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Merkmale der Tatbegehung

Im Dokument DA-Asyl Stand 21.02.2019 (Seite 95-101)

Ausschlusstatbestände

II. Übersicht über die verschiedenen Ausschlusstatbestände

10.2.4 Merkmale der Tatbegehung

Bei den unter Punkt 10.2.3 aufgeführten Delikten müssen folgende Merkmale der Tatbegehung erfüllt sein:

- mit Gewalt

Gewalt ist nach herrschender Meinung körperlich wirkender Zwang durch die Entfaltung von Kraft oder durch sonstige physische Einwirkung, die nach ihrer Intensität und Wirkungsweise dazu geeignet ist, die freie Willensentschließung oder Willensbetätigung eines anderen zu beeinträchtigen (vgl. Fischer, § 240 StGB Rn. 8 ff.).

- unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben

Eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen, also durch schlüssiges Verhalten oder mit unbestimmten Andeutungen in versteckter Weise, die ein Übel für das Opfer erkennbar ankündigen (vgl. BGH, U.v. 04.12.2015, - 1 StR 444/14).

- mit List

List beschreibt ein Verhalten, mit dem der Täter darauf abzielt, unter geflissentlichem und geschicktem Verbergen der wahren Absicht oder der zu deren Realisierung dienenden Mittel seine Ziele durchzusetzen (vgl. Münchner Kommentar, 1. Aufl. 2003, § 234 StGB Rn.31)

Ob diese Tatbegehungsmerkmale vorliegen, ist in der Regel dem maßgeblichen Strafurteil zu entnehmen.

10.2.5 Wiederholungsgefahr

Auch für die Anwendung dieses Ausschlusstatbestandes ist eine konkrete Wiederholungsgefahr gefordert (vgl. Ausführungen zu § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt.2 AufenthG).

10.2.6 Ermessen

Gemäß § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG ist für das Vorliegen des Ausschlussgrundes die Vornahme einer Ermessensentscheidung („kann“) erforderlich (vgl. BT-Drs.18/7537, Seite 9).

Für die Ausübung des Ermessens ist das Bleibeinteresse des Straftäters dem öffentlichen Interesse an der Gefahrenabwehr gegenüber zu stellen und abzuwägen.

Bei dieser Interessenabwägung sind die begünstigenden Aspekte (wie beispielsweise Aufenthaltsdauer, evtl. bereits verfestigter Aufenthaltsstatus, Erwerbstätigkeit, familiäre und sonstige Bindungen an Personen mit legalem Aufenthalt in Deutschland oder gesicherte Wohnsituation) den die Sicherheit gefährdenden Aspekten (wie etwa Gefahr für die Allgemeinheit, Wiederholungsgefahr, Modalitäten der Tatbegehung, bedrohte subjektive Rechtsgüter, Grad der Integration, fehlende familiäre und sonstige Bindungen in Deutschland) gegenüber zu stellen.

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass neben der Feststellung der Wiederholungsgefahr zusätzlich und gesondert auch das Ermessen zur Anwendung des Tatbestandes geprüft wird, mithin deutlich wird, dass das Bundesamt seinen Ermessensspielraum sowohl erkannt hat, als auch das Ermessen mittels sach- und zweckgerechter Erwägungen ausgeübt hat.

Zeichnet sich zum Zeitpunkt der Anhörung das Vorliegen von Ausschlussgründen nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG bereits ab, ist dem Ausländer bei der Anhörung insoweit rechtliches Gehör zu gewähren und ihm Gelegenheit zu geben, Gründe, die sein Bleibeinteresse untermauern könnten, darzulegen.

Sind mögliche Ausschlussgründe erst nach der Anhörung bekannt geworden, ist dem Ausländer rechtliches Gehör durch ein entsprechendes Anschreiben unter Fristsetzung zu gewähren, um die pflichtgemäße Ermessensausübung durch das Bundesamt zu ermöglichen (Dokumentennummer D1747 für das Anschrieben an den Antragsteller/die Antragstellerin und D1748 für das Anschreiben an den/die Verfahrensvertreter/in).

11. § 72 Abs. 2 iVm § 25 Abs. 3 AufenthG

Nach § 72 Abs. 2 AufenthG haben die Ausländerbehörden im Rahmen der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen gem. § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG das Bundesamt (vorab) zu beteiligen, wenn Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausschlusstatbestandes nach § 25 Abs. 3 Satz 3 Nummer 1 bis 4 AufenthG gegeben sind.

Wegen der besonderen Sachkunde über die ausschlussrelevanten Tatbestände hat das Bundesamt eine Stellungnahme abzugeben (Dokumentennummer D1749). Dabei handelt es sich um eine verwaltungsinterne Stellungnahme, die nicht selbstständig angefochten werden kann.

Die Ausländerbehörden sind nicht an das Votum des Bundesamtes gebunden.

Die Gründe, die nach § 25 Abs. 3 Satz 3 AufenthG die Erteilung eines Aufenthaltstitels ausschließen, entsprechen den in Art. 17 Abs. 1 RL 2011/95/EU inhaltsgleich geregelten Tatbeständen, die europarechtlich eine Gewährung subsidiären Schutzes ausschließen und ihrerseits der Sache nach den Ausschlusstatbeständen des § 4 Abs. 2 Satz 1 AsylG entsprechen. Dass Art. 17 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU eine „schwere Straftat“ verlangt, wohingegen § 25 Abs. 3 Satz 3 AufenthG eine „Straftat von erheblichen Bedeutung“ voraussetzt, bewirkt lediglich eine redaktionelle Abweichung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.03.2015 – 1 C 16.14 u.H.a. VGH München, Urteil vom 15.06.2011 – 19 B 10.2539).

Siehe im Übrigen DA-Asyl „Anfragen der Ausländerbehörden nach § 72 Abs. 2 AufenthG“.

Dienstanweisung Asylverfahren

Befangenheitsanträge

Über Befangenheitsanträge gegen Entscheider entscheiden die Referatsleiter. Wi-dersprüche gegen diese Entscheidungen sind dem nächsthöheren zuständigen Vorgesetzten vorzulegen.

Dienstanweisung Asylverfahren

Belehrungen

Im Rahmen eines Asylgesuches bzw. einer Asylantragstellung ist der Ausländer schriftlich gegen Empfangsbekenntnis über seine Mitwirkungspflichten und die Folgen der Nichtbeachtung zu belehren. Die Belehrungen erfolgen – je nach Art der Belehrung – entweder bei der Stelle, bei der er sich erstmals als Asylsuchender meldet (Grenzbehörde, Ausländerbehörde, Polizei oder Aufnahmeeinrichtung) oder dort, wo er einen wirksamen Asylantrag stellt (Außenstelle des Bundesamtes).

Ausführliche Erläuterungen zu Inhalt und Aushändigung der verschiedenen Belehrungen finden sich in der DA-AVS/Belehrungen.

Dienstanweisung Asylverfahren

Bescheid

„Grundsatzreferat Asyl“ = Referat 61A „Grundlagen des Asylverfahrens, Gemeinsames europäisches Asylsystem“

Vorbemerkung:

Die Vorgaben des Kapitels „Qualitätssicherung“ sind zu beachten!

Diese Dienstanweisung wird ergänzt durch das

Handbuch für Einzelentscheider, Teil II, Qualitätsstandards „Bescheid“.

Zur Hilfe bei der Zuordnung der einzelnen Schutzarten siehe:

Prüfschema Internationaler Schutz, Asylrecht und Abschiebungsverbote.

1. Sachverhaltsdarstellung

Grundlage für eine rechtlich einwandfreie Entscheidung ist der vollständig erfasste und sachgerecht ausgewertete Vortrag des Antragstellers. Die Darstellung der wesentlichen Punkte des Sachverhaltes im Bescheid bietet unter anderem Gewähr dafür, dass die Entscheider das wesentliche Vorbringen des Antragstellers berücksichtigt haben. Darüber hinaus wird die Begründung des Bescheides für Antragsteller und Gericht nachvollziehbar (s.a. § 77 Abs. 2 AsylG).

Sachverhalte, auf die in den Entscheidungsgründen eingegangen wird (z.B. Widersprüche, Haftbefehl, Freilassungsbescheinigung etc.), müssen in der Darstellung des Sachverhaltes erkennbar sein bzw. herausgearbeitet werden. Durchführung und Ergebnis einer Beweisaufnahme (z.B. Inhalt von Zeugenaussagen oder beigezogener Akten) sind ebenfalls darzustellen.

2. Entscheidungsgründe

Im Anschluss an die Sachverhaltsdarstellung sind alle entscheidungsrelevanten Erkenntnisse in einer individuellen Begründung einzelfallbezogen zu würdigen. Dabei hat die Argumentation so ausführlich zu erfolgen, dass alle die Entscheidung tragenden Elemente nachvollziehbar erläutert werden (s.a. DA-Asyl „Rechtliches Gehör“).

Sachverhalte und Umstände, die weder vorgetragen wurden noch für die Entscheidung relevant sind, bedürfen allerdings keiner Würdigung. So wie z.B. Ausführungen zur Wehrdienstentziehung nur dann erfolgen, wenn ein entsprechender Sachvortrag vorliegt,

so muss etwa auch bei Darstellung der allgemeinen politischen Lage im Herkunftsstaat darauf geachtet werden, dass nur zum konkreten Fall passende und für diesen relevante Ausführungen erfolgen. Auch eine Schilderung des Verfolgungsrisikos bestimmter Risikogruppen erübrigt sich, wenn der Antragsteller keinen diesbzgl. Vortrag macht hat und auch nicht zu dieser Gruppe gehört. Bei einem Sachvortrag, der für die Entscheidung nicht relevant ist, muss allerdings dargelegt werden, warum diese Umstände nicht zu berücksichtigen sind.

Individuelle Ausführungen sind – soweit sie unter Bezug auf Quellen erfolgen - mit eindeutigen Quellenangaben zu versehen. Von einer Zitierung anderer Verfahren, die den Antragsteller nicht betreffen („Parallel- oder Musterfälle“) ist abzusehen.

Positive Entscheidungen zu Art. 16a Abs. 1 GG, zum Flüchtlingsschutz und zum subsidiären Schutz sind nicht individuell im Bescheid zu begründen. In den Sachverhalt ist nur der wesentliche Verfahrensablauf aufzunehmen. In jedem dieser Fälle ist jedoch ein Aktenvermerk mit dem entscheidungserheblichen Sachverhalt und den tragenden Gründen zur positiven Entscheidung zu erstellen.

Bei Schutzgewährung für Familienangehörige nach § 26 AsylG ist im Bescheid darzulegen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.

3. Tenorierung

Die Tenorierungen des Texthandbuchs (Allgemeiner Teil) sind verbindlich. Sofern Tenorierungen notwendig werden, die im Texthandbuch noch nicht vorgegeben sind, müssen diese mit dem Grundsatzreferat Asyl abgestimmt werden.

Im Dokument DA-Asyl Stand 21.02.2019 (Seite 95-101)