder es könnte auch sein, dass er den Pfälzern als ein Symbol des Rechts der Hohenzollern auf dieses Erbe während der Verhandlungen überreicht wurde und auf diesem Wege in den Pfälzer Schatz gelangte.

Ein anderer Pokal aus flomigem Bernstein gedreht, heute Museumslandschaft Hessen Kassel (Abb. 44, rechts), wirkt in seinem Aufbau gedrungen. Im Gegensatz zu dem Münchener Pokal ist hier der Fuß gebuckelt. Der kunstvoll gedrehte Schaft weitet sich in der Mitte zu einem mit Löwenköpfchen besetzten Nodus. Die Wandung der Kuppa, deren Boden Buckel trägt, besteht aus drei Ringen. Der untere und obere Ring sind glatt abgedreht. Der mittlere Ring ist gebuckelt. Der Deckel ist ebenfalls mit Buckeln verziert. Vom Knauf des Deckels ist nur der Schaft erhalten. Auf den Buckeln der Kuppa und des Deckels alternieren aufgesetzte Löwenköpfchen aus hellem Bernstein

276 Vgl. ebd., S. 25. Rohde berief sich auf Archivmaterial. Er räumt ein, dass er die Provinienz des Pokales nur bis zum Pfälzer Schatz zurückverfolgen konnte.

mit geschnitzten Bildnismedaillons. Die Medaillons sind hier aber raffinierter Weise in die Buckel eingelegt und mit durchscheinenden rötlich braunen Bernsteinplättchen abgedeckt. Wem der Pokal ursprünglich gehörte, ließ sich nicht ermitteln. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er innerhalb der brandenburgischen Linie der Hohenzollern vererbt wurde und schließlich in den Besitz Hedwig Sophies von Brandenburg (1623-1683), der Gemahlin von Landgraf Wilhelm VI. von Hessen Kassel (reg. 1663-1670), gelangte. Hedwig Sophie war sehr um den Ausbau der Kasseler Kunstkammer bemüht und erweiterte diese um mehrere Bernsteinkunststücke aus ihrem persönlichen Besitz.

Das Museo degli argenti, Palazzo Pitti, bewahrt zwei Pokalfragmente aus der ehemaligen Sammlung der Medici auf. Einen Pokal schmücken Bildnismedaillons und Löwenköpfchen. Hier sind die Löwenköpfchen an der ersten Wulst der Kuppa und über dem mit Bildnis geschmückten Nodus des Schaftes angeordnet. Der andere Pokal ähnelt im Aufbau und der Gestaltung zwei Deckelpokalen, die zum Bestand der Schatzkammer des Stockholmer Schlosses gehören. Bei dem einen Stockholmer Deckelpokal fehlt der Knauf 277 (Abb. 45, links) und bei dem anderen Pokal (Abb. 45, rechts) ist die Kuppa zum Teil weg gebrochen und der Deckel fehlt. Die Füße beider Pokale sind gestuft und mit einer Kette kleiner, an Perlen erinnernde Buckel und Einlagen aus Bernstein verziert. Die Schäfte haben eingeschnürte Nodi. Die becherförmigen aus mehreren glatt polierten Bernsteinringen zusammengefügten Kuppen sind über den Böden durch eine Reihe Buckel mit eingelegten Bildnismedaillons aufgebläht. Schmuck der glatten unteren Ringe sind die bekannten Löwenköpfchen aus hellem Bernstein. Bei dem Deckelpokal wird die Nahtstelle der Ringe durch eine Perlenschnur mit punktgroßen Einlagen aus Elfenbein, die zugleich die Wandung horizontal gliedert, kaschiert. Im Gegensatz zu dem Deckelpokal, wo die Elfenbeineinlagen eher sparsam verwendet wurden, sind der unterste Schaftring, der Nodus und die Buckel des Fragments über und über damit übersäht.

277 Der Deckelknauf der Berendtschen Sammlung könnte das fehlende Fragment sein.

Abb. 45:

Links: Deckelpokal mit eingelegten Bildnisreliefs. Rechts: Pokalfragment mit eingelegten Bildnisreliefs und Inkrustationen. 2. Hälfte 16. Jahrhundert, Königsberg. Stockholm, Schatzkammer.

Ein anderer Pokal (Abb. 46, links), dessen Kuppa bis auf die zusätzliche Reihe Buckel unter dem Lippenrand im Aufbau den beiden Stockholmer Pokalen gleicht, besticht

durch seine glatt polierte Oberfläche. Auf Schmuck in Form von Auf- und Einlagen wurde verzichtet. Von dem Pokal existiert nur eine Fotografie.278

Abb. 46:

Links: Buckelpokal, Ende 16. Jahrhundert, wahrscheinlich Königsberg. Mitte: Buckelpokal mit Venus, 16 cm (ohne Figur), Bernstein verschiedener Varitäten, Spiegelglas, Silber, vergoldet, Pokal: 2. Hälfte 16.

Jahrhunderts, Königsberg; Ergänzung der Venus, um 1730, wohl Dresden. Rechts: Pokal mit

Buckelreihen, Bernstein verschiedener Varietäten, Applikationen aus geschnitztem Konchenbernstein, 1570-1580, Königsberg. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Grünes Gewölbe, Inv.-Nr. III. 92 und IV. 329.

Das Grüne Gewölbe zu Dresden hat zwei Buckelpokalfragmente aus Bernstein vorzuweisen. Sie heben sich von den bisher beschriebenen Pokalen durch die Doppelbuckelreihen über den Schäften als Ansatz der Kuppen ab. Das Fragment mit dem gebuckelten Fuß (Abb. 46, rechts) ist aus verschiedenen Bernsteinvarietäten zusammengesetzt. Die Buckel des Fußes und die Wandung weisen Reste von Auflagen aus geschnitztem Knochenbernstein in Form von Widder- und Löwenköpfen auf.279 In die Buckel des Fußes sind zwei kleine Brustbilder eingelassen. Die Dresdener und die Stockholmer Pokale haben möglicherweise einstmals zum Brautgut Sophies von Brandenburg (1568-1622) gehört. 1582 wurde die Tochter Johann Georgs von Brandenburg mit Christian I. (1560-1591) von Sachsen vermählt.

278 Zur Zeit der Aufnahme befand sich der Pokal im Dresdener Kunsthandel. Abb. bei Rohde 1937, Abb.

19. 279 Vgl. Ausstell. Kat. Dresden 2005, S. 40-41.

Abb. 47:

Tafelbesteck des Kurfürsten Christian I. von Sachsen, um 1600, Königsberg. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Grünes Gewölbe, Inv-Nr. III 87, III 88 dd, ee, ff 1.

Wohl kam auf diesem Wege eine 12teilige Prunkbesteckgarnitur mit Klingen aus Damaststahl mit wunderschönen Arabesken in Atzgravur und orientalisch anmutenden Schäften aus Bernstein und Elfenbein280 nach Dresden (Abb. 47). Es kann aber auch sein, dass die Pokale und das Besteck erst durch die Nichte von Sophie, Magdalena Sybilla von Preußen (1586-1659), nach Dresden gelangten, als sie den Sohn von Sophie und Christian I., Johann Georg I. (1585-1656), im Jahre 1607 ehelichte. Die heute in der Stockholmer Schatzkammer gezeigten Pokale könnten durch Erbschaft in den Besitz der schwedischen Königin Hedwig Eleonore (1636-1715) zugefallen sein. Sie war mütterlicherseits die Enkelin von Magdalena Sybilla und damit die Urenkelin Albrecht Friedrichs von Preußen und Maria Eleonores von Jülich-Kleve. Punkteinlagen aus Elfenbein hat auch ein Pokal,281 welcher sich heute im Kunsthistorischen Museum Wien befindet. Er gehörte einstmals zur Estensischen Sammlung und wurde 1824 an den Vorläufer des Museums, die Weltliche Schatzkammer, überwiesen. Der Pokalaufbau gleicht den Schwedischen. Allerdings fehlt hier der Schmuck in Form von aufgesetzten Löwenköpfchen. Die Provenienz des Pokals, bevor er in die Estensische Sammlung gelangte, ließ sich nicht ermitteln.

280 Dresden, Grünes Gewölbe, Inv.-Nr. III 87, III 88 dd, ee, ff 1-6. Bei Rohde als Tafelbesteck Christians I. bezeichnet.

281 KHM Wien, Inv.-Nr. 7995.

Von einem „schön augsteinin Brettspiel“ berichtete der Philipp Hainhofer, als er anlässlich der Taufe im März 1616 des Prinzen Friedrich, die im Stuttgarter Schloss aufgestellten Schätze der Cameria Curiosis bewunderte.282 Es gehörte wahrscheinlich zu dem Brautgut, das die junge Herzogin Barbara Sophia283 (1584-1636), geb. Markgräfin zu Brandenburg, aus ihrer Heimat mitbrachte, als sie die Ehe mit Johann Friedrich von Württemberg (1582-1628) einging. In ihrem Besitz befand sich noch ein anderes Kunststücke aus Bernstein und zwar „ein über Maßen schönes Schreibzeug von Augstein, mit Gold und Silber beschlagen“.284 Dieses Kästchen ist in den Wirren des 30-jährigen Krieges verloren gegangen. Die Beschreibung des Kästchens lässt die Annahme zu, dass es sich um jenes handelt, welches 1962 durch das Kunstgewerbemuseum in Berlin (West) angekauft wurde.285

Abb. 48:

Waidbesteck Georg I. von Sachsen, 1610, Königsberg. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Rüstkammer.

282 Vgl. Fleischhauer, Werner: Die Geschichte der Kunstkammer der Herzöge von Baden-Württemberg in Stuttgart, Stuttgart 1976, S. 16. Fleischhauer vermutet in dem genannten Brettspiel dasjenige, welches im Bestand des Württembergischen Landesmuseum unter der Inventar-Nr. WLM KK 82 registriert ist.

283 Barbara Sophia war die Tochter Joachim Friedrichs von Brandenburg, dem 2. Administrator Preußens und Eleonores von Preußen und somit die Schwester Johann Sigismunds von Brandenburg, dem 3.

Administratoren Preußens.

284 Inventarvermerk (Hauptstaatsachiv Stuttgart (HStASt), G 2-8 LXVII Bü 17) zitiert nach: Fleischhauer 1976, S. 16.

285 Berlin, Kunstgewerbemuseum, Inv.-Nr. W-1962, 45.

Gewiss war das Waidbesteck mit den Monogrammen der Jungvermählten, Magdalena Sybilla von Preußen und Johann Georg I. (Abb. 48), welches heute in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Rüstkammer zu bewundern ist, ein Geschenk aus Preußen.

Das Waidbesteck wurde zwischen 1608 und 1612 der Rüstkammer einverleibt.286 In den Inventaren des Grünen Gewölbes nach 1732 und 1741 sind das Prunkbesteck sowie ein Bernsteinbecken287 (Abb. 49) und eine dazugehörige Kanne aufgeführt, die aus dem Nachlass der Gemahlin Johann Georgs II. (1656-1680), Magdalene Sybille von Brandenburg-Bayreuth (1612-1687), stammen.288 Diese Kleinodien hatte die Preußin wahrscheinlich von ihrer Schwiegermutter und Namensvetterin geerbt.

Abb. 49:

Großes Becken, Bernstein verschiedener Varietäten, Metallfolie, vergoldetes Silber, Dm 46 cm, Meistermarke AM, wohl um 1605-1607, Königsberg. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Grünes Gewölbe, Inv.-Nr. III 76.

Die silberne Fassung und vier Ringe halten die Konstruktion aus zusammengesteckten Bernsteinplättchen in Form von glatt polierten Tropfen und Rhomben sowie reliefierten Scheiben mit Früchten und Vögeln zusammen. Die Tropfen sind mit aus Knochenbernstein geschnitzten Bildnismedaillons, die Querovale, alternierend, mit

286 Vgl. Rohde 1937, S. 27.

287 Dresden, Grünes Gewölbe, Inv.-Nr. III 76.

288 Vgl. Ausstell. Kat. Dresden 2005, S. 45-51.

ländlichen Darstellungen der vier Jahreszeiten und den Gründern der vier antiken Weltreiche hoch zu Ross hinterlegt. Unter einem, zu einer Raute geschnittenen, klarem

ländlichen Darstellungen der vier Jahreszeiten und den Gründern der vier antiken Weltreiche hoch zu Ross hinterlegt. Unter einem, zu einer Raute geschnittenen, klarem