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Bezüge zwischen Sozialer Arbeit und Politik

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10. DARSTELLUNG DER ERGEBNISSE

10.2 Bezüge zwischen Sozialer Arbeit und Politik

Aufgaben Sozialer Arbeit und Bezug zur Politik

Aufgabe der Sozialen Arbeit sei es, marginalisierte Menschen zu unterstützen, zu beraten und zu betreuen, sodass diese Menschen an der Gesellschaft teilhaben und in weiterer Folge ohne deren Unterstützung auskommen können. Als weitere Aufgaben der Sozialen Arbeit wurden genannt, sich öffentlich zu positionieren, bei „Hetze“ gegen bestimmte Zielgruppen, z. B. in den Medien, bedürftige Menschen zu schützen und einen Ausgleich in der Gesellschaft zu schaffen. Soziale Arbeit wird als „Harmonisiererin" beschrieben, indem sie Ungleichgewichte ausgleicht und Konflikte löst.

Menschen sollen durch Soziale Arbeit das Gefühl haben, ein „wichtiger Teil der Gesellschaft“ zu sein. Auch die Prävention und die Verbesserung von Lebenssituationen im Gemeinwesen werden der Sozialen Arbeit zugeschrieben.

Soziale Arbeit soll Mängel und Probleme erkennen, aufzeigen und diese in Richtung EntscheidungsträgerInnen kommunizieren. Sie könne sich zur „Aufklärungsarbeit“257 entwickeln und in diesem Sinne „das Wissen der Menschen“258 zur Politik bringen.

Aufgabe der Sozialen Arbeit wäre es zudem, die „[…].Vorschläge der Politik zu verfeinern“.259

Fazit

Vor allem von Seiten der PraktikerInnen wird als Aufgabe der Sozialen Arbeit nicht nur die konkrete Unterstützung Einzelner, sondern auch das Erkennen und Aufzeigen sozialer Probleme auf der Ebene der EntscheidungsträgerInnen oder das öffentliche Positionieren zu sozialen Themen betrachtet. Diese Aufgaben könnten PraktikerInnen Sozialer Arbeit im Rahmen einer direkt(er)en Kommunikation mit politischen EntscheidungsträgerInnen erfüllen.

Von Seiten der Befragten bleibt jedoch offen, wie die Aufgaben, Mängel und Probleme zu erkennen seien und aufzuzeigen, von PraktikerInnen Sozialer Arbeit in der Praxis umgesetzt werden können. Möglicherweise deshalb, weil, wie sich im Zuge der Studie gezeigt hat, diese Aufgaben in der Praxis kaum gelebt werden. Einerseits scheint es, dass es dafür keinen Auftrag gäbe und ohne Auftrag keine Ressourcen. Möglicherweise aber auch, weil hierzu adäquate Kommunikationsmöglichkeiten und Wege noch fehlen?

Politischer Auftrag/politisches Mandat der Sozialen Arbeit

Zum Thema politisches Mandat bewegen sich die Ansichten der interviewten Personen in einem Spektrum von Zuerkennung – mit den unterschiedlichsten Ausführungen zu Ideen für einen politischen Auftrag – bis zur Ansicht, dass Soziale Arbeit kein politisches Mandat habe, sich aber wie alle anderen BürgerInnen politisch einbringen könne.

Es fällt auf, dass der Begriff recht unterschiedlich verstanden wird. Eine Perspektive dazu ist jene, das politische Mandat nicht als ein Mandat im rechtlichen Sinne zu betrachten, durchaus aber im ethischen und im berufspolitischen. Auch mit Parteipolitik hat ein

257 IP 1, 2015, Z. 108.

258 Ebenda.

259 IP 6, 2015, Z. 28.

politisches Mandat der Sozialen Arbeit nach dieser Sichtweise nichts zu tun. Der politische Zusammenhang wird eher im Einsatz für die Verbesserung von Lebenssituationen von Menschen, auch gegen den Widerstand von anderen Gruppen, die dadurch einen Nachteil befürchten, betrachtet. In diesem Zusammenhang wird betont, dass sich die Soziale Arbeit an den Menschenrechten und nicht an einem Ideal gesellschaftlicher Gerechtigkeit orientiert.

Nach einem anderen Verständnis habe Soziale Arbeit im Sinne des politischen Mandats dafür Sorge zu tragen, dass sozialarbeiterische Angebote und Maßnahmen bei den KlientInnen ankommen und ihnen nutzen. Dies könne durch professionell ausgeführte Soziale Arbeit gelingen.

Fazit

Die unterschiedlichen Ansichten über Bedeutung und Ausführung eines politischen Mandats in der Sozialen Arbeit der Befragten decken sich mit der Literatur zu diesem Thema (vgl. Abschnitt 3.1.3). Die beiden Betrachtungsweisen eines politischen Mandats der Sozialen Arbeit unterscheiden sich dahingehend, dass die eine Variante einen proaktiven Einsatz der Sozialen Arbeit für die Verbesserung der Lebenssituation ihrer KlientInnen vorsieht und dies bereits mit der Ausübung eines politischen Mandats gleichsetzt und die andere eine im Sinne des vorgegebenen Rahmens ausgeführte professionelle Arbeit ohne darüber hinausführende Bestrebungen.

Auch wenn die Auslegungen zur Bedeutung eines politischen Mandats der Sozialen Arbeit recht unterschiedlich sind, besteht überwiegend Einigkeit der Befragten darüber, dass Soziale Arbeit eine politische Funktion bzw. ein politisches Mandat bekleidet bzw.

bekleiden sollte.

Aufgaben der Politik und Bezug zur Sozialen Arbeit

Als vorrangige Aufgabe der Politik wird das Entscheiden über Rahmenbedingungen angegeben. PolitikerInnen sollen zusätzlich Visionen und Vertrauen in die Fachleute haben und ihnen mit ihrem Detailwissen die Umsetzung überlassen. Sie sollen Lebensumstände einschätzen, Lösungsvorschläge unterbreiten, Themen aufgreifen, Überzeugungsarbeit leisten, für sozialen Ausgleich sorgen und für alle Menschen da sein,

nicht nur für bestimmte Gruppen. Weiters wird es als Aufgabe der Politik gesehen, funktionierende soziale Projekte weiter zu fördern.

Fazit

Der Politik kommt somit eine umfassende Verantwortung für das soziale Miteinander in einer Gesellschaft zu. Indem sie Rahmenbedingungen schafft und Problemstellungen einschätzt, soziale Projekte fördert oder auch nicht, wirkt sich ihr Handeln unmittelbar auf die Soziale Arbeit und somit auf deren Klientel aus.

Zusammenhang, Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Ein starker Zusammenhang der im Rahmen der Studie festgestellt wird, besteht darin, dass beide Gruppen in gewisser Weise aufeinander angewiesen sind, einander

„brauchen“. Politische EntscheidungsträgerInnen benötigen die PraktikerInnen Sozialer Arbeit für die Umsetzung ihrer Vorhaben und die PraktikerInnen Sozialer Arbeit sind auf politische EntscheidungsträgerInnen als Geld- und AuftraggeberInnen angewiesen.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Aufgaben

Der zuvor beschriebene Zusammenhang bedingt folgenden Unterschied in den Aufgaben, der sich im Zuge der Studie gezeigt hat. Politische EntscheidungsträgerInnen hätten die Aufgabe, die Richtung vorzugeben und Rahmenbedingungen zu schaffen.

PraktikerInnen hätten die Aufgabe, Details zu klären und den politischen Auftrag in der Praxis umzusetzen. Als ein weiterer Unterschied wird seitens der Politik angeführt, dass PraktikerInnen Sozialer Arbeit für bestimmte Gruppen in der Gesellschaft zuständig seien, politische EntscheidungsträgerInnen hingegen müssten alle Gruppen berücksichtigen.

Als eine Gemeinsamkeit wird die Aufgabe gesehen, Probleme zu lösen: im Bereich der Sozialen Arbeit auf der Ebene der Einzelnen, im Bereich der Politik auf der Ebene der Gesellschaft. Die Aufgabe beider Gruppen sei es, für die Menschen da zu sein und ihnen das Gefühl zu geben, wertvoll und geschätzt zu sein, aber auch den Menschen Sicherheit zu geben und Extremsituationen, die den sozialen Zusammenhalt gefährden, zu verhindern und sozialen Ausgleich zu schaffen.

Gemeinsame Anspruchsgruppen – unterschiedlicher Fokus

In Bezug auf die Anspruchsgruppen werden insofern Gemeinsamkeiten festgestellt, als soziale Themen sowohl Anliegen der KlientInnen der Sozialen Arbeit, als auch der WählerInnen von PolitikerInnen sind und es hier auch Überschneidungen in den Personengruppen gibt. Durch die unterschiedlichen Aufgaben/Funktionen der beiden AkteurInnen ergeben sich aber wiederum unterschiedliche Sichtweisen etwa in Bezug auf die AdressatInnen Sozialer Arbeit. Einmal werden diese, wie seitens der Politik betont, als KlientInnen wahrgenommen, die etwas brauchen, und einmal als WählerInnen, die etwas wollen. Dies würde insofern einen Unterschied machen, als politische EntscheidungsträgerInnen dadurch mit anderen Themen der gleichen Gruppen konfrontiert werden und ihnen gegenüber andere Bedürfnisse geäußert würden.

Von Seiten der PraktikerInnen gibt es Betrachtungen, die das Denken von politischen EntscheidungsträgerInnen als „globaler“ einschätzen, und die Annahme, dass von Seiten politischer EntscheidungsträgerInnen immer auch Konsequenzen auf das Gesamtsystem bedacht werden. Im Unterschied zum globaleren Denken von politischen EntscheidungsträgerInnen würden PraktikerInnen Sozialer Arbeit wiederum Einzelfälle (auch soziale Härtefälle) und deren Bedarfe sehr gut kennen.

Gemeinsame Interessen

Gemeinsame Interessen werden in Bezug auf die Definition von Leistungsansprüchen bezüglich der Auswirkungen politischer Entscheidungen verortet.

Fazit

Ein starker Zusammenhang, gemeinsame Interessen und Aufgaben bieten eine Grundlage dafür, dass es Potential haben kann, direkt(er) miteinander zu kommunizieren.

PolitikerInnen könnten gemeinsam mit den PraktikerInnen und ihrer Erfahrung Lösungen entwickeln. Möglicherweise hätten PraktikerInnen gute Ideen oder PolitikerInnen könnten ihre Lösungsvorschläge bei den PraktikerInnen „abtesten“.

Im Rahmen der Unterschiede zeigt sich u. a. die Hierarchie zwischen den beiden Gruppen. Die festgestellten Unterschiede bedingen einander, denn durch die Unterschiede in den Aufgaben ergeben sich die Unterschiede in den Perspektiven.

Betrachtet man die beschriebenen Unterschiede, die in den Begegnungen mit den Zielgruppen unterschiedliche Bedürfnisse zu Tage fördern, so können diese Unterschiede insofern ein Potential darstellen, als die unterschiedlichen Perpektiven zusammengeführt ein ganzheitlicheres Bild der Bedürftnisse von bestimmten Personengruppen ergeben könnten.

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