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Mark nimmt ein Bad

Im Dokument Peter Nathschläger. Mark singt Roman (Seite 39-49)

Ausgestattet mit dem karierten Hemd und der ausgebleichten Levis, erregte Mark nahezu gar keine Aufmerksamkeit. Er hatte im Bus noch ein wenig geschlafen, und fühlte sich jetzt zwar weniger durch den Wind als zum Beginn seiner Reise, dafür aber eindeutig desorientierter.

Das Leben von Budd Lake war um den See zentriert. Es gab eine Menge Fischrestaurants und Badebuchten, Ferienhäuser, rotbraun gestrichen mit weißen Dächern. Der kleine Hauptplatz am Hafen war der Inbegriff kleinamerikanischer Würde schlechthin. Schön arrangierte Blumenbeete, Mütter mit Kinderwagen, Männer mit Handys. Es wirkte alles beschäftigt. Aber nicht auf Großstädtisch, sondern gemächlicher und bewusster.

Mark setzte sich auf eine Holzbank mit Blick auf den spiegelglatten See, auf dem, so wie es aussah, hunderte Boote unterwegs waren, packte den Rucksack zwischen seine Beine und machte eine kleine Bestandsauf-nahme.

Ad 1) Wenn man eine Reise tut, muss man ein Ziel haben, oder? Und wenn Selbsterkenntnis selbst das Ziel ist, kann man getrost auf das geographische Ziel scheißen. Richtig?

Ad 2) Froh schlägt das Herz im Reisekittel, vorausgesetzt man hat die Mittel. Mark hatte gespart, auf seinem Konto befanden sich 5700 Dollar und er hatte 250 Dollar im Portemonnaie. Dazu zwei Kreditkar-ten, seinen Führerschein und die Versicherungskarte.

Ad 3) Es war Urlaub, ja? Keine Flucht. Es hatte sich angelassen wie eine Flucht vor New York und seinen Krallen (Rote Krallen einer durchgeknallten Lady, die sich in Rasierklingen verwandelten, als sie die Falten der Lederhose auf seinem Schoß nachzeichneten… Mark kriegte das Bild genauso wenig aus dem Kopf wie das Bild eines Geländers, auf

dem man runterrutscht und das sich auf einmal in eine Messerklinge mit Wellenschliff verwandelt ... brrr ...

Ad 4) Egal wohin es geht, Hauptsache ich bin schneller da…

Ad 5) Falsch.

Ad 6) Mark wusste, dass er, wenn er gefunden hatte, was er suchte (und inzwischen glaubte er tatsächlich auf der Suche nach Irgendetwas zu sein), nach New York zurückkehren würde, um seine Routinen erneut aufzunehmen.

Am Anfang, als er zitternd und verängstigt und auch erbost in New York den Bus enterte, war es eine Flucht reinsten Wassers. Eine unüberlegte Sache. So wie er war, konnte er nur in New York leben. Er fühlte sich nicht geeignet für die Schönheiten des schlichten amerikani-schen Landlebens. Er musste aber auch zugeben, dass der Anblick des von tiefen Laubwäldern umfassten Sees sein Gemüt stark beruhigte. Er hatte noch ein kleines Säckchen Koks dabei und eine winzige Ladung Speed. Und wenn ihm die Landeier auf den Arsch gehen sollten, dann würde er sich auf die nächste Toilette zurückziehen und sich zwei Stunden Sonne durch die Nase ziehen. Mark zündete sich eine Zigaret-te an und sah sich um. Nach links kam man tiefer in die Stadt, rechts entlang konnte man auf einer hübschen geteerten Straße am Seeufer entlang gehen. Etwa 200 Meter weiter sah er einen Kiosk mit Postkar-ten und ZigaretPostkar-ten. Also diese Richtung. Er schulterte den Rucksack und schlenderte zum Kiosk, kaufte sich ein Päckchen Zigaretten und ging dann weiter, am Ufer entlang und das Gift verließ ihn bei jedem Schritt. Das des Körpers und das der Erinnerung. Eine neue und ungewohnte Reinheit erfüllte ihn. Die Stimmen und Autos blieben zurück und nach einer halben Stunde hörte er nur noch die Natur.

Grillen zirpten. Das Wasser am Ufer. Und er sah diesen dunkelblauen Himmel. Ein Himmel voll freigiebiger Heiterkeit.

Mark lächelte zum ersten Mal seit Samstagmorgen und beschloss, ein Bad zu nehmen.

Für Mark waren die USA eigentlich nie mehr gewesen als eine Idee. Für

ihn gab es nur New York und das Leben in dieser Stadt. Samt seinen Freuden und seiner Kriminalität. Sein Loft in dem renovierten Back-steinhaus mit der schwarzen Feuerleiter war sein Mikrokosmos im Universum Großstadt. USA? Das war ein moralisches oder werbe-wirksames Konzept. Für ihn bestand die Welt aus Großstadt und alles andere war möglicherweise dem Hirn eines bekifften Drehbuchautors entsprungen. Sicherung raus: PENG!, und lauter wirre Szenarien von grünen Auen, blauen Flüssen, Wäldern und Seen, kleine Städte mit Blumenbeeten am Hauptplatz … Alles nur Werbefernsehen.

Als er sich nackt auszog und umsah, ob er damit irgendwen stören könnte (Was weiß man. Irgendwo taucht immer wer auf, der sich durch das Tun anderer gestört fühlt: Polizeisirenen, quietschende Reifen, humorlose Bullen und ein hysterisch kreischendes Weib oder ein bibelschwingender dürrer Mann im makellosen schwarzen Anzug … Hände, die ihn aus dem Wasser zerren und zur Erheiterung der Dorfbevölkerung einmal um den Hauptplatz treiben …), räumte er ein, dass er sich getäuscht haben könnte. Das Wasser war frisch, aber nicht so kalt, dass die Eier schrumpeln. Er tastete sich vorsichtig einen Weg zwischen den Steinen ins tiefere Wasser, immer darauf bedacht, nicht abzurutschen und sich dabei höllisch weh zu tun. Nicht auszudenken, wenn er sich hier, im schönen Budd Lake, Iowa die Beine brechen würde. Hmpf. Er schwamm mit kräftigen Zügen ein paar Meter raus, gerade genug, um den geteerten Weg überschauen zu können. Nie-mand. Das Wasser tat gut und obwohl er keine Seife oder so verwende-te, fühlte er, wie der See seine Reinheit nachhaltig an ihn abgab. Der See umfasste Mark gurgelnd und glucksend. Er schwamm noch weiter raus. Wenn er jetzt über die Schulter zurückblickte, konnte er weiter weg links den Hauptplatz am Hafen sehen. Ein paar malerische Fischerboote dümpelten am Kai und das Wasser gluckste am Hafen-becken. Aber hier, auf seiner Höhe, war alles still. Zu still. Für einige Sekunden empfand Mark diese Stille wie eine Belastung. Drückend.

Dann verschwand das Gefühl und er entspannte sich. Er schwamm noch ein paar kräftige Stöße hinaus und ließ sich dann im kühlen Wasser treiben. Als er sich wieder mal zum Ufer umdrehte, sah er, dass

er etwa 100 Meter zurückgelegt hatte. Zwei halbwüchsige Jungs näherten sich vom Ortszentrum auf Inline Skatern. Mark bekam eine Gänsehaut. Als studierter New Yorker rechnete er nicht mit Nichtbe-achtung oder Freundlichkeit, sondern damit, dass diese Jungs durch und durch boshaft sind und aus lauter Jux und Tollerei auf sein Gewand pissen könnten und dann ruckzuck zu verschwinden. Oder in den See schmeißen oder ... weiß der Himmel was noch. Sie sahen tatsächlich zu ihm hin; zwei Jungs in viel zu großen, beigen Hosen und riesigen T-Shirts und Käppis, die verkehrt herum am Kopf saßen.

Clones der New Yorker Skater im Central Park? Mark schwamm mit kräftigen Stößen zum Ufer. Und natürlich trat die Möglichkeit ein, die Mark nicht bedacht hatte: Sie winkten ihm grinsend zu und fuhren mit einem weiteren Blick auf den See dann den Weg entlang weiter. Nach ein paar Momenten verschwanden sie hinter ein paar saftig grünen Bäumen, die direkt am Ufer wuchsen, und er hörte wie sich das wuuusch wuuusch der Rollen entfernte.

Mark schämte sich etwas wegen seines tief verwurzelten Misstrauens und kletterte über die klitschigen Steine auf das Ufer und legte sich rücklings ins Gras und atmete die Sonne an. Während er trocknete, gefiel ihm die Idee, dass er völlig vogelfrei durch die Staaten zog, immer besser. Vorhin hatte er die Idee gehabt, dass er überall hin schwimmen konnte. Und er konnte überall hin fahren. So, wie Leute in die Sauna gehen, um sich die Schadstoffe aus der Haut zu schwitzen, könnte doch er seiner Seele das Balsam gönnen und sich das Gift der Großstadt aus dem Leib trampen.

Läuterung.

Dies war möglicherweise das Wort, das die Dringlichkeit seiner Fragen besänftigen könnte.

-Liberate me-

Ein Versuch, sich freizustrampeln. Blöderweise hatte er bis zu dieser Nacht nicht gewusst, dass es notwendig war, sich aus irgendetwas freizustrampeln. Er hatte schon immer irgendwie den Verdacht, dass die Stadt einen prägt, egal ob im Guten oder im Schlechten. Vielleicht war er wirklich ein Großstadt Alien. Jedenfalls hatte er bis jetzt in

diesen Gebieten niemanden gesehen, der so gestylt war wie er: Die malerischen Schnitzer in der linken Augenbraue, die zwei Silberringe links und der Silberstecker rechts; vom Bauchnabelpiercing ganz zu schweigen. Aber dies waren nur Oberflächlichkeiten. Er wusste, dass er selbst ohne diese Modedevotionalien ein geprägter Mensch war. Die Stadt und ihr Nachtleben hatten ihm ihren Stempel ins Gesicht gedrückt. Ihm war schon früher aufgefallen, dass all diesen Nachteulen wie ihm selbst eine ganz merkwürdige Gier anhaftete, ein unstetes Wandeln. Bei Mädchen fand er diesen Ausdruck von Gier und Erleb-nishunger durchaus ansprechend. Bei Männern, und oh ja, auch bei sich selbst, eher deprimierend.

Aber dieses Brodeln bewegte sich so, wie das meiste in Marks Leben, rein an der Oberfläche. Immerhin erstaunlich, dass das Bad, nackt in diesem See, mehr Licht in sein Leben gebracht hatte, als all die Partys und Küsse und Girls im Arm; als sein Leben vor dem großen Schlag in die Weichteile seines männlichen Stolzes.

Der See hatte ihn umfasst und die Klarheit ließ die Schneestürme des Kokains wie Kinderaspirin wirken. Mark schlüpfte in seine Sachen, schulterte den Rucksack und ging dann zurück zum Ort.

Er beschloss zu trampen. Nicht, dass er sparen musste. Busfahren war ihm irgendwie zu straight, zu geradeheraus. Wenn man in einen Bus steigt, wusste man generell, wo man aussteigt, beim Trampen würde das sicher anders sein. Mark wusste nun auch in etwa, in welche Richtung er wollte. Südwesten. In die Mitte.

Denn dort entspringt der Fluss.

Er hatte keine Ahnung, was sein auf einmal so melodiöser Verstand damit meinte, als er diesen Gedanken an die Oberfläche spuckte. Aber es fühlte sich verdammt richtig an.

Mark legte die Strecke bis zur Staatsgrenze von Iowa in drei Etappen zurück. Zwei Männer hatten ihn mitgenommen und eine Frau. Mark hatte kein einziges Mal besonders lange warten müssen. Beim ersten Auto, das anhielt, wusste er nach drei Minuten, warum er so ein Glück hatte, als die rechte Hand des Mannes auf seinem linken Oberschenkel

landete wie ein nervöses Vögelchen. Der warme Stoff der Jeans spannte über dem Oberschenkel und die Hand war so heiß wie ein Bügeleisen.

Mark war abgebrüht genug, dem Mann zu verdeutlichen, dass er an einem sexuellen Intermezzo mit einem Reisevertreter kein Interesse hatte, ohne dass der Mann mit quietschenden Bremsen und Staubfahne auf dem Bankett zum stehen kam und ihn rauswarf.

„Dann nimm dir doch ein Ginger Ale. Auf dem Rücksitz in der Kühltasche, Süßer.“

Das war das. Die Frau, die ihn mitnahm, sah genau so aus wie man sich die Mutter eines halbwüchsigen Jungen vorstellte. Und sie nahm ihn vermutlich mit, um ihn vor Männer zu schützen, die jungen Trampern mit der rechten Hand den Schenkel massieren. Vielleicht dachte dieser Urtyp von Mutter an eine andere Frau, die weiß Gott wo in ihrem Zimmer saß und sich wegen ihres Sohnes Sorgen machte. Weibliche Intuition, sozusagen; blindmail forward auf transzentaler Ebene. Mark mochte die Frau auf Anhieb. Auf dem Rücksitz türmten sich Baseball Utensilien des Filius, Inline Skates, Handtücher, Shorts und Baseball Shirts.

Natürlich wollten sie alle eine Geschichte hören: Warum trampte er?

Von wo kam er? Wohin wollte er? Warum wollte er von da nach dorthin?

Mark ließ sich eine kleine Geschichte einfallen, die, als er sie geschliffen und polierte hatte (noch bevor er beim Schenkelstreichler in den Wagen stieg) ungefähr so ging:

Er wollte zu seiner Großtante nach Iowa. Seine Eltern und seine Großtante waren wegen irgendeiner blöden Sache voll zerstritten, aber er mochte die Großtante so gerne und er hatte sich ohne das Wissen seiner Eltern (Die Leute schätzten Mark meistens auf 17, 18 Jahre) mit seinen Ersparnissen auf dem Weg zu ihr gemacht, um sie finanziell zu unterstützen. Der alten Dame geht es nicht mehr so gut, wissen Sie? Und um das Geld zu sparen, nahm er halt nicht den Bus, sondern fuhr, wie die Spanier sagen, Al dedo, mit dem Daumen.

Der dritte Wagen, der ihn bis 5 Kilometer vor die Grenze von Iowa brachte, wurde von einem etwa 70jährigen Mann gefahren. Ein von

Spucke und Gebeten zusammengehaltener Pickup, dessen Scheinwerfer sich gelblich durch die bewaldete Nacht schnitten. Der Mann hieß Paul Seamhower und war unterwegs zu einem Freund, dessen Pferd in den Wehen lag, um ihm zu helfen. Der Mann redete nicht viel und das, was er sagte, war irgendwie angenehm. Später konnte sich Mark nicht mehr an Einzelheiten erinnern, weil ihm immer wieder die Augen zu fielen.

Um kurz nach 3:00 Morgens hielt der Mann seinen Wagen auf einer Parkbucht und weckte Mark durch sanftes Rütteln.

„Wir sind da, Junge. Ich muss hier rechts abbiegen. Du gehst diese Straße weiter. Ungefähr in 8 Kilometer kommt eine kleine Raststation, die die ganze Nacht offen hat. Guter Kaffee, gute Donuts. Machs gut, Junge.“

Er hielt Mark die knochige, aber erstaunlich kräftige Hand hin und Mark sprang aus dem Wagen. Er streckte sich, dass die Knochen knackten. Dann sah er den Rücklichtern des Pickup nach, bis er in fast völliger Dunkelheit dastand. Er schulterte den Rucksack, stopfte das T-Shirt in die Hose und machte sich auf den Weg. Iowa, warum auch immer.

Ich komme.

Das Land um ihn war sanft hügelig. Die weiten Kornfelder waren von großen Büschen unterbrochen und kleinen Wäldchen. Der Mond versteckte sich gerade hinter einer kleinen Wolke. Mark ging unterhalb der Fahrbahn auf dem Schotterbankett, immer bereit, in den Straßen-graben zu springen, sollte er Lichter sehen, die sich ihm näherten. Er hatte gehört, dass es einige Bundesstaaten gab, die mit Trampern und Jungs, die auf der Straße wanderten, nicht gerade zimperlich umgingen.

Kurz, es gab Staaten, in denen das Trampen verboten war. Er wusste nicht, ob es hier verboten war. Aber sicher ist sicher. Um ihn herum war es still, bis auf das gelegentliche Rauschen der Wäldchen und das silbrige Singen der Kornfelder, wenn der Wind sich kurz erhob und dann wieder legte. Illinois lag fast hinter ihm, als er dann doch den Rucksack von den Schultern nahm, zwischen die Beine stellte und das Päckchen Speed, das er vorsorglich eingepackt hatte, herauskramte. Um ihn herum war es völlig still in diesem Moment und er fühlte so was wie aufkeimende Panik. Herzklopfen. So wie immer vor dem heiteren Sniff.

Er pusselte etwas Speed auf seinen Taschenkalender, den er aus der Geldtasche gezogen hatte und teilte es mit der Kreditkarte in zwei feine Lines auf. Dann rollte er einen 10$ Schein zu einem Röhrchen und schniefte zuerst die eine, dann die andere Linie hoch. Mark schnupfte nach und befeuchtete seinen Zeigefinger mit etwas Spucke und putzte sich die Nase. Gut so. Er spürte das altbekannte Stechen im Hinter-kopf, das ihn immer veranlasste, sich am Kopf zu kratzen. Dann verstaute er das Säckchen wieder in der Hosentasche der zusammenge-rollten Lederhose, machte den Rucksack zu und setzte seinen Weg fort.

Mit zunehmender Geschwindigkeit wird jede Reise auch zu einer Zeitreise. Richtig? Richtig. Der Gedanke hing plötzlich über Mark in der Luft und er musste sich eingestehen, dass dieser Gedanke etwas sehr verlockendes hatte. Die Wäldchen und Wiesen um ihn herum schwiegen ihn an, nur die nächtlichen Eulenrufe und hin und wieder ein Kratzen oder Streifen war zu hören.

Und Mark ging schneller.

Dem Mond entgegen.

Mark fiel in leichten Trab und als das nicht genug erschien, begann er zu laufen, dann zu rennen. Oh ja! Es könnte klappen. Denn mit zunehmender Beschleunigung wird jede Reise …

Marks Cortez nagelten den Asphalt; er sprintete und weinte. Denn vielleicht könnte es ja klappen, der Zeit und dem Schicksal ein Schnippchen schlagen. Keine Tränen mehr, kein Atomic Blaster zwischen den Schenkeln, schneller zu sein als das gierige Zucken des Elektroschockers. Vor sich selbst im Apartment ankommen und sich selbst warnen. Eine Stimme aus der Zukunft, eine Stimme ohne Leib:

Geh heute nicht aus! Es wäre nicht bueno für dich. Volle Fahrt Kacke voraus.

Lass es. Bleib lieber bei Debussy und mach deine Mails. Du könntest dir echt nen Haufen Scheiße ersparen.

Aber Mark konnte natürlich nicht zu dieser Stimme werden, denn sonst wäre er nicht hier. Er wurde langsamer, trabte und blieb stehen. Der Schweiß lief ihm den Rücken runter und nässte seinen Hintern. Oh Mark, wo bist Du nur? Er keuchte wimmernd. Wo ist das Gold von Sam Cooper? Eine Zeile aus einem uralt Western, knarrig gesprochen.

Die Wälder sind dunkel und tief und ich habe noch Meilen zu gehen, ehe ich rasten kann. Stimmt doch? Und plötzlich schien Mark seine Reise, seine Flucht aus der Stadt, nicht mehr so sehr als Übel. Vielleicht war es sogar eine Pilgerreise.

In hundert Meter Entfernung sah er ein großes, grünes Schild, das ihm erklärte, dass er nun die Grenze zum wunderschönen Bundesstaat Iowa überschritt, dem Bundesstaat, in dem John Wayne geboren wurde.

Mark lachte lautlos und machte ein paar watschelnde John Wayne Schritte: „John Wayne als Großstadtpunker!“

Mark fühlte sich nun heiter und gelassen. Das Speed klärte seinen Kopf, vertrieb Gespenster an den Rand der Nacht. Er schob die Hände in die Vordertaschen der Jeans und seine Turnschuhe fanden allein den Weg. Und noch lange vor Einbruch der Dämmerung erwachten die Vögel und begannen ihr Konzert.

Als Mark die Raststation erreichte, fühlte er sich überdreht, potent und richtiggehend glücklich. Sein Verstand sagte ihm, dass dies geborgte Heiterkeit sei. Die beim See war echt. Das hier ist Fake auf Speed, und du weißt das. Er schüttelte den Gedanken ab und betrat die Raststation. Ein heller langer Raum; zu hell für seine Augen. Aus dem kleinen Radio hinter der Bar dudelte Country Musik. Zwei Männer saßen an der Bar und schliefen noch halb. Hinter der Bar hantierte eine ältere Frau mit der Kaffeekanne.

Mark grüßte vorsichtshalber mit einem neutralen:

„Guten Morgen allerseits.“

Die Männer winkten ihm verschlafen einen Gruß zu. Die Frau grinste und sagte:

„Hallo Schätzchen. So früh auf den Beinen? Oder noch so spät?“

Mark grinste: „So spät triffts ziemlich genau.“

„Du siehst aus wie der Junge, für den ich gerade hier eine besonders starke heiße Tasse Kaffee habe, was?“

Mark nickte: „Meine Gebete wurden wohl erhört.“

Die Frau lachte schallend, dass die Männer zusammenzuckten, und schob ihm eine riesige, strahlend weiße Tasse mit dampfendem Kaffee über den Tresen und reichte noch einen kleinen Servierteller mit zwei

Schokodonuts nach.

Mark wusste nicht, dass er Hunger hatte, bis er den Kaffee gesüßt und

Mark wusste nicht, dass er Hunger hatte, bis er den Kaffee gesüßt und

Im Dokument Peter Nathschläger. Mark singt Roman (Seite 39-49)