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5.2 Modellierung der Nachfrageseite

5.2.3 Pflegewesen

In Anlehnung an die Berechnung der Nachfrage im Gesundheitswesen, wurde für die Berechnung der Nachfrage im Pflegewesen zunächst eine Vergangen-heitsanalyse durchgeführt. Dabei wurden aus Daten der Pflegestatistik alters-gruppen- und geschlechtsspezifische Pflegequoten für die drei Pflegestufen in den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen ermittelt.

Ermittelt wurden die Pflegequoten (P) aus der Datenquelle „Pflegebedürfti-ge (absolut, je 100.000 Einwohner, in Prozent)“ mit den Gliederungsmerkmalen Alter404 (a), Jahre (j), Geschlecht (g), Pflegestufe405 (k) und Art der Betreuung406 (e). Für die Jahre 1999 bis 2009 wird die Anzahl der Pflegefälle (PF) in Bezug zur Anzahl der Bevölkerung (BV), ebenfalls differenziert nach Alter, Geschlecht und Jahr, gesetzt.

(3.20)

In Kapitel 3.4.1.1 wurden unter dem Stichwort „Kompressionsthese“ die Aus-wirkungen einer steigenden Lebenserwartung auf die Pflegebedürftigkeit (in Form der Pflegequote) aufgezeigt. Im Rahmen der Kompressionsthese führt die steigende Lebenserwartung zu sinkenden Pflegequoten. Die Analyse der ermit-telten Pflegequote hat für die Vergangenheit keine klaren und allgemeingültigen alters-, geschlechts- und einrichtungsspezifischen Entwicklungen diesbezüglich gezeigt. Auch andere Untersuchungen gehen von eher konstanten altersspezifi-schen Pflegeprävalenzraten aus.407 Aus diesem Grund wird von einer Modellie-rung im Sinne der Kompressionsthese abgesehen. Um eine Pflegequote zu be-stimmen, die robust gegen Ausreißer ist, wird das arithmetische Mittel Pa,g,e,k der Jahre 1999 bis 2009 auf Deutschlandebene ermittelt.

Anschließend werden die Pflegequoten mit den altersgruppen- und ge-schlechtsspezifischen Bevölkerungsprognosen der Bundesländer (r) verknüpft, um die Pflegefälle nach Pflegestufen in den einzelnen Einrichtungen des Pfle-gewesens und den Regionen zu erhalten.

(3.21)

404 In 5 Jahres-Schritten von unter 5 Jahre, 5 bis unter 10 Jahre,…, 90 bis unter 95 Jahre sowie 95 und älter.

405 Hier werden nur die Fälle der Pflegestufen I, II und III berücksichtigt.

406 Ambulante Pflege, vollstationäre Pflege, teilstationäre Pflege, Pflegegeld.

407 Vgl. Rothgang et al. (2010), S. 9f.

5.2.3 Pflegewesen

In Anlehnung an die Berechnung der Nachfrage im Gesundheitswesen, wurde für die Berechnung der Nachfrage im Pflegewesen zunächst eine Vergangen-heitsanalyse durchgeführt. Dabei wurden aus Daten der Pflegestatistik alters-gruppen- und geschlechtsspezifische Pflegequoten für die drei Pflegestufen in den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen ermittelt.

Ermittelt wurden die Pflegequoten (P) aus der Datenquelle „Pflegebedürfti-ge (absolut, je 100.000 Einwohner, in Prozent)“ mit den Gliederungsmerkmalen Alter404 (a), Jahre (j), Geschlecht (g), Pflegestufe405 (k) und Art der Betreuung406 (e). Für die Jahre 1999 bis 2009 wird die Anzahl der Pflegefälle (PF) in Bezug zur Anzahl der Bevölkerung (BV), ebenfalls differenziert nach Alter, Geschlecht und Jahr, gesetzt.

(3.20)

In Kapitel 3.4.1.1 wurden unter dem Stichwort „Kompressionsthese“ die Aus-wirkungen einer steigenden Lebenserwartung auf die Pflegebedürftigkeit (in Form der Pflegequote) aufgezeigt. Im Rahmen der Kompressionsthese führt die steigende Lebenserwartung zu sinkenden Pflegequoten. Die Analyse der ermit-telten Pflegequote hat für die Vergangenheit keine klaren und allgemeingültigen alters-, geschlechts- und einrichtungsspezifischen Entwicklungen diesbezüglich gezeigt. Auch andere Untersuchungen gehen von eher konstanten altersspezifi-schen Pflegeprävalenzraten aus.407 Aus diesem Grund wird von einer Modellie-rung im Sinne der Kompressionsthese abgesehen. Um eine Pflegequote zu be-stimmen, die robust gegen Ausreißer ist, wird das arithmetische Mittel Pa,g,e,k der Jahre 1999 bis 2009 auf Deutschlandebene ermittelt.

Anschließend werden die Pflegequoten mit den altersgruppen- und ge-schlechtsspezifischen Bevölkerungsprognosen der Bundesländer (r) verknüpft, um die Pflegefälle nach Pflegestufen in den einzelnen Einrichtungen des Pfle-gewesens und den Regionen zu erhalten.

(3.21)

404 In 5 Jahres-Schritten von unter 5 Jahre, 5 bis unter 10 Jahre,…, 90 bis unter 95 Jahre sowie 95 und älter.

405 Hier werden nur die Fälle der Pflegestufen I, II und III berücksichtigt.

406 Ambulante Pflege, vollstationäre Pflege, teilstationäre Pflege, Pflegegeld.

407 Vgl. Rothgang et al. (2010), S. 9f.

Für den weiteren Verlauf der Berechnung ist die Differenzierung nach Alter und Geschlecht nicht mehr notwendig, hier kann folglich die Summe bestimmt wer-den.

(3.22) ∑ ∑

Von der Gesamtzahl aller Pflegefälle nach Einrichtung, Pflegestufe, Jahr und Region muss nun auf die benötigten Personalressourcen in den Einrichtungen und Regionen zu den jeweiligen Jahren geschlossen werden. Dazu bieten sich zwei grundlegende Vorgehen an. Ein Weg besteht darin, über den im SGB XI,

§15 festgelegten Pflegeaufwand in Minuten für die einzelnen Pflegestufen auf die benötigen Personalressourcen zu schließen. Allerdings heißt es dort in Ab-satz 3:

„Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflege-kraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt…“

Dies bedeutet, dass der dort veranschlagte Zeitansatz408 für den Pflegeaufwand für die Laien- bzw. Angehörigenpflege veranschlagt wurde und nicht mit dem Zeitaufwand einer professionellen Pflegekraft gleich gesetzt werden kann. Die-ses Vorgehen würde sich demnach dazu eignen, den Personalbedarf für die in-formelle Pflege zu bestimmen, die im Rahmen dieser Arbeit allerdings nicht quantifiziert werden soll.

Für die in den ambulanten und stationären Einrichtungen des Pflegewesens professionell versorgten Pflegefälle ist dagegen ein anderes Vorgehen sinnvoll.

Für die vollstationär versorgten Pflegefälle können die zur Versorgung notwen-digen Personalressourcen über länderspezifische Pflegeschlüssel (PS) ermittelt werden. Dieser Schlüssel gibt das Verhältnis von Pflegebedürftige (Pflegefälle, PF) zu Vollzeitkraft, eine Personaleinheit in Vollzeitäquivalente (PEVZÄ) an. In den Pflegeschlüsseln wird die notwendige pflegerische Versorgung (24 Stunden, 7 Tage in der Woche) differenziert nach Pflegestufen (k) abgebildet.

(3.23)

Der Pflegeschlüssel umfasst dabei die Bruttoarbeitszeit, inkl. Urlaub, Krank-heits- und Fortbildungszeiten.409 Diese Schlüssel variieren zwischen den Bun-desländern und Pflegestufen (Vgl. Tabelle A-1 im Anhang).

408 Pflegestufe I: min. 90 Minuten; Pflegestufe II: min. drei Stunden; Pflegestufe III: min.

fünf Stunden.

409 Vgl. Wipp (2013).

Im Vergleich zu anderen Kennzahlen für die Nachfrageberechnung, wird auf eine Durchschnittsbildung über die Bundesländer verzichtet und stattdessen auf die bestehenden länderspezifischen Pflegeschlüssel PSk,r zurückgegriffen.

Dadurch wird aufgrund der abweichenden Schlüssel verhindert, in der Nähe des Startjahres nicht zu große Verzerrungen zu erzeugen. Würde ein über alle Bun-desländer gemittelter Pflegeschlüssel verwendet, käme es in einzelnen Regionen bereits zu Beginn der Prognose zu einer deutlichen Abweichung zwischen Per-sonalangebot und -nachfrage.

Für die ambulanten Pflegedienste gibt es keine per Rahmenvertrag auf Lan-desebene festgelegten Pflegeschlüssel.410 Da der Gesetzgeber bei der Beurtei-lung und Einstufung von Pflegefällen in Pflegestufen keine Unterscheidung zwi-schen ambulanten und stationären Pflegeeinrichtung vornimmt, wird im Folgen-den angenommen, dass die länderspezifischen Pflegeschlüssel auch für die am-bulanten Einrichtungen Anwendung finden. Damit wird unterstellt, dass Pflege-fällen einer Pflegestufe die gleiche pflegerische Leistung zukommt, unabhängig von der Einrichtung in der sie betreut werden.

Mit Hilfe der länderspezifischen Pflegeschlüssel und den regional zu erwar-tenden Pflegefällen, können anschließend die in den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen zur Versorgung notwendigen Personalressourcen in Voll-zeitäquivalenten (PRVZÄ) berechnet werden. Dabei wird die Summe über alle Pflegefälle (k) ermittelt, um zur Gesamtzahl des benötigten Personals in VZÄ für die Einrichtungen (e) in den Regionen (r) und Jahren (j) zu gelangen.

(3.24)

Um daraus auch die berufsspezifische Nachfrage bestimmen zu können, wird wiederum die in der Vergangenheit beobachtbare Berufsstruktur in den ambu-lanten und stationären Einrichtungen des Pflegewesens analysiert und der Anteil eines Berufs an allen Berufen in der Einrichtung (BS) bestimmt.

(3.25)

Aus der in der Vergangenheit für jedes Jahr beobachtbare Berufsstruktur wird das arithmetische Mittel BSVZÄb,e,r berechnet.

Die zukünftige Nachfrage nach Personal im Pflegewesen (PN) nach Beruf (b), Einrichtung (e), Jahr (j) und Bundesland (r) wird demnach bestimmt zu

410 Jede selbständige ambulante Einrichtung schließt im Rahmen der Zulassung Rahmen-verträge mit den Pflege- und Krankenkassen ab.

Im Vergleich zu anderen Kennzahlen für die Nachfrageberechnung, wird auf eine Durchschnittsbildung über die Bundesländer verzichtet und stattdessen auf die bestehenden länderspezifischen Pflegeschlüssel PSk,r zurückgegriffen.

Dadurch wird aufgrund der abweichenden Schlüssel verhindert, in der Nähe des Startjahres nicht zu große Verzerrungen zu erzeugen. Würde ein über alle Bun-desländer gemittelter Pflegeschlüssel verwendet, käme es in einzelnen Regionen bereits zu Beginn der Prognose zu einer deutlichen Abweichung zwischen Per-sonalangebot und -nachfrage.

Für die ambulanten Pflegedienste gibt es keine per Rahmenvertrag auf Lan-desebene festgelegten Pflegeschlüssel.410 Da der Gesetzgeber bei der Beurtei-lung und Einstufung von Pflegefällen in Pflegestufen keine Unterscheidung zwi-schen ambulanten und stationären Pflegeeinrichtung vornimmt, wird im Folgen-den angenommen, dass die länderspezifischen Pflegeschlüssel auch für die am-bulanten Einrichtungen Anwendung finden. Damit wird unterstellt, dass Pflege-fällen einer Pflegestufe die gleiche pflegerische Leistung zukommt, unabhängig von der Einrichtung in der sie betreut werden.

Mit Hilfe der länderspezifischen Pflegeschlüssel und den regional zu erwar-tenden Pflegefällen, können anschließend die in den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen zur Versorgung notwendigen Personalressourcen in Voll-zeitäquivalenten (PRVZÄ) berechnet werden. Dabei wird die Summe über alle Pflegefälle (k) ermittelt, um zur Gesamtzahl des benötigten Personals in VZÄ für die Einrichtungen (e) in den Regionen (r) und Jahren (j) zu gelangen.

(3.24)

Um daraus auch die berufsspezifische Nachfrage bestimmen zu können, wird wiederum die in der Vergangenheit beobachtbare Berufsstruktur in den ambu-lanten und stationären Einrichtungen des Pflegewesens analysiert und der Anteil eines Berufs an allen Berufen in der Einrichtung (BS) bestimmt.

(3.25)

Aus der in der Vergangenheit für jedes Jahr beobachtbare Berufsstruktur wird das arithmetische Mittel BSVZÄb,e,r berechnet.

Die zukünftige Nachfrage nach Personal im Pflegewesen (PN) nach Beruf (b), Einrichtung (e), Jahr (j) und Bundesland (r) wird demnach bestimmt zu

410 Jede selbständige ambulante Einrichtung schließt im Rahmen der Zulassung Rahmen-verträge mit den Pflege- und Krankenkassen ab.

(3.26)

Das Ergebnis ist die berufsspezifische Nachfrage nach Vollzeitäquivalenten in den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. Sie wird differenziert nach Berufen (b), Einrichtungen (e), Jahren (j) und Bundesländern (r).