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6 Gelehrten Kammern

6.4 Olaus Worm, Professor der Medizin in Kopenhagen

Mehrere kunstfertig bearbeitete Stücke aus Bernstein: Ein Kelch, eine Schale, ein Würfel, ein gedrechseltes Meisterstück in Form einer ausgehöhlten Kugel, in welcher sich neun kleine Kegel, zwei Kugeln und drei Würfel befanden, eine künstliche Fliege aus Bernstein, einen Klumpen mit dem Einschluss einer Fliege und mehreren Mücken bewahrte Olaus Worm, Begründer der Runologie und Professor für Medizin an der Universität zu Kopenhagen in seinem Museum auf.386

Als junger Mann studierte er in Marburg, Giessen, Basel, Montpellier, Paris und Leyden. In Neapel hatte er den bekannten Sammler und Naturhistoriker Ferrante Imperato besucht. Während eines Aufenthalts in Kassel lernte er die Kunstkammer des Hessischen Landesfürsten Moritz kennen. Der Kunstkammer waren eine Bibliothek, ein chemisches Labor und Werkstätten für Drucker und Handwerker angeschlossen. Diese Vereinigung von Anschauungsmaterial, Wissen und Experimente müssen ihn sehr beeindruckt haben. Als Dozent hielt er es für weit wichtiger, mit den eigenen Augen zu sehen und auf diesem Wege zur Erkenntnis zu gelangen, als durch die mündliche Lehre.

Im Laufe seines Lebens hatte Worm nicht nur eine reiche Sammlung von Naturalien und Rariora zusammengetragen, sondern auch zahlreiche Bücher über Naturgeschichte.

Die Bernsteinkunststücke waren Geschenke befreundeter Naturgelehrter. Friedrich Klinger hatte Worms Sammlung bei einem Aufenthalt in Kopenhagen studieren können.

Als er Königsberg besuchte, gelang ihm durch Vermittlung des Botanikers Johannes Lösl mehrere Bernsteinkunststücke zu erwerben. Darunter befand sich die ausgehöhlte Kugel. Als Dank ließ er sie Worm 1650 zur Vermehrung seiner Sammlung zukommen.

385 Vgl. Colombo, Mauro: Manfredo Settala, l´Archimede milanese, in:

http://www.storiadimilano.it/Personaggi/Milanesi%20illustri/settala/manfredosettala.html, eingesehen am 25.08.2006.

386 Vgl. „Katalog over Musei Wormiani Historiae Liber Quartus, Cap. II. De Artificiosis e Succino“, Abdruck in: Schepelern, H.D.: Museum Wormianum, Kopenhagen 1971, S. 333. Ausgehend von Worms Katalog (1642) erforschte Schepelern das Schicksal der Objekte aus Worms Sammlung.

Zehn Jahre zuvor, hatte Worm bereits von Joachim Timmermann einen Bernsteinklumpen mit darin eingeschlossener Fliege und mehreren Mücken, alles Mitbringsel aus Königsberg, erhalten. Von Georg Stirhilm bekam er ein Stück Bernstein von den Mälaren. Der Bernsteinkelch, die Bernsteinschale und eine Bernsteinkugel sind in der gedruckten Ausgabe seiner Sammlung aus dem Jahre 1642 und der Würfel und die ausgehöhlte Kugel in Georg Segers (1629-1678) „Synopsis“ von 1653 das erste Mal verzeichnet. Seger, ein Mediziner aus Danzig, hatte bei seinem Aufenthalt in Kopenhagen das Museum Wormianum besucht und eine Übersicht daüber verfasst.

In seinem letzten Lebensjahr arbeitete Worm an einem naturgeschichtlichen Buch. Es wurde erst ein Jahr nach seinem Tode unter dem Titel „Museum Wormianum“

veröffentlicht. Worm strebte keine vollständige Abhandlung über die damals bekannten Phänomene der Natur an wie Gesner und Aldrovandi mit ihren Enzyklopädien. Er beschrieb seinen Vorbildern Ferrante Imperato (1599) und Andrea Calciolario (1622) folgend nur jene Wunder der Natur, die durch Anschauungsstücke der eigenen Sammlung belegbar waren. Worm versuchte, die Natur zu ordnen und gleichzeitig zu beschreiben, wie sich der Mensch diese Wunder zunutze macht. Worm beschäftigte auch die Frage nach dem Ursprung des Bernsteins. Über seinen Nutzen berichtete er nicht.387

Abb. 65:

Museum Wormianum, Titelkupfer, 1655, unbekannter Künstler.

387 Vgl. Schepelern 1971.

Eine Vorstellung über das Aussehen und die Ordnung von Worms Raritäten- und Naturaliensammlung gibt das Titelkupfer des „Musei Wormiani“ (Abb. 65).

Der Kupferstich zeigt einen rechteckigen Raum, der von links durch zwei Fenster mit Bleiverglasung beleuchtet wird. Der Boden ist schachbrettartig belegt. An der Fensterwand hängen Geweihe und Hörner; in der Fensterecke Stiefel und Kleidungsstücke; an der Stirnwand Skier, Paddel und Jagdgeräte und an der Wand rechts eine Reuse, getrocknete Fische, ein Krokodil, eine Schlangenhaut, der Panzer einer Schildkröte, ein Chamäleon, ein Gürteltier und exotische Tiere. An den Balken der Decke sind ausgestopfte Vögel, getrocknete Fische, ein ausgestopfter Bär, ein Kajak befestigt. In einer Nische neben dem Fenster steht mit gespreizten Beinen die Figur eines Eingeborenen. Von der Stirnwand ziehen sich vier Regale bis über die rechte Wand. Diese sind auf den ersten Blick ohne Ordnung mit allen möglichen Gegenständen gefüllt. Auf den oberen Regalen, in Blickhöhe des Betrachters, sind besondere Stücke ausgestellt. Beginnen wir rechts mit der Aufzählung. Zuerst kommen seltene Gewächse, kleine Skulpturen, eine Kugel auf einem Ständer, ein kleiner zweiflügeliger Schrank, dessen geöffnete Türen den Blick auf eine Kollektion kleiner besonders geformter Steine gestatteten. Daneben reihen sich Skulpturen an merkwürdige Gerätschaften. Die unteren Regale füllen beschriftete Kästen. Zieht man den Katalog der Sammlung heran, macht die Ordnung einen Sinn. Rechts an der Tür beginnend, stimmt die Reihenfolge der Kästen mit Worms Gliederung des Katalogs überein. Erst kommen die Kästen mit den „Medimineralia“. Sie tragen die Aufschriften:

„Terrae“, „Salia“ und „Sulphura“ und dann Kästen mit der Aufschrift „Lapides“ und

„Metallica“. Im unteren Regal folgen dem Katalog entsprechend auf die Kästen mit getrockneten Pflanzen, die Kästen, in denen Vertreter des Tierreichs aufbewahrt werden. Die Bernsteininkluse und den Bernstein von den Malären wird Worm gemeinsam mit anderen brennbaren Substanzen im Kasten mit dem Titel „Sulphura“

aufbewahrt haben.

Die Kunstsachen aus Bernstein sind auf dem Titelkupfer nicht zu erkennen. Es ist wahrscheinlich, dass sie in Blickhöhe präsentiert worden sind. Vielleicht ist die Kugel auf dem Ständer die ausgehöhlte Bernsteinkugel mit den Kegeln.