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2.1 Anatomie und Physiologie der Harn- und Geschlechtsorgane

2.1.2 Meerschweinchen

a) Nieren

Das Meerschweinchen hat zwei glatte, ungefurchte, einwarzige Nieren (HOFFMANN 1961, COOPER u. SCHILLER 1975, WOERLE u. WOLF 1977). Sie liegen beider-seits der Medianen an der hinteren Bauchwand (MARTIN 1923, HOFFMANN 1961, JUNG 1962) im Bereich der Lendenwirbelsäule (WOERLE u. WOLF 1977, HAMEL 2000). Die rechte Niere liegt unter dem Rippenbogen und berührt kranial das Zwerchfell (HOFFMANN 1961, WOERLE u. WOLF 1977, ISENBÜGEL u. FRANK 1985) bzw. liegt direkt in die Leber eingebettet (COOPER u. SCHILLER 1975). Die linke Niere befindet sich dagegen fast vollständig kaudal des Rippenbogens (HOFF-MANN 1961, BREAZILE u. BROWN 1976). Laut COOPER und SCHILLER (1975) sowie HAMEL (2000) reicht die rechte Niere vom zwölften Interkostalraum bis zum Kranialrand des dritten Lendenwirbels, die linke Niere dagegen liegt in einem Bereich zwischen der 13. Rippe und dem Kaudalrand des vierten Lendenwirbels.

Während die rechte Niere rundlich-bohnenförmig ist, hat die linke Niere eine mehr rundlich-dreieckige Form (MARTIN 1923, HOFFMANN 1961, COOPER u. SCHIL-LER 1975, WOERLE u. WOLF 1977, ISENBÜGEL u. FRANK 1985). Nach MARTIN (1923), COOPER und SCHILLER (1975) sowie WOERLE und WOLF (1977) sind die Nieren 18-21 mm lang und haben einen Durchmesser von 12-14 mm, wobei ten-denziell die linke Niere etwas kürzer und dicker ist als die rechte. Die Rinde hat eine Dicke von knapp 3 mm (WOERLE u. WOLF 1977), das Nierenbecken ist sehr weit (COOPER u. SCHILLER 1975, BREAZILE u. BROWN 1976, HILLYER 1994).

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b) Ureteren

Die Harnleiter entspringen aus dem jeweiligen Nierenhilus, beschreiben einen leich-ten Bogen nach lateral und ziehen medial beckenwärts (HOFFMANN 1961, JUNG 1962, COOPER u. SCHILLER 1975). Sie sind ca. 80 mm lang, haben einen Durch-messer von 1-2 mm und sind starkwandig (MARTIN 1923, COOPER u. SCHILLER 1975, WOERLE u. WOLF 1977). Die Ureteren münden eng nebeneinander dorsal in die Harnblase (MARTIN 1923, HOFFMANN 1961, JUNG 1962, COOPER u. SCHIL-LER 1975, WOERLE u. WOLF 1977, HAMEL 2000).

c) Harnblase

Die Harnblase ist je nach Füllungszustand erbsen- bis kirschgroß (HOFFMANN 1961, JUNG 1962, HAMEL 2000). BREAZILE und BROWN (1976) dagegen be-schreiben die Blase als relativ groß, dreieckig und sackähnlich mit dünner Wand. Die Größe und die Dünnwandigkeit werden von MARTIN (1923), RANDERATH und HIERONYMI (1958), COOPER und SCHILLER (1975) sowie WOERLE und WOLF (1977) bestätigt, RANDERATH und HIERONYMI (1958) und COOPER und SCHIL-LER (1975) sprechen jedoch eher von einer Birnenform. Der kaudale Blasenpol geht in die Harnröhre über (BREAZILE u. BROWN 1976, WOERLE u. WOLF 1977). Der Urin ist dick, trüb und wolkig weiß bis gelb; er enthält viele Kristalle (MARTIN 1923, WILLIAMS 1976, HILLYER 1994, RICHARDSON 2000a).

d) Urethra

Die Harnröhre des weiblichen Tieres ist ca. 2 cm lang, der Durchmesser beträgt ca.

2-3 mm (COOPER u. SCHILLER 1975).

e) Ovarien

Die Eierstöcke liegen unmittelbar kaudal der Nieren. Sie sind oval und haben durch die Follikel ein höckriges Aussehen (PREISSECKER 1958, HOFFMANN 1961, JUNG 1962, WOERLE u. WOLF 1977, HAMEL 2000). COOPER und SCHILLER

Ovar dagegen kraniolateral der linken Niere. Die Ovarien sind ca. 3-5 mm lang (PREISSECKER 1958, JUNG 1962, JANIAK 1971, COOPER u. SCHILLER 1975, WOERLE u. WOLF 1977, HAMEL 2000) und laut COOPER und SCHILLER (1975) und WOERLE und WOLF (1977) 2-4 mm breit. BREAZILE und BROWN (1976) geben dagegen eine Länge von ca. 6-8 mm und einen Durchmesser von 4-5 mm an.

f) Uterus

Während HAFEZ (1970) und NALBANDOV (1976) den Uterus als Uterus duplex be-zeichnen, wird er von ELLENBERGER und BAUM (1943), WOERLE und WOLF (1977), CALISLAR (1985), KOCH und BERG (1990) und NACHTIGALL (1995) als Uterus bipartitus charakterisiert. MARTIN (1923), JUNG (1962), COOPER und SCHILLER (1975) und QUESENBERRY (1994) sprechen von einem Uterus bicornis unicollis. Bei allen Autoren besteht jedoch Einigkeit darüber, daß es sich um zwei getrennte Uterushörner handelt mit nur einer einheitlichen Zervix, die in die Scheide mündet.

JANIAK (1971) gibt die Gesamtlänge des Uterus mit ca. 10 cm an und den Durch-messer mit 6 mm. Nach PREISSECKER (1958), JUNG (1962), COOPER und SCHILLER (1975), CALISLAR (1985), NACHTIGALL (1995) und HAMEL (2000) sind die Uterushörner ca. 4-5 cm lang, verlaufen aber auf dem letzten Zentimeter bereits unpaar und sind nur durch ein Septum getrennt. BREAZILE und BROWN (1976) und HILLYER (1994) geben für den Uteruskörper eine Länge von 12 mm und einen Durchmesser von 10 mm, der nach kaudal zunimmt, an. BREAZILE und BROWN (1976) beschreiben auch die bindegewebige Verbindung zwischen den Hörnern, wodurch der Uteruskörper eine Länge von 45 mm zu haben scheint. Die Zervix wird von ihnen mit einer Länge von 25 mm, einem kranialen Durchmesser von 14 mm sowie einem kaudalen Durchmesser von 5 mm beschrieben. NACHTIGALL (1995) gibt sowohl für den Uteruskörper als auch für die Zervix eine durchschnittliche Länge von ca.15 mm an. Nach ihren Untersuchungen ist der Körper noch durch ein Septum getrennt. Dies wird von COOPER und SCHILLER (1975) sowie WOERLE und WOLF (1977) ebenfalls beschrieben, wobei die Corpuslänge mit 20 mm und der

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Durchmesser mit 6 mm angegeben wird. Bei PREISSECKER (1958) wird sowohl für den Uteruskörper als auch für die Zervix eine Länge von 4-5 mm genannt. Der Durchmesser der Hörner wird von COOPER und SCHILLER (1975) und WOERLE und WOLF (1977) mit etwa 4-5 mm beziffert. Die Hörner verjüngen sich nach kranial sehr stark (PREISSECKER 1958, JUNG 1962) und verlaufen ohne jede Windung oder Drehung nach kranial (HOFFMANN 1961, WOERLE u. WOLF 1977). COOPER und SCHILLER (1975) sowie WOERLE und WOLF (1977) schildern die Hörner als dorsoventral etwas abgeflacht.

g) Physiologie des Harn- und Geschlechtsapparates

Die beim Kaninchen dargestellten Besonderheiten des Kalziumstoffwechsels (vgl.

Kapitel 2.1.1) treffen auch auf das Meerschweinchen zu (BRANDT 1972, MEYER et al. 1996, EWRINGMANN u. BELZNER 1999, THIELE u. FEHR 1999, RAPPOLD 2001).

Der Meerschweinchenurin ist normalerweise etwas zähflüssiger und hat ein schlieri-ges, weißliches bis gelbes Aussehen. Auch er kann durch Futterpigmente verfärbt sein und enthält viele Kristalle, da der Harn-pH-Wert, genau wie beim Kaninchen, im alkalischen Bereich liegt und Kalziumoxalat und -carbonat ausfällt (WILLIAMS 1976, HILLYER et al. 1997, EWRINGMANN u. BELZNER 1999, RICHARDSON 2000a).

Meerschweinchen sind polyöstrisch mit einem Zyklus von 15–19 Tagen. Im Gegen-satz zum Kaninchen haben sie eine spontane Ovulation (FARRIS 1950, LANE-PET-TER u. PORLANE-PET-TER 1963, ASDELL 1964, COOPER u. SCHILLER 1975, MANNING et al. 1984, NACHTIGALL 1995, HILLYER et al. 1997, NORTH 1999, RICHARDSON 2000a).

GRABOWSKY (1970) untersucht das Vaginalsekret und die morphologischen Ver-änderungen am Ovar im Verlauf der Ovulation. Beim Übergang zwischen Proöstrus und Östrus wird das Vaginalsekret zunehmend muköser, mikroskopisch nehmen die

zierung der Zellzahl auf. Mit Beginn des Östrus hat der Follikel seine maximale Größe erreicht. Ca. 30 Minuten prae ovulationem ist das Stigma vollständig ausge-bildet, im Vaginalsekret zeigt sich eine Abnahme des mukösen Schleimes, die Leu-kozyten sind auffällig reduziert und verhornte Epithelzellen herrschen vor. Zum Zeit-punkt der Ovulation fehlt Mukus völlig (clearing), es gibt große, polygonale, ver-hornte, kernlose Epithelzellen in isolierter Lage und keine Leukozyten mehr. Am Ovar sind zunächst die stehengebliebenen Ränder der Follikelwand des gesprun-genen Graafschen Follikels zu erkennen, diese sinken dann kraterförmig ein und der gesprungene Follikel flacht zunehmend ab. Ca. 40 Minuten nach der Ovulation findet wieder eine Leukozyten-Einwanderung im Vaginalsekret statt.

Die Trächtigkeit dauert beim Meerschweinchen zwischen 64 und 71 Tagen (durch-schnittlich 68 Tage), eine Scheinträchtigkeit scheint nicht vorzukommen (FARRIS 1950, LANE-PETTER u. PORTER 1963, ASDELL 1964, COOPER u. SCHILLER 1975, NACHTIGALL 1995, Hamel 2000). KUNSTÝŘ et al. (1977), HILLYER et al.

(1997), NORTH (1999) und RICHARDSON (2000a) geben die Spanne der Trächtig-keitsdauer mit 58 – 75 Tagen noch größer an. Nach RICHARDSON (2000a) tritt in seltenen Fällen eine Scheinträchtigkeit von 17 Tagen auf.

h) Harnstoff- und Kreatinin-Serumnormalwerte

Die Literaturangaben zum physiologischen Harnstoff- und Kreatininwert im Serum gesunder Meerschweinchen sind in Tabelle 2 aufgeführt.

Die Normalwerte für Harnstoff im Blut von Meerschweinchen liegen zwischen 9,0 mg/dl und 31,5 mg/dl, wobei lediglich WASEL (1995) mit 31,2 mg/dl und HILLYER et al. (1997) mit 31,0 mg/dl etwas geringere Werte als oberen Referenz-wert angeben, bei den anderen Autoren liegt der Wert einheitlich bei 31,5 mg/dl.

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Tab. 2 Literaturangaben zum physiologischen Harnstoff- und wert im Serum beim Meerschweinchen (Minimum, Maximum)

Autor Harnstoff (mg/dl) Kreatinin (mg/dl)

Manning et al. (1984) 9,0 - 31,5 0,6 - 2,2

Harkness und Wagner (1989) 9,0 - 31,5 0,6 - 2,2

Quesenberry (1994) 9,0 - 31,5 0,6 - 2,2

Wasel (1995) 9,0 - 31,2 0,07 - 2,54

Hillyer et al. (1997) 9,0 - 31,0 0,6 - 2,2

North (1999) 9,0 - 31,5 0,6 - 2,2

Beim Serumkreatiningehalt gibt nur WASEL (1995) einen Referenzbereich von 0,07 mg/dl bis 2,54 mg/dl an, bei allen anderen Autoren liegt der Referenzbereich zwischen 0,6 mg/dl und 2,2 mg/dl.