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Klinische Toxoplasmosen bei Altweltaffen

2.5. Infektionen mit T. gondii bei nicht humanen Primaten

2.5.3. Übertragungswege und Epidemiologie bei nicht humanen Primaten

2.5.4.1. Klinische Toxoplasmosen bei Altweltaffen

Aus der Tab. 4 wird deutlich, dass der überwiegende Teil der klinischen Toxoplasmosen bei Neuweltaffen und Lemuren beobachtet wurde. Bei Altweltaffen einschließlich der Menschenaffen lässt sich eine Infektion mit T. gondii zwar häufig serologisch nachweisen (BRACK et al. 1995a), diese verläuft bei diesen Tieren aber in der Regel latent. Es gibt jedoch auch einzelne Berichte über klinische Toxoplasmosen bei Altweltaffen.

In einer Studie von WONG u. KOZEK (1974) wurden 1400 Sektionsberichte von Makaken ausgewertet, die in einem kalifornischen Forschungszentrum starben. Dabei wurde in vier Fällen eine Toxoplasmose diagnostiziert. Vor ihrem Verenden konnten bei den vier Makaken Konvulsionen, Gewichtsverluste, vergrößerte Lymphknoten, Nasenausfluss und intermittierende Diarrhö beobachtet werden. Die Tiere waren chronischen Stresssituationen in Form von Bestrahlungen, chirurgischen Eingriffen, experimentellen Malaria-Infektionen, Bisswunden sowie konkurrierenden Bakterien- und Parasiteninfektionen ausgesetzt. Es wurde daher diskutiert, dass sich diese Einflüsse prädisponierend auf die Ausbildung der Toxoplasmose ausgewirkt haben könnten.

VAN DEN AKKER et al. (1959) beobachteten bei einem Makaken chronische Diarrhö. Im SFT hatte das Tier einen Titer von 1:512 und in der KBR von 1:32. Nach der Euthanasie konnten aus dem Gehirn Bradyzoiten isoliert werden, die pathologisch-anatomische Untersuchung verlief negativ. Ein weiterer Fall einer klinischen Toxoplasmose konnte bei einem jungen Rhesusaffen beobachtet werden. Dieser war zusammen mit anderen Tieren untergebracht, die experimentell mit T. gondii infiziert wurden. Das Tier verstarb nach kurzer Krankheitsdauer (NERY-GUIMARÃES et al. 1971). Ein 3 Jahre alter Schimpanse starb nachdem er zentralnervöse Störungen entwickelt hatte. Das Gehirn des Tieres wurde daraufhin auf eine eventuelle Tollwut-Infektion hin untersucht, dabei wurden Gewebezysten von T. gondii entdeckt (SCHOBERT 1970 zit. von McCLURE u.

GUILLOUD 1971).

Bei den von LEVADITI u. SCHOEN (1933) sowie von KOPCIOWSKA u. NICOLAU (1938) geschilderten Fällen ist zweifelhaft, ob die Übertragung von T. gondii auf natürlichem Weg stattfand oder experimentell verursacht wurde (REMINGTON et al. 1965). LEVADITI u. SCHOEN (1933) berichteten von einer Toxoplasmose bei einem Pavian. Dem Tier wurde Lymphknotengewebe von einem Meerschweinchen verabreicht, welches mit einem primatenpathogenen Virus infiziert war. Fünf Tage nach der Inokulation starb der Pavian an einer Meningoenzephalitis. Im Gehirn des Tieres wurden T.-gondii-Zysten gefunden, die eine große Anzahl an Parasiten enthielten. Obwohl bei einer anschließenden histologischen Untersuchung der Lymphknoten des Meerschweinchens keine Gewebezysten gefunden wurden, wurde die Spontanität

der Toxoplasmose angezweifelt, da nicht sicher ausgeschlossen werden konnte, dass T. gondii auf diesem Weg übertragen wurde.

KOPCIOWSKA u. NICOLAU (1938) beschrieben eine spontane Toxoplasmose bei einem Schimpansen. Dieser wurde euthanasiert, nachdem er 15 Tage zuvor intrazerebral mit dem Gehirn eines Kaninchens inokuliert wurde, das mit dem Aujeszky-Virus infiziert war. Im Gehirn des

Schimpansen wurde neben virusinduzierten Läsionen eine einzige T.-gondii-Zyste gefunden.

In der Abb. 2 ist dargestellt, wie sich die in der Tab. 4 aufgelisteten 238 Todesfälle prozentual auf die unterschiedlichen Spezies verteilen. Dabei wird deutlich, dass der Anteil der Altweltaffen, die in Folge einer Toxoplasmose gestorben sind, nur sehr gering ist (3 %), während die Neuweltaffen mit insgesamt 184 Todesfällen (77 %) den mit Abstand größten Anteil ausmachen. Dabei entfallen über die Hälfte der Todesfälle unter den Neuweltaffen auf die Totenkopfaffen. Bei den Halbaffen sind die Kattas mit 42 Todesfällen (18 %) die am häufigsten betroffene Spezies. Ein objektiv belegbarer Grund dafür, warum Neuweltaffen und Lemuren so signifikant häufiger mit letalen Erkrankungen auf eine T.-gondii-Infektion reagieren als Altweltaffen, konnte bislang nicht gefunden werden (BRACK et al. 1995b).

Die Zahl der hier aufgeführten in den vergangenen Jahrzehnten durch eine Toxoplasmose verursachten Todesfälle scheint in Bezug auf die Gesamtpopulationen der weltweit von Menschen gehaltenen nicht humanen Primaten gering. Beispielsweise wurden in einer Studie von LEONG et al. (2004) retrospektiv die Todesursachen von 276 Lisztaffen untersucht, die innerhalb eines Zeitraumes von 4 Jahren in verschiedenen Institutionen in den USA starben. Dabei wurde nur in einem einzigen Fall eine disseminierte Toxoplasmose diagnostiziert. Es muss aber berücksichtigt werden, dass, wenn in den Tierbeständen eine Toxoplasmose auftritt, es innerhalb weniger Tage zu großen Verlusten unter den teilweise sehr wertvollen und artgeschützten Tieren kommen kann. Die Toxoplasmose kann daher bei seuchenhaften Ausbrüchen sowie in Problembeständen, in denen der Erreger endemische Infektionen hervorruft, von großer Bedeutung sein. So kam es in einem norddeutschen Safaripark innerhalb weniger Jahre zu massiven Verlusten innerhalb des Bestandes an Kattas und Totenkopfaffen. Der zweimalige Versuch, eine Zuchtgruppe unter den Kattas aufzubauen, scheiterte daran, dass 15 von 17 und sechs von 17 Tieren an einer Toxoplasmose starben (BRACK et al. 1995b, 1998; WOHLSEIN et al. 1999).

Tab. 4: Klinische Toxoplasmosen bei nicht humanen Primaten nach natürlicher Infektion

?, unbekannt; a T. gondii nur histologisch nachgewiesen, Tiere ohne klinische Symptome; b Euthanasie

Tab. 4: Klinische Toxoplasmosen bei nicht humanen Primaten nach natürlicher Infektion

Tab. 4: Klinische Toxoplasmosen bei nicht humanen Primaten nach natürlicher Infektion (Fortsetzung)

Gattung Anzahl der Tiere Anzahl Referenz mit klinischen veren- Symptomen deter

x / n Tiere Saguinus sp. ? 5 EPIPHANIO et al. (2003)

1/276 1 LEONG et al. (2004) Altweltaffen

Macaca sp. 1/? 1b VAN DEN AKKER et al. (1959) 1/? 1 NERY-GUIMARÃES et al. (1971) 4/1400 4 WONG u. KOZEK (1974)

Pan sp. 1a /? 1b KOPCIOWSKA u. NICOLAU (1938)

1/? 1 SCHOBERT (1970) zit. von McCLURE u.

GUILLOUD (1971)

Papio sp. 1/? 1 LEVADITI u. SCHOEN (1933) 4/94a 94b McCONNELL et al. (1973)

?, unbekannt; a T. gondii nur histologisch nachgewiesen, Tiere ohne klinische Symptome; b Euthanasie

3%

2%

18%

37%

40%

Altweltaffen

Halbaffen außer Kattas Kattas

Neuweltaffen außer Totenkopfaffen Totenkopfaffen

Abb. 2: Todesfälle durch T.-gondii-Infektionen bei nicht humanen Primaten (n = 238)

2.5.5. Klinische Symptome und Verlauf der Erkrankung

Das Krankheitsbild einer Toxoplasmose bei nicht humanen Primaten ist variabel und unspezifisch (McKISSICK et al. 1968). Klinische Symptome lassen sich insbesondere bei Lemuren und Neuweltaffen beobachten. Altweltaffen einschließlich der Menschenaffen erkranken hingegen selten klinisch, obwohl laut BRACK et al. (1995a) auch bei ihnen häufig eine Infektion mit T.

gondii serologisch nachweisbar ist (siehe Kap. 2.5.2.). Die in 35 Fallberichten am häufigsten genannten klinischen Symptome sind in Tab. 5 zusammengestellt. Die Beobachtungen beziehen sich dabei alle auf Tiere, die sich zum Zeitpunkt der Erkrankung in Gefangenschaft befanden.

Berichte über klinische Toxoplasmosen im natürlichen Habitat gibt es bislang keine.

Bei Neuweltaffen und Lemuren lassen sich akute disseminierte Toxoplasmosen beobachten, wie sie auch in der Humanmedizin von immundefizienten Patienten bekannt sind (referiert in CUNNINGHAM et al. 1992). Häufig kommt es bei diesen Tieren zu plötzlichen Todesfällen, denen ein kurzes Krankheitsgeschehen von 1 bis 11 Tagen vorausgegangen ist (POTKAY 1992). Es gibt jedoch auch zahlreiche Berichte über ein Verenden der Tiere, ohne dass zuvor klinische Symptome beobachtet werden konnten. In einer Studie von EPIPHANIO et al. (2003) geschah dies mit einer Häufigkeit von 44 %. Oft sind die Tiere zum Zeitpunkt des Todes in einer guten körperlichen Verfassung, was den akuten Verlauf der Erkrankung deutlich macht (HESSLER et al. 1971;

CUNNINGHAM et al. 1992; BOUER et al. 1999; EPIPHANIO et al. 2000, 2001, 2003). Es können Tiere jeder Altersstufe erkranken, wobei es sich je nach Infektionsquelle um Einzeltiererkrankungen oder um die Infektion einer gesamten Gruppe handelt (siehe Kap. 2.5.3.).

Zu den beobachteten unspezifischen klinischen Symptomen gehören Fieber oder Hypothermie sowie blasse Schleimhäute und Gewichtsverluste. Im Differentialblutbild kann die Ausbildung einer Leukozytose oder einer Leukopenie festgestellt werden. Die Tiere sind im Allgemeinen durch Schwäche, Depression und Bewegungsunlust gekennzeichnet oder befinden sich in einem somnolenten, lethargischen oder apathischen Zustand. Die Bewusstseinsstörungen können sich bis hin zum Koma verstärken. Die erkrankten Tiere zeigen eine zusammengekauerte Körperhaltung, isolieren sich vom Rest der Gruppe oder sitzen dicht aneinandergedrängt im Gehege.

Verdauungsstörungen äußern sich durch verminderten Appetit bis hin zu Anorexie. Von McKISSICK et al. (1968) wurden auch übermäßige Nahrungs- und Wasseraufnahme beobachtet.