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Materialien und Methode

Im Dokument „Gute Arbeit“ (Seite 119-125)

Die aktuelle Fachliteratur wurde zur genannten Thematik gesichtet und die verschiedenartigen Barrieren, die zu einer unzureichenden Implementierung partizipativer Haltung in Behandlungssettings führen, identifiziert.

Ergebnisse

Trotz der Hinweise in der aktuellen Studienlage ist unter den professionell in der Psychiatrie Tätigen Skepsis in Bezug auf die Selbstbestimmungsmöglich-keiten akut erkrankter Patienten auszumachen. Die Frage nach der Fähigkeit zur Selbstbestimmung im akuten Erkrankungszustand, z.B. in manischen oder psychotischen Episoden, spielt hierbei eine große Rolle [3] und führt oftmals zu einer paternalistischen Haltung der Professionellen – vor allem der Ärzte als Behandlungsverantwortliche. Einen Ausweg bietet ein verän-dertes Krankheitsverständnis, welches sich vom pathologischen Verständnis abwendet und sich an einem anthropologisch und recoverygerichteten Ver-ständnis orientiert. Damit sind Erkrankungen eher verstehbar als fremd und das Gemeinsame und Verbindende zwischen „Krankheit“ und „Gesundheit“

kann somit eher gesehen werden. Die „Psychische Krankheit“ wird hierbei als individuell verstehbare, aber eben andere Seins-, Erlebens- und Wahr-nehmungsweise verstanden [4]. Zur Genesung, d.h. der Bewältigung von alltäglicher Begegnung und Aufgaben und Erreichen von Lebensqualität, bedarf es vor allem des um Verständigung bemühten Kontaktes von Seite der Professionellen. Geschulte Mitarbeitende mit eigener Psychiatrieerfah-rung, wie Genesungsbegleiter, können bei diesem Weg zur Verständigung auf Grund ihrer reflektierten eigenen Erfahrungen „Übersetzungsarbeit“

leisten.

Im Rahmen eines anthropologisch und recovery orientierten Menschenbil-des müssen Symptome nicht notwendigerweise als „weg gemacht“ werden, sondern es kann ein individuelles Problemverständnis entwickelt werden.

Bei diesem Herangehen ist die Partizipation der Patienten und die Selbstbe-stimmung über den Weg der Genesung und auch der Frage nach der Symp-tomreduktion unverzichtbar. Shared Decision Making ist in einer anthropo-logisch und recovery orientierten Psychiatrie der Dreh- und Angelpunkt – dabei ist „Krankheitseinsicht“ keine Voraussetzung, sondern ein individuel-les Verständnis der Erkrankung und vor allem der Umgang mit dieser das Ziel.

Dem stehen – neben dem traditionellen paternalistischen und behandler-zentrierten Krankheitsverständnis - auch personelle und zeitlich knappe Ressourcen entgegen, ebenso der Auftrag der Kostenträger, Symptome zu beseitigen und Behandlung – entgegen bestehender fachlicher Leitlinien - nahezu ausschließlich als medikamentöse Behandlung zu definieren. Ge-meinsam führen diese Hürden zur Verhinderung von Partizipation und Shared Decision-Making, ja sogar zu einem oftmals unwürdigen Umgang mit Patienten im psychiatrischen Behandlungsfeld.

Diskussion

Nicht nur Mitarbeitende sondern auch Patienten unterliegen in einer öko-nomisierten Psychiatrie der Gefahr, Objekte von Wertschöpfung zu sein und mangels Zeit eher „Fließbandarbeit“ als die notwendige Beziehungsarbeit zu leisten. Ursächlich könnten hier bspw. ungünstige Rahmenbedingungen (Personal- und Zeiteffizienz) oder eine hohe Dokumentationspflicht genannt werden, die zu einem Mangel an Zeit für die notwendige Beziehungsarbeit für einen angemessen würdevollen und die Selbstbestimmung achtenden Umgang mit Patienten/-innen führen.

Andererseits ist zu hinterfragen, ob sich Professionelle nicht teilweise hinter der Bürokratie und in dem Dienstzimmer oder Büro geradezu „verstecken“, um eine echte Begegnung mit akutpsychiatrisch erkrankten Patienten, die nicht selten Angst, Unsicherheit und Stress bei erlebter Arbeitsüberforde-rung auslöst, zu vermeiden. Fraglich ist in diesem Kontext auch, ob durch den Einsatz von Genesungsbegleitern möglicherweise eine Begegnung mit den Patienten an jene delegiert wird.

Können durch den Einbezug von Genesungsbegleitern, die Berücksichtigung von Behandlungsvereinbarungen und Behandlungskonferenzen echte Parti-zipation erreicht und Shared decision Making weiter implementiert werden?

Schlussfolgerung

Die genannten Interventionen wie bspw. Behandlungsvereinbarungen, Be-handlungskonferenzen oder der Einbezug von Genesungsbegleitern sind

bestens geeignet, um „Shared Decision-Making“ zu ermöglichen, sie sind jedoch nicht der Garant, dass dies gelingt. Die Studienlage zeigt, dass die Beteiligung von Patienten in Behandlungsentscheidungen sowohl Zwangs-maßnahmen verhindern kann, als auch eine Akzeptanz und Inanspruchnah-me weiterer psychiatrischer Hilfen signifikant erhöht [5]. Dennoch ist zu belegen, dass trotz bekannter fachlicher Leitlinien, die den Einbezug von SDM empfehlen, die Umsetzung durch Ärzte nur zu 40 % erfolgt.

Neben einer strukturierten Implementierung der Angebote von partizipati-ven Maßnahmen ist eine Haltungsänderung hin zu einem anthropologischen Menschenbild in der psychiatrischen Behandlung notwendig, um sich nicht in den Fallstricken, wie Überlassen der Partizipation an Genesungsbegleitern oder der Hürden der ungünstigen ökonomisierten Rahmenbedingungen zu verfangen. Die partizipativen Maßnahmen wie Behandlungskonferenz, Be-handlungsvereinbarung und Einführung von Genesungsbegleitern erfordern einen in der institutionellen Struktur verankerten regelhaften Einsatz, um eine Haltungsänderung nachhaltig zu bewirken. Es bedarf daher für die Ein-führung dieser Maßnahmen Fortbildung aller Mitarbeitenden in Bezug auf partizipative Behandlungsmodelle als auch Reflexionsmöglichkeiten, um das eigene Handeln und eine innere Haltung in diesem Spannungsfeld auszulo-ten.

Literatur

1. Heres, S. & Hamann, J. (2017).“Shared Decision-making“ in der Akutpsychiatrie.

Widerspruch oder Herausforderung? Nervenarzt, 88: 995 – 1002.p

2. Brosey, Dagmar & Osterfeld, Margret (2017). Menschenrechte, die UN-BRK und ihre Bedeutung für eine ethische Entscheidungsfindung in der Psychiatrie in Ethik in der Psychiatrie, Vollmann, Jochen (Hg.)

3. Schramme, Thomas (2017). Autonomie und Paternalismus in Ethik in der Psychi-atrie, Vollmann, Jochen (Hg.)

4. Bock, Thomas & Demke, Elena (01.03.2018). „Patientenautonomie und Partizi-pation in der Psychiatrie - Entwicklungen und gegenwärtiger Stand“, Beitrag ver.di 10. Fachtagung Psychiatrie, http://www.fachtagung-psychiatrie.org/245.html

5. Lang, Undine; Borgwardt, Stefan; Walter, Marc; Huber, Chritian G. (2017). Ein-führung einer „Offenen Tür Politik“ – Was bedeutet diese konkret und wie wirkt sie sich auf Zwangsmaßnahmen aus? Recht&Psychiatrie (2017) 35:72-79

24. Informativ, attraktiv, kurz – das 1×1 des Abstract Schrei-bens

Sabine Hahn

Wer kennt sie nicht, die Stunden in denen wir versuchen kurz, informativ und attraktiv unsere Projekte, unser Wissen oder unsere Erfahrung in Zu-sammenfassungen zu beschreiben. Es gibt unzählige Schreibworkshops, Bücher und Lehrveranstaltungen zur hohen Kunst der kurzen Information.

Denn, nur wenige Worte entscheiden über Annahme oder Ablehnung von Präsentationen und Publikationen.

Ausgelernt ist diese Kunst nie, so eignet sich der Workshop für Anfänger und Fortgeschrittene. Im Workshop arbeiten wir mit konkreten Beispielen und besprechen die wichtigsten Inhalte eines Abstracts sowie den Feinschliff, der ein Abstract gelingen lässt. Die Basis bilden die klassischen „Do‘s and Don‘ts“, über die wir Bescheid wissen sollten. Sie sind die wichtigen Voraus-setzungen für die erfolgreiche Annahme, beziehungsweise der häufigste Grund zur Ablehnung.

Für alle, die auch morgen wieder einen Abstract einreichen wollen, bietet der Workshop einen idealen Platz um im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen Erfahrungen zu teilen und mittels Übungen Know-how und Ideen zu tanken.

25. Der Übergang aus der psychiatrischen Klinik nach Hause:

Im Dokument „Gute Arbeit“ (Seite 119-125)