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2 LITERATURÜBERSICHT

2.1 G RUNDLAGEN DER A NATOMIE DES H ALSES

2.1.4 Muskulatur des Halses

DENOIX und PAILLOUX (2000) unterscheiden zwischen der wirbelnahen und wirbelfernen Fixation. Die Anteile der paravertebralen Tiefenmuskulatur sorgen wirbelnah für die Fixation der Facettengelenke. So wird ein ständiger Zusammenhalt

der Wirbel gewährleistet. Diese Muskelgruppe wird ausgeprägt sensorisch und propriozeptiv innerviert und ermöglicht so die Kontrolle der Position der Wirbelsäule und die Regulierung des Muskeltonus. Die wirbelferne Fixation erfolgt im Halsbereich durch die dorsale und ventrale Halsmuskulatur oder paravertebrale Oberflächenmuskulatur (Bewegungs- und Arbeitsmuskulatur). Diese Muskeln sind weniger innerviert und ermöglichen die Mobilität. Die dorsale Halsmuskulatur ist für das Strecken des Halses zuständig, die schwächer ausgebildete ventrale Muskulatur für die Beugung. Die paravertebrale tiefe Muskulatur ist an Drehbewegungen und Seitwärtsbiegungen beteiligt. Grundsätzlich sorgt die Halsmuskulatur für Festigkeit und Stabilität der Wirbelsäule.

2.1.4.1 Nackenmuskulatur

Beim Pferd sind vor allem die Mm. obliquus capitis cranialis und caudalis sowie der M. longus capitis kräftig, die anderen Muskeln (M. rectus capitis dorsalis und M.

rectus capitis lateralis et ventralis) eher schwach entwickelt.

Die schiefen Nackenmuskeln füllen den Raum zwischen Atlas und Okziput. Der M.

obliquus capitis cranialis verläuft jederseits vom Rand des Atlasfügels zur Crista nuchalis des Os occipitale. Der M. obliquus capitis caudalis entspringt an den Seitenflächen des Dornfortsatzes des Axis und inseriert an der Dorsalfläche des Atlasflügels. Durch unilaterale Kontraktion bewirken sie eine Drehung und Seitwärtsbiegung des Atlantookzipitalgelenks (und damit des Kopfes), durch bilaterale Kontraktion die Streckung desselben Gelenks.

Der M. longus capitis entspringt als craniale Fortsetzung des M. longus colli an den Querfortsätzen des vierten bis zweiten Halswirbels und inseriert an der Schädelbasis. Er bewirkt das Beugen und Seitwärtsziehen des Kopfes und der kranialen Halsabschnitte.

Vom zweiteiligen M. rectus capitis dorsalis verläuft der M. rectus capitis dorsalis major seitlich am Nackenstrang vom Dornfortsatz des Axis zur Squama occipitalis.

Der M. rectus capitis dorsalis minor liegt unter ersterem auf der Membrana atlantooccipitalis dorsalis. Sie wirken als Heber des Kopfes und Strecker des Halses.

Der M. rectus capitis lateralis liegt ventral des Atlantookzipitalgelenks und wirkt als dessen Beuger und damit als Beuger des Kopfes. Der ebenfalls schwache M. rectus capitis ventralis liegt dorsolateral des M. longus capitis und verläuft zwischen Atlas und Schädelbasis. Auch er bewirkt das Beugen des Kopfes (NICKEL et al. 2003a, DENOIX u. PAILLOUX 2000, KÖNIG u. LIEBICH 2005).

2.1.4.2 Muskeln des Halses

Der M. splenius ist beim Pferd stark entwickelt und liegt zwischen dem Hinterhauptsbein und dem Widerrist. Seine beiden Anteile, M. splenius capitis und cervicis sind deutlich voneinander getrennt, entspringen aber gemeinsam sowohl aus der Fascia spinocostotransversalis als auch dem Nackenstrang. Die cervicale Portion endet an den Querfortsätzen des fünften bis dritten Halswirbels. Der M. splenius capitis endet zusammen mit dem M. longissimus capitis und dem M.

cleidomastoideus an der Crista nuchae und dem Proc. mastoideus des Schläfenbeins. Der M. splenius streckt bilateral den Hals, hebt Hals und Kopf und ermöglicht das Seitwärtsbiegen des Halses. Der M. longus colli und die Mm. scaleni sind wesentliche Bestandteile der Gruppe von Muskeln, die die Halswirbelsäule abwärtsbiegen (KÖNIG u. LIEBICH 2005). Der M. longus colli liegt den Halswirbeln und den kranialen Brustwirbeln ventral an und inseriert am Atlas. Die beiden Mm.

scaleni ziehen von den ersten Rippen zu den Querfortsätzen des 7. bis 4.

Halswirbels und sorgen für Feststellen, Niederziehen und Seitwärtsbiegen des Halses (NICKEL et al. 2003a, KÖNIG u. LIEBICH 2005).

2.1.4.3 Besondere Beweger der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule

Bei diesen Muskelgruppen ist zwischen den langen und kurzen Hals- und Rückenmuskeln zu unterscheiden. Die Rückenmuskulatur wird zusätzlich noch in eine oberflächliche und tiefe Muskelgruppe unterteilt. Schon KRÜGER (1939) beschrieb die enorme Belastbarkeit des Pferderückens, welcher aus den gleichen anatomischen Strukturen wie der anderen Vierfüßer besteht, aber dennoch einige

anatomische Besonderheiten aufweist. SLIJPER (1946) verglich die Rumpfkonstruktion der Vierfüßer mit einer Bogensehnenbrücke. Brust-, Lendenwirbelsäule und Becken einschließlich ihrer Muskeln und Bänder bilden den tragenden Brückenbogen, welcher eine dorsal- konvexe Krümmung zeigt. Seine Elastizität erhält der Brückenbogen durch die Zwischenwirbelscheiben, die Ligamenta flava und interspinalia sowie das Nacken- und Rückenband, vor allem aber durch den Tonus der langen und kurzen Rückenmuskeln. Die Enden des Bogens werden durch das Brustbein, die Linea alba sowie die Bauchmuskeln verbunden. Diese Anteile bilden die verspannende „Sehne“ der Konstruktion (NICKEL et al. 2000a). Am Brückenbogen unterscheidet man einen Obergurt, gebildet von den dorsalen Anteilen der Wirbel und der sie verbindenden Strukturen, sowie einen druckfesten Untergurt aus den Wirbelkörpern und Zwischenwirbelscheiben. Verhindert wird ein zu starkes Aufkrümmen durch die Zwischendornbänder, das Nackenband und das Ligamentum supraspinale sowie die übrigen Rückenmuskeln. Als ganzes vermeidet diese Konstruktion beispielsweise das Durchsacken des Brückenbogens während des Aufsitzens durch den Reiter.

Kopf, Hals, Kreuzbein und Schweif sind vorne und hinten an die Bogen- Sehnen- Konstruktion angebaut.

Aufgrund des engen Zusammenhangs der einzelnen Abschnitte der Wirbelsäule und der sie umgebenden Muskulatur, müssen diese als Ganzes erläutert werden.

2.1.4.4 Lange Hals- und Rückenmuskeln

Die tiefen Hals- und Rückenmuskeln werden wiederum in ein laterales und ein mediales System unterteilt. Der M. iliocostalis und der M. longissimus bilden mit ihren Anteilen das laterale System. Der M. longissimus zieht, ausgehend vom Kreuz- und Darmbein, über den ganzen Rücken und Nacken zum Hinterhauptsbein. Für die Halsbewegungen sind die Mm. longissimus cervicis, capitis und atlantis bedeutsam.

Der M. longissimus capitis et atlantis endet am Atlasflügel beziehungsweise am Proc.

mastoideus des Schläfenbeins. Der M. longissimus cervicis entspringt an den ersten 5 bis 8 Brustwirbeln und inseriert an den Querfortsätzen des 3. bis 7. Halswirbels.

Die cranialen Anteile des M. longissimus sorgen für das Heben und Seitwärtsbiegen des Halses sowie Wenden des Kopfes. Der M. iliocostalis thoracis liegt dem M.

longissimus lateral an und verläuft zwischen den Rippen und dem 7. Halswirbel.

Zusammen mit dem lumbalen Anteil stabilisiert er die Wirbelsäule in der Brust- und Lendenregion und sorgt für die Seitwärtsbewegung der Wirbelsäule (KÖNIG u.

LIEBICH 2005).

Der M. spinalis thoracis et cervicis gehört zur tiefen Schicht respektive zum medialen System. Die Muskeln des tiefen Systems liegen direkt dem Skelett an und bilden von Wirbel zu Wirbel ziehende Muskelstränge aus. Der M. spinalis verläuft von den Dornfortsätzen der Lendenwirbel über die der Brustwirbel bis zum dorsalen Mediankamm der vier bis fünf letzten Halswirbel. Im Bereich des Widerristes bildet er ein kräftiges Muskelpolster. Die craniale Fortsetzung des M. spinalis thoracis et cervicis ist der M. semispinalis capitis. Dieser Muskel (Teil der Mm.

transversospinales) liegt unmittelbar der Nackenplatte an, entspringt sowohl an den Brust- als auch den Halswirbeln und inseriert neben dem Nackenstrang an der Hinterhauptschuppe. Er wirkt beim Heben und Seitwärtsbiegen des Kopfes mit. Die Mm. multifidi bestehen aus zahlreichen Einzelzacken und verlaufen zwischen Kreuzbein und drittem Halswirbel. Sie sorgen für die Feinabstimmung der Bewegungsabläufe der langen Hals- und Rückenmuskulatur (NICKEL et al. 2003a, KOENIG u. LIEBICH 2005)

2.1.4.5 Kurze Hals- und Rückenmuskeln

Das laterale und mediale System der langen Hals- und Rückenmuskeln wird durch intersegmentale, kurze Abspaltungen ergänzt. Diese verlaufen zwischen den Querfortsätzen der Wirbel (intertransversales System) und deren Spinalfortsätzen (interspinales System) und dienen bei der Feinabstimmung des Bewegungsablaufs der Hals- und Lendenwirbelsäule zur Fixation und Seitwärtsrotation. Zu dieser Gruppe gehören die Mm. interspinales und die Mm. intertransversarii.

2.1.4.6 Schultergürtelmuskulatur

Diese Muskeln gehören aufgrund ihrer Lage auch zum oberflächlichen System der Rückenmuskeln. Auch innerhalb dieser Gruppe unterscheidet man zwischen einer oberflächlichen und einer tiefen Schicht.

Oberflächliche Schicht

Der M. trapezius entspringt vom zweiten Hals- bis zehnten Brustwirbel, am Lig nuchae und am Lig. supraspinale. Die Halsportion endet zum einen an der Spina scapulae sowie an einem deutlichen Sehnenstreifen am Widerrist. Die Brustportion inseriert aponeurotisch im oberen Drittel der Schulterblattgräte. Der M.

sternomandibularis entspringt beidseitig am Manubrium sterni und verläuft zunächst ventral und seitlich von der Trachea. Ab Mitte des Halses teilt er sich in zwei Anteile, welche an den Unterkieferästen inserieren. Der M. brachiocephalicus besteht aus dem M. cleidomastoideus und dem M. cleidobrachialis, welche sich im Schlüsselbeinstreifen treffen. Der M. brachiocephalicus entspringt als Muskelband am Schläfenbein. Craniodorsal des Schultergelenks geht er in den M.

cleidobrachialis über, welcher am Humerus endet. Am Übergang des Halses zur Schulter verbindet sich der M. brachiocephalicus mit dem M. omotransversarius.

Beide schützen somit das Schultergelenk. Der M. omotransversarius reicht lateral über das Schultergelenk bis zu den Querfortsätzen des zweiten bis vierten Halswirbels. Der M. sternomandibularis funktioniert durch bilaterale Kontraktion als Beuger von Kopf und Hals und durch unilaterale Kontraktion als Seitwärtszieher. Der M. brachiocephalicus sorgt durch Fixation der Schultergliedmaße für das Zurück- und Niederziehen von Hals und Kopf und funktioniert als Seitwärtszieher von Kopf, Oberarmfaszie und Hals.

Tiefe Schicht

Im Halsbereich sind der M. rhomboideus sowie der M. serratus ventralis von Bedeutung. Der M. rhomboideus verbindet den zweiten Hals- bis sechsten Brustwirbel mit der medialen Fläche des Schulterblattknorpels. Er bewirkt das Vorführen und Heben der Schultergliedmaße und das Heben des Kopfes.

Der M. serratus ventralis ist beim Pferd am stärksten ausgeprägt und auch hier ist zwischen einem Hals- sowie einem Brustteil zu unterscheiden. Der M. serratus ventralis cervicis entspringt an den Querfortsätzen des vierten bis siebten Halswirbels. Der Brustanteil kommt von den ersten Rippenpaaren. Beide Anteile zeigen konvergierenden Faserverlauf und inserieren an der Facies serrata des Schulterblatts und partiell am Schulterblattknorpel. Sie sorgen für die Aufhängung des Stammes, bewegen das Schulterblatt und den Rumpf (KÖNIG u. LIEBICH 2005, NICKEL et al. 2003a, WISSDORF et al. 2002).