Inhaltsverzeichnis Anhang
Anhang I (Trankskriptionsregeln) ... 1 Anhang II (Transkript Interview 1) ... 3 Anhang III (Transkript Interview 2) ... 15 Anhang IV (Transkript Interview 3) ... 28
Anhang I (Trankskriptionsregeln)
Einfaches Transkriptionssystem nach Kukkartz et. al.
1. Es wird wörtlich transkribiert, also nicht lautsprachlich oder zusammenfassend.
Vorhandene Dialekte werden möglichst wortgenau ins Hochdeutsche übersetzt. Wenn keine eindeutige Übersetzung möglich ist, wird der Dialekt beibehalten, zum Beispiel: Ich gehe heuer auf das Oktoberfest.
2. Wortverschleifungen werden nicht transkribiert, sondern an das Schriftdeutsch angenähert. Beispielsweise „Er hatte noch so‘n Buch genannt“ wird
zu „Er hatte noch so ein Buch genannt“ und „hamma“ wird zu „haben wir“.
Die Satzform wird beibehalten, auch wenn sie syntaktische Fehler beinhaltet, beispielsweise: „bin ich nach Kaufhaus gegangen“.
3. Wort- und Satzabbrüche sowie Stottern werden geglättet bzw. ausgelassen, Wortdoppelungen nur erfasst, wenn sie als Stilmittel zur Betonung
genutzt werden: „Das ist mir sehr, sehr wichtig.“. „Ganze“ Halbsätze, denen nur die Vollendung fehlt, werden jedoch erfasst und mit dem Abbruchzeichen / gekennzeichnet.
4. Interpunktion wird zu Gunsten der Lesbarkeit geglättet, das heißt bei kurzem Senken der Stimme oder uneindeutiger Betonung wird eher ein Punkt
als ein Komma gesetzt. Dabei sollen Sinneinheiten beibehalten werden.
5. Pausen werden durch drei Auslassungspunkte in Klammern (…) markiert.
Praxisbuch Interview, Transkription & Analyse – 5. Auflage 22
6. Verständnissignale des gerade nicht Sprechenden wie „mhm, aha, ja, genau, ähm“ etc. werden nicht transkribiert. AUSNAHME: Eine Antwort besteht NUR aus „mhm“ ohne jegliche weitere Ausführung. Dies wird als
„mhm (bejahend)“, oder „mhm (verneinend)“ erfasst, je nach Interpretation.
7. Besonders betonte Wörter oder Äußerungen werden durch GROSSSCHREIBUNG gekennzeichnet.
8. Jeder Sprecherbeitrag erhält eigene Absätze. Zwischen den Sprechern gibt es eine freie, leere Zeile. Auch kurze Einwürfe werden in einem separaten Absatz transkribiert. Mindestens am Ende eines Absatzes werden
Zeitmarken eingefügt.
9. Emotionale nonverbale Äußerungen der befragten Person und des Interviewers, die die Aussage unterstützen oder verdeutlichen (etwa wie
lachen oder seufzen), werden beim Einsatz in Klammern notiert.
10. Unverständliche Wörter werden mit (unv.) gekennzeichnet. Längere unverständliche Passagen sollen möglichst mit der Ursache versehen werden (unv., Handystörgeräusch) oder (unv., Mikrofon rauscht). Vermutet man einen Wortlaut, ist sich aber nicht sicher, wird das Wort bzw.
der Satzteil mit einem Fragezeichen in Klammern gesetzt. Zum Beispiel:
(Xylomethanolin?). Generell werden alle unverständlichen Stellen mit einer Zeitmarke versehen, wenn innerhalb von einer Minute keine Zeitmarke gesetzt ist.
11. Die interviewende Person wird durch ein „I:“, die befragte Person durch
ein „B:“ gekennzeichnet. Bei mehreren Interviewpartnern (z.B. Gruppendiskussion) wird dem Kürzel „B“ eine entsprechende Kennnummer oder
ein Name zugeordnet (z.B. „B1:“, „Peter:“).
Ein einfaches Transkriptionssystem 23
12. Das Transkript wird als Rich Text Format (.rtf-Datei) gespeichert. Benennung der Datei entsprechend des Audiodateinamens (ohne Endung wav,
mp3). Beispielsweise: Interview_04022011.rtf oder Interview_schmitt.rtf
(Kuckartz et al. Zit nach Dresing, T./Pehl, T. 2013 S. 21ff)
Anhang II (Transkript Interview 1) 1
I: Okay, dann also nochmal vielen Dank, dass du dich zur Verfügung 2
stellst und dann würde ich dich vielleicht erstmal bitten, so ein 3
paar allgemeine Sachen so zu erzählen. Wie es damals so war, wie die 4
Situation vielleicht auch heute ist, Welcher Elternteil betroffen 5
ist. Also, dass du einfach mal ganz offen anfängst zu erzählen, was 6
dich zu dem Thema so bewegt.
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B: Okay. Ja also, du hattest ja die Rundmail da geschrieben und dann 9
habe ich mich auch gleich angesprochen gefühlt. Weil ich muss mal 10
anfangen/ Mein Papa ist schon gestorben, auch an Alkoholismus. Und 11
da war ich 13. Und er hat halt sehr stark angefangen zu trinken als 12
ich 11 war. Das war halt durch irgendwelche anderen (unv.) Probleme.
13
Und dann hat er halt angefangen zu trinken. Und, tja dann ist er ge-14
storben. Und dann war es erst okay. Dann hat meine Mutter noch ganz 15
normal gearbeitet. Dann ist meine Mutter aber aufgrund einer Erkran-16
kung auch aus dem Arbeitsleben gefallen. Dann hat sie auch angefan-17
gen zu trinken. Aufgrund dessen auch, dass mein Papa ja gestorben 18
ist. Und dann, hat sie auch noch angefangen zu trinken wegen dem Ar-19
beitsleben. Und so ging das dann eigentlich die ganze Zeit von mei-20
nem 11. Lebensjahr, wenn du das mit dem Trinken so, bis, ich überleg 21
grad, bis noch 23. Gut, da bin ich schon ausgezogen gewesen. Aber 22
bis 23 hat sie auch getrunken. War auch eine ganz, ganz schlimme 23
Zeit. Ja, ich hab das eigentlich versucht immer irgendwie ihr zu 24
helfen. Aber was will man als 13 Jährige/ Seine eigene Mutter, die 25
hört ja eh nicht auf einen. Und hat halt sehr sehr viel getrunken 26
immer, war immer irgendwie schlecht gelaunt. Bis ich dann ausgezogen 27
bin mit 18 und mit 19 oder 20 hatte sie auch jemanden kennengelernt 28
und da hat sie aber auch wieder getrunken und der wollte sich dann 29
aber auch von ihr trennen und dann hab ich ihr halt ein Ultimatum 30
gestellt, ‚Entweder du gehst jetzt in die Klinik, machst einen Ent-31
zug.‘ Weil sie auch Depressionen hat und Borderline. Und dann hab 32
ich gesagt: ‚Entweder du machst das jetzt, gehst in die Klinik. Oder 33
du brauchst bei mir nicht mehr anrufen.‘ Dann ist sie in die Klinik 34
gegangen für 8 Wochen. Und ja, seitdem ist glaub ich alles gut. Ja 35
seitdem ist gut, aber sie trinkt ab und zu halt auch nochmal einen 36
Schluck. Dann hab ich halt immer dieses mulmige Gefühl im Magen und 37
ich muss das auch/ Ich merk das auch zum Beispiel in meiner Umge-38
bung. Wenn jetzt mehrere Freunde oder mein Freund oder irgendwer bei 39
mir in der Nähe trinkt. Aber so richtig viel, obwohl ich ja früher 40
auch selbst getrunken hab. Auf Partys trinkt man ja auch. Aber so-41
bald es bei anderen ist, hab ich ein ganz ganz schlimmes Gefühl.
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I: mhm 44
45
B: Ganz ganz komisch. Also das merk ich jetzt immer noch. Also ich 46
hab großes Problem damit, nicht wenn ich trinke, sondern wenn andere 47
trinken, die wirklich in meinem engeren Umfeld stehen und dann werde 48
ich ganz komisch. Das weiß ich auch. Dann werde ich ganz komisch, 49
aber ich denk mir dann immer: ‚Nee komm reiß dich zusammen‘, aber 50
ich weiß nicht, das ist ein ganz komisches Gefühl. Und da ist natür-51
lich auch meine Mutter und mein Papa sind einfach dran schuld. Ich 52
hab total einen Alkoholknacks bei anderen weg. Um das mal so zu for-53
mulieren. Ja.
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I: Okay also das heißt, deine Mama hat dann auch einen Entzug ge-56
macht als du ausgezogen warst.
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B: Ja.
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I: Ist seitdem größtenteils trocken.
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B: Ja, größtenteils. Genau. Also sie trinkt ab und zu einen Schluck 63
Wein, das merkt man dann ihr auch an. Auch beim Reden und auch am 64
Telefon wenn ich sie dann immer höre. Aber sie trinkt nicht mehr so 65
aus der Maß.
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I: Hm. Und wenn du dich jetzt mal so zurück erinnerst. Kannst du das 68
noch beschrieben, wie zum Beispiel der Alltag aussah. Oder auch wenn 69
du es jetzt vielleicht reflektierst, mit was für Gefühlen das damals 70
einherging, beziehungsweise ja auch immer noch einhergeht, wenn du 71
sagst, dass du immer noch, wenn andere Trinken, das als sehr unange-72
nehm empfindest oder da Angst bekommst oder.
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B: Ja also früher war das so, als mein Papa angefangen hat zu trin-75
ken, habe ich, das habe ich halt komplett mitbekommen. Und dann ha-76
ben die sich halt auch immer sehr oft gestritten und dann liegt man 77
da als 11-jähriges Kind und weiß immer gar nicht was los ist. Und 78
dann ist meine Mutter auch immer los, weil ihr das zu blöd war. Dann 79
war mein Papa dann mit mir alleine und, der also der hat mir nie 80
was, um Gottes willen, aber er war halt sehr duhn, sag ich mal und 81
das war halt mir/ Das hat mir so ein ganz komisches ängstliches Ge-82
fühl so eingetrichtert. Und als meine Mutter dann getrunken hat. Ein 83
normaler Alltag, ja. Sie ist morgens aufgestanden da ging es dann 84
noch, als ich zur Schule gegangen bin. Und als ich dann wiederkam 85
war sie eigentlich schon gut angetrunken. Ich glaub 13/14 Uhr hatte 86
man ja so Schulende. Dann war sie schon gut angebechert und dann zum 87
Abend hin war sie komplett voll. Und ja dann musste ich mir halt im-88
mer Sprüche anhören irgendwie was: ‚Ach kommst du nicht klar mit 89
deinem Leben‘. Also auch so richtig feindliche Sprüche von ihr. Weil 90
ich auch dick war damals. Dann hat sie mich auch komplett immer run-91
tergemacht. Und wenn es um irgendwas/ Also beispielsweise was mir 92
sehr stark im Kopf hängen geblieben ist, was ich zum Beispiel weiß, 93
dass ich bei meinen Kindern nie machen werde. Immer wenn zum Bei-94
spiel Schneesturm war und man hatte noch keinen Führerschein, und 95
man musste irgendwie/ Und dann muss man irgendwie von A nach B kom-96
men. Schule nach Hause. Nach Hause waren das irgendwie 15,20 Kilome-97
ter. Da fuhr auch mal kein Bus im Sturm. Dann sollte sie mich abho-98
len. Und weil sie aber immer so voll war, kam sie dann immer 1, 2 99
Stunden später. So lange stand ich dann immer im Schneesturm und hab 100
in der Schule alleine noch gewartet und ja, so ne Sachen. So lief 101
dann der Alltag ab. Und immer total duhn. Und die letzten Weih-102
nachtstage, also von meinem 15. bis 18. Lebensjahr, waren die Weih-103
nachtstage auch komplett schrecklich. Jedes Mal hat sie gesoffen, 104
komplett zerstört und musste dann erstmal am nächsten Tag wieder 105
ausnüchtern, dann ging es wieder weiter, ja also es war echt übel.
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I: Krass.
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B: Ja.
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I: Also sie war dann auch sehr stark alkoholisiert auch.
112 113
B: Ja.
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I: Also das an normalen Alltag auch gar nicht so zu denken war für 116
dich.
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B: Nee.
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I: Und wie hast du als Kind darauf reagiert? Also hast du dich eher 121
zurückgezogen oder hast du dann vielleicht eher die Konfrontation 122
gesucht? Wie sah das aus dann?
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B: Ja also mit ihr, Konfrontation auf jeden Fall gesucht. Aber ich 125
habe dann irgendwann gemerkt das wird nichts mehr, weil ich muss 126
mich da nicht so beleidigen lassen. Ja und da, dazu kommt auch noch, 127
dass sie jemanden kennengelernt hatte, der auch noch getrunken hat.
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Und der dann auch immer ausgerastet ist, wo ich dann auch immer mich 129
schon mit dem geprügelt hatte. Was auch und sie hat das dann immer 130
überhaupt nicht gesehen und wollte auch denn bei ihm bleiben. Und ja 131
ach das war/ (…) Als ich dann endlich mit 18 ausziehen konnte war 132
das für mich wie, ich weiß nicht, das war schön, das war toll. Ich 133
weiß gar nicht dieses Gefühl zu beschreiben. Und ja und ich hab mich 134
dann irgendwann so aus ihrem Alkoholismus zurückgezogen und hab dann 135
halt mein eigenes Ding gemacht.
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I: Okay.
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B: Schule mäßig, ich hab auch die Unterschriften, was ich ihr auch 140
gesagt hab, aber Unterschriften gefälscht. Was sie ja natürlich auch 141
wusste. Ich hab gesagt 'Du ich hab schon wieder eine schlechte Note 142
gekriegt. Hab das dann mal unterschrieben.'-'Ja, ja ich kann ja eh 143
nicht mehr unterschreiben' So ansich war sie halt immer für mich da 144
so wenn es um Krankheit oder so ging, da war sie immer für mich da.
145
Aber sonst da war sie eigentlich immer duhn und hat nur Scheiße er-146
zählt auf Deutsch gesagt. Ja.
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I: Ja, das klingt auf jeden Fall schon so, als ob es dich auch in 149
dem Alltag beeinflusst hätte.
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B: Ja.
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I: Also als ob du es auch wirklich stark mitbekommen hast. Und (...) 154
ja. Und kannst du so Hauptgefühle benennen, die dich vielleicht da-155
mals so beschäftigt haben?
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B: Verzweiflung. Angst.(...) Ja, sowas. Hilferuf eher auch.
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I: Hmm.
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B: Ich glaub hätte ich mein Opa auch nicht gehabt, ich weiß gar 162
nicht. Man sagt ja immer so statistisch gesehen, die Leute, die von 163
alkoholischen Familien, trinken selbst auch. Ich hab auch damals 164
dann viel getrunken um halt um mit Freunden irgendwo, hauptsache 165
nicht nach Hause. HAUPTSACHE nicht nach Hause. Aber solange ich den 166
Rückhalt von meiner Oma und meinem Opa hatte ging das immer noch.
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Und ja sie hat mich halt auch so in schlimme Lagen gebracht durch 168
den Alkoholismus. Sie hat zum Beispiel, wenn ich einen neuen Laptop 169
kriegen sollte und das Geld zum Beispiel von meinem Opa bekommen ha-170
be, hat sie das wieder für Saufen ausgegeben. Ja, so ne Sachen halt.
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Und das hat mich dann schon mit Angst, Verzweiflung (..) ja, doch, 172
Angst und Verzweiflung würde ich das beschreiben.
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I: Okay. Also es gab aber es gab so gesagt auch noch dann Hilfe 175
durch deinen Opa?
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B: Ja.
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I: Und deine Oma?
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B: Ja.
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I: Die waren dann für dich da und 184
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B: Genau.
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I: Und haben sich dann auch um dich gekümmert?
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B: Ja. Haben sie. Also die wohnen halt weiter weg. Aber immer wenn 190
irgendwas war, konnte ich anrufen. Und die wären auch gekommen. Und 191
ja die waren halt immer so die Ansprechpartner für mich, weil ich 192
hatte ja sonst keinen.
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I: Hm.
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B: Ich musste damit eigentlich immer selbst fertig werden. Hatte/
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Dann hatte ich mir auch selbst Hilfe gesucht.
198 199
I: Okay.
200 201
B: Beim Psychologen.
202 203
I: Mhm.
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B: Um das auch verarbeiten zu können. Aber das hat mir irgendwie gar 206
nichts gebracht.
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I: Das war dann jetzt als du schon älter warst oder war das damals?
209 210
B: Nee, damals.
211 212
I: In der akuten Situation?
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B: Genau in der akuten Situation. Und das hat mir aber gar nichts 215
gebracht. Ich hab (unv). Der hat mir irgendwie immer das gesagt, was 216
ich auch schon wusste und/ Aber irgendwie nicht so. Also das war 217
ganz komisch. und wenn ich meine Mutter gefragt hatte ob wir zusam-218
men mal eine Therapie zusammen, wollte sie nicht. Weil ihr ging es 219
ja gut. Und ihr geht es ja toll und sie trinkt ja nur ein bisschen.
220
Und ja, wie das halt immer so ist bei Alkoholikern. 'Ich bin ja gar 221
kein Alkoholiker.' Und es kam halt auch noch dazu/ Das schlimme war 222
bei ihr, es kam halt noch dazu, dass sie nicht arbeiten konnte. Sie 223
hatte keinen ordentlichen Lebenspartner. Der hat ja auch noch ge-224
trunken. Und war halt für sie wie so ein Lebenszusammenbruch und sie 225
hat dann nur noch ihren Alkohol, also Probleme in Alkohol ertränkt.
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Hat auch Schulden aufgebaut und ja, ich bin da ein bisschen rausge-227
nommen worden. Ja aber ich hatte immer meine Großeltern. Wie gesagt 228
therapiemäßig hat mir das überhaupt nichts gebracht.
229 230
I: Okay. Und du hast ja gerade gesagt, du hast vorgeschlagen eine 231
Therapie zu machen. Auch zusammen. Kannst du dich noch erinnern, wie 232
du damals/ Also kam das so von dir oder hattest du vielleicht von 233
außen irgendwie mal mitbekommen, dass es sowas gibt? Also solche 234
Programme?
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B: Ja, ich hatte mich mal im Internet dazu belesen und wollte ihr 237
halt unbedingt helfen, weil ist ja meine Mutter. Und dann bin ich 238
auf sie zu und hab gesagt 'Mutti, du damit du Hilfe findest, wollen 239
wir nicht zusammen das machen, dass wir das beide verarbeiten kön-240
nen?' Weil ich wurde auch immer schlechter in der Schule und da fing 241
das auch mit meiner Gesundheit an schlimmer zu werden und dadurch 242
war es total Abfall. Und ich hab eigentlich auch immer so bisschen 243
Zugang gesucht. So der war ja ansich oberflächlich da, aber halt 244
nicht so. So dann hab ich ihr das auch so erklärt, aber sie hat dann 245
immer abgelehnt weil ‚Wir haben kein Problem.‘
246 247
I: Okay.
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B: Ja.
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I: Und gab es auch mal, dass deine Oma und Opa, sagtest du jetzt, zu 252
denen hattest du, die haben dir viel Unterstützung gegeben. Das die 253
vielleicht auch mal mit deiner Mutti gesprochen hat. Also gab es 254
auch Unterstützung die sag ich mal, aktiv darin war Hilfe zu suchen 255
oder ging das alles von dir aus?
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B: Nee das ging wirklich von mir aus. Weil mein Opa war, weil die 258
weit weg gewohnt haben, haben die das nicht so gesehen. Immer wenn 259
die telefoniert haben war sie nüchtern. Hat gesagt, so schlimm ist 260
das gar nicht.
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I: Okay.
263 264
B: Und ja das war immer sehr sehr schwierig. Und mein Opa konnte von 265
außen jetzt auch gar nicht einwirken, weil meine Oma auch noch krank 266
war. Und deswegen konnte er nicht irgendwie immer ständig hoch fah-267
ren. Da war ich dann eigentlich auf mich alleine gestellt, ja.
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I: Okay.
270 271
B: Ja.
272 273
I: Und du sagst ja jetzt, du hattest dir dann den Psychologen ge-274
sucht. Das hat dir gar nicht geholfen?
275 276
B: Hmm.
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I: Kannst du dir denn was vorstellen, was dir vielleicht besser ge-279
holfen hätte. Also was dir, beziehungsweise wie so ein Hilfsangebot 280
hätte aussehen müssen für dich, dass du gesagt hättest 'Okay, das 281
hilft mir jetzt wirklich und das sagt mir jetzt nicht nur, dass mei-282
ne Situation schlimm ist, denn das weiß ich selber.' Oder?
283 284
B:Ja. Vielleicht wirklich so eine, ich glaube da wäre eher so eine 285
Beratung am besten gewesen. Weil ich hätte mich aussprechen können 286
und der hätte mir vielleicht helfen können mit 13, wie ich was ma-287
chen kann, wie ich was handhaben kann, wenn ich Probleme habe, wo 288
ich hingehen kann. Und das hatte ich halt alles nicht. Das gab es da 289
auch glaub ich gar nicht. Ich wusste gar nicht, ich wurde halt nicht 290
darauf hingewiesen, dass es sowas gibt.
291 292
I: Hmm.
293 294
B: Und ja. Genau.
295 296
I: Und angenommen du hättest zum Beispiel/ Das ist manchmal auch so, 297
dass Lehrer oder andere Außenstehende, Familie sowas initiieren und 298
sagen: ‚Na ja ist alles gut.‘ Hättest du das in Anspruch genommen?
299
Also kannst du dir vorstellen, wenn man dir wirklich so ein Hilfsan-300
gebot angeboten hätte, dass du das angenommen hättest?
301 302
B: Ja. (...) Weil ich merke jetzt halt, jetzt im Laufe, ich habe im-303
mer noch Probleme damit. Also jetzt nicht so irgendwie wie andere 304
vielleicht. Aber so richtig, ich merke das halt immer dadurch, dass 305
belastet mich und das belastet auch die anderen. Ich weiß auch gar 306
nicht, wie ich das erklären soll aber wenn, ich hab ja auch in mei-307
ner Studienzeit auch viel getrunken. Also so ganz normal partymäßig 308
halt getrunken, was jeder macht. Aber ich merk jetzt halt einfach 309
zum Beispiel, jetzt trink ich schon seit einem Jahr fast keinen Al-310
kohol mehr. Und ja eigentlich so gut wie gar nicht. Ja, vielleicht 311
mal ein Bierchen oder so. Vielleicht mal einmal im Monat oder so.
312
Aber ich merk halt wenn andere Leute um mich rum trinken krieg ich 313
Panik. Ich weiß gar nicht. So richtig Unwohlsein. Wenn Leute in der 314
Umgebung trinken. Und das Ding war ja auch das mein Ex-Freund hat 315
auch sehr viel, ja genau mein Ex-Freund hat auch sehr viel getrunken 316
wurde deswegen auch aggressiv. Was ich ja von den anderen von meiner 317
Familie, also von meinen Eltern auch schon kannte.
318 319
I: Hmm.
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B: Ja und deswegen bin ich total, jetzt in der Zukunft. Weil jetzt 322
ist es zu spät. Also klar muss man sich. Ich könnte mir das jetzt 323
auch irgendwie vorstellen, dass ich jetzt vielleicht noch eine The-324
rapie deswegen um das zu verarbeiten, aber ich merk jetzt einfach.
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Ich merke, jetzt krieg ich das einfach nicht mehr raus. Jetzt ist es 326
schon so fest verankert, dass ich einfach sobald jemand im näheren 327
Umfeld was trinkt, geh ich so auf Abstand. Da krieg ich Angst und 328
dann sag ich auch immer 'Wollen wir heute nicht weniger trinken?' 329
Also merken die anderen auch schon 'Hä?' so. Ja, das ist schon ganz 330
komisch. Ja.
331 332