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Unser Organismus ist „solange wir leben, von einer fast unüberschaubar großen Anzahl von Rhythmen 'durchschwungen'“ (Klasmann, o.J.).

Beruft man sich auf die Ergebnisse der Forschungen in Pflanzen- und Tierreich, wäre es naheliegend eine Synchronisation des menschlichen Organismus mit der Mondphasenperiodik zu vermuten.

9.3.1 Der Menstruationsrhythmus

Der Menstruationsrhythmus unterliegt einer Vielzahl von Schwankungen verschiedenster Funktionsgrößen, wie etwa der Basaltemperatur, der Pulsfrequenz, des Körpergewichts oder auch des subjektiven Befindens (Hildebrandt, Moser & Lehofer, 1998).

Aufgrund seiner, allgemein bekannten, durchschnittlichen Dauer von etwa 28 Tagen eignet sich der Menstruationszyklus als Untersuchungsgegenstand in Bezug auf mondphasenperiodische Abhängigkeiten. Die diesbezüglichen Studien weisen jedoch Unstimmigkeiten auf und kommen zum Teil zu widersprüchlichen Ergebnissen (Wunder, 2001).

Einige Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Zeit des Eisprungs eher in die

„dunkle Phase“ des Mondzyklus fällt, also in die zwei Wochen rund um den Neumond.

Jedoch finden andere Untersuchungen gar keinen Zusammenhang zwischen dem Menstruationszyklus und den lunaren Perioden. Endres und Schad (1997) schreiben hierzu:

Berücksichtigt man jedoch die Tendenz einer zunehmenden Internalisierung der biologischen Rhythmen im Verlaufe der Evolution, wird man eher zu der Einschätzung gelangen, daß sich der Menstruationszyklus beim Menschen nur viel weitgehender individualisiert und vom äußeren Mond emanzipiert hat als bei verwandten Gruppen“ (S.

127).

9.3.2 Die Farbempfindlichkeit der Augen

Der farbenfrohe kleine Guppy-Fisch stellt ein ideales Versuchstier bei Farbempfindlichkeitstests dar. Wird das Aquarium von der Seite beleuchtet, stellt sich der Fisch schräg, die Vorderseite vom Licht abgewandt. Der Grad dieser Schrägstellung dient als Maß für die Lichtempfindlichkeit. Diese schwankt im synodischen Mondrhythmus und ist für gelbes Licht in der Zeit vom Vollmond am größten und bei Neumond am geringsten (Endres & Schad, 1997).

Doch nicht nur beim Guppy-Fisch, auch die Farbempfindlichkeit unserer Augen unterliegt verschiedenen Schwankungen. Basierend auf den Erkenntnissen des Purkinjeschen Phänomens, welches besagt, dass die empfundene Helligkeit von Farben abhängig vom Beleuchtungszustand ist - so erscheinen uns beispielsweise in der Dämmerung blaue Blumen heller als rote (Fröhlich, 2002) - entdeckte man bereits in den 1940er Jahren, dass wir bei Vollmond die Farbe Rot intensiver wahrnehmen als die Farbe blau (Endres & Schad, 1997).

9.3.3 Der Schlaf-Wach-Rhythmus

Spätestens in den 1970er Jahren war das Vorhandensein einer „Inneren Uhr“

durch die „Bunker-Experimente“ in Andechs bewiesen und die Vermutung, dass unser Schlaf-Wach-Rhythmus ausschließlich durch den Wechsel von Tag und Nacht beziehungsweise hell und dunkel bestimmt ist, widerlegt. So zeigte sich, dass auch wenn alle äußeren Zeitgeber ausgeschaltet sind, eine zirkadiane Rhythmik erhalten bleibt.

Weiters fand man heraus, dass der Lebensrhythmus der Probanden, die von der Umwelt gänzlich abgeschirmt waren, nicht genau dem des allgemein gültigen 24-Stunden-Rhythmus von Tag und Nacht entspricht. Vielmehr stellte sich ein 24-Stunden-Rhythmus von etwa 25 Stunden ein (Röschke & Mann, 1998; Zerbst, 2005).

Zum selben Ergebnis kam man, als sich 1977 ein junger Mann in die Behandlung kalifornischer Ärzte begab, der im Abstand von zwei bis drei Wochen regelmäßig an nächtlicher Schlaflosigkeit und übermäßiger Tagesmüdigkeit litt. Als man ihn vier Wochen lang ganz nach seinem eigenen Bedürfnis schlafen und wachen ließ, stellte sich heraus, dass sein Verlangen einzuschlafen ziemlich genau mit dem Niedrigwasser an der kalifornischen Küste übereinstimmte. Auch bei diesem jungen Mann waren die äußeren

Einflüsse von hell und dunkel ausgeschalten, denn er war von seiner Geburt an blind (Endres & Schad, 1998).

„Der Tagesrhythmus zeigt also unter freilaufenden Bedingungen eine circadiane Periodik, die dem Mondtag entspricht“ (Endres & Schad, 1998, S. 120ff).

9.3.4 Harnsäureausscheidung

Nach dem Berliner Mediziner Dr. Hilmar Heckert gehören die aus dem Jahre 1843 stammenden „Untersuchungen über periodische Vorgänge im gesunden und kranken Organismus des Menschen“ von Schweig zu „den ersten im Sinne der modernen Forschung unzweifelhaft ernsten Arbeiten über die Wirkung des Mondlaufes.“ In seinen

„liebevollen Analysen“ zur Harnsäureausscheidungsrhythmik zeigen sich erste Zusammenhänge mit der Mondperiodik (Heckert, 1961, S. 20).

In darauffolgenden Untersuchungen wurde versucht die mögliche Störvariable, nämlich die Abhängigkeit der Harnsäureausscheidung von endogenen (Zellstoffwechsel) und exogenen (Nahrungsaufnahme) Aspekten, zu eliminieren. Jores (1937) und Pentz (1952) analysierten die Daten von vorwiegend durch Standardkost sondenernährten Patienten. All diese Beobachtungen stimmten weitgehend überein. Zu Voll- und zu Neumond sinkt die Harnsäureausscheidung und zeigt ihre tiefsten Werte rund um den vierten Tag nach Neumond (Endres & Schad, 1998; Heckert, 1961).

„Zusammenfassend muß anerkannt werden, daß ein lunarer Rhythmus in der Harnsäureausscheidung ziemlich wahrscheinlich ist“ (Heckert, 1961, S. 25).

Auch Edgar Wunder, Gründungsmitglied der Gesellschaft für Anomalistik, bemerkt in seiner „Kommentierten Literaturliste 'Mondeinflüsse' “ (2001), dass in diesem Bereich klarer Forschungsbedarf besteht: „Leider wurden dazu in den letzten Jahrzehnten keine neueren Untersuchungen mehr vorgenommen, so dass bis auf weiteres offen bleiben muss, ob es sich hier um reale Zusammenhänge oder möglicherweise doch um Artefakte handelt“ (S.2).

10 MONDEINFLÜSSE AUF DEN MENSCHEN

10.1 DIE THEORIE DER „BIOLOGICAL TIDES“

„Wenn der Mond die Kraft hat Ozeane zu bewegen, dann hat er bestimmt auch Einfluss auf den Menschen“.

Dieser oder vergleichbaren Aussagen wird man im Gespräch mit „Mondgläubigen“

immer wieder begegnen und ganz ähnlich dachte wohl auch der amerikanische Psychiater Arnold L. Lieber, als er seine Theorie der „Biological Tides“ aufstellte. Denn er beruft sich dabei auf eine Analogie des menschlichen Organismus mit den Elementen der Erdoberfläche. „Da der Körper zu 80 Prozent aus Wasser und zu 20 Prozent aus 'Land' besteht, darf man annehmen, daß die Schwerkraft ebenso unmittelbar auf die Wassermasse des Körpers wirkt wie auf die Wassermassen des Planeten“ (Lieber, 1996/1997, S. 157).

Liebers Theorie basiert auf der Annahme, dass der Mond in seiner Laufbahn immer wieder den erdgerichteten Strom der elektromagnetischen Sonnenstrahlung durchschneidet und dadurch ständige Variationen des Erdmagnetfeldes hervorruft, sogenannte „Magnetische Gezeiten“. Unsere Sensibilität auf elektromagnetische Einflüsse untermauert Lieber (1996/1997) unter anderem mit dem „Piccardi-Effekt“. Der italienische Chemiker Giorgio Piccardi stellte in den 1940er Jahren fest, dass die chemischen Reaktionen im Wasser in Abhängigkeit zu kosmischen Faktoren, wie zum Beispiel der Sonnenaktivität oder den Mondphasen, stehen (Lieber, 1996/1997;

Niehenke, 2000).

Doch diese Theorie bezieht sich nicht nur auf Einflüsse im Flüssigkeitshaushalt des Körpers. Analog zur Wirkung der Gezeiten auf den festen Erdboden (der Tidenhub beträgt bei Neu- oder Vollmond bis zu 50 Zentimeter, Keller, 2008) vermutet Lieber (1996/1997) das Nervensystem als „Land“-Teil des Körpers. Er beruft sich dabei auf die Befunde des Mediziners und Spezialisten für Elektrotherapie Robert Becker, der postulierte, dass Störungen im elektromagnetischen Feld über Verstärkerknoten aufgenommen werden und die Leiteigenschaft des Nervs verändern können.

Zusammenfassend geht Lieber (1996/1997) davon aus, dass der menschliche

genauso wie das Wasser, die Erdkruste und die Magnetfelder auf unserem Planeten mit den Gezeiten „ebben“ und „fluten“. Dadurch können sich Auswirkungen sowohl im körperlichen als auch im emotionalen Bereich ergeben.

So schlüssig und nahe liegend diese Theorie anfänglich auch erscheinen mag, so wird uns doch schon durch das Fehlen der Gezeiten bei kleineren Gewässern verständlich, dass die Masse an Wasser, die wir in unserem Körper haben, viel zu gering ist, um den Gravitationskräften des Mondes in derselben Art und Weise, wie es bei den Gezeiten der Fall ist, zu unterliegen. „Lunar pull is no more than the weight of a flea (Abell, 1979) or a drop of sweat (Winkless & Browning, 1975)“ (Rotton & Kelly, 1985, S.

289).

Eine begriffliche Analogie bezüglich des Geschehens von Ebbe und Flut im Körper findet sich übrigens in der Literatur über osteopathische Medizin. Der Begründer der craniosacralen Osteopathie W.G. Sutherland prägte den Begriff „Gezeitenbewegung (Tide)“ als Bezeichnung des kranialen rhythmischen Impulses, einer Art „Pulsation“, bei der extrazelluläre Flüssigkeit rhythmisch alle Zellen des Körpers umspült (Speece, Crow &

Simmons, 2001/2003).