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7 Wafanya Biashara wa Shanga – Perlen- Perlen-händler in Arusha

7.4 Mzee Ali – Perlenhandel in der Kolonialzeit

Der Somali Mzee Ali ist der mit Abstand älteste Interviewpartner, mit dem ich arbeite. 1906, also noch in der deutschen Kolonialzeit, kommt er nach Tanganjika. In den 1920er und 30er Jahren handelt er mit Glasperlen, Haushaltswaren und Stoffen, die er in Arusha bezieht und dann als Wander-händler an Maasai verkauft. Später in den 1930er Jahren eröffnet er eine der ersten duka in Monduli, der neuen Distriktstadt nahe Arusha, wo er mit seiner Familie bis heute lebt.

Blickt man von Arusha aus nach Nordwesten, so kann man an klaren Tagen deutlich die grünen Hügel der Monduliberge erkennen. Der Monduli selbst ist mit 2650 m der höchste Berg. Das günstige Höhenklima ermöglicht neben Weidewirtschaft auch Acker- und Plantagenwirtschaft. Heute wird das Land zunehmend intensiv genutzt. Der hohe Bevölkerungsdruck um Arusha bewegt immer mehr Ilarus, sich als Bauern in der Nähe von Monduli niederzulassen. Kisonko, die bisher noch die Mehrheit in Monduli stellen, und Ilarus verbinden intensive verwandtschaftliche Verflechtungen. So sind viele der Frauen Ilarus, ebenso wie die meisten jungen Männer, die auf den mashamba, den bäuerlichen Höfen, arbeiten.152 Neben Ilarus und Maasai leben in Monduli auch zahlreiche Angehörige anderer Ethnien. Monduli wurde in britischer Mandatszeit zum Distriktverwaltungssitz. Monduli liegt verkehrsgünstig kaum acht Kilometer nördlich der Dodoma Road am Fuße der Berge. Der nahegelegene Militärstützpunkt, der größte Tansanias, sorgt für weiteres Wachstum.

Einmal wöchentlich, an jedem Sonntag, findet die mnada von Monduli statt. Für Händler aus Arusha ist sie mit dem stündlich verkehrenden Bus in etwas mehr als einer Stunde gut erreichbar. Der Weg zur nächsten mnada in Monduli Juu, das nur wenige Kilometer bergan liegt, ist weitaus beschwer-licher: Von Monduli aus benötigt man über eine schlechte Piste eine weitere Stunde. In der Regenzeit ist es an vielen Tagen gar nicht möglich, mit dem Wagen in die Berge hinauf zu kommen. Regelmäßig verkehrende Busse gibt es ohnehin nicht. Nach dem steilen Aufstieg von Monduli kommend erstreckt sich vor einem der Anblick einer alpinen Almlandschaft. Weit verstreut liegen hier oben einzelne Gehöfte. Auf der zentralen Hochfläche sind weit auseinanderliegend einige massive Steinbauten wie die Schule zu

152 Zur besonderen Rolle dieser jungen Männer im Handel mit Perlenschmuck siehe S. 154ff.

finden. Am Hang gegenüber der Schule findet an jedem Samstag die mnada von Monduli Juu statt. Von den gut zwei Dutzend Händlern, die regelmäßig hierher kommen, sind acht Perlenhändler. In Monduli Chini sind es auch höchstens ein oder zwei Perlenhändler mehr. Die mnada insgesamt ist aber dreimal so groß. In Monduli Juu sind es einzig Maasai (Kisonko und Ilarus) die auf der mnada kaufen. In Monduli Chini kommen noch die Verwal-tungs-, Kirchen- und Plantagenangestellten hinzu. Monduli Chini ist heute eine kleine Provinzstadt geworden. Es gibt ein guest house, zwei Bars und auch ein paar kleine Kioske. Bis in die 1970er gab es hier sogar einen Laden, der neben Stoffen und Haushaltswaren hauptsächlich mit Glasperlen handelte: die duka von Mzee Ali. Heute ist der Laden geschlossen, die Regale sind leer.

Die duka von Mzee Ali ist eines der ältesten festgemauerten Gebäude in Monduli. Ihr Vorgängerbau, eine einfache Bretterkonstruktion, war der erste Laden am Ort. An einer der zwei Hauptalleen der Stadt gelegen, zeugt sie noch heute vom Stolz ihres Erbauers. Mehrere Stufen führen von der Straße hoch zu einer zwei Meter breiten Veranda. Von hier aus gelangt man durch eine zweiflügelige Tür ins Ladeninnere. Es ist eine typische duka mit ursprünglich einem vorderen Ladenraum und einem einzigen dahinter anschließenden Wohnraum und Lager. Es fällt nicht schwer, sich vorzustel-len, wie es bis in die 1970er Jahre ist, als die Regale noch gefüllt sind, und Stoffe und Perlen über Schnüren auf der Veranda hängen und die Kunden anlocken. Heute schließen sich hinter dem Ladenraum zahlreiche weitere Wohnräume an, die sich um den Innenhof gruppieren. In den 1940er Jahren in der heutigen Form erbaut, wird die duka im Laufe der Jahre um immer weitere Anbauten erweitert. Heute bietet sich das Bild eines aus vielen kleinen Räumen und Einheiten bestehenden Wohnkomplexes, der sich von der Straßenfront weg über 50 m nach hinten erstreckt. Sieben von Alis neun Kindern wohnen, zumindest zeitweise, mit ihren Kindern und Kindeskin-dern hier.

Alis Frau, die gut 30 Jahre jünger ist, weiß am meisten aus der Vergan-genheit, als sie noch mit Perlen handelten, zu berichten. Sie hat auch noch eine große Plastiktüte in den ansonsten leeren Regalen aufbewahrt, die gefüllt ist mit unterschiedlichsten Glasperlen. Manchmal verschenkt sie ein paar davon, wenn sie Besuch von einer der Maasaifrauen erhält. Alis Frau handelt mit Stoffen und ihr Stand ist auf den minada in Monduli und Monduli Juu der größte und auffälligste. Das Ladengeschäft nutzt sie nicht.

Vier oder fünf Tage die Woche ist sie mit ihren Waren auf einer der minada.

Jeder kennt sie; nicht umsonst nennt man sie mit einer guten Portion Bewunderung Mama Monduli.

Mzee Ali wird in Somalia geborgen. Zusammen mit seinem älteren Bruder reist er 1906 mit dem Schiff zuerst nach Mombasa und später dann

nach Tanga. Dort bleibt er für einige Zeit und verdient sich mit verschiede-nen Arbeiten seiverschiede-nen Lebensunterhalt. 1909 folgt er der Usambarabahn bis Moshi, und von hier weiter nach Arusha und Monduli.153 Wie genau diese lange Reise abläuft, erzählt Mzee Ali nicht, jedenfalls hatte er den festen Plan, sich in Monduli eine Existenz als Händler aufzubauen. In den ersten Jahren kann er aber noch nicht daran denken, einen eigenen Laden aufzu-machen, dafür reicht das Kapital nicht. Erst nach und nach kann er sich einen immer größeren eigenen Warenbestand aufbauen. Glasperlen und Haushaltswaren, seine Hauptwaren, bezieht er von Hassan Ali Mohameds INDIA STORE, dem damals größten indischen Großhändler in Arusha.

Mit Eseln als Packtieren macht er sich auf den weiten Weg ins Maasaigebiet nordwestlich von Arusha. Er zieht von enkang (Gehöft) zu enkang und verkauft seine Ware. Seine langen und beschwerlichen Reisen führen ihn bis in das Gebiet des Ngorongoro Kraters zu den Loitamaasai.154

„In Arusha haben wir die Perlen gekauft. Früher hatten wir als Maßeinheit ratili.

Ein ratili entspricht einem Pfund. Die Perlen wurden in Päckchen zu einem ratili gehandelt. Ein ratili Perlen hat früher 200 Schilling gekostet und eine Diamant-perle, wie ich sie dir gezeigt habe, 50 Cents, eine kleine Tablettenperle einen Shilling. Wir haben verschiedene Farben gemischt und als lange Stränge verkauft. Rot, Schwarz, Weiß und Blau haben wir verkauft. Auch Hellblau, Grün und Gelb haben wir versucht. Zur gleichen Zeit gab es auch noch andere Händler, die auch mit den Maasai gehandelt haben: Remtula, ein Inder, und Makalasingha Singha, auch ein Inder. Die haben beide im Ngorongoro Handel getrieben. Nach der Unabhängigkeit sind beide fortgegangen.“

(Mzee Ali, Juni 1998)

Das Geschäft läuft gut, und so kann Ali sich bald in Monduli, dem aufblü-henden Verwaltungssitz des Distrikts, niederlassen. Hier, ca. 30 km von Arusha entfernt, betreibt er einen kleinen Laden in einer Wellblechhütte.

1939 heiratet Ali und holt seine Frau, eine Somali aus Kenia, nach Monduli.

153 Mzee Ali ist nicht der erste seiner Familie, der nach Monduli geht. Ein Verwandter betreibt dort bereits eine Ockermine. Roter Ocker wird von den Maasai für die Bemalung ihrer Körper verwendet. Die ilmurrani graben es normalerweise selbst. Die Mine in Monduli ist daher eine durchaus bemerkenswerte Erscheinung. Im Nationalarchiv in Daressalam finden sich zwei Akten aus den 1930er Jahren über diese Mine. 1932 war die Mine die einzige im Distrikt. 1934 wird eine exklusive Lizenz für den gesamten westlichen Maasai-Distrikt ausgestellt, in der auch vermerkt ist, dass die Ware lokal vermarktet wird (TNA File 11681, 1932, S. 33 und TNA File 11681, 1934, S. 23). Ali selbst erwähnt in einem unserer Gesprä-che, dass er anfangs auch mit dem Ocker aus der Mine handelte. Später wurde Ocker dann durch einen roten Farbstoff ersetzt, der aus Deutschland stammt, von der BASF. Aus Deutschland, so Ali weiter, seien ja auch immer die kleinen Metallplättchen gekommen, die die Maasai für ihren Schmuck brauchen, und auch der Draht.

154 Einen Eindruck von den Mühen des Reisens und des Warentransports in dieses Gebiet gewinnt man für die vorkoloniale Zeit bei Thomson (1885) und für die deutsche Kolonial-zeit bei Lindequist (1912, S. 40f.)

Die mühsamen und entbehrungsreichen Verkaufstouren mit dem Esel führen jetzt andere für ihn durch. Zeitweise sind es drei Männer, die für ihn unterwegs sind. Seine Ware bezieht er weiterhin aus Arusha. Der Ismaeli (Khoja) Hassan Ali Mohamed ist bis in die siebziger Jahre sein Hauptliefe-rant.

II. Import Glasperlen Kenia 1941 – 1946155

In Tsd. 1941 1942 1943 1944 1945 1946

Gewicht in Lb. 4.476 1.591 1.874 5 1.539 21.245

Wert in £ 569 245 392 2 379 5.346

Zolleinnahmen 263 146 170 2 162 2.142

Ali berichtet, dass der Perlenhandel in den 1930er Jahren sehr gut lief, dann kam eine Zeit, in der die Geschäfte für einige Jahre schlecht gingen. Die schlechten Geschäfte sind auf eine drastische Verknappung der Perlen zurückzuführen, wie auch die Importzahlen nach Kenia für diese Jahre belegen. Nachdem die Importe von Glasperlen nach Ostafrika während des Zweiten Weltkrieges drastisch zurückgegangen waren, erholen sie sich nach 1945 wieder rasch. Der Zollsatz beträgt bis 1945 60 Cts je britischem Pfund, 1946 wird er auf 1Sh 20 Cts erhöht und dennoch steigen allein die offiziellen Importe nach Kenia schon wieder auf mehr als zehn Tonnen (s. Tab. oben).

Diese positive Entwicklung setzt sich auch in den folgenden Jahren fort.

Seit den späten 40er bis in die 60er Jahren – der Hochzeit des Perlenhandels im Maasaigebiet – betreibt Ali Einzelhandel in seiner duka und beliefert als Großhändler mehrere kleine Händler. Diese Händler ziehen weiterhin, wie Mzee Ali selbst in den 1930er Jahren, zu den entlegenen enkang und bieten ihre Waren als Hausierer an. Unter der britischen Mandatsverwaltung wird gezielt das System der periodischen Märkte, der minada, gefördert. Von Anfang an ziehen die minada auch andere Händler als die Viehhändler an.

Die Händler, die hier in den 1950er und 1960er Jahren Glasperlen anbieten, sind nicht die gleichen wie die Wanderhändler, doch auch sie beziehen z.T.

bei Mzee Ali ihre Waren.

In den 1950er und 1960er Jahren hat Ali sein Geschäft schon in einem Haus an einer der Hauptalleen Mondulis. In den zwei Jahrzehnten vor der Ujamaa-Bewegung erlebt Mzee Ali die wirtschaftlich beste Zeit. Allen Kindern kann er eine gute Schulbildung zukommen lassen und beim Bau der ersten sunnitischen Moschee in Monduli ist Mzee Ali Hauptinitiator und mit seiner Familie der größte finanzielle Förderer. Die ersten Jahre nach der Unabhängigkeit Tanganjikas (1961) sind noch recht gut für das Perlenge-schäft, doch unter dem Regime des Ujamaa-Sozialismus gelten Glasperlen, wie schon erwähnt, als westlicher Luxusartikel und ihre Beschaffung wird

155 Blue Book Kenya 1941: 268 und 278; 1945: 11, item 142; 1946: 11, item 140, 280 und 290.

zunehmend schwieriger. Gleichzeitig nimmt auch die Nachfrage nach Glasperlen bis Ende der 1980er stetig ab. Seit Anfang der 1990er Jahre findet in Mzee Alis Laden kein Verkauf mehr statt

Auch in den Jahren zwischen 1970 und 1990 geht es Mzee Alis Familie nicht schlecht, aber es gibt größere Probleme. Zwar trifft die Verstaatli-chung die Familie nicht und auch der Umstand, dass er Somali ist, bedeutet zu keinem Zeitpunkt einen Nachteil, denn alle Mitglieder seiner Familie haben tansanische Pässe. Das größte Problem für Händler allgemein ist in dieser Zeit die Beschaffung von Waren. Großhändler und Im- und Export-händler sind in weitaus größerem Umfang staatlichen Restriktionen ausgesetzt als die kleinen lokalen Händler wie Mzee Ali. Der Im- und Exporthandel wird weitgehend verstaatlicht und viele zumeist indische Händler verlassen das Land. Die Konsequenz ist, dass dem Einzelhandel vielfach die Versorgung mit Waren fehlt. Anfang der 1970er verlässt Hassan Ali Mohamed, der Betreiber des INDIA-STORES, von dem Ali und viele andere Händler über Jahre ihre Waren bezogen wie fast alle Ismaelis Tansania. Aga Khan kann für seine Anhänger Aufenthaltsgenehmigungen in Kanada, den USA und Großbritannien beschaffen. Die meisten Ismailis aus Arusha gehen nach Nordamerika. Hassan Ali Mohamed erhält für sich und seine Familie Aufenthaltsgenehmigungen in Kanada und bald darauf auch die kanadische Staatsbürgerschaft. Mit ihm verlässt der größte Anbieter von Perlen Arusha. Es gibt nur noch einen weiteren lokalen Großhändler, doch auch der gibt 1984 den Handel mit Glasperlen auf. Für Mzee Ali bedeutet das, dass er große Schwierigkeiten hat, Waren zu besorgen, und so gibt auch er den Handel mit Glasperlen ganz auf. Seine Frau bleibt aber weiter als Händlerin aktiv, nur stellt sie ebenso wie der letzte Glasperlengroßhändler in Arusha ihr Geschäft von Glasperlen auf Stoffe um. Bis 1999 war sie eine der besten Kundinnen in Abdul Razak Esmails Laden, dem führenden Spezialgeschäft für Maasaistoffe und ehemaligen Glasperlengroßhandel.156

Mzee Ali verkörpert die Geschichte des Perlenhandels in der Region Arusha von den ersten Anfängen bis in die Zeit der Unabhängigkeit.

Wanderhändler wie er waren es, die in den ersten Jahrzehnten der Kolonial-zeit als Pioniere in der Region Arusha feste Vertriebsstrukturen für kolonia-le Waren wie Perkolonia-len, Draht und Textilien erschlossen. Sie waren aber nicht die ersten, die europäische Güter hierher brachten. In einem späteren Kapitel

156 1984 stellt der Sunni Abdul Razak Esmail sein komplettes Angebot von Perlen auf Stoffe um. Sein Vater Mohamed Esmail betreibt in den gleichen Ladenräumen schon vor dem Zweiten Weltkrieg den neben dem INDIA STORE zweiten wichtigen Perlengroßhandel Arushas. Die Esmails kooperieren in dieser Zeit mit einem kleinen Einzelhändler, der unmittelbar vor ihrem Laden Perlen in einzelnen Strängen verkauft. Heute hat an der glei-chen Stelle ein selbständiger Schneider seine Nähmaschine aufgebaut und verarbeitet die Stoffe aus Esamils Geschäft. Er säumt sowohl die, die Esmail noch verkaufen will, wie auch solche, die Kunden bereits gekauft haben.

werde ich die lange Geschichte dieser Verflechtung aufzeigen (S. 236ff.).

Händler wie Ali konnten sich in der Nähe Arushas nur etablieren, weil sich hier Großhändler niedergelassen hatten und weil diese wiederum über Importeure und Transporteure von der Küste versorgt wurden. Ali war nur einer von mehreren Akteuren innerhalb einer komplexen Handelsstruktur.

Bemerkenswert dynamische Wandlungsprozesse formen bis in die Gegen-wart diese Strukturen und führen dazu, dass immer neue Akteure des Glasperlenhandels auftauchen und andere verschwinden. Ende der 1990er Jahre beklagen viele Händler, dass in den letzten Jahren die Zahl der Händler stark zugenommen habe und deshalb die Umsätze für jeden Händler gesunken seien. Gerade unter den Perlenhändlern gibt es viele Neueinsteiger. Jackson Moita Laiser ist einer von ihnen.

7.4.1 Jackson Moita – ein Neueinsteiger im Perlenhandel157

Jackson Moita Laiser hat schon viele Arbeiten in seinem Leben getan.

Perlenhändler ist er erst seit einigen Wochen. Mit 42 Jahren ist er der älteste Neueinsteiger im Perlenhandel, den ich treffe. Er ist verheiratet und hat acht Kinder. Zusätzlich muss er noch als ältester Sohn seit dem Tod seines Vaters für dessen zwei Frauen aufkommen. Die kleine Landwirtschaft, die er mit seiner Familie Oldurment im Arumeru Distrikt betreibt, reicht kaum für das gute Dutzend Familienmitglieder, die er versorgen muss. Mit dem Perlenhandel beginnt er erst 1998. Für die erste Ausstattung an Perlen verkauft er ein paar Ziegen. Auf die Frage, wieso er gerade auf den Perlen-handel gekommen sei, kann er nur wenig antworten:

„Geschäft ist Geschäft und jeder kann damit anfangen, irgendein Geschäft zu führen, das ist doch egal, jeder macht das Geschäft, das er oder sie mag. Jeder, der ein Geschäft betreibt, will es auf eine Weise tun, die es ihm erlaubt, Gewinn zu machen und das Geschäft auszuweiten.“

(Jackson Moita Laiser, Januar 1998)

In Nagarenaro lernt Jackson einen Kikuyu aus Kenia kennen, der mit Glasperlen handelt. Von ihm bezieht er seine erste Grundausstattung und bei ihm kauft er auch weiterhin. Bemerkenswert ist, dass dieser Händler, so wie Jackson berichtet, keine fixen Preise hat. Man kann über den Preis verhan-deln und manchmal zahlt man dann für ein halbes Kilo Perlen 10.000 TSh, ein anderes Mal 13.000 TSh. Noch vor kurzem wusste Jackson so gut wie nichts über Glasperlen, weder wo sie herkommen, noch wo sie produziert werden. Heute weiß er, dass die Perlen in Tschechien gefertigt werden. Das hat er von anderen Händlern erfahren; es steht in der Beschriftung der

157 Die meisten Informationen verdanke ich einem längeren Gespräch, dass ich im Januar 1998 mit Jackson Moita Laiser auf der mnada in Ngaramtoni führte. Im Laufe des Jahres begeg-nen wir einander noch einige Male, hauptsächlich auf dem Markt in Mbauda.

Packungen. Woher der Kikuyuhändler seine Perlen bezieht, weiß er nicht und er kennt offensichtlich auch nicht USHANGA den Perlenimporteur in Nairobi.

Jackson setzt große Hoffnungen in den Handel mit Glasperlen, kann aber noch gar nicht abschätzen, ob diese in Erfüllung gehen werden. In den ersten Wochen geht das Geschäft sehr langsam und er macht nur wenig Umsatz. In Ngaramtoni, wo ich ihn treffen, geht das Geschäft gerade so gut wie gar nicht. Auf den Märkten in Mbauda und Kisongo hat er schon bessere Geschäfte gemacht. In Ngaramtoni werden im Januar 1998 die Standgebühren für die Händler verdoppelt: Sie zahlen jetzt 400 TSh.

Beschweren will sich aber keiner der Händler, sie sagen, dass es besser sei, an einem sonnigen Tag gute Geschäfte zu machen, als sich mit den Beamten vom Distrikt anzulegen.158

Jackson verkauft aber nicht nur Glasperlen, er hat wie die anderen Händ-ler auch Metalldraht, Metallplättchen, Messingarmreifen und zusätzlich noch einige Perlenarmbänder. Letztere habe ich sonst bei keinem anderen Händler gesehen. Es sind die typischen Souvenirarmbänder aus Draht mit etwa zehn Reihen kleiner Perlen. Sie werden in Kenia gefertigt, unter anderem auch in Namanga. Jackson hat seine Perlenarmbänder, ebenso wie die Metallwaren von Frauen gekauft, die auf den Markt kommen, um dort direkt an die Händler zu verkaufen. Es sind die gleichen Frauen, die ihre Waren auch den Souvenirhändlern in Arusha anbieten.

Mit der Zeit, so hofft Jackson, wird er mehr Erfahrung sammeln, so wie die anderen Händler es vor ihm getan haben, dann werde das Geschäft schon besser laufen. Beklagen will er sich nicht, denn noch sieht es so aus, als ob er seinen Unterhalt vom Perlenhandel bestreiten könne. Der Erfolg auf einem Markt hängt nach seiner Meinung von vielen Faktoren ab, wie dem Wetter, den Transportmöglichkeiten, ob die madaladala fahren, wie lange sie brauchen, ebenso wie auch von seiner Gesundheit oder dem Zeitpunkt, an dem er auf einen Markt kommt.

An dem Markttag in Ngaramtoni interessiert sich kaum jemand für das Angebot von Jackson. Einzig eine junge Ilarusfrau betrachtet länger sein

An dem Markttag in Ngaramtoni interessiert sich kaum jemand für das Angebot von Jackson. Einzig eine junge Ilarusfrau betrachtet länger sein