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Nicht-anspruchsberechtigte EU-Bürger*innen

3 Theoretische Grundlagen

3.2 Nicht-anspruchsberechtigte EU-Bürger*innen

Menschen, die sich in Österreich niederlassen wollen, sind unterschiedlichen rechtlichen Vorgaben unterworfen, um dies auf legalem Wege tun zu können. Auch für EU-Bürger*innen gelten Vorschriften, die deren Rechte und Pflichten während eines Aufenthalts in Österreich definieren. Für Menschen, die sich in einer Notlage befinden, und die aktuell keine Möglichkeit haben sich am Arbeits- und Wohnungsmarkt einzubringen, sind diese rechtlichen Grundlagen ebenfalls von großer Bedeutung, da sie formulieren, welche Hilfsleistungen sie vom österreichischen Staat erwarten können. Im folgenden Kapitel werden die Begriffe definiert und die relevanten Rechtsgrundlagen angeführt und beschrieben.

3.2.1 Begriffsdefinition: nicht-anspruchsberechtigt

Die Gruppe der wohnungslosen Menschen ist auch in Wien sehr heterogen, und es gibt große Unterschiede in den Ansprüchen auf Unterstützungsleistungen durch den Staat und die Stadt Wien, je nachdem welche Staatsbürgerschaft wohnungslose Menschen haben. Die rechtliche Situation hat großen Einfluss darauf, welche Art von Förderung und Betreuung

wohnungslose Menschen in Wien erhalten und in welchen Quartieren sie bei Bedarf Unterkunft nehmen können.

Im Rahmen der vorliegenden Masterarbeit liegt der Fokus auf der Gruppe von wohnungslosen Familien mit EU-Staatsbürgerschaft, welche für die Unterstützungsleistungen der Wiener Wohnungslosenhilfe nicht anspruchsberechtigt sind.

Die Anspruchsberechtigungen werden auf Grund unterschiedlicher Rechtsgrundlagen festgeschrieben, welche im Folgenden genauer erläutert werden.

3.2.2 Rechtliche Grundlagen

Die Anspruchsleistungen der Wiener Wohnungslosenhilfe sind durch Gesetze auf nationalstaatlicher Ebene sowie der Landesgesetzgebung der Stadt Wien geregelt. Die rechtlichen Grundlagen für Ansprüche auf Leistungen der Wiener Wohnungslosenhilfe beruhen auf dem Wiener Mindestsicherungsgesetz, dem Wiener Sozialhilfegesetz sowie auf dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz.

3.2.2.1 Freizügigkeit in der Europäischen Union

Prinzipiell schreibt die Europäische Union im AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) vor, dass alle EU-Bürger*innen das Recht auf Freizügigkeit haben.

Sie besagt: „Jeder Unionsbürger hat das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten.“ (Amtsblatt der Europäischen Union 2012: 11)

Der Artikel 45 (1) geht auf die Freizügigkeit im Sinne der Arbeitssuche ein und besagt:

„Innerhalb der Union ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet.“ (2) „Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.“ (Amtsblatt der Europäischen Union 2012: 20)

Die Rechtsgrundlagen der Europäischen Union ermöglichen es Unionsbürger*innen also,

Sozialleistungen nationalstaatlich geregelt, was bewirkt, dass EU-Bürger*innen, die in Österreich nicht offiziell arbeiten oder gearbeitet haben, keine Ansprüche auf Sozialleistungen geltend machen können.

3.2.2.2 Wiener Mindestsicherungsgesetz

Das Wiener Mindestsicherungsgesetz benennt als Personenkreis, der Anspruch auf Leistungen der Mindestsicherung hat, unter § 5 Abs. 1-5 Staatsangehörige und Personen, die Staatsangehörigen gleichgestellt sind. Im Falle von EU-Bürger*innen relevant sind dies EU-, und EWR-Bürger*innen (Europäischer Wirtschaftsraum), die erwerbstätig sind oder bei welchen nach § 51. Abs. 2 NAG (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) eine Erwerbstätigeneigenschaft erhalten bleibt oder sie das Recht auf Daueraufenthalt nach

§ 53a NAG erworben haben sowie deren Familienangehörige. (Wiener Mindestsicherungsgesetz § 5 Abs. 1-5)

3.2.2.3 Wiener Sozialhilfegesetz

Das Wiener Sozialhilfegesetz regelt die Anspruchsberechtigten nach denselben Grundsätzen wie das Wiener Mindestsicherungsgesetz. Der § 7a des Wiener Sozialhilfegesetzes besagt außerdem, dass Leistungen prinzipiell nur Staatsbürger*innen zustehen sowie jenen Personen, die Österreicher*innen gleichgestellt sind, sofern sie sich nicht lediglich mit dem Ziel des Sozialhilfebezugs im Land befinden. (vgl. Gesetz über die Regelung der Sozialhilfe

§7a (2))

Diese Gesetzesgrundlage bedeutet für Familien nicht-anspruchsberechtigter EU-Bürger*innen, dass sie keine Möglichkeit haben, soziale Leistungen aus den Mitteln der Mindestsicherung zu beziehen, nicht krankenversichert und somit in allen Belangen von Spenden und Mildtätigkeit abhängig sind. Gerade die fehlende Krankenversicherung, sowie die prekäre finanzielle Lage vieler nicht-anspruchsberechtigter EU-Bürger*innen wirkt sich negativ auf die Situation der Kinder dieser Familien aus. Auf diese Faktoren wird in den entsprechenden Kapiteln noch näher eingegangen.

3.2.2.4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz

Im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) werden nicht nur die Regelungen für Drittstaatangehörige geregelt, sondern im 4. Hauptstück, dem Unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht, auch die Bestimmungen für EU- und EWR-Bürger*innen festgelegt. Diese müssen nach einem länger als 3-monatigen Aufenthalt im Bundesgebiet eine Anmeldebescheinigung beantragen. Diese ist an gewisse Kriterien geknüpft, zum einen ist eine Arbeitsbescheinigung vorzulegen, zum anderen die Fähigkeit zum Selbsterhalt sowie eine Krankenversicherung vorzuweisen. (vgl. Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz 4.

Hauptstück § 53 (1) und (2))

Auch das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz hat also großen Einfluss darauf, welche Ansprüche wohnungslose Menschen in Wien geltend machen können.

3.2.2.5 Förderkriterien Wiener Wohnungslosenhilfe

Die Förderkriterien der Wiener Wohnungslosenhilfe sind eng an die oben genannten Rechtsgrundlagen geknüpft, beziehungsweise im Wiener Sozialhilfegesetz § 7a geregelt.

Unterstützt werden Personen, die obdach- oder wohnungslos sind, sich in einer Notlage befinden, ein Einkommen in der Höhe der Mindestsicherung haben und österreichische Staatsbürger*innen oder diesen gleichgestellt sind. Dies betrifft Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte sowie EU und EWR Bürger*innen, welche die Voraussetzungen für den Erhalt der Mindestsicherung erfüllen. (vgl. Fonds Soziales Wien - Spezifische Förderrichtlinie für die Unterstützung obdach- bzw. wohnungsloser Menschen)

Für viele EU-Bürger*innen, die auf Grund schlechter wirtschaftlicher Bedingungen oder auch wegen Diskriminierung in ihren Heimatländern nach Österreich kommen, um sich hier am informellen Arbeitsmarkt oder durch Betteln einen Lebensunterhalt zu verdienen, bedeutet dies, dass sie in Bezug auf Sozialleistungen keine Ansprüche in Österreich geltend machen können.

Was diese rechtlichen Grundlagen für die Familien in den Familienunterkünften bedeuten und wie sich diese Situation im speziellen auf die Kinder auswirken kann, wird im weiteren Verlauf der vorliegenden Masterarbeit genauer beschrieben.

Die rechtlichen Grundlagen bestimmen aber nicht nur, welche Ansprüche wohnungslose EU-Bürger*innen in Österreich haben, sondern geben auch vor, welche Organisationen und Abteilungen für diese spezielle Gruppe Angebote setzen.