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OPEN GOVERNMENT – GRUNDLAGE FÜR EINE DIREKT(ER)E

Im Dokument Lösungen gemeinsam finden (Seite 62-66)

Im folgenden Abschnitt wird der Open-Government-Ansatz vorgestellt und der Frage nachgegangen, in welcher Form er eine direkt(er)e Kommunikation zwischen PraktikerInnen Sozialer Arbeit und politischen EntscheidungsträgerInnen begünstigt und welcher Nutzen sich daraus ergeben könnte.

Im Open-Government-Vorgehensmodell225 des Zentrums für Verwaltungsforschung Wien wird angekündigt: „Open Government ist eine umfassende Neugestaltung von Politik- und Verwaltungshandeln im Sinne eines modernen Public Managements bzw. Public Governance.“226

Johann Herzberg, der in der Abteilung eGovernment & IT-Strategie der Landeshauptstadt Stuttgart arbeitet, beschreibt den Open-Government-Ansatz wie folgt:

„Hinter dem Open Government-Ansatz steckt der Versuch, die Problemlösungsfähigkeit des Staates durch die verstärkte Beteiligung von Bürgern und privatwirtschaftlich organisierten Kompetenzen zu verbessern.“227

Er sieht zwei Gründe, die diese Veränderung notwendig machen. Erstens die Steigerung der Umweltkomplexität und der Mangel an dementsprechendem Problemlösungswissen des Staates: Durch klassische Beteiligungsformate wie Wahlen oder Volksabstimmung komme wenig Wissen der Bevölkerung in den Staat/Politik. Zweitens sinke die Zustimmung der Menschen zu Formen der Gemeinwohlgestaltung, die nicht partizipativ sind.228

Es geht im Rahmen von Open Government demnach um die „Öffnung von Staat und Verwaltung gegenüber der Bevölkerung und der Wirtschaft“. Diese kann nach Von Lucke

225 Das Government-Vorgehensmodell wurde im Rahmen der Mitwirkung an der Erstellung einer Open-Government-Strategie für Wien im Auftrag der Magistratsdirektion angefertigt.

226 Krabina/Prorok, 2011, S. 5.

227 Herzberg, 2013, S. 5.

228 Vgl. Ebenda, 2013, S. 4.

„[…] zu mehr Transparenz, zu mehr Teilhabe, zu einer intensiveren Zusammenarbeit und zu einer Stärkung gemeinschaftlicher Belange, insbesondere aber auch zu mehr Innovation im öffentlichen Sektor beitragen.“229

Wie kann nun diese Öffnung in der Praxis vollzogen werden? Um dieser Frage nachzugehen, sind im Zusammenhang mit Open Government noch zwei weitere Begrifflichkeiten zu verdeutlichen, nämlich Open Data und Open Innovation.

Unter Open Data kann „die Öffnung von Informationen und Daten des öffentlichen Sektors für die Allgemeinheit“230 verstanden werden. Diese Informationen werden ohne Einschränkung zur freien Nutzung, Weiterverbreitung und Weiterverarbeitung zur Verfügung gestellt.231

Soziale Medien und Web 2.0 spielen hier eine große Rolle. Durch sie können Informationen von der bzw. über die Verwaltung in Echtzeit publiziert, weltweit abgerufen und kommentiert werden. Dieser Ansatz bietet nach Von Lucke großes Potential für soziale Innovation und wirtschaftliche Entwicklung.

Open Innovation ist demnach die Öffnung des Innovationsprozesses nach außen. Für die öffentliche Verwaltung ist Innovation von großer Bedeutung, um den laufenden Herausforderungen in einer schnelllebigen und komplexer werdenden Gesellschaft gerecht werden zu können232.

Auch in der Stadt Wien gibt es ein Bewusstsein für notwendige Veränderungen. So wird beispielsweise in der Rahmenstrategie „Smart City Wien“ mit Zielsetzungen und Visionen für die Stadt bis zum Jahr 2050 darauf hingewiesen, dass allen Städten große Herausforderungen bevorstehen. Die Fähigkeit, die Zukunft zu meistern, hänge davon ab, dass notwendige Veränderungsprozesse breite Zustimmung finden. Eine „Smart City“

müsse resilient sein, also widerstands-, anpassungs- und lernfähig. Dafür sollen

229 Vgl. Von Lucke, 2012, S. 229.

230 Dietrich, 2010, S. 51.

231 Vgl. Von Lucke, 2012, S. 234.

232 Vgl. Schliesky, 2010 nach Von Lucke, 2012, S. 231.

Gestaltungsspielräume von BürgerInnen als auch von Fachleuten ausgebaut werden.233 Die Stadt Wien visioniert dabei den Ist-Zustand im Jahr 2050 wie folgt:

„Wien wird weltweit für seine selbstverständliche und tief verwurzelte Praxis anerkannt, allen Bevölkerungsteilen große Entfaltungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten zu bieten. Die Bürgerinnen und Bürger beteiligen sich aktiv an der Weiterentwicklung der Stadt. Es gibt viele Partizipationsmöglichkeiten: alle können eigene Ideen für und Meinungen über die Stadt einbringen, diskutieren und umsetzen.“234

Das Bekenntnis zur Weiterentwicklung des Open-Government-Ansatzes in Wien wurde bereits in den Regierungsübereinkommen für 2010 und 2015 festgeschrieben.235

Diese Haltung könnte eine Grundlage dafür bieten, die Kommunikation zwischen PraktikerInnen Sozialer Arbeit und politischen EntscheidungsträgerInnen zu vertiefen.

Dafür spricht, dass PraktikerInnen Sozialer Arbeit hierzu in zweierlei Hinsicht einen Beitrag leisten könnten: einerseits als Fachleute und andererseits im Rahmen der Unterstützung ihrer KlientInnen, an politischen Prozessen teilzunehmen (vgl. Abschnitt 3.1.4.).

Ein Think-Tank in Deutschland hat Vorteile durch den Einsatz von Open Data als

„Konzept der Öffnung von Staat und Verwaltung“ herausgearbeitet236:

• EntscheidungsträgerInnen können qualifiziertere Entscheidungen treffen

• Menschen haben erhöhtes Vertrauen in die AmtsträgerInnen durch Transparenz

• Dienstleistungen lassen sich besser am Bedarf ausrichten237

Diese Effekte könnten durch den Einbezug von PraktikerInnen Sozialer Arbeit auch im Sozialbereich einen Mehrwert schaffen. Durch Rückkopplungsprozesse zwischen Sozialer Arbeit und Sozialpolitik gäbe es beispielsweise die Möglichkeit, durch Soziale

233 Vgl. Stadt Wien, 2014, S. 89.

234 Ebenda, S.19.

235 Vgl. Stadt Wien, 2010, S. 65 und 2015a, S. 10.

236 ExpertInnen aus Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft, Vgl. Dietrich, 2010, S. 49.

237 Ebenda, S. 65f.

Arbeit neue Schwerpunkte sozialen Bedarfs festzustellen und an die Sozialpolitik weiterzuleiten.238 So beschreibt eine Schweizer Politikerin (SPD) die Informationen von PraktikerInnen Sozialer Arbeit als wichtigen Input für ihre Arbeit, „[…] weil sie vielfältigen Einblick in die sozialen Alltagsrealitäten hat und da sie über einen großen Wissensschatz verfügt“239. Schönig bezeichnet die Informationen, die Politik von Sozialer Arbeit erhalten kann, sogar als Erfolgsfaktor für Sozialpolitik, indem sie ihr „[…] zur Anschauung der sozialen Probleme“240 verhilft und sie „in der Praxis adäquater Integrationsstrategien unterstützt“241 für Problemstellungen, für die es noch keine generalisierten Lösungen gäbe.

Nach der theoretischen Auseinandersetzung mit den Herausforderungen sowie Verbesserungsmöglichkeiten und Potentialen einer direkt(er)en Kommunikation zwischen PraktikerInnen Sozialer Arbeit und politischen EntscheidungsträgerInnen kommen nun die betreffenden AkteurInnen selbst zu Wort. Im Rahmen der in Folge beschriebenen empirischen Untersuchung wurden Potentiale, förderliche und hinderliche Faktoren sowie Ausbau- und Verbesserungsmöglichkeiten in beiden Berufsfeldern erhoben.

238 Vgl. Schönig, 2013, S. 40.

239 Bingelli, 2013, S. 23.

240 Schönig, 2013, S. 39.

241 Ebenda.

II EMPIRISCHER TEIL

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