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2.5. Infektionen mit T. gondii bei nicht humanen Primaten

2.5.6. Pathologie und Pathogenese

Während der ungeschlechtlichen Vermehrung des Parasiten im Zwischenwirt kommt es zu einem massenhaften Befall der Parenchymzellen. Tachyzoiten dringen aktiv in die Wirtszellen ein und vermehren sich explosionsartig. Eine Wirtszelle füllt sich nach mehreren Teilungsvorgängen an, kann aber nur maximal 32 Tachyzoiten aufnehmen (FRENKEL 2000). Danach geht sie zugrunde und die Tachyzoiten werden frei, um in benachbarte Zellen einzudringen. Das Absterben parasitenbefallener Wirtszellen verursacht Gewebenekrosen, die sich durch den Tod vieler benachbarter Zellen herdförmig ausbreiten. Auf die Zerstörung der Zellen folgt in der Regel eine Infiltration mit Entzündungszellen (GARDINER et al. 1998). Wird durch den Parasiten eine starke, unkontrollierte Immunantwort induziert, stellt dies möglicherweise die Hauptursache für die Organschäden und damit auch für die Letalität der Toxoplasmose dar (referiert in EPIPHANIO et al. 2003). Vermutlich spielt bei der Pathogenese der akuten Toxoplasmose auch das Auftreten von Immunkomplexen eine Rolle, die während des Auftretens der klinischen Symptome serologisch nachweisbar sind.

Das pathologische Bild einer akuten disseminierten Toxoplasmose bei nicht humanen Primaten wird durch das Auftreten multipler Nekroseherde in den verschiedenen Organen mit oder ohne entzündliche zelluläre Infiltration charakterisiert (McKISSICK et al. 1968). Die in 33 Fallberichten am häufigsten genannten makroskopischen und mikroskopischen pathologischen Befunde sind in der Tab. 6 zusammengestellt.

Die makroskopisch sichtbaren Veränderungen sind wie die klinischen Symptome variabel und unspezifisch (McKISSICK et al. 1968). Zu den häufigsten Sektionsbefunden zählen schlecht retrahierte, emphysematöse und ödematisierte Lungen mit einer ausgeprägten Hyperämie. In einigen Fällen kann auch eine Atelektase festgestellt werden. Leber und Milz sind häufig vergrößert und hyperämisch. In einigen Fällen können in Leber, Niere und Milz miliare, grauweiße Herde nachgewiesen werden. Im Thorax, im Perikard und in der Bauchhöhle befinden sich oft vermehrte Ansammlungen von Transsudat. Die Mesenteriallymphknoten stellen sich häufig geschwollen und ödematisiert dar, vereinzelt sind sie hämorrhagisch. In Nieren, Herz und Lunge können petechiale Blutungen beobachtet werden. Bei einigen Tieren wird ein Ikterus festgestellt. Vereinzelt werden

am Dünndarm unterhalb der Serosa umschriebene, 1 bis 2 mm breite, rote Banden beobachtet (DICKSON et al. 1983; PERTZ et al. 1997; BACCIARINI et al. 2001a, b).

Mikroskopisch werden bei fast allen nicht humanen Primaten mit einer generalisierten Toxoplasmose multifokale Organnekrosen nachgewiesen. Am häufigsten sind dabei Leber, Lymphknoten, Darm, Herz, Milz, Niere und Nebennieren betroffen, vereinzelt werden auch Nekrosen in Lunge, Pankreas, mesenterialem Fettgewebe, Skelettmuskulatur, Peyerschen Platten, Auge und Gehirn festgestellt. Beim überwiegenden Teil der Tiere wird eine interstitielle Pneumonie diagnostiziert. Entzündliche Veränderungen der Organe werden zudem oft in Darm, Leber, Myokard, Milz, Lymphknoten, Niere, Nebennieren und Gehirn nachgewiesen, vereinzelt sind Rückenmark, Hirnhäute, Pankreas, mesenteriales Fettgewebe, Skelettmuskulatur und Gebärmutter betroffen.

Der Nachweis der Parasiten kann mikroskopisch oder immunhistologisch erfolgen. Dabei können Tachyzoiten im Bereich der Nekroseherde innerhalb der verschiedenen Organe frei sowie im Zytoplasma von Makrophagen oder diversen anderen Wirtszellen wie Pneumozyten, Alveolarmakrophagen, Gefäßendothelien, Hepatozyten, Kupfferschen Sternzellen, Histiozyten, Monozyten, Darmepithelzellen und Skelettmuskelzellen nachgewiesen werden (ISENBÜGEL 1983; INOUE 1997; BRACK et al. 1998; WOHLSEIN et al. 1999; FURUTA et al. 2001).

EPIPHANIO et al. (2003) konnten den Parasiten zudem in Erythrozyten beobachten, die Tachyzoiten lagen dabei frei im Zytoplasma und nicht in einer parasitophoren Vakuole.

Gewebezysten können in Gehirn, Myocard, Niere, Milz, Schilddrüse, Nebennieren, Pankreas und in der Skelettmuskulatur vorhanden sein (McKISSICK et al. 1968; ZAMAN u. KRISHNAMURTI 1969; HESSLER et al. 1971; McCONNELL et al. 1973, 1974; CHANG et al. 1980; WOHLSEIN et al. 1999). Die Zysten liegen dabei in der Regel ohne eine Entzündungsreaktion im Gewebe (BACCIARINI et al. 2001a, b).

Tab. 6: Häufigkeit von makroskopischen und mikroskopischen pathologischen Befunden bei

a, absolute Häufigkeit; b, relative Häufigkeit

Tab. 6: Häufigkeit von makroskopischen und mikroskopischen pathologischen Befunden bei

a, absolute Häufigkeit; b, relative Häufigkeit

Tab. 6: Häufigkeit von makroskopischen und mikroskopischen pathologischen Befunden bei akuten disseminierten Toxoplasmosen bei nicht humanen Primaten (Fortsetzung) Befund Auftreten in Referenz

33 Fallberichten Abs. H.a Rel. H.b (n) (%)

Hepatomegalie 6 18 BORST u. VAN KNAPEN (1984); CUNNINGHAM et al. (1992);

DIETZ et al. (1997); EPIPHANIO et al. (1999a, 2001, 2003) Ikterus 4 12 STOLZ (1962); UILENBERG (1970); BRACK et al. (1998);

WOHLSEIN et al. (1999)

Hydropericard 4 12 ITAKURA u. NIGI (1968); UILENBERG (1970); WONG u. KOZEK (1974); EPIPHANIO et al. 2003

Adrenalitis 3 9 JUAN-SALLES et al. (1998); EPIPHANIO et al. (2000, 2001) Pankreatitis 2 6 CHANG et al. (1980); EPIPHANIO et al. (2003)

a, absolute Häufigkeit; b, relative Häufigkeit

2.5.7. Therapie

Die meisten nicht humanen Primaten, die unter einer akuten Toxoplasmose litten, wurden zunächst unspezifisch entsprechend der gezeigten klinischen Symptome behandelt. Hierbei wurde häufig eine antibiotische Behandlung durchgeführt, wobei in der Regel Antibiotika mit einem breiten Wirkungsspektrum, z. B. Ampicillin, Tetracyclin oder Chloramphenicol verwendet wurden (DE RODANICHE 1954a; BENIRSCHKE u. RICHART 1960; STOLZ 1962; HESSLER et al. 1971;

CHANG et al. 1980; ISENBÜGEL 1983; CUNNINGHAM et al. 1992; PERTZ et al. 1997;

BACCIARINI et al. 2001a, b). Diese Therapie wurde durch die Gabe von Corticosteroiden oder Vitamin-B-Komplex-Präparaten ergänzt (STOLZ 1962; CHANG et al. 1980; ISENBÜGEL 1983;

BACCIARINI et al. 2001a, b). Im Zusammenhang mit einem erhöhten Blutzuckerspiegel, hervorgerufen durch eine akute Pankreatitis, wurde von CHANG et al. (1980) der Einsatz von Insulin beschrieben. Einige der erkrankten Tiere wurden zudem subcutan oder intravenös mit Natriumchlorid- und Glucose- oder mit Ringer-Lösung infundiert (CUNNINGHAM et al. 1992;

PERTZ et al. 1997; BACCIARINI et al. 2001a, b). Diese Behandlungsversuche führten jedoch nicht zu einer Genesung der Tiere.

Eine spezifische Therapie der Toxoplasmose bei nicht humanen Primaten wurde aus Ergebnissen von In-vitro-Studien mit Chemotherapeutika an Tachyzoiten und von Tierversuchen sowie aus Erfahrungen in der Humanmedizin abgeleitet (LEHNER 1984; HARPER et al. 1985; SWENSON 1993; referiert in SCHOONDERMARK-VAN DE VEN et al. 1995; CATAO-DIAS 2001). Die in der Literatur bevorzugt angegebenen Medikamente zur Therapie einer Toxoplasmose bei nicht humanen Primaten mit den entsprechenden Dosierungen sind in Tab. 7 aufgeführt. Von vielen Autoren wird eine Kombinationsbehandlung aus Pyrimethamin mit einem Sulfonamid, bevorzugt Sulfadiazin empfohlen (LEHNER 1984; BRACK 1987; WOLFF 1990, 1993; SWENSON 1993;

HUBBARD 1995; BRACK et al. 1995a; GOZALO u. TANTALEAN 1996; JOHNSON-DELANEY 1996; PARROTT 1997; CARPENTER et al. 2001; CATAO-DIAS 2001). Diese Behandlungsstrategie erwies sich auch experimentell bei der Therapie von infizierten Totenkopfäffchen als effektiv (HARPER et al. 1985). Zudem gelang es SCHOONDERMARK-VAN DE VEN et al. (1995) auf diese Weise eine konnatale Toxoplasmose bei trächtigen Rhesusaffen zu verhindern. Die Muttertiere wurden zunächst intravenös mit Tachyzoiten infiziert.

Unmittelbar nachdem der Parasit mit der PCR in der Amnionflüssigkeit nachgewiesen wurde, begann die Behandlung. Zehn bis dreizehn Tage nach Beginn der Therapie konnten keine Erreger mehr in der Amnionflüssigkeit nachgewiesen werden und auch die Gewebe der Jungtiere wiesen bei der Geburt keine Toxoplasmen auf. Obwohl in der Humanmedizin der Einsatz von Pyrimethamin und Sulfadiazin während einer Schwangerschaft auf Grund möglicher Missbildungen des Kindes als kontraindiziert gilt (SCHOONDERMARK-VAN DE VEN et al. 1995), wurden in dieser Studie keine toxischen Effekte der Substanzen festgestellt.

Pyrimethamin und Sulfadiazin wirken synergistisch gegen das Tachyzoitenstadium von

T. gondii, nicht jedoch gegen die enzystierten Bradyzoiten. Beide Wirkstoffe können die Blut-Hirn-Schranke sowie die Plazenta passieren (SCHOONDERMARK-VAN DE VEN et al. 1995). Da es sich bei den Medikamenten um Folsäureantagonisten handelt, ist die Behandlung nicht unumstritten. So kann es während der Therapie zu reversiblen Störungen der Hämatopoese kommen, so dass bei der Behandlung eine regelmäßige Kontrolle des Blutbildes sowie eine tägliche Applikation von Folsäure stattfinden sollte (LEHNER 1984; HUBBARD 1995; PARROTT 1997;

CARPENTER et al. 2001; CATAO-DIAS 2001).

Weitere für die Behandlung einer Toxoplasmose geeignete Chemotherapeutika sind Clindamycin und Spiramycin (BRACK 1987; WOLFF 1990, 1993; BRACK et al. 1995a; GOZALO u.

TANTALEAN 1996; JOHNSON-DELANEY 1996). Während experimentell infizierte Totenkopfäffchen trotz einer Behandlung mit Spiramycin starben (CHANG u. PECHERE 1988), konnten SCHOONDERMARK-VAN DE VEN et al. (1994) in einer Studie mit Rhesusaffen die Wirksamkeit des Medikaments bei der Behandlung einer konnatalen Toxoplasmose nachweisen.

Spiramycin musste dabei allerdings mindestens 3 Wochen verabreicht werden, um effektiv zu sein.

Insgesamt führten spezifische Therapieversuche in der Vergangenheit selten zum Erfolg. Die alleinige Behandlung mit Clindamycin oder Sulfadiazin konnte die erkrankten Tiere nicht vor dem Verenden retten oder es kam nach Beendigung der Therapie zu einer Reaktivierung der Infektion (FRENKEL u. ESCAJADILLO 1987; ESCAJADILLO u. FRENKEL 1991; SPENCER et al. 2004).

Auch Versuche von Kombinationsbehandlungen aus Sulfonamiden mit Trimethoprim oder Pyrimethamin scheiterten (DIETZ et al. 1997; BRACK et al. 1998). Hingegen beschrieb ISENBÜGEL (1983), dass durch die 16-tägige Gabe von MaderanR (Sulfadiazin und Pyrimethamin) als Kindersirup und dem zusätzlichen Einsatz von Vitaminpräparaten bei zwei schwer erkrankten Kattas eine Rekonvaleszenz erreicht werden konnte. Ein weiterer Therapieerfolg wurde von BRACK et al. (1995b) berichtet. Dabei konnte in einem Fall von massiven Verlusten bei Kattas und Totenkopfaffen eine Therapie mit Pyrimethamin und Sulfasalizin die verbliebenen Totenkopfaffen retten. Allerdings wurde nicht nachgewiesen, dass diese ebenfalls infiziert waren.

Erwiesene Therapieerfolge wurden somit fast ausschließlich unter experimentellen Bedingungen erzielt. Das mag in erster Linie daran liegen, dass die wirksamen Chemotherapeutika frühzeitig und gezielt nach stattgefundener Infektion eingesetzt wurden. Der Einsatz von einem Sulfonamid in Kombination mit Trimethoprim oder Pyrimethamin zeigte sich bei der Behandlung am effektivsten (HARPER et al. 1985; SCHOONDERMARK-VAN DE VEN et al. 1995).

Die Prognose ist bei akuten disseminierten Toxoplasmosen und spätem Behandlungsbeginn sehr ungünstig. Da keine geeignete Vakzine zur Verfügung steht, kommt der rechtzeitigen medikamentellen Behandlung der Toxoplasmose eine besondere Bedeutung zu (BACCIARINI et al. 2001b). Eine spezifische Therapie sollte bereits beim ersten Auftreten von klinischen Symptomen und schon im Verdachtsfall eingeleitet werden. Es wurden auch Überlegungen

angestellt, bei besonders gefährdeten oder wertvollen Tierbeständen eine regelmäßige Untersuchung der Antikörpertiter durchzuführen (WONG u. KOZEK 1974; WOOLF u.

ANTHONEY 1982).

Gegen die Gewebezysten von T. gondii, die die Gefahr einer Reaktivierung der Infektion bergen, gibt es zurzeit kein wirksames Medikament. Experimentell konnte eine Wirksamkeit von Hydroxynaphthoquinon nachgewiesen werden (referiert in CATAO-DIAS 2001).

Tab.7: Medikamente und Dosierungen zur Therapie der Toxoplasmose bei nicht humanen Primaten

Medikament Dosierung

Clindamycin 12,5-25 mg/kg zweimal täglich p. o. über 4 Wochen Folsäure 0,04-0,2 mg/kg täglich p. o. während der Behandlung mit

Pyrimethamin

Pyrimethamin 2 mg/kg täglich p. o. über 3 Tage, dann 1 mg/kg täglich p. o. über 4 Wochen

Für Menschenaffen liegt die maximale tägliche Dosis in den ersten 3 Tagen bei 100 mg und in den darauf folgenden 4 Wochen bei 25 mg.

Spiramycin 150000-300000 I. E./kg p. o.

Sulfadiazin 100 mg/kg täglich p. o. oder 25-50 mg/kg viermal täglich p. o.

Für Menschenaffen liegt die maximale Dosis bei 6 g pro Behandlung.