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Berufliche Massnahmen; Umschulung

Im Dokument UFAS FAS (Seite 84-97)

a) für verheiratete Eltern

IV. Berufliche Massnahmen; Umschulung

Urteil des EVG vom 13. November 1995 iSa. F. C.

Art. 17 IVG. Sprachkurse für fremdsprachige versicherte Personen ausländischer Herkunft bilden nur dann einen integrierenden Be-standteil der von der IV gewährten Ausbildung, wenn keine andere geeignete, einfache und zweckmässige Massnahme zur Vermittlung einer der früheren Tätigkeit annähernd gleichwertigen Erwerbs-möglichkeit in Betracht fällt als die Umschulung auf einen Beruf, für dessen Ausübung Kenntnisse in einer schweizerischen Landesspra-che erforderlich sind. Von der IV sind indessen ausschliesslich die Kosten für den Erwerb der erforderlichen und ausreichenden berufs-spezifischen Sprachkenntnisse zu übernehmen.

A. Der 1955 geborene, aus der ehemaligen Föderativen Volksrepublik Jugoslawien stammende F. C. war im Jahre 1985 in die Schweiz eingereist und arbeitete zunächst im Baugewerbe. Zuletzt war er als Hilfsarbeiter in der Firma R. beschäftigt. Er weist ein chronisches lumhovertebrogenes Schmerzsyndrom rechts bei degenerativem Wirhelsäulenleiden auf. Am 24.

März 1992 meldete er sich bei der IV zum Leistungsbezug an. Die 1V-Kom-mission holte u. a. einen Bericht des Dr. med. M. (vom 6. Mai 1992) sowie Auskünfte des letzten Arbeitgebers (Fragebogen vom 24. November 1992) ein. Ferner veranlasste sie eine Abklärung der beruflichen Eingliederungs-möglichkeiten durch die Regionalstelle, welche am 2. Juni 1993 Bericht erstattete und die Umschulung zum Verkäufer vorschlug. Da der Versicher-te nur gebrochen Deutsch spreche, sei der Besuch eines Sprachkurses an einer Handels- und Dolmetscherschule angebracht. Mit Vorhescheid vom 11. Oktober 1993 teilte die 1V-Kommission F. C. mit, dass es sich beim be-antragten Deutschkurs nicht um einen integrierenden Bestandteil einer beruflichen Massnahme handle. Dementsprechend wies die Ausgleichskas-se das Leistungsbegehren des Versicherten mit Verfügung vom 4. Novem-ber 1993 ah.

Die dagegen erhobene Beschwerde hiess die kantonale Rekurs-behörde gut und wies die Verwaltung an, die Kosten des beantragten Deutschkurses zu übernehmen (Entscheid vom 25. April 1994).

Die Ausgleichskasse führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben.

F. C. lässt Antrag auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde stellen; das BSV schliesst auf Gutheissung der Beschwerde.

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Das EVG heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit folgender Begründung teilweise gut:

la. Nach Art. 4 Abs. 1 IVG gilt als Invalidität die durch einen körperli-chen oder geistigen Gesundheitsschaden als Folge von Geburtsgebrekörperli-chen, Krankheit oder Unfall verursachte, voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbsunfähigkeit.

Gemäss Art. 8 Abs. 1 IVG haben invalide oder von einer Invalidität unmittelbar bedrohte Versicherte Anspruch auf Eingliederungsmassnah-men, soweit diese notwendig und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit wie-derherzustellen, zu verbessern, zu erhalten oder ihre Verwertung zu för-dern. Dabei ist die gesamte noch zu erwartende Arbeitsdauer zu be-rücksichtigen.

h. Laut Art. 17 Abs. 1 IVG hat der Versicherte Anspruch auf Umschu-lung auf eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die UmschuUmschu-lung infolge Invali-dität notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhal-ten oder wesentlich verbessert werden kann. Als invalid im Sinne von Art.

17 IVG gilt ein Versicherter, der wegen der Art und Schwere seines Gesund-heitsschadens - nach Eintritt desselben —in den ohne zusätzliche berufliche Ausbildung noch zumutbaren Erwerbstätigkeiten eine bleibende oder län-gere Zeit dauernde Erwerbseinbusse von etwa 20% erleidet (ZAK 1984 S. 91 mit Hinweisen).

Wie das EVG in ZAK 1982 S. 493 im Hinblick auf Art. 16 Abs. 1 IVG festgestellt hat, ist unter erstmaliger beruflicher Ausbildung eine gezielte und planmässige Förderung in beruflicher Hinsicht zu verstehen. Diese Kri-terien gelten auch im Rahmen der Umschulung nach Art. 17 IVG (nicht veröffentlichtes Urteil W. vom 7. Juni 1993,177/93).

Nach der Rechtsprechung ist unter Umschulung grundsätzlich die Sum-me der EingliederungsmassnahSum-men berufsbildender Art zu verstehen, die notwendig und geeignet sind, dem vor Eintritt der Invalidität bereits er-werbstätig gewesenen Versicherten eine seiner früheren annähernd gleich-wertige Erwerbsmöglichkeit zu vermitteln (BGE 100 V 19, 99 V 35 Erw. 2 mit Hinweisen; ZAK 1988 S.468 Erw. 2a, 1984 S.91, 1978 S.516 Erw. 2,1970 S. 550 Erw. 1).

2. Unbestritten ist, dass vorliegend die invaliditätsmässigen Vorausset-zungen für Massnahmen nach Art. 17 IVG erfüllt sind. Zu prüfen ist, ob der beantragte Deutschkurs begrifflich als Umschulungsmassnahme zu qualifi-zieren ist.

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a. Die Regionalstelle schlug in ihrem Bericht vom 2. Juni 1993 eine Umschulung zum Verkäufer vor und empfahl in einer ersten Phase den Besuch eines Deutschkurses, da der Versicherte nur gebrochen Deutsch spreche. Die Vorinstanz hat daraus geschlossen, dass dieser Kurs eine not-wendige Vorbereitungsmassnahme und damit einen unverzichtbaren Be-standteil der Umschulung zum Verkäufer bilde. Denn erfahrungsgemäss stellten Kenntnisse der hiesigen deutschen Sprache gerade bei Verkaufsbe-rufen eine wichtige Voraussetzung dar. Der beantragte Deutschkurs sei des-halb als Umschulungsmassnahme von der IV zu übernehmen.

In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird demgegenüber geltend ge-macht, Sprachkurse seien grundsätzlich nicht als Eingliederungsmassnah-men einzustufen, da es am erforderlichen KausalzusamEingliederungsmassnah-menhang mit der Invalidität fehle. Ein Deutschkurs gehe nur dann zu Lasten der IV, wenn er integrierender Bestandteil einer beruflichen Massnahme darstelle, was hier nicht der Fall sei. Der Versicherte könne auch ohne verbesserte Sprach-kenntnisse ins Erwerbsleben eingegliedert werden. Denkbar sei etwa eine Tätigkeit bei der Securitas.

h. aa) Berufliche Massnahmen der IV sind ihrem gesetzlichen Zweck nach auf die Eingliederung des Versicherten in das Erwerbsleben gerichtet (vgl.

Meyer-Blaser, Zum Verhältnismässigkeitsgrundsatz im staatlichen Leistungs-recht, Diss. Bern 1985, S. 82). Dies bedeutet jedoch nicht, dass bestimmte Vorkehren schon dann als Umschulungsmassnahmen gelten, wenn sie indi-rekt zu einer Verbesserung im erwerblichen Leben beitragen, wie dies bei einem Deutschkurs an sprachunkundige Ausländer praktisch immer der Fall ist. Umgekehrt ist ein solcher Kurs - grundsätzlich anders als etwa im Bereich der Arbeitslosenversicherung (unveröffentlichtes Urteil B. vom 8. Juli 1993, C 56/93) - dann von der IV zu übernehmen, wenn er dafür bestimmt, geeig-net und notwendig ist (vgl. Art 8. Abs / IVG), die Auswirkungen des Gesund-heitsschadens in bezug auf die Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit im Rahmen eines konkreten, gezielt auf die berufliche Ausbildung ausgerichte-ten Eingliederungsplanes zu mildern. Dabei kann entgegen den Ausführun-gen des BSV in der Vernehmlassung nicht entscheidend sein, oh der betref-fende Sprachkurs im offiziellen Ausbildungsprogramm vorgeschrieben ist.

Denn zu den notwendigen und geeigneten Eingliederungsmassnahmen berufsbildender Art zählen alle zur Eingliederung ins Erwerbsleben unmit-telbar erforderlichen (notwendigen) Vorkehren. Deren Umfang lässt sich nicht in abstrakter Weise festlegen, indem ein Minimum an Wissen und Kön-nen vorausgesetzt wird und nur diejenigen Massnahmen als berufsbildend anerkannt werden, die auf dem angenommenen Minimalstandard aufbauen.

Auszugehen ist vielmehr von den Umständen des konkreten Falles: Der Ver-

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sicherte, der infolge Invalidität zu einer Umschulung berechtigt ist, hat Anspruch auf die gesamte Ausbildung, die in seinem Fall notwendig ist, unter der Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit dadurch voraussichtlich erhal-ten oder wesentlich verbessert werden kann (unveröffentliche Urteile B. vom 25. Februar 1988,1173/87, und M. vom 5. März 1986,174/85). Je nach den im konkreten Fall gegebenen Umständen und insbesondere auch der von Person zu Person unterschiedlichen subjektiven und objektiven Eingliederungs-fähigkeit im Sinne der Rechtsprechung (vgl. ZAK 1991 S. 179 unten f.) wird sich die Frage, oh eine bestimmte Eingliederung, welche den Erwerb von Sprachkenntnissen verlangt, notwendig sei, im Lichte des Verhältnismässig-keitsgrundsatzes verschieden beurteilen. Vielfach wird eine derartige Ein-gliederung nur als Massnahme der Wahl zu alternativen EinEin-gliederungs- Eingliederungs-wegen zu betrachten sein, welche ohne Sprachbildung auskommen. In an-deren Fällen dagegen kann sich eine Umschulung, die mit dem Erwerb sprachlicher Grundkenntnisse einhergeht, geradezu als einzig mögliche oder doch als einfachste und insofern zweckmässige Vorkehr aufdrängen.

bb) Soweit Durchführungsstelle und BSV den Umschulungscharakter des fraglichen Deutschkurses unter Hinweis auf die fehlende Kausalität zwischen Sprachschwierigkeiten und Invalidität verneinen (Art. 4 Abs. 1 IVG), kann dem in dieser Form ebenfalls nicht beigepflichtet werden.

Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten von Ausländern lassen sich wie andere invaliditätsfremde Faktoren grundsätzlich nicht schlechthin vom invalidisierenden Gesundheitsschaden absondern. Diesem Gesichtspunkt trägt die Rechtsprechung im Rahmen der Invaliditätsbemessung bei gesundheitlich beeinträchtigten, nicht mehr voll einsatzfähigen Hilfsarbei-tern - wo der mit den Sprachschwierigkeiten eng verwandte Faktor der mangelnden Ausbildung zwar nicht zusätzlich berücksichtigt, bei der zweckmässigen Ausnützung der verbliebenen Arbeitsfähigkeit aber doch in Anschlag gestellt wird (BGE 107 V 21 mit Hinweisen = ZAK 1982 S. 34) - seit je mit Selbstverständlichkeit Rechnung (ZAK 1991 S.321 Erw. 3b, 1989 S. 321 f. Erw. 4a und 458 Erw. 3b; Urteil B. vom 25. Oktober 1983, U 85/82, auszugsweise wiedergegeben in Nr. 1 der Rechtsprechungsbeilage zum SUVA-Jahresbericht 1983; unveröffentlichte Urteile P. vom 19. Oktober 1988, 1265/88, und 1. vom 3. Juni 1991, 1224/90), denn die Verwertung der Arbeitsfähigkeit muss auf den gesamten für den Versicherten in Frage kom-menden ausgeglichenen Arbeitsmarkt Bezug nehmen (Art. 28 Abs. 2 IVG;

BGE 110 V 276 Erw. 4b = ZAK 1985 S. 459,109 V 29 mit Hinweis = ZAK 1983 S. 497; EVGE 1960 S. 25 Erw. 1). Bei erwerblich orientierten Einglie-derungsmassnahmen kann es sich systematischerweise (Art. 4 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 8 und Art. 15 ff. IVG) nicht anders verhalten.

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c. Vorliegend fällt auf, dass der Anspruch des Beschwerdegegners auf den streitigen Sprachkurs verneint wurde, ohne dass die Verwaltung vorab im Grundsatz über eine Umschulung zum Verkäufer oder auf eine andere Tätigkeit befunden hätte. Dies ist nicht angängig; denn ob ein solcher Kurs von der IV als Eingliederungsmassnahme zu übernehmen ist, lässt sich nach dem Gesagten nicht isoliert, sondern nur mit Blick auf einen konkreten Ein-gliederungsplan beurteilen. Die Verwaltung wird deshalb abklären, ob in Anbetracht der hier gegebenen subjektiven und objektiven Eingliederungs-fähigkeit (Gesundheitszustand, Leistungsvermögen, Fähigkeiten, Motiva-tion usw.) die Umschulung zum Verkäufer eine notwendige und geeignete Massnahme darstellt, um dem Beschwerdegegner eine seiner früheren Tätigkeit annähernd gleichwertige Erwerbsmöglichkeit zu vermitteln, oder ob eine Umschulung auf einen anderen Beruf möglich bleibt, bei dem kei-ne besseren Deutschkenntnisse erforderlich sind. Ist unter den erwähnten Voraussetzungen eine Umschulung zum Verkäufer geboten, wird die Ver-waltung zu berücksichtigen haben, dass der Beschwerdegegner im Hinblick darauf nicht die Übernahme der Kosten eines umfassenden Sprachkurses verlangen kann. Vielmehr sind seine Deutschkenntnisse zu Lasten der IV nur soweit zu fördern, als dies für die nachfolgende Umschulung zum Ver-käufer notwendig, aber auch ausreichend ist. (1139/94)

IV.

Berufliche Massnahmen; Umschulung

Urteil des EVG vom 15. Dezember 1992 i. Sa. R. H.

Art. 17 IVG. Das nach der Rechtsprechung geltende Erfordernis der

«annähernden Gleichwertigkeit» der Tätigkeiten vor Eintritt der Inva-lidität und dach Durchführung einer Umschulung bezieht sich zwar in erster Linie auf die Verdienstmöglichkeiten. Damit hinreichend ge-währleistet ist, dass sich das Erwerbseinkommen im neuen Beruf auf weitere Sicht ungefähr im gleichen Rahmen bewegen wird wie im ursprünglichen, müssen jedoch im allgemeinen auch die beiden Aus-bildungen einen einigermassen vergleichbaren Wert aufweisen. (Prä-zisierung der Rechtsprechung).

A. Der 1956 geborene R. H. leidet an Allergien, Asthma sowie an den Folgen eines Bandscheibenvorfalls, weswegen er sich zur Aufgabe seines erlernten Berufes eines Bäcker-Konditors gezwungen sah. Ah dem 4. Ja-nuar 1988 erbrachte ihm die IV verschiedene Leistungen, einschliesslich Taggeldzahlungen, im Hinblick auf die berufliche Umschulung zum techni-

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schen Kaufmann an einer privaten Handelsschule (Verfügungen der Aus-gleichskasse vom 24. November 1987 und 2. Februar 1988). Diese Leistun-gen wurden mit KassenverfügunLeistun-gen vom 11. April und 11. September 1989 ab August bzw. Mitte Juli 1989 um zwei weitere Semester verlängert. Nach-dem der Versicherte den zweijährigen Ausbildungsgang mit Diplom ab-schliessen konnte, ersuchte die IV-Regionalstelle mit Bericht vom 16. Juli 1990 um Ausrichtung weiterer Leistungen zur Ermöglichung des KV-Lehr-abschlusses. Im einzelnen handelte es sich um die Übernahme der Kurs-kosten (Fr. 4350.—) und die Ausrichtung eines Wartetaggeldes (14. Juli bis 31. August 1990) sowie eines gekürzten Taggeldes (1. September 1990 bis 31. August 1991). Nach Einholung eines zusätzlichen Berichts der Regio-nalstelle vom 21. August 1990 verfügte die Ausgleichskasse gemäss Beschluss der 1V-Kommission vom 5. September 1990 am 12. Oktober 1990 die Abweisung des Leistungsbegehrens.

Die hiegegen erhobene Beschwerde wies die kantonale Rekurs-behörde mit Entscheid vom 26. Februar 1992 ab.

R. H. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechts-begehren. in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides vom 26.

Februar 1992 und der zugrunde liegenden Kassenverfügung habe die IV die Kosten der Ausbildung zum eidgenössisch anerkannten kaufmännischen Angestellten zu übernehmen.

Während die Ausgleichskasse auf eine Stellungnahme verzichtet, schliesst das BSV auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Das EVG heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit folgender Begründung gut:

1. Gemäss Art. 17 Abs. 1 IVG hat der Versicherte Anspruch auf Um-schulung auf eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die UmUm-schulung infolge In-validität notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich er-halten oder wesentlich verbessert werden kann. Hat ein Versicherter An-spruch auf Umschulung gemäss Art. 17 IVG, so übernimmt die Versiche-rung die Kosten der Ausbildung sowie der Verpflegung und Unterkunft in der Ausbildungsstätte (Art. 6 Abs. 3 IVV). Nach der Rechtsprechung ist unter Umschulung grundsätzlich die Summe der Eingliederungsmassnah-men berufsbildender Art zu verstehen, die notwendig und geeignet sind, dem vor Eintritt der Invalidität bereits erwerbstätig gewesenen Versicher-ten eine seiner früheren annähernd gleichwertige Erwerbsmöglichkeit zu vermitteln (BGE 100V 19,99V 35 Erw. 2 mit Hinweisen; ZAK 1988 S.468 Erw. 2a, 1984 S. 91). In der Regel besteht nur Anspruch auf die dem je-weiligen Eingliederungszweck angemessenen. notwendigen Massnahmen.

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nicht aber auf die nach den gegebenen Umständen bestmöglichen Vorkeh-ren (BGE 110V 102 = ZAK 1984 S. 276 Erw. 2). Denn das Gesetz will die Eingliederung lediglich soweit sicherstellen, als diese im Einzelfall notwen-dig, aber auch genügend ist (ZAK 1988 S. 468 Erw. 2a).

Zu den notwendigen und geeigneten Eingliederungsmassnahmen be-rufsbildender Art zählen alle zur Eingliederung ins Erwerbsleben unmittel-bar erforderlichen Vorkehren. Deren Umfang lässt sich nicht in abstrakter Weise festlegen, indem ein Minimum an Wissen und Können vorausgesetzt wird und nur diejenigen Massnahmen als berufsbildend anerkannt werden, die auf dem angenommenen Minimalstand aufbauen. Auszugehen ist viel-mehr von den Umständen des konkreten Falles. Der Versicherte, der infol-ge Invalidität zu einer Umschulung berechtigt ist, hat Anspruch auf die gesamte Ausbildung, die in seinem Fall notwendig ist, damit die Erwerbs-fähigkeit voraussichtlich erhalten oder wesentlich verbessert werden kann (unveröffentlichtes Urteil M. vom 5. März 1986,1 74/85).

2. Im vorliegenden Fall ist allein die Frage streitig, ob der Beschwerde-führer Anspruch auf weitere Eingliederungsmassnahmen, namentlich auf Umschulung (Art. 17 IVG), und auf Taggeldzahlungen (Art. 22 IVG) erhe-ben kann, nachdem er entsprechende Leistungen bereits zwei Jahre lang bezogen hatte und während dieser Zeit einen Ausbildungsgang an einer pri-vaten Handelsschule abschliessen konnte. Dabei gilt es im einzelnen dar-über zu befinden, ob der erworbene Abschluss geeignet ist, dem Beschwer-deführer Erwerbsmöglichkeiten zu vermitteln, die seiner früheren als Bäcker-Konditor annähernd gleichwertig sind.

a. Das kantonale Gericht hat sich im angefochtenen Entscheid von der Rechtsprechung leiten lassen, wonach der Anspruch auf Umschulung einen dauernden invaliditätsbedingten Minderverdienst von etwa 20% voraus-setzt (ZAK 1984 S. 91 oben, 1966 S. 439 Erw. 3). Dabei hat es als ausschlag-gebend erachtet, dass der Beschwerdeführer im Jahr 1990 laut Angaben der Regionalstelle als Bäcker-Konditor Fr. 3800.— und als angelernter kaufmän-nischer Angestellter durchschnittlich Fr. 3350.— hätte verdienen können, was einer Erwerbseinbusse von rund 12% entspreche und einen Anspruch auf weitere Umschulungsmassnahmen ausschliesse.

h. Dieser Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Der Vorinstanz mag zwar darin beigepflichtet werden, dass für die Beurteilung der Gleich-wertigkeit im Sinne der eingangs dargelegten Rechtsprechung in erster Linie auf die miteinander zu vergleichenden Erwerbsmöglichkeiten im ursprüng-lichen und im neuen Beruf abzustellen ist (ZAK 1988 S. 468 mit Hinweisen).

Dabei geht es freilich nicht an. den Anspruch auf weitere Umschulungsmass-

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nahmen - gleichsam im Sinne einer Momentaufnahme - ausschliesslich vom Ergebnis eines auf den aktuellen Zeitpunkt begrenzten theoretischen Einkommensvergleichs, ohne Rücksicht auf den qualitativen Ausbildungs-stand einerseits und die damit zusammenhängende künftige Entwicklung der erwerblichen Möglichkeiten anderseits abhängen zu lassen. Insbesonde-re kann diesbezüglich auch nicht der von der RechtspInsbesonde-rechung als anspruchs-begründend bezeichnete invaliditätsbedingte Minderverdienst von rund 20% (ZAK 1984 S. 91) in abstrakter Weise dazu verwendet werden, dem Versicherten die Fortsetzung einer begonnen Umschulung oder die Zuspre-chung weiterer entsprechender Massnahmen zu versagen. Vielmehr ist im Rahmen der vorzunehmenden Prognose (BGE 110 V 102 = ZAK 1984 S.

276) unter Berücksichtigung der gesamten Umstände nicht nur der Gesichtspunkt der Verdienstmöglichkeit, sondern der für die künftige Ein-kommensentwicklung ebenfalls bedeutsame qualitative Stellenwert der angestrebten Ausbildung mit zu berücksichtigen. Denn wie das BSV mit Recht ausführt, dürfte die annähernde Gleichwertigkeit der Erwerbsmög-lichkeit in der alten und der neuen Tätigkeit auf weitere Sicht nur dann zu verwirklichen sein, wenn auch die beiden Ausbildungen einen einigermassen vergleichbaren Wert aufweisen (vgl. Meyer-Blaser, Zum Verhältnismässig-keitsgrundsatz im staatlichen Leistungsrecht am Beispiel der beruflichen Eingliederungsmassnahmen der IV, Berner Diss., 1984/85, S. 186).

c. Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer vor seiner invaliditätsbedingten Umschulung ein eidgenössisches Fähig-keitszeugnis als Bäcker-Konditor im Sinne von Art. 43 Abs. 1 BBG (Bun-desgesetz über die Berufsbildung vom 19. April 1978, SR 412.10) erlangt hat-te. Verglichen damit und nicht zuletzt in Anbetracht des Alters des 1956 geborenen Leistungsansprechers erweist sich der in der Handelsschule nach zweijähriger Ausbildungsdauer erworbene Abschluss nicht als annähernd gleichwertig im Sinne der Rechtsprechung. Denn selbst wenn der Beschwer-deführer im Anschluss daran ein Einkommen zu erzielen vermöchte, wel-ches sich gemäss Bericht der Regionalstelle vom 21. August 1990 auf fast 90% des Verdienstes eines Bäckers belaufen soll, verfügt er mit dem erwor-benen Diplom und dem dadurch verliehenen Angelerntenstatus längerfristig nicht über vergleichbare Möglichkeiten. Ganz abgesehen davon, dass die von der Vorinstanz, gestützt auf den Bericht der Regionalstelle, verwende-ten Einkommenszahlen auf Verhältnissen beruhen, wie sie während der Hochkonjunktur gegolten haben mögen, sind das berufliche Fortkommen und die damit verbundenen Erwerbsaussichten des erst 35jährigen Beschwerdeführers - wie aus dem erwähnten Bericht ebenfalls hervorgeht -

selbst bei der hier massgeblichen ausgeglichenen Arbeitsmarktlage (EVGE

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1964 S. 158) nicht in dem Masse wie bei einem Verbleib im angestammten Beruf gewährleistet. Unter diesen Umständen ist es daher angezeigt, dem Beschwerdeführer zwecks Fortsetzung seiner kaufmännischen Ausbildung an der Handelsschule, im Hinblick auf die Erlangung des eidgenössischen Fähigkeitszeugnisses die anbegehrten Eingliederungsmassnahmen (Um-schulung, Taggelder) zuzusprechen. Dieses Ergebnis liegt um so näher, als die Weiterführung der Umschulung im vorliegenden Fall nahtlos an den bereits beschrittenen zweijährigen Ausbildungsgang anschliessen kann, wo-bei sich dessen Eingliederungswirksamkeit durch den ordentlichen Ab-schluss der Ausbildung ganz erheblich steigern lässt. (1151/92)

IV.

Taggelder; Betriebszulage

Urteil des EVG vom 9. Juli 1996 i.Sa. A. F.

Art. 22, 23 und 24 IVG. Liegt bei einem Selbstandigerwerbenden während der Eingliederungszeit (z.B. Rekonvaleszenz) eine Teilar-beitsfähigkeit vor, die es ihm erlaubt, die Betriebsleiterfunktionen wahrzunehmen, besteht kein Anspruch auf die Betriebszulage zum Taggeld (Bestätigung der entsprechenden Weisung des BSV). Die Abweichung von der Bestimmung gemäss EOG ergibt sich daraus, dass wohl bei Massnahmen der IV, nicht aber während Dienstleistun-gen in der Armee oder im Zivilschutz Raum für die Erfüllung der erwähnten beruflichen Aufgaben bestehen kann.

A. A. F. (geb. 1963). selbständiger Maler, leidet an einem Keratoconus beid-seitig. Am 15. November 1989 meldete er sich bei der IV zum Leistungsbe-zug an. Die Versicherung sprach medizinische Massnahmen und Taggelder zu. Die Ausrichtung der Taggelder wurde bis längstens 31. März 1992 befri-stet (Verfügung der Ausgleichskasse vom 14. April 1992). Mit drei Taggeld-verfügungen vom 19. März 1993 setzte die Ausgleichskasse das Taggeld für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis 31. Januar 1992 auf 100% und für die Mona-te Februar und März 1992 auf 50% fest. Zudem Mona-teilMona-te sie dem VersicherMona-ten mit, dass in diesen beiden Monaten für die bisher geleistete Betriebszulage kein Anspruch mehr bestehe.

B. A. F liess gegen die Taggeldverfügungen vom 19. März 1993 Beschwerden erheben. Die kantonale Rekursbehörde vereinigte die Ver-fahren, hiess die Beschwerden mit Entscheid vom 5. Februar 1996 teilweise gut, hob die angefochtene Verfügung betreffend die Festsetzung des Tag-geldes für die Monate Februar und März 1992 insoweit auf, als damit ein

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Anspruch auf eine Betriebszulage verneint wurde, und wies die Sache im Sinne der Erwägungen an die Ausgleichskasse zurück. Im übrigen wies es die Beschwerden ab, soweit es darauf eintrat.

Anspruch auf eine Betriebszulage verneint wurde, und wies die Sache im Sinne der Erwägungen an die Ausgleichskasse zurück. Im übrigen wies es die Beschwerden ab, soweit es darauf eintrat.

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