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Positive Eigenschaften von Kindern alkoholkranker Eltern

4. Voraussetzungen für eine gesunde Entwicklung von Kindern aus alkoholkranken

4.4. Positive Eigenschaften von Kindern alkoholkranker Eltern

Wie bereits erwähnt wurde, gibt es auch Kinder die sich trotz der Krankheit ihrer Eltern posi-tiv und gesund zu Erwachsenen entwickeln. Diese Kinder zeichnen sich in der Regel dadurch aus, dass sie ihre Talente effektiv nutzen, ein spezielles Hobby ausüben, mindestens einen nahen Freund oder eine nahe Freundin bzw. einen stabilen Kontakt zu Nachbarn, Gleichaltri-gen oder Älteren haben und über einen stabilen Freundeskreis verfüGleichaltri-gen. Sie nehmen zudem an Gemeinschaftsaktivitäten teil und zeigen oftmals auch gute schulische Leistungen. Es wird also deutlich, dass sie es schaffen sich ein sicheres und stabiles Netz aufzubauen und auf-rechtzuerhalten, welches außerhalb der Familie stattfindet. Dieser Faktor kann eine maßgebli-che positive Wirkung auf die weitere Entwicklung der Kinder haben (vgl. Zobel, M. 2008 S.

54).

Während die Kinder in Familien mit alkoholkranken Eltern aufwachsen, sind sie viele Belas-tungen ausgesetzt, die sie nicht nur schwächen, sondern auch stärken können. Durch diese belastenden ggf. sogar traumatischen Erfahrungen, kann es den Kindern gelingen starke Wi-derstandskräfte zu entwickeln, die sich in konkreten Stärken äußern (Barnowski-Geiser 2015

S. 61f). Barnowski-Geiser benennt sieben konkrete Stärken von Suchtkindern, die an dieser Stelle kurz erläutert werden sollen:

1. Belastbarkeit: Kinder von suchtkranken Eltern sind meist schon seit der frühen Kind-heit hohen Belastungen ausgesetzt. Sie sind es gewohnt mit Belastungen umzugehen und sehen es als normal an einem solch hohen Druck ausgesetzt zu sein. Sie sind da-her sehr belastbar und in der Lage ein hohes Pensum an Leistung zu schaffen. Sie sind sich dieser Stärke jedoch meist nicht bewusst, da sie ihr Durchhaltevermögen als durchschnittlich ansehen und nicht wahrnehmen, was sie alles leisten. Sie leisten oft-mals mehr als andere Menschen, da sie es gewohnt sind hohen Belastungen ausgesetzt zu sein und sie dies als normal ansehen. Sie zeigen zudem eine hohe Bereitschaft und Mut schwierige Situationen anzugehen. Kinder von suchtkranken Eltern können und leisten also in der Regel sehr viel und sind in der Lage viel auszuhalten. Lediglich ihre Selbstwahrnehmung ist in diesem Punkt etwas gestört (vgl. Barnowski-Geiser 2015 S.

62)

2. Durchhaltevermögen: Suchtkinder glauben mehr an das Gelingen und ihre Selbst-wirksamkeit als andere. Besonders wenn sie Krisen im elterlichen Haushalt als Her-ausforderungen gesehen haben und gelernt haben diese zu bewältigen, gehen sie aus diesen Situationen mit einem hohen Maß an Selbstvertrauen heraus, dass ihnen im zu-künftigen Leben in vielen Situationen, z.B. auch im Beruf zu Gute kommt. Sie haben bereits in ihrer Kindheit gelernt, dass sie vieles schaffen können und müssen, wenn sie es wirklich wollen. Sie arbeiten hart für ihre Ziele. Sie glauben an sich selbst und an ihre Fähigkeiten selbst das Unmögliche möglich zu machen und geben alles für dieses Ziel, solange wie es nötig ist. (vgl. Barnowski-Geiser 2015 S. 63)

3. Treue: Kinder von suchtkranken Eltern haben schon früh gelernt nicht aufzugeben, egal wie schwierig die Situation scheint. Sie kämpfen sich durch und geben nicht auf, wenn es schwierig wird. Auch in Beziehungskonstellationen gilt dieser Grundsatz für sie. Sind sie der Meinung den richtigen Partner bzw. die richtige Partnerin gefunden zu haben, so geben sie alles dafür ihn nicht loslassen zu müssen. Sie halten Situationen aus und durch, in denen andere Menschen längst resigniert hätten. Sie haben gelernt Schwieriges schnell hinter sich zu lassen und diese Strategie als Form der einer Be-wältigungs- bzw. Überlebensstrategie in sich aufgenommen. Zudem spüren sie bei Menschen schnell den guten Kern hinaus und sind bereit über kleine Macken hinweg-zusehen. Sie verzeihen und vergessen schnell, wenn der Mensch in ihrem Herzen

ei-nen besonderen Platz eingenommen hat. Suchtkinder zeichei-nen sich in der Regel als treue Wegbegleiter/innen für ihre engen Freunde bzw. Partner aus. Natürlich kann die-se Stärke auch zur Gefahr werden, wenn sie von den Partnern ausgenutzt oder miss-braucht wird (vgl. Barnowski-Geiser 2015 S. 63f).

4. Soziale Kompetenz: Kinder von abhängigen Eltern verfügen zudem häufig über eine außerordentlich gut ausgeprägte soziale Kompetenz im Umgang mit Anderen. Da sie in ihrer Familie kaum Bedürfnisbefriedigung erlebt haben, müssen sie schnell lernen, sich an Außenstehende zu wenden um eine Befriedigung zu erfahren. Sie merken schnell, dass wenn ihr Leben gut verlaufen soll, es wichtig ist sich Hilfe zu holen und auf andere Menschen zuzugehen. Deswegen sind sie außerordentlich gut darin Kon-takt zu anderen Menschen aufzunehmen und soziale Interaktionen kompetent zu ge-stalten. Sind sie zudem begabt darin, Menschen in Gruppen zu integrieren, da sie schon früh mit schwierigen Menschen umgehen gelernt haben (vgl. Barnowski-Geiser 2015 S. 64f).

5. Feinfühligkeit: Suchtkinder haben früh gelernt kritische Situationen zu bewerten und einzuschätzen. Sie merken schnell, ob der betrunkene Vater noch lustig ist oder ein cholerischer Wutanfall zu erwarten ist. Diese Fähigkeit ermöglicht es ihnen angemes-sen zu reagieren und negativen Situationen ggf. zu vermeiden. Diese belastenden Um-stände bilden bei den Kindern eine äußerst gute Menschenkenntnis aus. Sie sind in der Lage sich in besonderem Maße in andere Menschen einzufühlen und zu bewerten, was diese Menschen brauchen. Diese Feinfühligkeit kann als anstrengend empfunden wer-den, ist jedoch als hohe soziale Kompetenz einzustufen, die es den Kindern ermöglich im späteren Leben auf Menschen einzugehen und auch schwierige Menschen oder Konstellationen zu führen (vgl. Barnowski-Geiser 2015 S. 65f).

6. Managerqualitäten: Bei Kindern aus suchtbelasteten Familien wird sehr früh, Kreati-vität für Lösungsstrategien und Flexibilität verlangt. Sie sind es gewohnt, sich schnell auf neue Situationen einzustellen und nach Lösungen zu suchen. Sie lassen sich durch spontane Neuerungen bzw. Umstrukturierungen nicht schnell aus der Fassung bringen, sondern erfassen diese, schätzen sie ein und suchen nach alternativen Strategien und Lösungen. Hierbei ist oft auch ihre Kreativität gefragt. Zudem sind sie meist sehr gut darin Dinge zu organisieren, da sie auch mit dieser Anforderung in der Kindheit oft konfrontiert wurden. All diese Fähigkeiten können ihnen im Berufsleben zu Gute kommen und sie befähigen Leitungspositionen zu übernehmen (vgl. Barnowski-Geiser 2015 S. 66).

7. Stimmungsexperten: Wie bereits erwähnt, sind Kinder aus suchtbelasteten Familien in einem hohen Maße begabt, die Stimmungen anderer zu erfassen und sich in sie einzu-fühlen. Ebenso lernen diese Kinder aber auch früh sich so zu verhalten, dass sich an-dere in ihrer Gegenwart wohlfühlen und gerne Zeit mit ihnen verbringen. Durch ihre ausgeprägten empathischen Fähigkeiten wissen sie die Stimmung bei ihrem Gegen-über genau einzuschätzen und bringen z.B. ihren Humor genau dann an, wenn er an-gebracht ist. Waren sie in der Familie stets dafür verantwortlich die Geschwister oder Eltern durch ihr Verhalten aufzumuntern, so kommt ihnen diese Fähigkeit nun auch im Freundeskreis und im Beruf zu Gute. Wichtig ist jedoch, dass sie auch ihren ande-ren Gefühlen Platz lassen und ihr Humor zu keiner Rolle mutiert (vgl. Barnowski-Geiser 2015 S. 67f).