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Orale Immunisierung der Wildschweine

3 MATERIAL UND METHODEN

3.3 Bekämpfungsmaßnahmen

3.3.2 Orale Immunisierung der Wildschweine

Während in RL 80/217/EWG keine (Not-)Impfung in Wildschweinpopulationen vorgesehen war, ergab sich durch RL 2001/89/EG diese Möglichkeit. Auch die Schweinepest-VO vom 17. Juli 2003 erlaubte nach §14 b die Notimpfung bei Wildschweinen als zusätzliches Bekämpfungsmittel.

Vor der Impfung muss der jeweilige Mitgliedsstaat der EU-Kommission einen detaillierten schriftlichen Notimpfplan vorlegen. Dieser Plan muss insbesondere Angaben über die Seuchensituation, das Impfgebiet, die voraussichtliche Zahl der zu impfenden Wildschweine, das Impfverfahren, die Dauer der Impfmaßnahmen, Angaben zum verwendeten Impfstoff, Maßnahmen zur Vermeidung der Ausbreitung des Impfvirus und die zuständigen Behörden enthalten.

Der Notimpfplan des Landes Rheinland-Pfalz wurde am 06./07. Februar 2002 im Ständigen Veterinärausschuss der EU-Kommission in Brüssel diskutiert und in Entscheidung 2002/161/EG genehmigt. Aufgrund der Seuchenentwicklung im Südosten des Landes wurde eine Erweiterung des Notimpfplans um die Region Pfalz in der Entscheidung 2003/135/EG vom 27. Februar 2003 genehmigt.

Impfgebiet „EIFEL“

Termine der Auslage Anzahl ausgebrachter o. I. = orale Immunisierung, chronologisch numeriert

3.3.2.2 Verlauf der Impfkampagne von 2002 bis 2005

Die Impfkampagne in beiden Impfgebieten fand dreimal jährlich im Frühjahr, Sommer und Herbst statt. Die genauen Zeitpunkte wurden in Abhängigkeit von den Neumondphasen festgelegt und die Köderauslage erfolgte pro Impftermin zweimal im Abstand von ca. 4 Wochen. Somit wurden in jedem Jahr drei Immunisierungsperioden mit je zwei Köderauslagen („Doppelauslage“) durchgeführt. Die Termine der jeweiligen Impfzeiträume sind in Tabelle 3 und 4 für die Eifel und Pfalz getrennt dargestellt.

Tabelle 3: Übersicht der Impftermine aus den Jahren 2002 bis 2004 der Region Eifel. Zusätzlich ist die ungefähre Anzahl ausgebrachter Impfköder pro Auslagetermin angegeben (modifiziert nach Angaben des MUF Rheinland-Pfalz)

Impfgebiet „PFALZ“

Termine der Auslage Anzahl ausgebrachter o. I. = orale Immunisierung, chronologisch numeriert

2005

Tabelle 4: Übersicht der Impftermine aus den Jahren 2003 bis 1. Quartal 2005 der Region Pfalz.

Zusätzlich ist die ungefähre Anzahl ausgebrachter Impfköder pro Auslagetermin angegeben (modifiziert nach Angaben des MUF Rheinland-Pfalz)

3.3.2.3 Impfstrategie/-regime

Die Methodik der oralen Immunisierung in Rheinland-Pfalz stützte sich auf die Erfahrungen der letzten zehn Jahre aus anderen Bundesländern Deutschlands (KADEN et al. 2002, 2004b).

Die Impfung des Wildbestandes erfolgte als Doppelauslage im Abstand von ca. 28 Tagen, jeweils im Frühjahr, Sommer und Herbst. Die Auslage der Impfköder wurde als Handauslage an Kirrungen oder an geeigneten Köderstellen, wie z. B. Suhlen, durchgeführt. Um eine witterungsbedingte Inaktivierung des Impfvirus zu verzögern und Impfköderverluste durch Nahrungskonkurrenten zu vermindern, sollten die Köder möglichst ca. einen Spatenstich tief

erdbedeckt ausgelegt werden. Gehegehaltungen gemäß der Definition des Artikels 2 (c) der RL 2001/89/EG, die innerhalb der Restriktionsgebiete lagen, wurden in die Immunisierung des Schwarzwildes einbezogen. In Abhängigkeit vom Schwarzwildaufkommen des jeweiligen Jagdreviers wurden pro Kirrstelle und Impftermin durchschnittlich 20 bis 40 Köder ausgebracht. Die Dichte der Kirrstellen sollte sich auf ein bis zwei Kirrungen pro 100 Hektar Jagdfläche beschränken; in staatlichen Eigenjagdbezirken wurde eine Fläche von ein bis zwei Kirrungen pro 75 Hektar vorgesehen. Die Fläche einer Kirrung variierte zwischen 50 und 500 m², idealerweise sollten mindestens 200 m² große Kirrplätze angelegt werden. Um den Immunisierungserfolg bei Jungtieren zu erhöhen, wurde in einzelnen Revieren in sog.

„Frischlingsrechen“ zusätzlich Köder ausgebracht (Abbildung 5). Dieses Verfahren wurde vor allem im Landkreis Bitburg eingesetzt.

Abbildung 5: Frischlingsrechen an einem Kirrplatz, gebaut aus Wasserleitungsrohren. (Foto:

Veterinäramt Bitburg-Prüm, HOFF)

Während des Impfzeitraums mussten die teilweise neu angelegten Kirrungen weiter betrieben werden, um das Umfeld des Schwarzwildes möglichst wenig zu verändern und die Tiere an die Kirrungen zu binden.

Nach Köderauslage wurde in den Impfgebieten eine mindestens viertägige bis zehntägige Jagdruhe eingehalten, um möglichst eine vollständige Aufnahme der Impfköder zu sichern.

Außerdem sollte auf diese Weise verhindert werden, dass Impfvirus-positive Untersuchungsbefunde auftreten konnten. Anschließend sollte die verstärkte Bejagung des Schwarzwilds durch die Jagdausübungsberechtigten wieder aufgenommen werden. Kirrstellen waren durch Jäger oder Gehegebetreiber zu kontrollieren und nicht aufgenommene oder freiliegende Impfstoffkapseln wurden abgesammelt.

Der verantwortliche Personenkreis wurde über die Impfstrategie und den genauen Zeitrahmen durch Broschüren, Veranstaltungen und behördliche Impferlasse eingehend informiert.

3.3.2.4 Verwendeter Impfstoff und Köder

Zur oralen Immunisierung der Wildschweine in Rheinland-Pfalz wurden Impfstoffköder der Riemser Arzneimittel AG, Greifswald-Insel Riems, Deutschland verwendet. Bei dem eingesetzten Impfstoff handelte es sich um eine attenuierte Lebendvirus-Vakzine, die auf dem C-Stamm basiert und deren Titer (KID50) laut Herstellerangaben bei 106 pro Dosis liegt. Eine Marker-Vakzine zur oralen Applikation stand nicht zur Verfügung. KADEN et al. (2000) beschreiben die Köderzusammensetzung, wie sie auch in den früheren Impfversuchen anderer Bundesländer eingesetzt wurden. Die Impfstoffkapseln (als „Blister“ bezeichnet) enthielten ca. 1,6 ml Vakzinesuspension und waren von einer Ködermasse auf Maisgrundlage (Mais, Tierfett, Aromastoffe) umhüllt. Der „Blister“ bestand aus PVC und Aluminiumfolie (Abbildung 6). Die Ködergröße betrug 40 x 40 x 15 mm. Die Endkonfektionierung des Köders wurde im Impfstoffwerk Dessau-Tornau, Rodleben, Deutschland vorgenommen.

Abbildung 6: Geöffneter Köder mit impfstoffgefülltem "Blister" und geschlossener Köder

Die Lagerung der gefrorenen Köder erfolgte bis zur Austeilung an die Jäger bei -20 °C.

Möglichst am Tage der Auslage erhielten Jagdausübungsberechtigte bzw.

revierverantwortliche Personen eine Anzahl Impfköder entsprechend der Größe ihres Reviers, unter Beachtung der zu erwartenden Schwarzwilddichte. Zusätzlich wurde den Jagdausübungsberechtigten zusammen mit den Ködern ein vom LUA zur Verfügung gestelltes Merkblatt auf Basis der Anwendungshinweise des Friedrich-Loeffler-Insituts (FLI, ehemals Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere), darüber hinaus für jede Köderauslage und Kirrstelle ein Auswertungsbogen des FLI ausgehändigt.

3.3.2.5 Zusätzliche wildhygienische Maßnahmen

Innerhalb der Restriktions- und Impfgebiete mussten alle erlegten Wildschweine durch die Jagdausübungsberechtigten zu sog. Wildannahmestellen verbracht werden (Tierseuchenpolizeiliche Anordnung des LUA und Impferlass des MUF). In den Jahren vor der Impfung erfolgte die Lagerung des Schwarzwildes gemäß des Tilgungsplans vom 17.02.1999 in den zuständigen Forstämtern der betroffenen Kreise in Kühlkammern, bis das Untersuchungsergebnis vom LUA vorlag. Verendete Tiere und jeglicher Aufbruch des Schwarzwildes mussten unter Beachtung allgemeiner Seuchenhygiene zentral in Containern gesammelt und über TKBAs entsorgt werden.

In den in Vorbereitung auf die Impfkampagne eigens gebauten Wildannahmestellen sollten die erlegten Wilschweine aufgebrochen und versorgt werden. Zusätzlich erfolgte auch hier die Probenahme für KSP- und Trichinenuntersuchung. Jedes erlegte Stück Schwarzwild wurde nach näherer Anweisung der Behörde unverzüglich gekennzeichnet, um die Rückverfolgbarkeit gemäß Artikel 16 Absatz 3 (1) der RL 2001/89/EG zu gewährleisten.

Vermarktung und Verzehr der Wildkörper von Wildschweinen aus gemaßregelten Gebieten war bis zum Vorliegen des negativen KSP-Untersuchungsergebnisses verboten.

Für weitere Hygienemaßnahmen war jeder Jäger persönlich verantwortlich. Genaue Vorgaben wurden in den tierseuchenbehördlichen Anordnungen veröffentlicht.

3.4 Diagnostisches Programm in Rheinland-Pfalz und Gewinnung des Feldmaterials