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Physische Form der Zeitschrift: Artikel- und Seitenumfang

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3. Zeitschriften und bibliometrische Analysen

3.5 Physische Form der Zeitschrift: Artikel- und Seitenumfang

Der Artikel- und Seitenumfang von Zeitschriften ist ein wichtiger Indikator für Ermittlung des Literaturanstiegs und der Entwicklung in der Wissenschaft (Sandson, 1974; Liu, 2003). Die Bibliometrie setzt die Artikelanzahl als Indikator in komparativen Studien verwandter Gebie-te, Institutionen und Ländern ein. Allerdings müssen hierfür repräsentative Stichproben vor-handen sein, um relevante Schlussfolgerungen zu erhalten. Untersuchungen an kleineren Stichproben, z. B. von einigen Jahrgängen einer Zeitschrift, können zu Verzerrungen in den Schlussfolgerungen führen. Der Umfang eines Artikels gemessen an der Seitenanzahl sagt alleine noch nicht viel aus. Umfangreichere Artikel enthalten nicht unbedingt qualitativ hochwertigere oder neure Informationen. Bei Untersuchungen dieses Indikators ist es wichtig, den Artikeltyp zu kennen, den die Zeitschrift veröffentlicht. Abzuraten ist deshalb von einem Vergleich konzeptionell und inhaltlich unterschiedlicher Zeitschriftentypen, z. B. JASIS (Journal of the American Society for Information Science) und Nature. Auch beim Vergleich von gedruckten und elektronischen Zeitschriften ist Vorsicht geboten. Oft ist der Umfang der Artikel in gedruckten Zeitschriften begrenzt, während bei elektronischen Zeitschriften dies meist kein limitierender Faktor ist. Nicht unwesentlich ist auch die Tatsache, ob in einer Zeit-schrift eine größere Zahl von Übersichtsartikeln oder Kurzmitteilungen erscheinen. Wenn al-so Untersuchungen zum Zeitschriftenumfang gemacht werden, müssen auch weitere Parame-ter berücksichtigt werden, die ein genaueres Bild von der Rolle der jeweiligen Zeitschrift lie-fern. Little et al. (1990) untersuchten Veränderungen im Textumfang und der Anzahl von Re-ferenzen in Zeitschriften, die einen bestimmten Seitenumfang aufwiesen. In der Stichprobe wurden Zeitschriften der Biologie, physikalischen Chemie und Geologie berücksichtigt, die im SCI gelistet sind.

Eine Untersuchung der Parameter «Seitenanzahl» oder «Artikelanzahl» sollte unbedingt einen größeren Zeithorizont (mindestens zehn Jahren) umfassen. Liu (2003) berichtet von der Be-deutung dieses Indikators am Beispiel der Zeitschrift Journal of the American Chemical So-ciety, deren Erscheinungshäufigkeit von 12 Bänden pro Jahr im Jahr 1960 auf 24 im Jahr 1990 und 51 im Jahre 2000 anstieg. Der Anstieg der Erscheinungshäufigkeit wurde begleitet durch den Anstieg der Artikelanzahl pro Jahr, von 107 im Jahr 1900, 1293 im Jahr 1950 bis zu 1415 im Jahre 2000. Der Seitenumfang von 414 Seiten im Jahr 1900, stieg im Jahr 1950 auf 5891, und erreichte im Jahr 2000 die Zahl von 13040. Die Zeitschriften American Journal of Mathematics und American Journal of Sociology folgten dieser Tendenz ebenfalls, jedoch in geringerem Ausmaß.

3.6 Artikeltypen

Es ist bereits erwähnt worden, dass oftmals bereits im Titel einer Zeitschrift ein Hinweis auf die enthaltenen Artikeltypen vorhanden ist, etwa bei Zeitschriften des Typs «Letters of...».

Die Mehrheit der Zeitschriften führt aber die Angaben zum Artikeltyp in den Autorenhinwei-sen. Die Zeitschrift Science etwa veröffentlicht wissenschaftliche Originalarbeiten, Über-sichtsarbeiten, Kurzmitteilungen und Kurzberichte jüngster Forschungen'. JAMA (Journal of the American Medical Association) veröffentlicht wissenschaftliche Originalarbeiten, Über-sichtsarbeiten, Kurzmitteilungen, Kommentare und andere Artikeltypen, die sich mit der Problematik medizinischer Praxis und dem öffentlichen Gesundheitswesen auseinander-setzen6. Die Zeitschrift Nature veröffentlicht wissenschaftliche Originalarbeiten, Briefe und seltener Kurzmitteilungen (Brief Communications). Ausführliche Informationen zur Form der erwähnten Artikel sind auf der Internetseite angeführt'.

Bibliometrische Untersuchungen zu Artikeltypen in Zeitschriften dienen der Analyse von Entwicklungstendenzen in einer Disziplin oder Subdisziplin. Bastide und Courtal (1989) un-tersuchten die Polymerwissenschaften indem sie Übersichts- und wissenschaftliche Original-arbeiten analysierten. Haigi (1995) untersuchte drei führende Spitzenzeitschriften aus dem Bibliothekswesen, die in den USA, Japan und China erscheinen.

Das vermehrte Auftreten von Briefen in Zeitschriften, in denen dieser Artikeltyp nicht die Publikationsgrundform darstellt, kann ein Indikator für die Entwicklungsdynamik einer

Dis-5 General information for authors http://www.sciencemag.org/feature/contribinfo/prep/gen info.shtml , März 2006

6 Manustcript criteria and information. http://jama.ama-assn.org/ifora current.dtl , März 2006 7 Nature Guide to Authors. http://www.nature.com/nature/submit/gta/index.html , März 2006

ziplin sein. Inhalt und Menge der Korrespondenz, die als Diskurs infolge veröffentlichter Ar-beiten entsteht, kann auf die Bedeutung oder eine Kontroverse innerhalb eines bestimmten Themas hinweisen. Briefe können aber genauso das Interesse eines Einzelnen innerhalb einer Disziplin oder eines Fachgebiets dokumentieren. Da Briefe gewöhnlich schneller als voll-ständige Artikel veröffentlicht werden, können auch sie zur Verbreitung von Ideen dienen.

Inhaltliche Vergleichsuntersuchungen an wissenschaftlichen Originalbeiträgen haben Gold-berg et al. (1997) in amerikanischen und russischen medizinischen Zeitschriften gemacht.

Seglen (1996) arbeitete ebenfalls zum Inhalt wissenschaftlicher Artikel der Biomedizin.

Grund für diese Untersuchung war die Unzufriedenheit mit der Bewertung wissenschaftlicher Zeitschriften im Rahmen von Beurteilungsverfahren und der Auswertung aufgrund der An-zahl erhaltener Zitate.

Übersichtsarbeiten spielen in den Kommunikationsprozessen der wissenschaftlichen Gemein-schaft eine besondere Rolle. Grundsätzlich lassen sich drei Arten unterscheiden: 1) Artikel, deren Autoren als Experten in einem Fachgebiet kritische Übersichten zu Beiträgen zu einem bestimmten Forschungsproblem veröffentlichen, 2) Artikel, die eine Literaturübersicht zu Tatsachen und Ergebnissen hinsichtlich eines bestimmten Forschungsproblems bieten, jedoch weniger die Standpunkte der Autoren zum Ausdruck bringen und 3) Artikel, die eine Jahres-übersicht veröffentlichter Literatur enthalten und dessen Ziel es ist, die interessierte Öffent-lichkeit über eine bestimmte Fragestellung zu informieren (Virgo, 1971). Übersichtsartikel weisen im Allgemeinen eine höhere Zitationsrate auf als typische wissenschaftliche Artikel.

Grund dafür ist die Tatsache, dass es sich bei Übersichtsartikeln um Surrogate früherer For-schungen bzw. veröffentlichter Arbeiten handelt. Laut JCR wird jeder Artikel mit mehr als 100 Referenzen als Übersichtsartikel eingestuft. Artikel, die in den Rubriken «Übersichten»

wissenschaftlicher oder klinischer Zeitschriften erscheinen, werden ebenfalls als Übersichtsar-tikel klassifiziert.

Im Allgemeinen herrscht die Vorstellung, dass methodologische Artikel eine höhere Zitati-onsrate aufweisen. Das stimmt jedoch so allgemein nicht und hängt sehr vom Fachgebiet ab.

Für die Mehrheit der Zeitschriften, die sich nur mit methodologischen Ansätzen befassen, sind keine besonders hohen Zitationsraten gemessen worden. Artikel mit hohen Zitierraten beeinflussen nämlich direkt den IF einer Zeitschrift (Garfield, 1994a; Moed et al. 1999).

Ein weiterer Artikeltyp existiert vornämlich in der Biomedizin in Form von Fallstudien (case studies). Der Wert einer Arbeit kann potenziell durch die Zitationsrate bestimmt werden. Für die Auswertung eines bestimmten Typs von wissenschaftlicher Arbeit existiert bislang noch keine völlig objektive Methode.

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