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Hinderliche Haltungen und Positionen

Im Dokument Lösungen gemeinsam finden (Seite 83-88)

10. DARSTELLUNG DER ERGEBNISSE

10.4 Schwierigkeiten und hinderliche Faktoren einer direkt(er)en

10.4.3 Hinderliche Haltungen und Positionen

Als hinderliche Haltungen und Positionen wurden Vorurteile, Erwartungen, Ängste und Bedenken beider Seiten sowie die Orientierung an den Bedürfnissen Einzelner oder an persönlicher Macht, der Umgang mit Kritik sowie mangelnde Motivation und mangelnde Information herausgearbeitet. Zusätzlich sind Konflikte hinderlich, die aus den unterschiedlichen Positionen entstehen können.

Vorurteile und negative Erwartungshaltungen

Von beiden Gruppen wird das Thema Vorurteile angesprochen. So befürchten zum Beispiel PraktikerInnen, von politischer Seite als „Gutmenschen“260 betrachtet zu werden, die „[…] wollen für jeden alles erreichen […]“261. Dies wurde durch die Erwartungshaltung von politischen EntscheidungsträgerInnen bestätigt, die als hinderlich beschreiben, dass PraktikerInnen Sozialer Arbeit „immer etwas wollen“. Dieses Wollen versuche man von sich zu weisen, denn es werde als abschreckend empfunden, wenn ein Austausch mit Forderungen verbunden ist (zum Beispiel Forderung nach zusätzlichen Angeboten).

Ängste und Bedenken

PraktikerInnen befürchten negative Konsequenzen im Falle kritischer Meinungsäußerungen. Es sei diesbezüglich bereits schon zu Disziplinarverfahren gekommen. Da dies unter Umständen eine Existenzgefährdung bedeuten kann, würden PraktikerInnen sehr vorsichtig damit umgehen, was sie sagen bzw. ob sie sich überhaupt äußern. PolitikerInnen wissen um diese Ängste – können sie jedoch nicht nachvollziehen.

Weiters gäbe es in der sozialen Praxis einen „Maulkorb“262 für PraktikerInnen gegenüber der Politik, da diese in der Regel GeldgeberIn sozialer Einrichtungen ist. Das sei problematisch und führe dazu, dass auch Verbesserungsvorschläge ungesagt und PraktikerInnen frustriert blieben.

Bei politischen EntscheidungsträgerInnen wurden Bedenken verortet, dass sie, wenn sie zusätzliche soziale Angebote schaffen, damit auch die Nachfrage steigern würden. Im Austausch mit PraktikerInnen würden sie jedoch mit solchen Forderungen nach zusätzlichen Angeboten konfrontiert werden.

260 IP 3, 2016, Z. 162.

261 Ebenda, Z. 162f.

262 IP 1, 2015, Z. 88.

Umgang mit Kritik

Aus dem Feld der Politik wird vermutet, dass es eine Schwierigkeit im Rahmen direkter Kommunikation darstellen kann, dass leitende Personen keine Kritik in ihrem Bereich wollen, dass Kritik per se als negativ erlebt wird.

Auch PraktikerInnen vertreten die Sichtweise, dass Kritik, speziell in der Stadt Wien, negativ konnotiert ist. Zugleich verweisen sie darauf, dass Kritik eine Chance sein könnte, gemeinsam etwas zu verändern. Dies funktioniere aber nur, wenn die entsprechenden Informationen aus der Praxis, auch wenn sie kritisch sind und z. B. auf Missstände hinweisen, zu den passenden EntscheidungsträgerInnen durchdringen. Politische EntscheidungsträgerInnen hätten oft eine eingeschränkte Sichtweise, besonders aufgrund fehlender Informationen. Wenn nun Informationen nicht zu den PolitikerInnen gelangen, weil man davon ausgeht, dass Kritik nicht erwünscht ist, kann sich deren Sichtweise aber auch nicht erweitern und es ergibt sich ein schwer zu durchbrechender Kreislauf.

Fehlende Motivation

Ein Problem wird darin gesehen, dass es kaum Möglichkeiten gäbe, daran etwas zu verändern, wenn den handelnden Personen der Sinn für Austausch fehle. Es würde das Interesse und die Bereitschaft der VertreterInnen beider Gruppen benötigen. Von beiden Seiten würde es Interesse am jeweils anderen Bereich und sowie die Bereitschaft benötigen, sich mit dem jeweils anderen Part zu beschäftigen, aber auch, sich in die Gruppe der anderen AkteurInnen hineinzuversetzen.

Auch eine Scheinbeteiligung – im Sinne einer von PolitikerInnen oder Führungskräften nicht ernst gemeinten Möglichkeit der Teilhabe für PraktikerInnen – brächte nur noch mehr Frust. Genauso stellt sich, wie aus dem Feld der Politik bemerkt, die resignierte Annahme von PraktikerInnen, „[…] man wird eh nie gehört […]“263, als hinderlich für eine direkte Kommunikation heraus.

263 IP 6, 2015, Z. 399.

Schwierigkeiten mit den Arbeitshaltungen der Sozialen Arbeit und Angst vor Einzelfällen

PraktikerInnen Sozialer Arbeit ergreifen für ihre Klientel Partei, was aus dem Bereich der Politik durchaus auch als „[…] das Schöne von SozialarbeiterInnen“ empfunden wird.

Gleichzeitig werde dies aber zum Problem, wenn sich dadurch Rollen vermischen und wenn mit Emotionalität „[…] die Grenzen der Fachlichkeit verlassen werden“264. Als besonders schwierig wird es von Seiten der Politik betrachtet, wenn PraktikerInnen Einzelfälle einbringen, da Einzelfälle von der Opposition instrumentalisiert werden können. Mit Einzelfällen würden Emotionen geschürt, sie würden in Gemeinderatssitzungen vorgebracht, mit ihnen könne medialer und vor allem politischer Druck erzeugt werden.

Orientierung an persönlicher Macht

Aus dem Bereich der Politik wird über die VertreterInnen der eigenen Zunft kritisch angemerkt, dass diese oftmals stärker am Machterhalt der eigenen Person und ihrer Selbstdarstellung interessiert seien als an Inhalten und Kooperation mit anderen Bereichen. Lösungsmöglichkeiten scheitern an der Uneinigkeit über Zuständigkeiten und es besteht der Eindruck, dass persönliche Interessen bzw. Interessen der jeweiligen Geschäftsgruppe über den Interessen an sinnhaften Entscheidungen bzw. Lösungen stehen.

Konflikte durch unterschiedliche Sichtweisen

Es wird in der Praxis beobachtet, dass es immer wieder Themen gibt, die ein Konfliktpotential entstehen lassen, z. B. bei Divergenzen einer politisch und einer sozialarbeiterisch als sinnvoll erachteten Entscheidung. Als ein weiterer potentieller Konfliktpunkt wird das Budget erachtet. Es ist aus Sicht von politischen EntscheidungsträgerInnen schwierig, Außenstehenden verständlich zu machen, dass es für gewisse Anliegen kein Geld gibt, da jede Geschäftsgruppe der Stadt nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung habe.

264 IP 7, 2015, Z. 242.

Einige Themen tragen aufgrund unterschiedlicher Perspektiven ein Konfliktpotential zwischen politischen EntscheidungsträgerInnen und der sozialen Arbeit in sich – etwa das Thema Budget. Aus der Sicht von politischen EntscheidungsträgerInnen sei es schwierig, Außenstehenden verständlich zu machen, dass es für gewisse Anliegen kein Geld gibt, Jede Geschäftsgruppe der Stadt habe nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung.

Fazit

Es wurden Schwierigkeiten und hinderliche Faktoren auf verschiedenen Ebenen ausgemacht. Im Bereich der Strukturen wurden die Schwierigkeiten sehr stark dort verortet, wo es noch gar nicht unmittelbar um eine direkt(er)e Kommunikation zwischen PraktikerInnen Sozialer Arbeit und politischen EntscheidungsträgerInnen geht, sondern vielmehr um die Kommunikation innerhalb und zwischen sozialen Organisationen bzw.

Organisationseinheiten.

Die Kommunikation zwischen PraktikerInnen und deren Leitungsebenen in sozialen Betrieben scheint im Zusammenhang mit einer direkt(er)en Kommunikation zwischen PraktikerInnen Sozialer Arbeit und politischen EntscheidungsträgerInnen eine zentrale Rolle zu spielen und weist aus Sicht der PraktikerInnen Verbesserungsbedarf auf. Die Unklarheit von Entscheidungsprozessen macht einen Mangel im Rahmen der Kommunikation deutlich und den Bedarf an größerer Transparenz in den Kommunikationsprozessen.

In Bezug auf den Mangel an Ressourcen kann gesagt werden: Ob und in welcher Höhe Ressourcen – zeitlich, personell oder letztlich finanziell – für ein Thema, eine Tätigkeit oder Einrichtung zur Verfügung gestellt werden, hängt davon ab, welcher Sinn und welche Notwendigkeit darin gesehen werden. In der gelebten Praxis scheint der Bedarf für bzw. der Nutzen, den eine direkt(er)e Kommunikation bringen würde, von den jeweiligen Ebenen, die über den Einsatz von Ressourcen entscheiden, möglicherweise nicht entsprechend wahrgenommen zu werden.

In Bezug auf Vorurteile, Ängste und Bedenken könnte eine direkt(er)e Kommunikation eine gute Möglichkeit sein, diese aus dem Weg zu räumen. Gerade die Unterschiede, vor denen man möglicherweise wechselseitig Angst hat, könnten als Multiperspektivität ein Potential ausmachen. Gemeinsam könnte man Modi der Zusammenarbeit entwickeln und

Strukturen und Standards für eine direkt(er)e Kommunikation schaffen – so wäre man nicht von der Motivation Einzelner und Einstellungen abhängig.

Im Dokument Lösungen gemeinsam finden (Seite 83-88)