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Abbildung 6 : Häufigkeit der Befunde bei Gruppe 2 alle PCV2 positiv

5.3. Pathomorphologischen Befunde

Bei der Einordnung und Diskussion von pathomorphologischen Befunden sollte man sich vergegenwärtigen, daß man es bei den in der Literatur beschriebenen, mit einer Infektion von PCV2 assoziierten Krankheitsbildern mit Symptomkomplexen zu tun hat, die in ihrer vollen Ausprägung nicht allein durch die Infektion mit diesem Virus erklärt werden können.

Nachdem erste Versuche, PMWS im Experiment durch eine Infektion mit PCV2 zu reproduzieren, fehlgeschlagen waren, gelang es KENNEDY et al. (2000), die Henle – Koch´schen Postulate zu erfüllen. Vergleicht man jedoch die Befunde, die KENNEDY et al.

(2000) im Versuch reproduzieren konnten mit den von vielen Autoren übereinstimmend in Felduntersuchungen bei Tieren mit dem Krankheitsbild PMWS beobachteten Symptomen, so zeigen sich erhebliche graduelle Unterschiede. Hieraus ist zu folgern, das zusätzliche Faktoren, die viraler, bakterieller oder auch anderer Art sein können, das pathomorphologische Bild modifizieren können und zu dem breiten Spektrum an Befunden führen.

In der Literatur wird den Veränderungen der lymphatischen Organe eine besondere Bedeutung innerhalb der pathomorphologischen Befunde beigemessen. Bereits makroskopisch sind oft vergrößerte inguinale Lymphknoten bzw. eine generalisierten Lymphadenopathie festzustellen, pathohistologisch werden lymphozytäre Depletion, multinukleäre Riesenzellen ein vermehrter Anteil an großen Zellen mit deutlichem Zytoplasma, die aufgrund ihrer Morphologie wahrscheinlich den histiozytären Zellen zuzuordnen sind, sowie intrazytoplasmatische Einschlusskörperchen beobachtet (CLARK 1997; DOMINGO 1999b; SEGALES 1999a).

Kein anderes Krankheitsbild bei Schweinen weist derartige Veränderungen auf, deshalb sollten sie als pathognomonisch angesehen werden und ein entscheidendes Kriterium für die Einordnung in die an eine PCV2-assoziierten Krankheitsbilder sein.

Schwieriger wird die Einordnung anhand der weiteren in der Literatur beschriebenen pathologisch- anatomischen Befunde beim Krankheitsbild PMWS, die weniger eindeutig sind und auch für andere Erkrankungen stehen können.

Die Lunge gehört bei PMWS zu dem am häufigsten betroffenen Organsystem (SEGALES 1999a), wobei katarrhalisch – eitrige Bronchopneumonien sicherlich auf bakterielle Sekundärinfektionen zurückzuführen sind. Interstitielle Pneumonien sind dagegen in der Regel viral bedingt und daher eher einer PCV2 – Infektion zuzuordnen, wenngleich andere virale Erreger wie z.B. das PRRS-Virus ebenso in Frage kommen und in vielen Fällen zusätzlich nachgewiesen werden können, wie es auch diese Untersuchung zeigt. Die Sonderform der proliferativen nekrotisierenden Pneumonie wird in dieser Untersuchung in Anlehnung an CLARK und HARDING (1998) und KIUPEL et al. (1999) unter das Krankheitsbild PMWS eingeordnet, da dieser häufig gestellte Befund meist mit den für PMWS typischen Veränderungen der lymphatischen Organe einherging. Offen bleibt auch hier die Bedeutung anderer viraler Erreger, wie das PRRS- oder Influenza- Virus, die in der Vergangenheit bei dieser Pneumonieform oft isoliert werden konnten ( MORIN et al. 1990;

BIKOUR et al. 1994; MAGAR et al. 1994 ).

Die in der Literatur beschriebenen Veränderungen der Leber mit Hepatitis sowie der Niere mit interstitieller Nephritis (CLARK u. HARDING 1998; SEGALES 1999a) stellen weitere wichtige Anhaltspunkte für eine Einordnung in das Krankheitsbild PMWS dar. Wenn sie auch als Befund nicht in derartiger Häufung auftreten, wie die Veränderungen der lymphatischen Organe und der Lunge, so konnte man sie jedoch im Infektionsversuch, wenn auch abgeschwächt, reproduzieren (KENNEDY et al. 2000).

Schwieriger wird es bei dem Befund Magenulkus (SEGALES 1999a), da sich ein kausaler Zusammenhang zu der Infektion mit PCV2 nur schwer herstellen läßt und das gehäufte Vorkommen in der Regel eher auf Fütterungsfehler und Stressfaktoren zurückzuführen ist (WALDMANN u. PLONAIT 1997). Dennoch ist vorstellbar, daß die klinisch zu beobachtende Blässe bei Tieren mit PMWS in vielen Fällen durch Magenulzera verursacht wird.

Mit dem porzinen Dermatitis- Nephropathie- Syndrom (PDNS) gibt es neben PMWS ein weiteres Erkrankungsbild, bei der PCV2 eine Rolle als ätiologisches Agens spielen soll (GRESHAM et al. 2000, ROSELL et al. 2000), wobei ausdrücklich betont werden muß, dass

ein kausaler Zusammenhang durch einen Infektionsversuch bisher nicht hergestellt werden konnte. Die typischen Hautveränderungen, die in der Regel auf einer nekrotisierenden Vaskulitis beruhen und die Nephropathien, die durch Glomerulonephritis und interstitielle Nephritis bedingt sind, sollen durch die Ablagerung von Antigen-Antikörperkomplexen infolge einer Hypersensitivitätsreaktion vom Typ III verursacht werden (HIGGINS 1993, HELIE et al. 1995). Mit den Haut-, Nieren-, sowie den typischen Lymphknoten-veränderungen, die denen bei PMWS entsprechen ( SEGALES et al. 1998a ), bieten sich relativ gute Merkmale, anhand derer man Befunde in diesen Symptomkomplex einordnen kann. Da die Ausprägung dieser typischen Merkmale jedoch mitunter stark variiert, kann es im Einzelfall insbesondere bei der makroskopischen Untersuchung schwierig sein, PDNS von anderen Krankheitsbilder, insbesondere der klassischen Schweinepest, abzugrenzen.

Betrachtet man nun die Ergebnisse der hier durchgeführten Untersuchungen, so stellt man beim Vergleich der pathologisch-anatomischen Befunde der zur Sektion gekommenen Tiere beider Gruppen fest, daß trotz gleicher Herkunft und gleicher Rahmenbedingungen während der Aufzucht eine gewisse Varianz vorlag. Gemeinsam waren den Tieren beider Gruppen die Veränderungen der Lymphknoten. Während sich die weiteren Veränderungen bei Gruppe 1 jedoch im wesentlichen auf Affektionen der Lunge beschränkten, war das Bild bei Gruppe 2 uneinheitlicher. Neben Leptomeningitiden und Bildern wie bei Sepsis waren hier auch Fälle von PDNS und Belastungsmyopathie zu beobachten.

Die pathohistologischen Befunde der hier untersuchten Tiere deckten sich weitestgehend mit den in der Literatur gemachten Angaben (CLARK 1997; CLARK u. HARDING 1998;

SEGALES 1999a). Herausragende Merkmale waren die Veränderungen in Lymphknoten, Tonsille und Milz, wobei die lymphozytäre Depletion der häufigste Befund war.

Multinukleäre Riesenzellen und Infiltrationen von histiozytären Zellen konnten nur in geringerer Zahl gefunden werden, in seltenen Fällen waren auch intranukleäre Einschlußkörperchen vorhanden. Im Bezug auf die histiozytären Infiltrationen stellt sich die Frage, ob es sich wirklich um eine Infiltration handelt, oder ob diese Zellen nur aufgrund der lymphozytären Depletion dem Betrachter stark auffallen. Wie bereits von ALLAN et al.

(1995) und DOMINGO (1999b) vermutet, soll an dieser Stelle nochmals aufgrund dieser Befunde auf die Möglichkeit einer Immundysfunktion, bzw. einer Immunsuppression im Rahmen einer PCV2 - Infektion hingewiesen werden. Es ist jedoch nicht möglich, anhand der hier beschriebenen pathomorphologischen Befunde Rückschlüsse auf die konkreten Mechanismen dieser Immunsuppression zu ziehen.

Um die Auswirkungen der PCV2 – Infektion auf das Immunsystem zu untersuchen, sind weitere in vivo und in vitro Forschungen nötig. Nur durch Studien über die Interaktionen des PCV2-Virus mit dem Immunsystem wird es möglich sein, Erkenntnisse zu gewinnen, die auch für einen möglichen Einsatz einer Vakzine wichtig sind.

Bei den pathohistologischen Veränderungen der Lunge fällt einerseits der hohe Anteil katarrhalisch-eitriger Bronchopneumonien auf, die sicherlich durch bakterielle Sekundärinfektionen bedingt war, mehr noch stehen jedoch die proliferativ-nekrotisierenden Pneumonien im Vordergrund. Sie liefern zusammen mit der Tatsache, daß PCV in abgeschilferten Bronchialepithelien nachgewiesen werden kann ( KIUPEL et al. 1999 ), und dem geführten Nachweis von PCV2 – Genomfragmenten aus Nasentupfern weitere Anhaltspunkte dafür, daß eine horizontale Übertragung über Sekrete des Respirationstraktes möglicherweise bei der Ausbreitung von PCV2 eine entscheidende Rolle spielt.

Nierenveränderungen konnten bei vielen Tieren gefunden werden, hauptsächlich handelte es sich jedoch nur um gering- bis mittelgradige interstitielle Nephritiden. Hochgradige exsudative und nekrotisierende Glomerulonephritiden in Verbindung mit interstitiellen Nephritiden, wurden in der Regel nur in den einzelnen Fällen von PDNS beobachtet.

Im Bezug auf die Befunde der Lebern der untersuchten Tiere war bemerkenswert, daß die in der Literatur beschriebenen Veränderungen hier kaum gefunden werden konnten. Wenn auch häufig geringgradige gemischtzellige Infiltrationen von Entzündungszellen oder geringgradige Leberzellnekrosen vorhanden waren, so konnten fulminante Hepatitiden nur in Einzelfällen diagnostiziert werden. Auch Magenulzera wurden nur in wenigen Fällen beobachtet.

Anhand der pathohistologischen Befunde, die mittels des gebildeten Scores eingeordnet wurden, lassen sich unter Berücksichtigung des PCV2 – Genomnachweises folgende Schlußfolgerungen ableiten:

Von den 60 Tieren, die während der Aufzucht und Mast verendeten, konnten anhand der pathohistologischen Veränderungen 44 Tiere in die Symptomkomplexe PMWS (incl. PNP) und PDNS eingeordnet werden, die alle gleichzeitig im PCV2 – Genomnachweis aus Organen positiv waren. Bei der Intensität der Veränderungen gab es starke individuelle Schwank-ungen, es wurden Score-Werte zwischen 2 und 28 Punkten erreicht (Tabelle 10 und 12).

12 der 60 Tiere verendeten, ohne daß sie typische Veränderungen für eine der an die PCV2 assoziierten Krankheiten zeigten und waren dabei auch im PCV2 – Genomnachweis negativ.

Es verbleiben 4 Tiere, die zwar im Genomnachweis PCV2-positiv waren, jedoch keine

deutlichen pathomorphologischen Befunde zeigten, die auf eine derartige Infektion hinwiesen, in der Regel waren hier bakterielle Infektionserreger nachweisbar. Auffällig war, dass diese Tiere entweder zu den ersten (1 Ferkel aus Gruppe 2), oder letzten (3 Schweine aus Gruppe 1) sezierten Tieren der jeweiligen Gruppen gehörten. Es stellt sich die Frage, ob typische pathomorphologische Veränderungen, insbesondere der lymphatischen Organe, hier möglicherweise noch nicht bzw. im Rahmen einer Regeneration nicht mehr nachweisbar waren. Da in diesen Fällen in der Regel jedoch bakterielle Infektionserreger isoliert werden konnten, ist auch denkbar, daß die Infektion mit PCV2 hier keine entscheidende Rolle gespielt hat.

Auch die 10 klinisch unauffälligen Kontrolltiere, die in der 12. Lebenswoche euthanasiert und seziert wurden, zeigten keine typischen pathomorphologischen Veränderungen, obwohl sie PCV2-positiv waren. Wenngleich bei 3 dieser Tiere auch geringgradig vergrößerte Lymphknoten festgestellt wurden, so konnten jedoch pathohistologische Veränderungen der lymphatischen Organe in keinem Fall beobachtet werden. Die geringgradigen Lungenaffektionen waren auch hier auf bakterielle Infektionserreger zurückzuführen.

Ebenso konnte bei den untersuchten Schlachtschweinen, die ungefähr zur Hälfte im bronchialen Lymphknoten PCV2 – positiv waren, keine Abhängigkeit zu Veränderungen der Lunge abgeleitet werden. Die Verteilung der Pneumoniegrade war bei PCV2 – positiven und –negativen Tieren nahezu identisch. Auch in den untersuchten Lymphknoten konnten keinerlei pathohistologische Veränderungen festgestellt werden.

Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, daß der Nachweis von PCV2 nie isoliert, sondern immer in Korrelation zur Pathomorphologie gesehen werden sollte und daß Verluste in Betrieben, in denen man PCV2 nachweisen kann, differenziert betrachtet werden müssen.

Neben den Fällen, bei denen die Pathomorphologie in Korrelation zum Genomnachweis deutlich auf die Krankheitsbilder von PMWS und PDNS hinweist, können Verluste, insbesondere vor einer massiven Verbreitung des Virus, auch durch andere Infektionserreger bedingt sein. Welche Rolle das Virus bei infizierten Tieren spielt, die ohne pathomorphologische Hinweise auf eine an die Infektion mit PCV2 assoziierten Krankheiten verenden, bleibt fraglich.