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4a. Zur Krankengeschichte der Versicherten äussert sich die Vorinstanz wie folgt:

Im Dokument UFAS FAS (Seite 142-146)

«Im vorliegenden Falle wurde das Kind im April 1991, also im Alter von achteinviertel Jahren. beim Schulpsychologischen Dienst (SPD) wegen

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Verdachts auf Legasthenie und Dyskalkulie angemeldet. Die zuständige Psychologin bestätigte mit Schreiben vom 30. August 1993 gegenüber der Vorinstanz die Darstellung der Eltern, dass in der Folge eine Legasthenie-therapie durchgeführt worden sei, welche aber sistiert worden sei, da die in der Therapie erzielten Leistungen nicht in den Schulalltag hätten umgesetzt werden können. In diesem Zusammenhang sei auch eine 'starke Geschwi-sterproblematik' festgestellt worden. Im Herbst 1991 wurde der Tochter des Beschwerdeführers aufgrund des Erscheinens von'Doppelbildern' eine Brille verordnet, wovon man sich eine Behebung der festgestellten visuel-len Wahrnehmungsschwäche erhoffte. Zur selben Zeit fanden aufwendige Abklärungen (Magnetresonanztomographie, Elektroenzephalogramm) zwecks Ausschlusses eines allfälligen Hirntumors statt. Am 31. Januar 1992 vollendete die Tochter des Beschwerdeführers ihr neuntes Altersjahr.

Anlässlich einer Untersuchung vom 31. März 1993 wurde in der Kinderkli-nik des Kantonsspitals X. schliesslich ein POS diagnostiziert. In seinem Bericht zuhanden der IV vom 26. April 1993 hielt der behandelnde Arzt PD Dr. med. A. diesen Befund anhand der anamnestischen Daten (Wahrneh-mungs-. Gedächtnis-, Konzentrations- und Antriebsstörungen, affektive Unausgeglichenheit, motorische Unruhe) und der Auswertung sogenannter Kinshourne-Fragebogen fest.»

h. Gemäss dem kantonalen Gericht liessen die erwähnten Untersuchun-gen und die Therapie vor dem 9. Geburtstag eine rechtzeitige Diagnose als denkbar erscheinen. Legasthenie und Dyskalkulie begründeten im Zusam.-menhang mit den konkreten Begleiterscheinungen jedenfalls den Verdacht auf hirnfunktionelle Störungen, so dass die POS-spezifischen Abklärungen eher zufällig erst nach anderen Untersuchungen vorgenommen worden seien. Das zunächst als 'Geschwisterproblematik' gedeutete auffällige Sozi-alverhalten habe zum kinderpsychiatrischen Befund mangelnden Selbst-wertgefühls geführt, welcher ohne weiteres durch die den POS-Kindern' gemeinhin zugeschriebene Reizüberempfindlichkeit und Leistungsinkon-stanz bedingt sein könne. Deshalb schloss die VorinLeistungsinkon-stanz, die Voraus-setzungen von Ziff. 404 Anhang GgV seien nach der Aktenlage mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlihkeit vor dem 9. Geburtstag erfüllt gewesen.

c. Diese Argumente vermögen nichts an der Tatsache zu ändern, dass das POS im vorliegenden Fall nicht rechtzeitig diagnostiziert worden ist.

Zwar haben unbestrittenermassen seit 1991 und damit vor Vollendung des 9. Altersjahres Untersuchungen stattgefunden. Diese Abklärungen bezo-gen sich jedoch nie auf ein POS, sondern auf andere Krankheiten wie Hirn-tumor, Sehprobleme und psychische Leiden. Selbst wenn sich dabei Fehl-

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diagnosen der Ärzte ergeben haben sollten, lässt sich daraus keine rechtzei-tig gestellte richrechtzei-tige Diagnose ableiten. Daran ändert der Umstand nichts, dass die objektive Erkennbarkeit des Geburtsgebrechens hei richtiger Be-treuung an sich möglich gewesen wäre. Zudem geht es nicht an, hei der fest-gestellten Behandlungsbedürftigkeit bereits eine Behandlung im Verord-nungssinne anzunehmen; denn bei einer solchen Betrachtungsweise würde der Rechtsbegriff der Behandlung die erforderliche Bestimmtheit verlieren, und demzufolge könnte Ziff. 404 Anhang GgV die ihr zugedachte Abgren-zungsfunktion praktisch nicht mehr erfüllen.

Fehlt es aber an der Diagnosestellung und Behandlung des Gebrechens vor Vollendung des 9. Altersjahres, so verneinte die Verwaltung den An-spruch auf medizinische Massnahmen zu Recht. (1320/94)

IV. Verfahren; Befangenheit

Urteil des EVG vom 31. Dezember 1996 i. Sa. J.

S.

Art. 4 Abs. 1 und 58 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Ein Sachverstän-diger gilt nicht schon deshalb als befangen, weil seine Schlussfolge-rungen in einem früheren Verfahren nicht im Sinne des Versicherten ausfielen.

Das EVG weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ah. Aus den Erwägun-gen:

la.

lb. Im weiteren richtet sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verwendung des Gutachtens von Dr. med. A. vom 4. Juni 1993 mit der Begründung. dieser Experte sei schon oft für die Verwaltung tätig gewesen, was seine Unabhängigkeit als fraglich erscheinen lasse; dies gelte um so mehr, als er bereits in einem früheren Verfahren des Beschwerdeführers ein Gutachten erstattet habe.

aa. Für Sachverständige gelten grundsätzlich die gleichen Ausstands-und Ablehnungsgründe, wie sie für den Richter vorgesehen sind. Es recht-fertigt sich daher, die Rechtsprechung zur Verfahrensgarantie von Art. 58 Abs. 1 BV, soweit es um die richterliche Unabhängigkeit und Unparteilich-keit geht, sinngemäss auf das Erfordernis der UnabhängigUnparteilich-keit und Unpar-teilichkeit des Sachverständigen anzuwenden (BGE 120 V 364 Erw. 3a mit Hinweisen). Danach ist Befangenheit anzunehmen, wenn Umstände vorlie-gen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters zu erwecken. Bei der Befangenheit handelt es sich allerdings um einen inneren

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Zustand, der nur schwer bewiesen werden kann. Es braucht daher für die Ablehnung eines Richters nicht nachgewiesen zu werden, dass dieser tatsächlich befangen ist. Es genügt vielmehr, wenn Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen. Bei der Beurteilung des Anscheins der Befangen-heit und der Gewichtung solcher Umstände kann jedoch nicht auf das sub-jektive Empfinden einer Partei abgestellt werden. Das Misstrauen in den Richter muss vielmehr in objektiver Weise als begründet erscheinen (BGE 120V 365 Erw. 3a, 119V 465 Erw. 5b, 118 Ja 286 Erw. 3d,je mit Hinweisen).

hb. Im Lichte dieser Grundsätze kann Befangenheit eines Experten nicht schon damit begründet werden, dieser sei bereits früher in einem den Beschwerdeführer betreffenden Verfahren tätig gewesen. Wie sodann in bezug auf den Richter bereits mehrfach klargestellt wurde, erscheint dieser selbst dann nicht als befangen, wenn er sich in einem vorgängigen Verfah-ren gegen das RechtsbegehVerfah-ren des Gesuchstellers eingesetzt haben sollte (BGE 117 la 327 mit Hinweisen: nicht veröffentlichte Erw. 2 von ARV 1993 Nr. 9 S. 84). Im Sinne der zuvor dargelegten Rechtsprechung auf den vor-liegenden Fall übertragen, bedeutet dies, dass kein Anlass zur Annahme von Befangenheit des Dr. med. A. besteht, nur weil dessen Schlussfolgerun-gen in einem bereits früher verwendeten Gutachten nicht im Sinne des Be-schwerdeführers ausgefallen sein könnten. Hiezu bedürfte es anderer An-haltspunkte (vgl. BGE 120 V 365 Erw. 3h), die im vorliegenden Fall indes weder geltend gemacht noch ersichtlich sind.

c. Bemängelt wird schliesslich, dass sich der Beschwerdeführer vor der Bestellung des Experten nicht zu dessen Person habe äussern können.

Auch dieser Vorwurf geht fehl. Denn nach Lage der Akten steht fest, dass die Verwaltung dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 5. April 1993 mitteilte, sie werde bei Dr. med. A. einen spe-zialärztlichen Bericht einholen. Damit bestand für sämtliche Verfahrensbe-teiligte zumindest vor der Neubegutachtung Kenntnis von der Person des Experten und damit hinreichend Gelegenheit, entsprechende Einwendun-gen vorzubrinEinwendun-gen, was in der Folge jedoch nicht geschehen ist. Unter diesen Umständen wäre eine allfällige Verletzung der Regeln über die Bestellung von Experten geheilt worden (BGE 120 V 363 Erw. 3c), weshalb dahinge-stellt bleiben kann, oh und inwieweit die gemäss Art. 19 VwVG sinngemäss anwendbaren Bestimmungen nach Art. 57 ff. BZP im hier beschlagenen Bereich des Verwaltungsverfahrens der IV (vgl. BGE 117 V 284 Erw. 4b) überhaupt zum Tragen gelangen könnten (vgl. Rz 2087 des Kreisschreibens über das Verfahren in der IV, gültig ab 1. Januar 1987). (1106/96)

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