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Medizinische Gutachten (MEDAS)

Im Dokument UFAS FAS (Seite 129-133)

AHV. Vollstreckungsverjährung der Durchführungskosten

IV. Medizinische Gutachten (MEDAS)

Urteil des EVG vom 4. August 1995 i. Sa. R. F.

Art. 72bi, IVV. Das «Statut der medizinischen Abklärungsstellen in der IV» des BSV garantiert die erforderliche Unabhängigkeit der MEDAS bei der Erfüllung von Gutachtensaufträgen.

A. - R. F. (geb. 1961) erlitt im Jahre 1980 während des Militärdienstes einen Autounfall, der verschiedene medizinische Behandlungen notwendig mach-te. Am 26. November 1991 meldete er sich wegen Schulter- und Rücken-schmerzen bei der IV zum Leistungsbezug an. Die 1V-Kommission klärte die erwerblichen und gesundheitlichen Verhältnisse ab, indem sie unter anderem die Aktender Militärversicherung, insbesondere die Berichte der Orthopädischen Klinik des Kantonsspitals A. vom 6. Februar 1991, des Dr.

med. B. vom 16. April 1991, des Dr. med. C. vom 20. Juli 1991 sowie des Hausarztes Dr. med. D. vom 20. November 1991 und 20. Juli 1992 beizog.

Mit Verfügung vom 19. März 1992 wies die Ausgleichskasse das Leistungs-begehren ah.

Die kantonale Rekurshehörde hiess eine gegen diese Verfügung einge-reichte Beschwerde teilweise gut und wies die Sache an die TV-Kommission zurück zur Vornahme weiterer medizinischer Abklärungen (Entscheid vom 11. März 1993).

In der Folge wurde eine Medizinische Ahklärungsstelle der IV (ME-DAS) mit der Untersuchung beauftragt, welche ihr Gutachten am 16. Sep-tember 1993 ablieferte. Mit Verfügung vom 17. Dezember 1993 lehnte die Ausgleichkasse das Leistungsbegehren erneut ab.

- Die hiegegen erhobene Beschwerde, welcher ein Bericht der Klinik E. vom 10. Juli 1993 beigelegt war, wies die kantonale Rekursinstanz mit Entscheid vom 16. Juni 1994 ah.

- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt R. F. die Aufhebung des angefochtenen Entscheids beantragen; eventualiter verlangt er die Rück-weisung der Sache an die kantonale Rekursbehörde zur Beweisergänzung und Neubeurteilung.

Die TV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbe-schwerde, das BSV verzichtet auf Vernehmlassung. Das EVG weist die Ver-waltungsgerichtsbeschwerde ab. Aus den Erwägungen:

1. Die Vorinstanz hat die massgeblichen Gesetzesbestimmungen über den Anspruch auf eine 1V-Rente (Art. 28 Abs. 1 lVG) und die dazu ergan- 120 AHI-Praxis 3/1997

gene Rechtsprechung (BGE 117V 194 Erw. 3b und 199 Erw. 3b = ZAK 1992 S. 94; BGE, 107 V 17 = ZAK 1982 S. 34) zutreffend dargelegt. Beizufügen ist, dass die Verwaltung (und im Beschwerdefall der Richter) bei der Be-messung des TV-Grades auf Unterlagen angewiesen ist, die der Arzt und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung zu stellen haben. Auf-gabe des Arztes ist es. den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stel-lung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeit der Versicherte arbeitsunfähig ist. Im weiteren sind die ärztlichen Auskünfte eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Frage, welche Arbeitslei-stungen dem Versicherten noch zugemutet werden können (BGE 114V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1 = ZAK 1980 S. 282). Für den Beweiswert eines Arztberichtes ist entscheidend, ob er für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Darlegung der medizinischen Zusammenhänge bzw. der Beurtei-lung der medizinischen Situation einleuchtet und oh die Schlussfolgerungen des Experten begründet sind (Ulrich Meyer-Blaser, Die Rechtspflege in der Sozialversicherung, BJM 1989S. 31).

2a. Die kantonale Rekursbehörde stellte in ihrem früheren Entscheid vom 11. März 1993 fest, es fehle eine gesamtmedizinische Beurteilung der Arbeitsfähigkeit. So sei nicht gekärt, ob die einzelnen Einschränkungen gesamthaft gesehen kumulative Wirkung hätten, ob sie im höchsten Wert aufgingen oder ob ein Mittelwert massgebend sei. Es sei deshalb angezeigt.

auf der Grundlage einer polydisziplinären Abklärung durch die MEDAS eine ganzheitliche medizinische Beurteilung vorzunehmen und einen ein-heitlichen Arheitsfähigkeitsgrad zu bestimmen. Die Rekursbehörde wies deshalb die Sache an die 1V-Kommission zurück zur Vornahme der erfor-derlichen medizinischen Abklärung.

Anschliessend wurde der Beschwerdeführer von den Ärzten der MEDAS eingehend untersucht (Gutachten vom 16. September 1993). Sie kamen zum Schluss, dass angesichts der geringen Unfallfolgen und der vom Psychiater festgestellten Besserung seit der letzten Begutachtung eine Arbeitsfähigkeit des Versicherten von 80% in seinem Beruf als Zimmer-mann in Übereinstimmung mit den früheren Begutachtern angenommen werden könne.

In ihrem Entscheid vom 16. Juni 1994 stellte die kantonale Rekurs-behörde auf diese Einschätzung der Arbeitsfähigkeit ab.

h. Der Beschwerdeführer kritisiert dies, weil einerseits die Beurteilung im Auftrag der Verwaltung erfolgt sei und deshalb den Anforderungen an

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ein gerichtliches Gutachten nicht genügen könne. Andererseits sei die MEDAS als Organ der kantonalen AHV/IV-Ausgleichskassen ausgestaltet und könne deshalb nicht als unabhängige Gutachterstelle betrachtet wer-den. Die Vorinstanz somit hätte den Beweiswert der MEDAS-Beurteilung wegen fehlender Unabhängigkeit der Sachverständigen verneinen müssen.

Gemäss Art. 72' IVV trifft das Bundesamt mit Spitälern oder anderen geeigneten Stellen Vereinbarungen über die Errichtung von medizinischen Abklärungsstellen, welche die zur Beurteilung von Leistungsansprüchen erforderlichen Untersuchungen vornehmen. Es regelt Organisation und Aufgaben dieser Stellen und die Kostenvergütung. Gestützt auf diese Bestimmung hat das BSV ein «Statut der medizinischen Abklärungsstellen in der IV» erlassen, welches am 1. Juni 1994 in Kraft getreten ist. Danach veranlasst das BSV die Errichtung von MEDAS (Ziff. 1.1). welche von ver-schiedenartig strukturierten Trägerschaften (z.B. Vereinen nach Art. 60 ff.

ZGB) geführt werden. Errichtung und Betrieb der MEDAS erfolgen auf vertraglicher Grundlage zwischen BSV und Trägerschaft (Ziff. 1.2). Die IV trägt die Kosten für die Einrichtung und den Betrieb der MEDAS (Ziff.

2.1). Die MEDAS führen im Auftrag der 1V-Stellen pluridisziplinäre Ab-klärungen von Versicherten durch. Diese dienen dazu, den 1V-Organen die für die Beurteilung des Anspruchs auf Leistungen erforderlichen medizini-schen Angaben zu beschaffen. Insbesondere gehören dazu Angaben über vorliegende Gesundheitsschäden und deren Auswirkungen auf die Arbeits-fähigkeit, Angaben über zumutbare Tätigkeiten, die mit dem medizinischen Befund zu vereinbaren wären, sowie über die Zumutbarkeit von Eingliede-rungsmassnahmen. Die Ergebnisse sind in Form eines Gutachtens festzu-halten (Ziff. 3.1). Hinsichtlich dieser Abklärungsaufgaben übt das BSV über die MEDAS lediglich eine Oberaufsicht aus, wobei die MEDAS in administrativer Hinsicht der Trägerschaft unterstellt ist (Ziff. 4.1). Von zen-traler Bedeutung ist Ziff. 4.2.4., wonach der Chefarzt und die Ärzte der MEDAS ihren gutachtlichen Auftrag unabhängig und in ihrem freien Ermessen erfüllen und in ihrer Meinungsbildung keinerlei Einfluss seitens der Aufsichtsorgane unterstehen (Satz 1). Der ärztliche Dienst des BSV koordiniert indessen die Tätigkeiten der MEDAS auf medizinischem Ge-biet (Satz 2). Er kann dem Chefarzt und den Ärzten der MEDAS Weisun-gen erteilen und sie zu Instruktionen und Konferenzen einladen (Satz 3).

Diese Weisungsbefugnis des BSV gegenüber Chefarzt und Ärzten der MEDAS bezieht sich lediglich auf die in Satz 2 umschriebene Koordina-tionsaufgabe des BSV, welche mit dem einzelnen Gutachtensauftrag der MEDAS nichts zu tun hat. Mit diesem Statut ist die erforderliche Unab-hängigkeit der MEDAS in der Erfüllung ihrer Gutachtensaufträge veran-

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kert und sichergestellt (Ulrich Mever-Blaser, Der Einfluss der EMRK auf das schweizerische Sozialversicherungsrecht. ZSR 1994, S. 402, Fn 76). Ins-besondere geht daraus hervor, dass die MEDAS in bezug auf die Erstellung von Gutachten weder den Durchführungsorganen noch der Aufsichtsbe-hörde in irgendeiner Art weisungspflichtig noch sonstwie untergeordnet ist, sondern auf tarifvertraglicher Grundlage medizinische Abklärungen vor-nimmt, die einzig und allein nach bestem Wissen und Gewissen der Exper-ten zu erstatExper-ten sind. Damit erweist sich die Rüge des Beschwerdeführers als unbegründet.

Weiter bringt der Beschwerdeführer gegen das Gutachten der ME-DAS vor, dieses genüge den Anforderungen an einen Arztbericht nicht, weil es nicht umfassend sei, in der Beurteilung der medizinischen Situation nicht überzeuge, zu Schlussfolgerungen führe, die nicht bewiesen seien und zudem den Bericht der Klinik E. vom 10. Juli 1993 nicht würdige.

Auch dieser Einwand ist unhehelflich. Zum einen lag der MEDAS der erwähnte Bericht der Klinik vor und wurde demnach in der Beurteilung mitherücksichtigt (vgl. S. 7 und 12 des Gutachtens). Zum andern ist das Gutachten vom 16. September 1993 entgegen der Auffassung des Be-schwerdeführers umfassend und wurde insbesondere auch unter Beizug der umfangreichen ärztlichen Vorakten erstattet. Die Schlussfolgerungen stim-men denn auch grösstenteils mit den füheren Schätzungen der Arbeits-fähigkeit (vgl. Berichte der Orthopädischen Klinik A. vom 6. Februar 1991, des Dr. med. B. vom 16. April 1991 und des Dr. med. C. vom 20. Juli 1991) überein. Die vom FlaVsarzt Dr. med. D. angegebene Arbeitsunfähigkeit von 50% (vgl. Zeugnisse vom 20. November 1991 und 20. Juli 1992) ist demge-genüber keine substantiierte Stellungnahme (BGE 105 V 158 Erw. 1 in fine

= ZAK 1980 S. 282), weshalb darauf nicht abgestellt werden kann.

Nach dem Gesagten ist daher nicht zu beanstanden, wenn die kanto-nale Rekurshehörde ihrem Entscheid das Gutachten der MEDAS vom 16.

September 1993, dessen umfassende und schlüssige Ergebnisse nicht in Zweifel zu ziehen sind, zugrunde gelegt hat und von einer Arbeitsfähigkeit von 80% ausgegangen ist.

Von einer weiteren medizinischen Expertise sind keine neuen Ergebnis-se zu erwarten, weshalb sich die beantragte Begutachtung erübrigt (BGE 115 la 101 Erw. 5b, 104V 210 Erw. a).

3. Im Zusammenhang mit dem Invaliditätsgrad hält die Vorinstanz zutreffend fest, dass der Beschwerdeführer als optimal eingegliedert zu betrachten sei. Es sei davon auszugehen. dass er bei ausgeglichenem

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Arbeitsmarkt in der Lage wäre, mit der von der MEDAS attestierten Arbeitsfähigkeit ein rentenausschliessendes Einkommen als (selbständiger oder unselbständiger) Zimmermann zu erzielen. Wenn er zurzeit als Selb-ständigerwerbender ein tiefes Einkommen erziele, so stelle dies auch eine Folge der wirtschaftlichen Situation dar, wofür jedoch die IV nicht einzu-stehen habe.

In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden diese Erwägungen zu Recht nicht beanstandet, weshalb es heim angefochtenen Entscheid sein Bewenden hat.

(141/95).

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