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Mit der vorliegenden Studie ist es erstmalig gelungen, die Halswirbelsäule von 80 Pferden, die repräsentativ für die Mehrheit der Reitpferde in Deutschland sind, klinisch, röntgenologisch und sonographisch zu untersuchen. Da bisher Normwerte zur Auswertung radiologischer Untersuchungen der Halswirbelsäule bei Warmblutpferden fehlen, wurden für diesen Teil der Arbeit nur gut rittige Pferde ohne klinische Befunde (n = 60) in die Studie aufgenommen. In der Pferdemedizin ist es ungewöhnlich, eine derartig hohe Anzahl von Pferdebesitzern, die keine Probleme oder Erkrankungen ihrer Pferde beklagen, für eine solche Untersuchung zu gewinnen. Die Untersuchung war für die Besitzer mit Aufwand verbunden, da die Pferde zur Klinik für Pferde der Stiftung Tierärztliche Hochschule in Hannover transportiert werden mussten, hier sediert wurden und die Untersuchungen einige Zeit in Anspruch nahmen. Somit war die Bereitschaft der Pferdebesitzer zur Kooperation die Basis für diese Arbeit.

Neben der Erstellung von Normwerten zur radiologischen Beurteilung der Halswirbelsäule von Warmblutpferden war es das Ziel, radiologische und sonographische Befunde von gut rittigen Pferden mit denen bei schlecht rittigen Pferden, die außerdem klinische Befunde bei der Untersuchung des Halses aufwiesen, zu vergleichen. Obwohl eine geringere Anzahl Patienten für den Vergleich mit klinisch unauffälligen Pferden zur Verfügung stand, wurden statistisch signifikante Unterschiede der radiologischen und sonographischen Befunde nachgewiesen.

Da die radiologischen Befunde Korrelate zu morphologischen Veränderungen sind, liegt die Frage nahe, ob es sich bei den mit Rittigkeitsproblemen behafteten Pferden eventuell um altersbedingte, physiologische Umformungsprozesse handelt, wie es auch im Bereich der Dornfortsätze der Brustwirbelsäule bekannt ist (RANNER 1997, RANNER u. GERHARDS 2001, HOLMER et al. 2007). Altersbedingte Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule werden jedoch für die Patienten dieser Studie weitgehend ausgeschlossen, da sowohl die gut als auch die schlecht rittigen Pferde lediglich ein mittleres Alter zwischen acht und zehn Jahren aufwiesen.

Die Pferde mit Rittigkeitsproblemen und klinischen Befunden waren sogar noch etwas jünger als die klinisch unauffälligen Pferde und unterschieden sich von diesen dennoch deutlich. Das Alter sowohl der klinisch und in Bezug auf die Rittigkeit unauffälligen Pferde (± 10 Jahre) als auch das der Pferde mit Rittigkeitsproblemen (±8 Jahre) ist repräsentativ für die meisten Reitpferde im deutschsprachigen Raum.

Damit waren die Pferde dieser Studie deutlich älter als diejenigen, für die im englischsprachigen Raum Untersuchungen mit Messungen des Wirbelkanals vorliegen (MOORE et al. 1994, HUDSON u. MAYHEW 2005).

In der vorliegenden Arbeit wurden überwiegend Wallache untersucht, da diese im allgemeinen häufiger als Stuten und Hengste als Reitpferde genutzt werden. In der verfügbaren Literatur zu diesem Thema überwiegt ebenfalls der Anteil männlicher Pferde (RUSH 2006).

Da einerseits die häufigsten Veränderungen des Skelettes der Halswirbelsäule im caudalen Abschnitt (C5 – C7) symptombehafteter Pferde beschrieben werden (WHITWELL u. DYSON 1987, GERBER et al. 1989, HETT et al. 2006, VAN BIERVLIET et al. 2006, FÜRST 2006) und andererseits nicht selten auch klinisch unauffällige Pferde hier Befunde aufweisen, wurden die speziellen Untersuchungen auf diesen Abschnitt der Halswirbelsäule konzentriert.

Einige Autoren fanden sogar bei 50% der adulten, klinisch unauffälligen Pferde im Bereich der caudalen Facettengelenke röntgenologische Abweichungen von dem

„Idealbild“ der Halswirbelsäule. (WHITWELL u. DYSON 1987, MAYHEW et al. 1989, VAN BIERVLIET et al. 2006). Auch in der vorliegenden Arbeit wurden bei einigen Pferden ohne klinische Auffälligkeiten bzw. ohne Rittigkeitsprobleme dezente Abweichungen von der „idealen“ röntgenologischen Darstellung von Kontur und Struktur (s. Abbildung 3 u. 9) der caudalen Halswirbelsäule gefunden.

Ohne klinische Symptome sind diese jedoch als Zufallsbefunde zu werten und stellen lediglich einen Hinweis auf die „Historie“ eines Individuums zum Zeitpunkt der röntgenologischen Untersuchung dar (BUTLER 2000).

Auch einige der klinisch auffälligen bzw. schlecht rittigen Pferde zeigten keine röntgenologischen Veränderungen der Halswirbel. Die ausgeprägten klinischen

Symptome dieser Pferde scheinen daher primär auf Veränderungen des Weichteilgewebes zu beruhen.

In den Standardaufnahmen war das Foramen intervertebrale bei den klinisch auffälligen bzw. schlecht rittigen Pferden dieser Studie signifikant häufiger zwischen dem sechsten und siebten Halswirbel (zu 50 %) als zwischen dem fünften und sechsten Halswirbel (zu 15 %) vollständig verschattet. Diese Verschattungen werden allerdings nicht selten unterschiedlich bzw. falsch interpretiert. Insbesondere wenn die Halswirbelsäule auf dem latero - lateralen Röntgenbild nicht orthograd abgebildet ist, können Artefakte entstehen, die je nach Abweichung von der exakten Projektion, mehr oder weniger ausgeprägte Verschattungen vortäuschen. In der vorliegenden Arbeit wurden die latero - lateralen Aufnahmen nur dann ausgewertet, wenn die Processus transversi und insbesondere die Lamina vertebralis des sechsten Halswirbels überlagerungsfrei abgebildet waren.

Gelingt eine orthograde Darstellung und bestehen dennoch Zweifel bei der Interpretation von Verschattungen im Bereich des Foramen intervertebrale, sollten die Tangentialaufnahmen zur weiteren Abklärung angefertigt werden.

Die Interpretation von radiologischen Abweichungen des „Idealbildes“ ist außerdem schwierig bzw. unmöglich, wenn die Qualität der Röntgenaufnahmen eingeschränkt ist. Trotz des Einsatzes einer leistungsstarken Röntgenanlage konnten auch in der vorliegenden Studie nicht immer qualitativ hochwertige Aufnahmen erstellt werden.

Dieses gilt insbesondere für gut bemuskelte Pferde oder Pferde mit einem sehr guten Ernährungszustand (ab 580 kg) aufgrund der Überlagerungen der knöchernen Strukturen mit ausgeprägtem Weichteilgewebe.

Außerdem zeigte sich, dass bei Pferden mit einem stark ausgebildeten Mähnenkamm oder mit einer flachen Schulter bei kurzem Hals oder einer deutlichen natürlichen Schiefe, trotz mäßiger Bemuskelung die Darstellung des sechsten und siebten Halswirbels erschwert war, da das Schulterblatt Teile des siebten Halswirbels überlagerte. Die Anfertigung qualitativ hochwertiger Bilder gelang fast immer bei Pferden mit gleichmäßiger Bemuskelung, einer etwas steilen Schulter, einem Körpergewicht von bis zu 580 kg und einer Halsbreite von bis zu 20 Zentimetern.

Auch andere Autoren stellten eine reduzierte Qualität der Röntgenaufnahmen im caudalen Halsbereich aufgrund des Umfangs des umliegenden Gewebes (RENDANO u. QUICK 1978) oder einer ausgeprägten natürlichen Schiefe (RICARDI u. DYSON 1993) fest.

In Einzelfällen war es im Rahmen der vorliegenden Arbeit notwendig, die Röntgenaufnahmen mehrfach zu wiederholen. Das betraf insbesondere die Pferde, bei denen eine eindeutige palpatorische Lokalisation der Facettengelenke zur Anfertigung der Tangentialaufnahmen aufgrund des ausgeprägten Weichteilgewebes nicht möglich war. Die Erstaufnahme diente in diesen Fällen als Probeaufnahme zur Korrektur der Ausrichtung des Zentralstrahls. Mit zunehmender Routine gelang jedoch die Darstellung der Facettengelenke meistens bereits mit der ersten Aufnahme. Das Schulterblatt diente dabei der Orientierung. Das Facettengelenk zwischen dem fünften und sechsten Halswirbel befindet sich in der Regel zehn bis zwölf Zentimeter vor dessen kranialer Grenze auf Höhe der Halswirbel und das Gelenk zwischen dem sechsten und siebten Halswirbel liegt unmittelbar vor dem Schulterblatt. Eine interindividuelle anatomische Variation der Lage der Facettengelenke, welche aus unterschiedlichen Konformationen der Halswirbelsäule resultiert (STEINBRECHT 2004), muss berücksichtigt werden. Deshalb sind die in dieser Studie angewendeten Positionen für die Röntgenanlage und -kassette Richtwerte, von denen im Einzelfall eventuell geringgradig abgewichen werden muss, um die ideale Darstellung zu erhalten. Die ideale röntgenologische Darstellung unveränderter Facettengelenke ist erreicht, wenn der Gelenkspalt nicht durch eine Doppelkontur eines der beiden Processus articulares überlagert ist, bzw.

vorliegende Doppelkonturen eindeutig den Gelenkfortsätzen zugeordnet werden können. Ist die Auflösung (Bildschärfe) der Röntgenaufnahme zu gering, können unter Umständen projektionsbedingte Verschattungen einen engen oder verschwommenen Gelenkspalt vortäuschen und somit eine Fehlinterpretation im Sinne einer Spondylarthrose nach sich ziehen. Dezente Veränderungen im Bereich des Gelenkspalts sollten daher nur auf hochwertigen Röntgenaufnahmen pathologisch- anatomischen Korrelaten zugeordnet werden.

Gelingt die Erstellung einer qualitativ hochwertigen Aufnahme der Facettengelenke mit tangentialem Strahlengang, sind die diagnostischen Möglichkeiten zur Beurteilung der gelenkbildenden Anteile der Aussagekraft der latero - lateralen Aufnahmen deutlich überlegen. Aufgrund von Überlagerungsphänomenen können auf den Standardaufnahmen weder die Gelenkflächen noch die Kontur- und Struktur der Processus articulares, insbesondere bei dezenten Veränderungen, ausreichend beurteilt werden (RANTANEN et al. 1981, PAPAGEORGES et al.

1994, DENOIX u. AUDIGIE 2005, STUDER 2005). Außerdem werden die Standardaufnahmen in der Regel nur von einer Halsseite angefertigt, weshalb die Zuordnung eventuell vorhandener Veränderungen zu den abgebildeten Wirbelstrukturen und der betroffenen Halsseite mit diesen Aufnahmen schwierig ist. Durch Anfertigung der Tangentialaufnahmen gelingt dagegen eine eindeutige Zuordnung. Auch sind auf den Übersichtsaufnahmen lediglich deutlich ausgeprägte Umfangsvermehrungen, mittel- bis hochgradig unregelmäßige Konturen bzw. veränderte Strukturen sowie deutliche Verschattungen des Foramen intervertebrale erkennbar (DYSON 2003). Mit der tangentialen Aufnahmetechnik, lassen sich im Gegensatz dazu mit Hilfe eines Tubus auch dezente knöcherne Umbauprozesse der Facettengelenke sowohl von der linken als auch von der rechten Halsseite röntgenologisch darstellen. Außerdem wurde durch Verwendung des Tubus die Streustrahlung reduziert (DOUGLAS u.

WILLIAMSON 1977, GORETZI 1987) und so eine scharfe Bildzeichnung erreicht.

Trotz der Einschränkung durch den Tubus gelang es meistens, die Gelenke zwischen dem fünften bis siebten Halswirbel lediglich mit einer tangentialen Röntgenaufnahme zu erfassen. Nur in Ausnahmefällen ist es sinnvoll, jedes Gelenk einzeln darzustellen. Dadurch wird jedoch die Strahlenbelastung von Patient und Personal erhöht.

Auf den Tangentialaufnahmen können deutliche Randexostosen, unebene Konturen der Gelenkfortsätze oder Stufenbildungen im Sinne asymmetrischer knöcherner Überhänge (MILNE et al. 1973) auch von ungeübten Betrachtern leicht erkannt und der richtigen Halsseite zugeordnet werden. Allerdings traten auch auf

den Tangentialaufnahmen dezente Befunde auf, wie z.B. eine nur undeutlich erkennbare Kontur der Gelenkfortsätze oder ein geringgradig wolkiger Gelenkspalt (zu 30% bei den klinisch unauffälligen Pferden, zu 40% bei den klinisch auffälligen Pferden), die nicht immer eindeutig als projektionsbedingt, als Formvariante oder als das Anfangsstadium einer Arthrose bestimmt werden konnten. Das bedeutet, dass, wie in anderen Bereichen des Skelettes, auch im Bereich der Halswirbelsäule die röntgenologische Untersuchung im Einzelfall lediglich ein diagnostisches Hilfsmittel darstellt und die klinische Relevanz von Befunden schließlich nur im Zusammenhang mit der klinischen, reiterlichen und anderen weiterführenden Untersuchungen beurteilt werden kann.

Aus den Befunden der Tangentialaufnahmen der klinisch auffälligen Pferde ergeben sich weitere Fragestellungen für zukünftige Untersuchungen. Es erscheint zunächst noch unklar, warum bei den schlecht rittigen Pferden der Abstand der Gelenkfortsätze beidseitig zwischen C5 und C6 lediglich caudal und zwischen C6 und C7 lediglich cranial und zwar einseitig rechts verringert war.

Eine mögliche Erklärung hierfür könnte die natürliche Schiefe der Pferde sein. Die meisten Reitpferde zeigen die „hohle Halsseite“ rechts (BÜRGER u.

ZIETSCHMANN 1939, STEINBRECHT 2004). Bei fehlendem Geraderichten im Verlauf der Ausbildung zum Reitpferd, bleiben die Gelenkflächen der Facettengelenke der rechten Halsseite enger zueinander gestellt als die der linken Seite. Möglicherweise resultiert hieraus, insbesondere im cranialen Bereich des Gelenkes zwischen C6 und C7, dauerhaft eine engere Stellung als linksseitig, die früher oder später mit Alterationen des Gelenkes zwischen C6 und C7 einhergeht und Verschattungen im Bereich des Foramen intervertebrale zwischen C6 und C7 nach sich ziehen kann. Zukünftige Untersuchungen müssen zeigen, ob derartige Engstände bzw. Asymmetrien der Gelenkspalten eventuell auch im oberen Teil der Halswirbelsäule bei schlecht rittigen Pferden vorkommen und eventuell auch dort Veränderungen der Facettengelenke und Foramina intervertebralia bedingen.

Die Flächen der Facettengelenke, die mit Hilfe der Tangentialaufnahmen errechnet wurden, waren bei den schlecht rittigen Pferden signifikant größer als bei den gut rittigen. Das bedeutet, dass auch in dieser Studie die fehlende Darstellbarkeit bzw.

die Verschattungen des Foramen intervertebrale mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Umfangszunahme der Facettengelenke resultieren, wie andere Autoren bereits feststellten (RENDANO u. QUICK 1978, WHITWELL u. DYSON 1987), und nicht auf Artefaktbildung beruht.

Höhergradige Veränderungen der caudalen Facettengelenke können neben einer gestörten Mobilität der Halswirbelsäule und Rittigkeitsproblemen auch eine Kompression des Halsmarkes verursachen (RANTANEN et al. 1981), die sich z.B.

mit Hilfe der Myelographie feststellen lässt. Eine Kompression wird myelographisch bei einer Einengung der Kontrastmittelsäule um mindestens 50%

sowohl von dorsal als auch von ventral diagnostiziert (VAN BIERVLIET et al. 2000) Da die Myelographie nur in Allgemeinanästhesie durchgeführt werden kann und insgesamt eine invasive Diagnostik darstellt, wurde bereits vor einigen Jahren versucht, eine Rückenmarkskompression aufgrund zervikaler Malformationen mit Hilfe von Messungen an verschiedenen Lokalisationen der Wirbel und des Rückenmarkkanals zu erkennen. Dazu wurden bis jetzt lediglich für einige Pferderassen, nicht jedoch für die im deutschsprachigen Raum vorwiegend als Reitpferde genutzten Warmblutrassen Referenzwerte erstellt (MAYHEW et al.

1993, MOORE et al. 1994, HUDSON u. MAYHEW 2005).

In der vorliegenden Studie wurden daher zunächst Messungen bei klinisch unauffälligen bzw. rittigen Warmblutpferden durchgeführt. Bei dem Vergleich der Ergebnisse mit den Werten der englischsprachigen Literatur für andere Pferderassen (z.B. Quarterhorses, Vollblüter) (MAYHEW et al. 1993, MOORE et al. 1994, HUDSON u. MAYHEW 2005) stellte sich heraus, dass sich die hier erhobenen relativen Messwerte, bis auf ein deutlich größeres intravertebrales Verhältnis im Bereich des zweiten Halswirbels, nicht von denen der bisher untersuchten Rassen unterschieden und dass außerdem die Minimalwerte des intravertebralen Verhältnisses bei klinisch auffälligen Pferden tendenziell unterhalb der 50 %- Grenze lagen. Das ist bedeutsam, da von einigen Autoren (MAYHEW u.

GREEN 2000, NOUT u. REED 2003, HUDSON u. MAYHEW 2005) ein intravertebrales Verhältnis im Bereich von C2 bis C7 unterhalb von 50 % als pathologisch gewertet wird. Pferde dieser Arbeit mit derartigen Befunden zeigten

jedoch klinisch keine Hinweise für eine spinale Ataxie, so dass bei einem intravertebralen Verhältnis unter 50% im Einzelfall ohne Berücksichtigung der klinischen Befunde nicht zwangsläufig auf eine zervikale Malformation geschlossen werden kann. Insgesamt können die Ergebnisse dieser Arbeit in Zukunft zur Beurteilung des Wirbelkanals bei Warmblutpferden mit Verdacht auf spinale Ataxie als Referenzwerte dienen.

Da Pferde mit Verdacht auf spinale Ataxie nicht geritten werden sollten, wurden circa 20 Pferde mit einer derartigen Symptomatik im Rahmen der Vorauswahl selektiert bzw. nicht in die Studie einbezogen. Deshalb liegen in dieser Studie keine Ergebnisse für Pferde mit klinischen Symptomen einer spinalen Ataxie vor.

Diese Frage kann in Nachfolgeuntersuchungen unter Anwendung der hier erarbeiteten Referenzwerte geklärt werden.

Neben den Messungen des intra- und intervertebralen Verhältnisses, die hauptsächlich der Diagnostik von zervikalen Malformationen dienen, wurden bereits Referenzwerte sowohl für unveränderte als auch arthrotisch veränderte Facettengelenke erstellt (HETT et al. 2006). Dabei wurden allerdings lediglich die latero - lateralen Aufnahmen (Übersichtsaufnahmen) berücksichtigt.

Zusätzlich zu den bisher vorliegenden Untersuchungen und der Auswertung der latero - lateralen Übersichtsaufnahmen wurden in der vorliegenden Arbeit mit Hilfe der Tangentialaufnahmen Normwerte für die Flächen der gelenkbildenden Anteile der Facettengelenke und die Längen der einzelnen Gelenkfortsätze bei einem Focus- Objektabstand von 85 Zentimetern erstellt. Hierfür konnten nur in Einzelfällen deutliche Unterschiede zwischen den gut und schlecht rittigen Pferden festgestellt werden.

Im Gegensatz zu der Annahme von NOWAK und HUSKAMP (1989), dass Tangentialaufnahmen der Halswirbelsäule nur am narkotisierten Pferd mit auswertbarer Qualität erstellt werden können, wurden in der vorliegenden Arbeit mit Hilfe der digitalen Röntgentechnik qualitativ hochwertige Röntgenaufnahmen am stehenden Pferd angefertigt, womit die Invasivität dieser Untersuchungsmethode deutlich reduziert werden konnte.

Die vorliegende Arbeit zeigt, dass die Ultrasonographie eine wertvolle Ergänzung zur radiologischen Diagnostik im Bereich der Halswirbelsäule beim Pferd ist. Mit der Ultrasonographie konnten die Knochenlinien der Processus articulares, der Gelenkspalt und die angrenzende Muskulatur diagnostisch auswertbar erfasst werden. Die sonographische Untersuchung ist jedoch aufgrund der Schallauslöschung an den von Knochen gebildeten Grenzflächen auf die Untersuchung der schallkopfnahen Gelenkteile begrenzt (DENOIX u. AUDIGIE 2005). Es hat sich allerdings gezeigt, und wurde mit dieser Arbeit bestätigt, dass mit Hilfe der Ultrasonographie der Zugang zu den Facettengelenken erkannt und somit eine ultraschallgeleitete intraartikuläre Injektion zu diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen auch an diesen Gelenken möglich wird (MATTOON et al. 2004). Da in der Praxis selten Hochleistungsgeräte für die röntgenologische Untersuchung zur Verfügung stehen, aber ein Ultraschallgerät meistens jedoch vorhanden ist, kann mit diesem zumindest eine Übersichtsuntersuchung der Facettengelenke erfolgen.

Die Aspekte des Strahlenschutzes müssen besonders berücksichtigt werden, da der Hals des Pferdes eine umfangreiche Gewebemasse darstellt und in der Röntgendiagnostik daher mit relativ hohen Strahlendosen gearbeitet werden muss.

In der Anfangsphase dieser Studie waren bei der röntgenologischen Darstellung der Facettengelenke nicht selten mehrere Aufnahmen notwendig, bis die optimale Einstellung von Röntgenanlage und -kassette sowie der Belichtungswerte gefunden wurde. Aufgrund der Durchführung am stehenden Pferd musste während der Aufnahme immer eine Person das Pferd am Kopf fixieren. Auch der Aufnahmeleiter konnte nur in seltenen Fällen während des Auslösevorgangs den Röntgenraum verlassen, da die Anordnung der Röntgenanlage zum Pferd eine ständige Überwachung erforderte. Um die Bedingungen des Strahlenschutzes zu erfüllen, sollte neben Bleischürzen, ein Schilddrüsenschutz und eine Bleibrille getragen werden. Die im Rahmen dieser Studie angefertigten Dosismessungen ergaben, auch bei Erstellung mehrerer Röntgenaufnahmen, keine Überschreitung der gesetzlich festgelegten Höchstgrenzen.

Zusammenfassend wurde mit der vorliegenden Arbeit die Prävalenz der Röntgenbefunde im Bereich der Halswirbelsäule bei klinisch unauffälligen Pferden ohne Rittigkeitsprobleme an einem für die Mehrzahl der Pferde und Reiter in Deutschland repräsentativen Untersuchungsgut erhoben. Bei den schlecht rittigen Pferden wurden deutlich häufiger und höhergradige Befunde festgestellt als bei den gut rittigen. Dennoch waren auch gut rittige Pferde nicht ohne Befunde. Die klinische Relevanz von Einzelbefunden und die Bedeutung von dezenten Befunden als Artefakt oder morphologische Abweichung vom röntgenologischen

„Idealbild“ muss allerdings im Einzelfall speziell im Rahmen einer umfassenden Diagnostik abgeklärt werden. Die Daten können insbesondere für die im deutschsprachigen Raum vorwiegend als Reitpferde eingesetzten Rassen zukünftig zur Orientierung für weitere Untersuchungen dienen und eventuell einen ersten Eindruck zur röntgenologischen üblichen Beschaffenheit (ADOLPHSEN 2003) der Halswirbelsäule des Pferdes vermitteln. Das könnte bei Rechtsstreitigkeiten im Rahmen von Reklamationen beim Pferdekauf bedeutsam sein. Zusätzlich wurde die Technik für die röntgenologische Darstellung der Halswirbelsäule der Pferde mit Hilfe der vorliegenden Arbeit standardisiert und verbessert. Somit kann sie, unter der Vorraussetzung, dass eine adäquate Ausrüstung zur Verfügung steht, in Zukunft mit deutlich vergrößertem Informationsgewinn, eventuell in Verbindung mit der sonographischen Untersuchung auch unter Praxisbedingungen durchgeführt werden.